Norm
BDG 1979 §43 Abs2Schlagworte
KV im Straßenverlkehr zivilText
Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres hat in der durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
N.N. wurde von dem Vorwurf,
er habe in zivil und außer Dienst nach einer Meinungsverschiedenheit im Straßenverkehr den Zuegen am Hals gepackt und zugedrückt, wodurch dieser am Hals verletzt wurde und diesen in weiterer Folge an der Weiterfahrt gehindert, indem er sich vor dessen PKW stellte.
er habe dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 sowie § 44 Abs. 1 BDG i.V.m. § 2 der Dienstordnung der LPD Wien vom 23.01.2013, GZ: P4/444849/1/2012, „Verhalten der Polizeibediensteten“ i.V.m. § 91 BDG 1979 begangen,
gemäß § 126 Abs. 2 BDG i.V.m. § 118 Abs. 1 Zi. 2, 1. Fall BDG in dubio pro reo freigesprochen.
Dem Beschuldigten erwachsen keine Kosten aus dem Verfahren gemäß § 117 BDG.
BEGRÜNDUNG
Der Verdacht, Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben, ergibt sich aus der Disziplinarverfügung der Dienstbehörde sowie des seitens des Beschuldigten über seinen Verteidiger fristgerecht eingebrachten Einspruchs gegen die Disziplinarverfügung.
N.N. steht als Exekutivbeamter der Landespolizeidirektion in einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
N.N. hat außer Dienst, im Zuge einer Meinungsverschiedenheit im Straßenverkehr den Zeugen am Hals gepackt und zugedrückt. Der Zeuge hätte dadurch eine Verletzung am Hals erlitten. Weiters hat er den Zuegen an der Weiterfahrt gehindert, indem er sich vor dessen PKW stellte.
Die Staatsanwaltschaft Wien hat das Verfahren wegen §§ 105 (1), 83 (1) StGB gem. § 191 Abs. 1 StPO wegen Geringfügigkeit eingestellt, stellte dazu jedoch fest, dass beim Zuegen eine objektivierte Verletzung vorliegt, die offenkundig nach Art und Weise mit den belastenden Angaben im Einklang zu bringen sind, weshalb die Tatbegehung als erwiesen anzunehmen ist. Lediglich im Hinblick auf den ordentlichen Lebenswandel, die verhältnismäßig leichte Körperverletzung sowie den Umstand, dass die Tat „nur“ eine Reaktion auf einen Streit im Straßenverkehr erfolgte wurde das Ermittlungsverfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt.
Das Notrufband konnte nicht mehr angefordert werden, da dieses lediglich 3 Monate aufbewahrt wird.
Disziplinäre Würdigung durch die Dienstbehörde:
Ein Beamter hat gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt. Das bedeutet nichts anderes, als die allgemeine Wertschätzung, die das Beamtentum in der Öffentlichkeit genießt bzw. nach dem Willen des Gesetzgebers genießen soll. Bei einem Exekutivbediensteten muss diese Vertrauenswahrung der Allgemeinheit auch außerdienstlich erhalten bleiben (VwGH 16.10.2001, 2000/09/0012).
Gemäß § 2 der Dienstordnung der LPD Wien vom 23.01.2013, GZ: P4/444849/1/2012, „Verhalten der Polizeibediensteten“ haben sich Polizeibedienstete innerhalb und außerhalb des Dienstes so zu verhalten, dass sie die Achtung und das Vertrauen der Bevölkerung erwerben und wahren.
