TE Vfgh Erkenntnis 1997/6/26 WII-2/97

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Veröffentlicht am 26.06.1997
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Index

L0 Verfassungs- und Organisationsrecht
L0350 Gemeindewahl

Norm

B-VG Art141 Abs1 lite
Bgld GdWO 1992 §17
VfGG §88
VfGG §71a Abs5

Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Aufhebung der Wohnsitzregelung in §17 Bgld GdWO 1992 mit E v 25.06.97, G287/97. Aufhebung des angefochtenen, den Verlust der Wählbarkeit aufgrund der Wohnsitzfrage feststellenden Bescheides. Kostenzuspruch gem §71a Abs5 iVm §88 VfGG.

Spruch

Der Anfechtung wird Folge gegeben und der Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 6. September 1996, Zl. II-G-643/1-1996, wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben.

Das Land Burgenland ist schuldig, dem Anfechtungswerber die mit ATS 18.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen vierzehn Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 6. September 1996 wurde der Anfechtungswerber seines Mandates als Mitglied des Gemeinderates der Gemeinde Oggau für verlustig erklärt. Dies wurde im wesentlichen damit begründet, daß der Anfechtungswerber mangels eines Wohnsitzes im Sinne des §17 GemWO 1992 in Oggau gemäß §16 Absl GemWO 1992 seine Wahlberechtigung zum Gemeinderat und damit gemäß §19 Abs1 GemWO 1992 auch seine Wählbarkeit in den Gemeinderat dieser Gemeinde verloren habe.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art141 Abs1 lite B-VG gestützte Anfechtung, in der die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Wahlrecht zum Gemeinderat und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung des - nach Meinung des Anfechtungswerbers - verfassungswidrigen §17 Abs2 der Burgenländischen Gemeindewahlordnung 1992 behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt wird.

3. Die Burgenländische

Landesregierung hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Anfechtung beantragt und die Verfassungsmäßigkeit des §17 Abs2 der Gemeindewahlordnung 1992 verteidigt.

4. Der Gemeinderat der Gemeinde Oggau hat eine Stellungnahme abgegeben, in der die Richtigkeit des Sachverhaltsvorbringens des Anfechtungswerbers bestätigt und hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung dessen Argumentation geteilt wird.

5.1. Aus Anlaß dieser Anfechtung sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §17 der (Burgenländischen) Gemeindewahlordnung 1992, LGBl. 54, idF der Gemeindewahlordnungsnovelle 1995, LGBl. 9/1996, entstanden.

5.2. Der Gerichtshof leitete daraufhin mit Beschluß vom 27. Februar 1997 ein Verfahren zur Prüfung der genannten Bestimmung auf ihre Verfassungsmäßigkeit gemäß Art140 Abs1 B-VG (protokolliert zu G287/97) ein.

5.3. Mit Erkenntnis vom 25. Juni 1997, G287/97, hat der Verfassungsgerichtshof - im Hinblick auf die mittlerweile erfolgte Änderung des §17 Abs2 erster Satz GemWO 1992 mit der Gemeindewahlordnungsnovelle 1997, LGBl. 26, - ausgesprochen, daß §17 GemWO 1992 idF der Gemeindewahlordnungsnovelle 1995 verfassungswidrig war.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige (s. dazu die Begründung des Erkenntnisses vom 25. Juni 1997, G287/97) - Anfechtung erwogen:

1. Einer Anfechtung gemäß Art141 Abs1 lite B-VG muß der Verfassungsgerichtshof stattgeben und den angefochtenen Bescheid aufheben, wenn die behauptete Rechtswidrigkeit tatsächlich stattgefunden hat (§71a Abs4 VerfGG 1953; s. VfSlg. 2890/1955). Hiebei hat er die bekämpfte Maßnahme nur innerhalb der durch die Anfechtungserklärung gezogenen Grenzen zu überprüfen (vgl. VfSlg. 11732/1988, 12064/1989 u.v.a.m. zum Prüfungsumfang bei Wahlanfechtungen).

Im vorliegenden Fall behauptet der Anfechtungswerber die Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides mit dem Argument, daß er im verfassungsgesetzlich gewährleisteten passiven Wahlrecht zum Gemeinderat wegen Mißachtung des Gebotes der verfassungskonformen Interpretation bzw. in Rechten wegen Anwendung des behauptetermaßen verfassungswidrigen §17 Abs2 GemWO 1992 verletzt worden sei. Hiefür führt er vor allem ins Treffen, daß die belangte Behörde rechtswidrigerweise vom (nachträglichen) Verlust der Wählbarkeit ausgegangen sei bzw. §17 GemWO 1992 verfassungswidrigerweise zu einem derartigen Verlust geführt habe.

2. Die Burgenländische Landesregierung hat zur Begründung der angefochtenen Entscheidung den Umstand herangezogen, daß der Anfechtungswerber seinen Hauptwohnsitz in der Gemeinde Eisenstadt habe und in seinem Fall daher kein weiterer Wohnsitz im Sinne des §17 GemWO 1992 in einer anderen Gemeinde des Burgenlandes bestehen könne. Sie hat sich dabei auf den als verfassungswidrig erkannten §17 GemWO 1992 idF der Gemeindewahlordnungsnovelle 1995 gestützt. Im Hinblick darauf war ihre Entscheidung rechtswidrig.

Der Bescheid war daher aufzuheben.

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §71a Abs5 iVm §88 VerfGG 1953. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von ATS 3.000,-- enthalten.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung ergehen.

Schlagworte

VfGH / Anlaßverfahren, Mandatsverlust, VfGH / Anlaßfall VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:WII2.1997

Dokumentnummer

JFT_10029374_97W0II02_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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