Entscheidungsdatum
03.12.2018Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §68 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Dünser über die Beschwerde von Herrn AA, Z, vertreten durch BB, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 25.07.2018, Zl ****, betreffend Nachsicht vom Gewerbeausschluss
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird mit der Maßgabe abgewiesen, als dass der Antrag vom 21.06.2018 auf Erteilung der Nachsicht nicht verweigert, sondern wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wird.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 21.06.2018 wurde die Erteilung der Nachsicht vom Gewerbeausschluss wegen gerichtlicher Verurteilungen für das Gewerbe „Baugewerbetreibender, eingeschränkt auf ausführende Tätigkeiten“, beantragt. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dieser Antrag verweigert. Dagegen wendet sich das fristgerecht erhobene Rechtsmittel.
Festgehalten wird, dass mit Bescheid der belangten Behörde von 22.02.2018 spruchgemäß der Antrag des Beschwerdeführers vom 29.08.2017 auf Erteilung der Nachsicht wegen gerichtlicher Verurteilung für die Ausübung des Gewerbes „Baugewerbetreibender, einschränkt auf ausführende Tätigkeiten“ verweigert wurde. Dieser Bescheid ist nach der Aktenlage nicht weiter bekämpft worden und daher rechtskräftig geworden.
Mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 13.11.2018 wurde der Beschwerdeführer zuhanden des Rechtsvertreters darauf hingewiesen, dass im vorliegenden Fall auf Grund der Vorentscheidung der belangten Behörde vom 20.02.2018 eine entschiedene Sache vorliegt, zumal aus den vorgelegten Akten nicht erkennbar ist, dass sich die Sach- und Rechtslage zwischen dem Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 20.02.2018 und der Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides geändert hätte.
Eine Stellungnahme dazu ist bis zum Zeitpunkt der Entscheidung beim Landesverwaltungsgericht Tirol nicht eingelangt.
II. Sachverhalt:
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 20.02.2018, Zl ****, wurde der Antrag auf Erteilung der Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung wegen gerichtlicher Verurteilungen für die Ausübung des Gewerbes „Baugewerbetreibender, eingeschränkt auf ausführende Tätigkeiten“ verweigert.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25.07.2018 wurde der Antrag auf Nachsicht für dasselbe Gewerbe abermals verweigert. Im vorliegenden Fall liegt in Bezug auf den Sachverhalt, der dem Bescheid vom 20.02.2018 zugrunde gelegen ist, im Verhältnis zum nunmehr angefochtenen Bescheid in der Sache Identität vor. Eine Änderung der Rechtsvorschriften ist zwischenzeitlich nicht erfolgt.
III. Beweiswürdigung:
Die maßgeblichen Feststellungen ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde bzw des auf Aufforderung des Landesverwaltungsgerichtes Tirol von der belangten Behörde vorgelegten Voraktes.
Der Beschwerdeführer hat trotz ausdrücklicher Aufforderung durch das Landesverwaltungsgericht Tirol nichts vorgebracht, was Zweifel an der Feststellung, dass eine idente Sache in Bezug auf den Vorbescheid vorliegt, aufkommen ließe.
IV. Rechtslage:
Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG)
„Abänderung und Behebung von Amts wegen
§ 68. (1) Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, sind, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.“
V. Erwägungen:
Gegenstand der durch § 68 Abs 1 AVG geschützten materiellen Rechtskraft ist der konkrete Norminhalt des in Frage stehenden Bescheides, das heißt der im Bescheid getroffene Abspruch über die verwaltungsrechtliche Angelegenheit, die durch den Bescheid ihre Erledigung gefunden hat, und zwar aufgrund der Sachlage, wie sie in dem von der Behörde angenommenen Sachverhalt zum Ausdruck kommt (vgl VwGH 04.04.2001, 98/09/0041; 23.04.2003, 2000/08/0040; vgl auch Hengstschläger-Leeb, AVG, § 68 Rz 23).
Identität der Sache als eine der Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 68 AVG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann gegeben, wenn sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt, welche dem formell rechtskräftigen Vorbescheid zugrunde lag, nicht geändert hat (vgl VwGH 26.02.2004, 2004/07/0014).
Weiters muss eine Identität der Rechtslage als Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 68 Abs 1 AVG vorliegen, was voraussetzt, dass seit der Erlassung des rechtskräftigen Bescheides, dessen Abänderung begehrt wird, in den die Entscheidung tragenden Normen der Rechtslage, auf welche die Behörde den Bescheid gestützt hat, keine wesentliche, das heißt die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides ermöglichende oder gebietende Modifikation eingetreten ist (vgl VwGH 18.05.2004, 2001/05/1152).
Als dritte Voraussetzung muss eine Identität der Sache iSd Parteienbegehrens vorliegen, dies bedeutet, das bei gleichgebliebener maßgeblicher Sach- und Rechtslage auch das neue Parteienbegehren im Wesentlichen, das heißt abgesehen von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung in der Hauptsache unerheblich sind, mit dem früheren Begehren übereinstimmt, also in derselben „Sache“ eine nochmalige Entscheidung fordert (vgl VwGH 16.11.1993, 92/08/0191).
Diese Voraussetzungen liegen im vorliegenden Fall vor:
So wird durch den neuerlichen Antrag auf Erteilung der Nachsicht für das selbe Gewerbe, über welchen die belangte Behörde bereits mit Bescheid vom 20.02.2018 abgesprochen hat, ein neuerlicher Abspruch über die idente Sache gefordert. Dies ist im Hinblick auf § 68 Abs 1 AVG nicht zulässig. Trotz des Ausschlusses der Anwendbarkeit des 14. Teils des AVG im verwaltungsgerichtlichen Verfahrens durch § 17 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall zu Folge der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl VfGH 18.06.2014, G5/2014; VfSlg 19.882) daher unter Anwendung des § 68 Abs 1 AVG den neuerlichen Antrag auf Erteilung der Nachsicht wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Dazu wird auf die in der Begründung zitierte Judikatur verwiesen.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrens-hilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Dünser
(Richter)
Schlagworte
Res iudicata; entschiedene SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.15.1964.3Zuletzt aktualisiert am
13.12.2018