TE Vwgh Beschluss 2018/11/20 Ra 2018/16/0156

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Veröffentlicht am 20.11.2018
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §5;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/16/0157

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision 1. der T B in W und

2. der U s.r.o. in P, Slowakei, beide vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Hofgasse 3, gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Wien vom 6. Februar 2018, Zlen. VGW-002/V/059/1857/2017, VWG- 002/V/059/1861/2017, VWG-002/V/059/6286/2017, VGW- 002/059/1853/2017-21, VWG-002/059/1859/2017, betreffend Beschlagnahme, Einziehung und Bestrafung nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit an die revisionswerbende Gesellschaft (Zweitrevisionswerberin) und an die Erstrevisionswerberin gerichtetem Bescheid vom 23. Dezember 2016 ordnete die Landespolizeidirektion Wien gemäß § 53 Abs. 1 Glücksspielgesetz (GSpG) die Beschlagnahme eines näher bezeichneten Glücksspielgerätes sowie eines Schlüssels und einer Fernbediendung samt des noch festzustellenden allfälligen Inhaltes der Gerätekassenlade an. Außerdem wurde die Einziehung der beschlagnahmten Gegenstände gemäß § 54 Abs. 1 GSpG verfügt.

2 Dagegen erhoben die Erst- und die Zweitrevisionswerberin mit Schriftsatz vom 24. Jänner 2017 Beschwerde.

3 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 20. März 2017 wurde die Erstrevisionswerberin der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 dritter Fall iVm § 52 Abs. 2 zweiter Strafrahmen GSpG hinsichtlich eines näher bezeichneten Glücksspielgerätes schuldig erkannt, weil sie verbotenen Ausspielungen unternehmerisch zugänglich gemacht habe. Über die Erstrevisionswerberin wurde eine Geldstrafe von 5.000 EUR (Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall deren Uneinbringlichkeit sieben Tage) verhängt. Weiters wurde ihr ein Beitrag von 500 EUR zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.

4 Dagegen erhob die Erstrevisionswerberin mit Schriftsatz vom 19. April 2017 Beschwerde.

5 Das Verwaltungsgericht Wien sprach mit der angefochtenen Entscheidung vom 6. Februar 2018 über diese Beschwerden ab.

6 Der Beschwerde der Erst- und Zweitrevisionswerberin gegen den Beschlagnahmebescheid gab das Verwaltungsgericht mit Erkenntnis Folge und behob diesen ersatzlos.

7 Die Beschwerde der Erstrevisionswerberin gegen den Einziehungsbescheid wies das Verwaltungsgericht mit Beschluss als unzulässig zurück. Die Beschwerde der Zweitrevisionswerberin gegen den Einziehungsbescheid wies es mit Erkenntnis als unbegründet ab.

8 Die Beschwerde der Erstrevisionswerberin gegen das Straferkenntnis wies das Verwaltungsgericht mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass es § 52 Abs. 2 erster Strafrahmen iVm § 52 Abs. 1 Z 1 1. Fall GSpG als Strafsanktionsnorm anführte. Der Erstrevisionswerberin wurde ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 1.000 EUR auferlegt.

9 Das Verwaltungsgericht sprach zu allen Punkten aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

10 Mit Beschluss vom 12. Juni 2018, E 1081/2018-5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der vor ihm dagegen erhobenen Beschwerde ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab.

11 Die danach erhobene außerordentliche Revision legte das Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

12 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

14 Zum Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f; EuGH 30.4.2014, Pfleger, C-390/12, Rn. 47 ff; EuGH 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment AG, C- 464/15, Rn. 31, 35 ff; EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn 28, 62 ff; sowie EuGH 6.9.2018, Gmalieva s.r.o u.a., C-79/17). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048 bis 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12.

15 Mit dem Vorbringen im Zusammenhang mit fehlenden Feststellungen zur Kontrolle des illegalen online-Glücksspielangebot durch österreichische Behörden und einem behaupteten Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Behandlung von Beweisanträgen durch das Verwaltungsgericht, zeigen die Revisionsweber bezogen auf die vom EuGH als erforderlich angesehene Gesamtwürdigung die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensmängel im Sinn der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes nicht auf. Dazu wäre es erforderlich, dass eine Entscheidung über die Revision von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt und im Zulassungsvorbringen auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird (vgl. VwGH 30.10.2018, Ra 2018/16/0155).

16 Entgegen dem Vorbringen der Revisionswerber steht das in § 14 Abs. 3 GSpG statuierte Erfordernis eines Sitzes im Inland oder der davon normierten Ausnahme, wenn die ausländische Kapitalgesellschaft in ihrem Sitzstaat über eine vergleichbare Lotterienkonzession verfügt und einer vergleichbaren staatlichen Glücksspielaufsicht unterliegt, die im Sinne des § 19 GSpG der österreichischen Aufsicht erforderlichenfalls Kontrollauskünfte übermittelt und für sie Kontrollmaßnahmen vor Ort durchführt, nicht mit Unionsrecht im Widerspruch (vgl. näher VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048 bis 0049, Rn. 34 ff). In diesem Zusammenhang stellt sich daher vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.

17 Das weitwendige Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision zur Funktionsweise des eingezogenen Gerätes, welches das Verwaltungsgericht nach entsprechenden Feststellungen zum tatsächlichen Spielablauf rechtlich als Glücksspielgerät qualifizierte, betrifft die Beweiswürdigung, zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz im Allgemeinen nicht berufen ist. Dass das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. etwa VwGH 22.10.2018, Ra 2018/16/0163), zeigen die Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung ihrer Revision nicht auf.

18 Auch mit der Behauptung der Befangenheit eines Sachverständigen wird eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht aufgezeigt (vgl. VwGH 4.9.2018, Ra 2017/17/0413, mwN). Das Verwaltungsgericht hat sich mit den Bedenken der Revisionswerber auseinandergesetzt (S. 61f des angefochtenen Erkenntnisses) und im übrigen darauf verweisen, dass es sich bei den Feststellungen, die zur Qualifikation des Glücksspielgerätes geführt haben, primär auf die Wahrnehmungen des zur Kontrolle herangezogenen Testspielers stütze.

19 Soweit die Revisionswerber das Verschulden der Erstrevisionswerberin unter Hinweis auf eine anwaltliche Beratung, auf die sie habe vertrauen dürfen, bestreiten, zeigen sie eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung nicht auf. So hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung bereits mehrfach betont, dass gerade dann, wenn bewusst eine Konstruktion gewählt wird, mit der die rechtlichen Möglichkeiten bis zum Äußersten ausgereizt werden sollen, eine besondere Sorgfalt hinsichtlich der Erkundigung über die Rechtslage an den Tag zu legen ist. Erst im Falle einer, auf einer vollständigen Sachverhaltsgrundlage erteilten, unrichtigen Rechtsauskunft durch die zuständige Behörde und im Vertrauen auf diese Auskunft erfolgte Gesetzesverstöße sind nicht als Verschulden anzurechnen (vgl. VwGH 30.10.2018, Ra 2018/16/0155, mwN).

20 Eine Revision hängt nur dann von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG ab, wenn sich die Rechtsfrage innerhalb des vom Revisionswerber durch den Revisionspunkt selbst definierten Prozessthemas stellt (vgl. in stRsp etwa VwGH 29.6.2017, Ra 2017/16/0076). Die Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses, auch der Zulässigkeit einer Revision, hat daher im Rahmen des Revisionspunktes zu erfolgen und sich auf das dort geltend gemachte Recht zu beschränken (vgl. etwa VwGH 22.10.2015, Ro 2015/16/0029).

21 Soweit die Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision die Strafbemessung anspricht, stellt sich die dabei aufgeworfene Rechtsfrage innerhalb des Prozessthemas nicht, denn soweit die Strafbemessung bekämpft wird, bewegt sich die Revision außerhalb des im Rahmen des Revisionspunktes (§ 28 Abs. 1 Abs. 4 VwGG) geltend gemachten subjektiven Rechtes (vgl. VwGH 15.5.2018, Ra 2018/16/0015; zu einem die Bekämfpung der Strafbemessung erfassenden Revisionspunkt vgl. etwa VwGH 5.3.2009, 2007/16/0064).

22 Somit werden in der Zulässigkeitsbegründung der Revision insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

23 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 20. November 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018160156.L00

Im RIS seit

14.12.2018

Zuletzt aktualisiert am

25.02.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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