Wie der Verwaltungsgerichtshof zu § 43 Abs. 2 BDG 1979 bereits wiederholt ausgesprochen hat, lassen die Worte „in seinem gesamten Verhalten“ den Schluss zu, dass hierdurch nicht nur das Verhalten im Dienst gemeint ist, sondern auch außerdienstliches Verhalten, wenn Rückwirkungen auf den Dienst entstehen (vgl. zB die Erkenntnisse v. 29.06.1989, Zl. 86/09/0164, sowie v. 31.05.1990, Zl. 86/09/0200 = Slg. N.F. Nr. 13.213/A). Dieser sogenannte Dienstbezug ist dann gegeben, wenn das Verhalten des Beamten bei objektiver Betrachtung geeignet ist Bedenken auszulösen, er werde seine dienstlichen Aufgaben – das sind jene konkreten ihm zur Besorgung übertragenen Aufgaben (besonderer Funktionsbezug), aber auch jene Aufgaben, die jedem Beamten zukommen – nicht in sachlicher (rechtmäßig und korrekt sowie unparteiisch und in uneigennütziger) Weise erfüllen (vgl. dazu z.B. Schwabel/Chilf, Disziplinarrecht der Bundesbeamten, Landeslehrer und Soldaten, zweite Auflage, Fußnote 17 zu § 43 BDG, Seite 7 f). (DK, GZ: 1/5-DK/3/14, v. 12.05.2014, MR Mag. LAMPRECHTER)
Unbestritten ist, dass gerade das Einschreiten bei Vorliegen gerichtlich strafbarer Handlungen zu den von einem Exekutivbediensteten durchzuführenden Tätigkeiten gehört.
Eine Rückwirkung eines -außerdienstlichen- Verhaltens des Beamten auf den Dienst (Dienstbezug) ist nun dann gegeben, wenn das Verhalten des Beamten bei objektiver Betrachtung geeignet ist, Bedenken auszulösen, er werde seine dienstlichen Aufgaben – das sind jene konkreten ihm zur Besorgung übertragenen Aufgaben (besonderer Funktionsbezug), aber auch jene Aufgaben, die jedem Beamten zukommen – nicht in sachlicher (rechtmäßig und korrekt sowie unparteiisch und in uneigennütziger) Weise erfüllen.
Das , dem Beschuldigten, zur Last gelegte (außerdienstliche) Verhalten – also seinen Widersacher am Hals gepackt und zugedrückt zu haben, sowie ihn an der Weiterfahrt mit seinem Pkw gehindert zu haben - ist im obigen Sinn geeignet, einen Vertrauensschaden gegenüber der Allgemeinheit zu verursachen.
Auch im Konfliktfall sollte der Beamte durch seine Kompetenz, Ruhe und das Deutlichmachen seines objektiven Standpunktes die auf persönliche Integrität und Fakten beruhende Autorität in Verbindung mit der Ausübung seiner dienstlichen Funktion beweisen.
Die Dienstbehörde hat aufgrund des obigen Sachverhaltes gemäß § 131 BDG ohne weiteres Verfahren schriftlich eine Disziplinarverfügung erlassen, wonach über dem Beschuldigten eine Geldbuße in der Höhe von € 300,- verhängt wurde.
Gegen diese Disziplinarverfügung wurde innerhalb offener Frist ein Rechtsmittel eingebracht, weswegen nunmehr das ordentliche Verfahren einzuleiten war und eine mündliche Disziplinarverhandlung stattgefunden hat.
Die Disziplinarkommission hat dazu erwogen:
Rechtsgrundlagen:
§ 43 (2) BDG: Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
Zum Freispruch:
Der Senat ist nach Durchführung des Beweisverfahrens zu dem Erkenntnis gelangt, dass die dem Beschuldigten vorgeworfene Dienstpflichtverletzung in dubio pro reo nicht erwiesen werden konnte.
Der Vorwurf lautete dahingehend, dass der Beamte mit einem anderen Straßenverkehrsteilnehmer in Streit geriet und ihn dabei am Hals würgte.
Im Zuge der mündlichen Verhandlung und im Beweisverfahren wurde ausführlich und klar das Geschehen dargelegt, und sowohl der Beamte als auch der Zeuge schilderten den Sachverhalt jeweils aus ihrer subjektiven Sicht glaubwürdig und nachvollziehbar, dennoch kam es zu widersprüchlichen Aussagen.
Ob der Beamte tatsächlich durch das geöffnete Fenster des KFZ griff und den Zeugen würgte konnte im Zuge der mündlichen Verhandlung nicht mehr objektiviert werden.
Zum einen führte der ersteinschreitende Beamte in einem Aktenvermerk an, dass er an der Wohnanschrift des Zeugen, als er diesen zur Durchführung des Alkomattestes aufforderte, keine sichtbaren Rötungen am Hals des Opfers wahrgenommen hatte.
Der Zeuge wiederum gab an, dass er zwar Schluckbeschwerden hatte und sich erst am nächsten Tag in Behandlung begeben hatte. In der Befundung ist jedoch von einer Prellung bzw. einer Quetschung die Rede, jedoch kein Hinweis auf sichtbare Rötungen oder Würgemale, was wiederum darauf schließen lässt, dass die Diagnose aufgrund der subjektiven Angaben des Patienten erstellt wurde.
Seitens des Senates wird in diesem Zusammenhang bemerkt, dass der Zeuge bei der mündlichen Disziplinarverhandlung ein Hemd trug und am Hals bzw. am Rande des Hemdkragens sichtbare Rötungen aufwies, was wiederum auf eine sehr empfindliche Haut schließen lässt.
Der Beschuldigte gab an, dass er den Kontrahenten niemals angegriffen hätte und dass der Zuege in seine Privatsphäre eingedrungen ist, indem er relativ nah an ihn herangetreten ist, sodass der Beschuldigte ihn sogar einmal auffordern musste Abstand einzuhalten.
Aufgrund des Erscheinungsbildes des Beschuldigten – nämlich äußerst durchtrainierte muskulöse Statur – ist nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen, dass der Kontrahent, wäre dieser tatsächlich vom Beschuldigten gewürgt worden, vermutlich erkennbare Verletzungen aufgewiesen hätte.
Seitens der Behörde wurde eine Anzeige wegen Körperverletzung erstattet, die StA hat dieses Verfahren jedoch gem. § 191 StPO mit der Begründung eingestellt, dass nur Geringfügigkeit vorliege, die Tat eine Reaktion auf einen Streit im Straßenverkehr war aber die Tatbegehung aufgrund der objektivierten Verletzungen als erwiesen anzusehen ist.
An eine derartige Einstellung ist der Senat nicht gebunden und hat die Tatsachen und Beweise selbständig zu bewerten.
Deshalb wurde auch von der Feststellung der StA abgegangen, die Verletzungen des Zeugen wären objektiviert gewesen. Bei genauem Hinterfragen ist eindeutig erkennbar, dass keine sichtbaren Verletzungen zu erkennen waren und die Diagnose nur aufgrund der subjektiven Angaben des Zeugen erstellt werden konnte.
Gemäß § 118 Abs. 1 BDG ist das Disziplinarverfahren durch Bescheid einzustellen, wenn
1. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung nicht begangen hat Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen (Strafausschließungsgründe und Strafaufhebungsgründe) (Z 1)
2. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Dienstpflichtverletzung darstellt (Z 2)
3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen (Verfolgungshindernisse) Z 3
4. die Schuld des Beschuldigten gering ist, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies die Bestrafung nicht geboten ist, um den Beschuldigten von der Verletzung der Dienstpflichten abzuhalten oder Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken (Z 4).
Wenngleich der Zeuge hier glaubhaft seine Version des Geschehens ausführen konnte, blieben letzte, wenn auch geringe Zweifel die eine Verurteilung des Beschuldigten unter Anwendung des Grundsatzes in dubio pro reo ausschließen mussten. Die Zweifel ergeben sich daraus, dass sich der Zeuge zum Einen erst am nächsten Tag - nachdem ihm aufgrund der Initiative des Beschuldigten die Lenkberechtigung entzogen wurde wegen Verweigerung des Alkotests – in ärztliche Behandlung begeben hat, um vielleicht doch noch dem Beamten eine kleine Revanche zu geben.
Und zum Anderen, dass auch die ersteinschreitenden Beamten keine sichtbaren Würgemale oder Rötungen wahrnehmen konnten. Die Begehung einer Dienstpflichtverletzung ist daher nicht erweislich (§ 118 Abs. 1, Ziffer 2, erster Halbsatz BDG).
Strafbemessungsgründe gemäß § 93 BDG:
Entfallen aufgrund des Freispruchs.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zuletzt aktualisiert am
10.12.2018