TE Lvwg Erkenntnis 2018/11/12 LVwG-AV-981/001-2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.11.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

12.11.2018

Norm

GewO 1994 §359b Abs1
GewO 1994 §359b Abs2
GewO 1994 §359b Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Wimmer als Einzelrichter über die Beschwerde des Herrn A, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmünd, vom 06.09.2018, Zl. ***, mit welchem festgestellt wurde, dass die Errichtung und der Betrieb eines C Marktes im Standort ***, ***, KG ***, Grundstück Nr. ***, der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom 07.07.2018, ***, generalgenehmigten Gesamtanlage „B – Markt und C – Filiale samt Kundenparkplatz, Werbeanlagen und Dach- und Oberflächenentwässerung“ den Voraussetzungen des § 356e Abs.1 Gewerbeordnung 1994 bezüglich der Erteilung der Spezialgenehmigung entspricht und damit gemäß § 359b Abs.1 Z.4 GewO 1994 dem vereinfachten Genehmigungsverfahren unterliegt, zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 28 Verwaltungsgerichtshofverfahrensgesetz - VwGVG

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG.

Entscheidungsgründe:

1.   Folgender für das Verfahren entscheidungsrelevanter Sachverhalt wird festgestellt:

Mit Spruchpunkt I.1. a. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom
07.07. 2017 in der berichtigten Fassung vom 11.07.2017, ZI. *** und ***, wurde der D WarenhandeIs-Aktiengesellschaft, vertreten durch die E Rechtsanwälte OG, die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Gesamtanlage für einen B-Markt und eine C-Filiale samt Kundenparkplatz, Werbeanlagen und Dach- und Oberflächenentwässerung (Generalgenehmigung) im Standort ***, ***, KG ***, Grst.Nr. ***, ***, Gemeinde ***, erteilt.

Eine dagegen von Herrn A eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 10. Oktober 2018,
Zl. LVwG-AV-965/002-2017, als unbegründet abgewiesen. Aus Anlass der Beschwerdeentscheidung wurde im Spruch des bekämpften Bescheides die Projektbeschreibung auf Seite 15 mittig insofern modifiziert, als die Anlieferungszeiten statt mit „00:00 Uhr bis 24:00 Uhr“ nunmehr mit „04:00 Uhr bis 24:00 Uhr“ definiert und die Wortfolge „Sollten sich die Öffnungs- und Schließungszeiten ändern, so werden sie sich jedenfalls im Rahmen der gesetzlichen Öffnungszeiten bewegen.“ durch „Sollte sich eine Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen ergeben und auf der geänderten Rechtsgrundlage eine Änderung der Öffnungszeiten des bewilligungsgegenständlichen Verkaufsmarktes angestrebt werden, ist klar, dass um eine gewerbebehördliche Änderung anzusuchen sein wird.“ ersetzt wurde. Weiters wurde der Projektbeschreibung auf Seite 3, letzter Absatz, Nachstehendes hinzugefügt:
„Die beiden Parkplätze - einerseits für die Kunden und andererseits für die Mitarbeiter bzw. die Anlieferung - sind räumlich voneinander getrennt und werden außerhalb der Betriebszeiten jeweils abgeschrankt.“

Der Generalgenehmigungsbescheid ist rechtskräftig.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom 6. September 2018, Zl. ***, wurde mit Spruchpunkt I. festgestellt, dass die Einrichtung und der Betrieb eines C-Marktes im Standort ***, ***, KG ***, Grst.Nr. ***, der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom 07.07.2018, ***, generalgenehmigten Gesamtanlage „B-Markt und C-Filiale samt Kundenparkplatz, Werbeanlagen und Dach- und Oberflächenentwässerung“ den Voraussetzungen des § 356e Abs. 1 GewO 1994 bezüglich der Erteilung der Spezialgenehmigung entspricht und damit gemäß § 359b Abs. 1 Z 4 GewO 1994 dem vereinfachten Genehmigungsverfahren

unterliegt.

Mit Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde die Einwendung des Herrn A vom 09.08.2018, wonach die Voraussetzungen für die Durchführung des vereinfachten Verfahrens nicht vorliegen würden, abgewiesen und die Einwendungen betreffend Lärm- und Staubbelästigung zurückgewiesen.

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

Dagegen wurde von Herrn A (in der Folge „Beschwerdeführer“) fristgerecht Beschwerde erhoben.

Im Verfahren seien der Behörde Formfehler unterlaufen. Die Behörde könne auch nicht ohne den Nachbarn über Lärm, Schmutz, Staub und Beleuchtungen urteilen. Die Behörde übergehe sogar andere Behörden. Die Behörde habe mit verschiedenen Genehmigungen das Verfahren nicht vereinfacht und vieles übersehen.

Insbesondere sei bei den Anlieferungszeiten von jetzt 00:00 Uhr bis 24:00 Uhr keine Rücksicht auf die Nachbarn genommen worden.

Die Bezirkshauptmannschaft Gmünd legte mit Schreiben vom 13.09.2018 die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit dem Ersuchen um Entscheidung vor.

3.   Beweiswürdigung:

Die obigen Feststellungen konnten aufgrund des unbedenklichen Aktenmaterials getroffen werden.

4.   Rechtslage:

Gemäß § 74 Abs. 2 Z. 1 und 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,

2.

die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

[….]

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. […]

Ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 zumutbar sind, ist gemäß § 77 Abs. 2 GewO 1994 danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.

Betrifft ein Genehmigungsansuchen eine verschiedenen Gewerbebetrieben zu dienen bestimmte, dem § 356 Abs. 1 unterliegende Betriebsanlage (Gesamtanlage) und wird in diesem Genehmigungsansuchen ausdrücklich nur eine Generalgenehmigung beantragt, so ist gemäß § 356e abs. 1 GewO 1994 die Genehmigung hinsichtlich der nicht nur einem einzelnen Gewerbebetrieb dienenden Anlagenteile (wie Rolltreppen, Aufzüge, Brandmeldeeinrichtungen, Sprinklereinrichtungen, Lüftungseinrichtungen) zu erteilen (Generalgenehmigung) und bedarf die Anlage eines Gewerbebetriebes in der Gesamtanlage, sofern sie geeignet ist, die Schutzinteressen des § 74 Abs. 2 zu berühren, einer gesonderten, den Bestand der Generalgenehmigung für die Gesamtanlage voraussetzenden Genehmigung (Spezialgenehmigung).

Gemäß § 359b Abs. 1 Z. 4 GewO 1994 ist ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren gemäß § 359b Abs. 2 bis 4 leg.cit. durchzuführen, wenn das Verfahren eine Spezialgenehmigung (§ 356e) betrifft.

5.   Erwägungen:

Vom Landesverwaltungsgericht konnte unzweifelhaft festgestellt werden, dass von der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vorerst eine Generalgenehmigung erteilt wurde, welche zwischenzeitig in Rechtskraft erwachsen ist, und die hier nun gegenständliche Genehmigung eine auf dieser Generalgenehmigung aufbauende Spezialgenehmigung ist.

Die Gewerbeordnung 1994 sieht für eine solche Konstellation die Anwendung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens für die „Spezialgenehmigung“ vor.

Den Nachbarn kommt im vereinfachten Verfahren ein bloßes Anhörungsrecht zu.

Bei Erlassung des Feststellungsbescheides hat die Behörde auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn Bedacht zu nehmen. Daraus lässt sich aber weder ein Anspruch auf Berücksichtigung bestimmter materieller Interessen (VwGH 06.04.2005, 2003/04/0009) noch ein Mitspracherecht der Nachbarn (VwGH 29.05.2002, 2002/04/0050) ableiten.

Insbesondere haben die Nachbarn keinen durchsetzbaren Rechtsanspruch darauf, dass die im vereinfachten Verfahren genehmigte Betriebsanlage nicht bewilligt wird, wenn die in § 74 Abs. 2 normierten Voraussetzungen nicht vorliegen (VwGH 14.11.2007, 2006/04/0132).

Der Verfassungsgerichtshof schränkte die Nichtgewährung der Parteistellung allerdings dadurch erheblich ein, indem er erkannte, dass Nachbarn Parteistellung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für die Durchführung eines vereinfachten Verfahrens haben müssen (siehe u.a. VfSlg. 16.103/2001 u.a.). Diese haben daher das Recht die rechtswidrige Durchführung eines vereinfachten Verfahrens im Instanzenzug zu bekämpfen.

Aus dieser beschränkten Parteistellung ergibt sich, dass die Behörde den Nachbarn von der Anwendung des § 359b in Kenntnis setzen und ihnen den Feststellungsbescheid zustellen muss, sodass diese allenfalls Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht erheben können. In dieser kann allerdings ausschließlich geltend gemacht werden, dass die Voraussetzungen für die Anwendungen des vereinfachten Verfahrens nicht vorliegen; die materielle Rechtswidrigkeit einer Genehmigung in Bezug auf § 77 ist für die Nachbarn hingegen nicht bekämpfbar.

Nachdem im Gegenstand zu Recht das vereinfachte Genehmigungsverfahren zur Anwendung gelangte, war die Beschwerde spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

6.   Zur Nichtdurchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung:

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht wurde von der Beschwerdeführerin nicht beantragt. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG war auch von einer Verhandlung abzusehen, da die Akten erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen (vgl. dazu z.B. VwGH vom 15.5.2014, 2012/05/0087). Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist – wie dargelegt – schon aufgrund der Aktenlage geklärt, und das erkennende Gericht hatte ausschließlich Rechtsfragen zu beantworten, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine Verhandlung nicht geboten ist. Der EGMR hat nämlich mit Blick auf Art. 6 EMRK die Auffassung vertreten, dass eine Verhandlung nicht in jedem Fall geboten ist, und zwar insbesondere dann nicht, wenn - wie hier - keine Fragen der (maßgeblichen) Beweiswürdigung auftreten oder die (maßgeblichen) Tatsachenfeststellungen nicht bestritten sind, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden kann (vgl. VwGH vom 24.1.2017, Ra 2016/05/0066).

7.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Gewerberecht; Betriebsanlage; vereinfachtes Genehmigungsverfahren; Parteistellung; Nachbar;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.981.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

13.12.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten