TE Dok 2018/10/31 01079/12-DK/16

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Veröffentlicht am 31.10.2018
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Norm

BDG 1979 §44
BDG 1979 §45

Schlagworte

Weisung nicht beachtet, als Teamleiter nicht Erlasskonform gearbeitet;

Text

SPRUCH

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen, Senat I, hat im Disziplinarverfahren gegen AD Beschuldigter (AD B), Beamter des Finanzamtes XY, durch HR Dr. Renate Windbichler als Senatsvorsitzende sowie HR Mag. Anna Holper und
OR Mag. Friedrich Mannsberger als weitere Mitglieder des Disziplinarsenates nach durchgeführter mündlicher Verhandlung am 24.09.2018 in Anwesenheit des Disziplinarbeschuldigten sowie im Beisein seines Verteidigers RA Dr. R, des Disziplinaranwaltes AL MR Mag. Alfred Hacker und der Schriftführerin ORev Sigrid Bachler, zu Recht erkannt:

AD B hat 1) in den unten dargestellten Fällen den Erlass des BMF vom 16.12.2013, GZ. BMF-280000/0235-IV/2/2013 und die Weisung der Vorständin des FA XY vom 22.09.2014, diesen Erlass einzuhalten, nicht befolgt, indem er als Teamleiter nicht dafür gesorgt hat, dass im Verfahren BP 2000 abgeschlossene Fälle erst dann freigegeben werden, nachdem die Eingabe der Bescheide durch die Prüferinnen/Prüfer im Verfahren DB 2 erfolgt ist: Auflistung von 11 Fällen

2) in den unten dargestellten Fällen den Erlass des BMF vom 16.12.2013, GZ. BMF-280000/0235-IV/2/2013 und die Weisung der Vorständin des FA XY vom 22.09.2014, diesen Erlass einzuhalten, nicht befolgt, indem er als Teamleiter nicht dafür Sorge getragen hat, dass das Vier-Augen-Prinzip eingehalten wurde: Auflistung von 8 Fällen

AD B hat dadurch mit Bezug auf Punkt 1) und 2) gegen die Dienstpflichten gem. §§ 44 und 45 BDG 1979 schuldhaft verstoßen und dadurch Dienstpflichtverletzungen gem. § 91 BDG 1979 begangen. Es wird daher über AD B gem. § 126 Abs. 2 BDG 1979 iVm. § 92 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von € 350,00 (in Worten: Euro dreihundertfünfzig) verhängt.

Hingegen wird AD B vom Verdacht der Dienstpflichtverletzungen gem. §§ 44 und 45 BDG 1979 freigesprochen:

? mit Bezug auf Pkt. 1) des EB gem. § 118 Z. 2 BDG 1979 hinsichtlich der Fälle-Auflistung von 7 Fällen

? mit Bezug auf Pkt. 1) des EB gem. § 118 Z. 4 BDG 1979 hinsichtlich der Fälle-Auflistung von 8 Fällen

? mit Bezug auf Pkt. 2) des EB gem. § 118 Z. 2 BDG 1979 hinsichtlich der Fälle- Auflistung von 9 Fällen

? mit Bezug auf Pkt. 2) des EB gem. § 118 Z. 4 BDG 1979 hinsichtlich der Fälle-Auflistung von 7 Fällen

? mit Bezug auf Pkt. 3) des EB gem. § 118 Z. 3 BDG 1979,

? mit Bezug auf Pkt. 6b) des EB gem. § 118 Z. 2 BDG 1979.

Gemäß § 117 Abs. 2 BDG 1979 hat der Disziplinarbeschuldigte die Kosten des Disziplinarverfahrens nicht zu ersetzen.

Begründung

I Abkürzungen

AD=Außendienst

AIS=Abgabeninformationssystem

DB 2=Datenbank 2

B=Disziplinarbeschuldigter

BAO=Bundesabgabenordnung

BMF=Bundesministerium für Finanzen

BV=Betriebliche Veranlagung

BP=Betriebsprüfung

BVwG=Bundesverwaltungsgericht Republik Österreich

EB=Einleitungsbeschluss

EDV=Elektronische Datenverarbeitung

DK=Disziplinarkommission

DK-E=Disziplinarerkenntnis

FA=Finanzamt

FKM=Führungskräftemeeting

ID=Innendienst

OHB bzw. OHB Intern=Organisationshandbuch der Finanzverwaltung

PA=Personalabteilung

SZK=Steuer- und Zollkoordination

TL=Teamleiterin/Teamleiter

VwGVG 2014=Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz

II Historie

Am 04.03.2016 wurde durch das Finanzamt XY, der Dienstbehörde des AD B, Disziplinaranzeige gegen ihn erstattet. In dieser wurde der Verdacht erhoben, dass
AD B als Teamleiter schuldhaft von ihm wahrzunehmende Dienstpflichten nach
§§ 44 Abs. 1 und 45 Abs. 1 BDG 1979 verletzt habe. Die einzelnen Tatvorwürfe lauteten auf Weisungsverletzungen von im Rechtsbestand befindlichen Erlässen sowie die Nichteinhaltung von erteilten Weisungen der Vorständin des FA XY in genau angeführten Prüfungsfällen.

Mit Einleitungsbeschluss v. 17.03.2016 wurde gegen AD B das Disziplinarverfahren durch die Disziplinarkommission beim BMF Senat I anhängig gemacht. Die mündliche Verhandlung fand am 14.07.2016 statt, in welcher der Disziplinarsenat nach dem durchgeführten Beweisverfahren in seiner am Schluss verkündeten Entscheidung (vorerst mündlich) zur Erkenntnis gelangte, dass AD B sehr wohl schuldhaft und zwar in Form einer groben Fahrlässigkeit, bei drei genau bezeichneten Tatvorwürfen des Einleitungsbeschlusses (Punkt 4, Punkt 5 sowie Punkt 6a und 6b) Dienstpflichtverletzungen gem. §§ 44 Abs.1 und 45 Abs. 1 BDG 1979 begangen habe. Diesbezüglich wurde über ihn die Disziplinarstrafe der Geldbuße mit einem Betrag in der Höhe von € 500,00 verhängt. Hingegen erfolgte bei den drei weiteren im Einleitungsbeschluss angeführten Tatvorwürfen (Punkt 1, Punkt 2 und Punkt 3) Freisprüche gem. § 118 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979. Die schriftliche Erkenntnisausfertigung erfolgte am 23.09.2016.

Sowohl die Disziplinaranwältin als auch der Rechtsvertreter des Disziplinarbeschuldigten erhoben gegen das Erkenntnis (fristgerecht) Beschwerde. Mit Beschluss v. 09.01.2017 verfügte das BVwG gem. § 28 Abs. 3 VwGVG die Aufhebung des Erkenntnisses v. 23.09.2016 der Disziplinarkommission und die gleichzeitige Zurückverweisung an diese zur neuerlichen Entscheidung. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass im vorliegenden Fall die normierten Voraussetzungen für eine Zurückverweisung im Sinne der vorerwähnten Gesetzesstelle vorliegen. Wörtlich wurde dazu ausgeführt: “Die Verwaltungsbehörde hat trotz konkreter Anhaltspunkte erforderliche Ermittlungstätigkeiten unterlassen bzw. bloß ansatzweise ermittelt.“

Mit Auftrag v. 08.08.2017 hat die Disziplinarkommission gem. § 123 Abs. 1 BDG 1979 der Dienstbehörde Ermittlungen aufgetragen. Das Finanzamt XY ist diesem Ermittlungsauftrag mit Bericht v. 05.10 2017 nachgekommen. Am 24.09.2018 wurde im gegenständlichen Disziplinarverfahren durch die Disziplinarkommission beim BMF, Senat I, eine neuerliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Aufgrund der Erhebungsergebnisse haben beide Parteien auf die Einvernahme sämtlicher geladenen Zeugen verzichtet (AS 330). Der weitere Verhandlungstermin am 28.09.2018 konnte somit entfallen und die mündliche Verhandlung am 24.09.2018 abgeschlossen werden.

III Beweismittel

Die in der Folge dargestellten Beweismittel waren Gegenstand der Beweisaufnahme der mündlichen Verhandlung vom 24.09.2018 und sind für die Feststellung des dem Verfahren zugrunde liegenden Sachverhaltes zu würdigen:

? Disziplinaranzeige vom 04.03.2016 (AS 2-13)

? Niederschrift mit AD B vom 17.02.2016 (AS 14-20)

? Schriftsatz des FA XY an die SZK PA X vom 26.02.2016 (AS 21-45)

? Protokoll BL-TL-Vernetzung vom 22.09.2014 (AS 30)

? Protokoll Vernetzung der BV-TL vom 10.12.2014 (AS 31-33)

? Anlagen zum Schriftsatz des FA XY an die SZK PA X vom 26.02.2016 (AS 46-86)

? Stellungnahme des AD B vom 05.10.2015 (AS 87-91)

? Einleitungsbeschluss v. 17.03.2016 (AS 95-112)

? Erlass des BMF GZ 280000/0235-IV/2/2013 –Genehmigungserlass- (AS 117-136)

? Erlass des BMF GZ 280000/0096-IV/2/2009 -Erlass über die elektronische Archivierung und Skartierung von Unterlagen bei Außendienstmaßnahmen- (AS 137-142)

? Erlass des BMF GZ 280000/0015-IV/2/2010 –Erlass Organisationshandbuch Intern- vom 02.02.2010 i.d.F. vom 16.09.2014 (AS 142a – 142b)

? Bezugszettel 07/2016 des AD B (AS 160)

? Auszug des SZK Berichtes, von AD B mit Anmerkungen versehen (AS 161-162)

? Mail des Ch. F. an AD B vom 24.08.2015 (AS 163)

? Mail des AD B an B. W., F. Ch., J. N. und Z. E. vom 10.08.2015 (AS 164)

? Mail des R. B. an AD B vom 09.07.2015 (AS 165)

? Mail des J. H. an AD B vom 10.08.2015 (AS 166)

? Verhandlungsschrift vom 14.07.2016 (AS 167-179)

? Disziplinarerkenntnis v. 23.09.2016 (AS 181-203)

? Beschwerde d. Disziplinaranwältin v. 19.10.2016 samt Beilagen (AS 208 – 223)

? Beschwerdevorlage der DK an BVwG (AS 224)

? Beschwerde des AD B v. 24.10.2016 (AS 226-229)

? Beschwerdevorlage der DK an BVwG (AS 231)

? Beschluss des BVwG v. 09.01.2017 (233- 247)

? Ermittlungsauftrag der DK v. 08.08.2017 an FA XY (AS 249 – 251)

? Schriftsatz des FA XY v. 05.10.2017 an die DK (AS 252-255)

? Beilagen zum Schriftsatz v. 05.10.2017 des FA XY an die DK (Ordner 1-6)

? Erhebungsauftrag der DK v. 08.08.2018 an FA XY (AS 267- 267v)

? Mail v. 13.08.2018 des FA XY zum Erhebungsauftrag der DK samt übermittelter Beilagen (AS 268 – 268v und Schnellhefter/Ordner 7)

? Schriftsatz des FA XY v. 20.08.2018 an die DK (AS 281-282 inkl. Heftordner)

? Bezugszettel 09/2018 des AD B (AS 309)

? Verhandlungsschrift über mdl. Verhandlung. v. 24.09.2018 (AS 311- 334)

IV Sachverhalt

Aufgrund der unter Punkt III dargestellten Beweismittel wird nachstehender Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

Spruchpunkt 1 des DK-E (Unzulässigkeit der Freigabe im Verfahren BP 2000 durch den TL vor der Bescheideingabe durch die Prüferin/des Prüfers im Verfahren AIS DB2; Punkt 4 des EB) Die Genehmigungsrechte für Erledigungen in den Finanzämtern sind durch den Erlass des BMF vom 16.12.2013, BMF-280000/0235-IV/2/2013, gültig ab 01.01.2014, geregelt.

Der Genehmigungserlass führt auf Seite 1 aus: „Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass am Arbeitsplatz auszuführende Agenden, soweit im Folgenden nicht anders geregelt, abschließend gezeichnet (genehmigt) werden können.“ In der Anlage 4 sind die näheren Ausführungen für den Arbeitsbereich der Betriebsveranlagung/-prüfung enthalten. Darin wird festgelegt, dass alle Erledigungen im Außendienst (Bescheide etc.) durch den Teamleiter durchzuführen sind. Für den Fall der Verhinderung der Teamleiterin/des Teamleiters wird unter Punkt 6.3. des Genehmigungserlasses bestimmt: „Finanzamt: Die Teamleiterin wird bei Verhinderung durch eine ständige Vertreterin Teamexpertin-Spezial vertreten“. In diesem Zusammenhang wurde von der Vorständin des FA XY in der BV- Teamleitervernetzung vom 22.09.2014 an die BV Teamleiter ausdrücklich die Weisung erteilt, dass eine Freigabe (abschließende Zeichnung) im elektronischen Verfahren BP 2000 durch den Teamleiter erst dann erfolgen darf, wenn die Bescheide durch die Prüferin/den Prüfer in die EDV eingegeben sind. (AS 37) Im Protokoll der BV-Teamleitervernetzung hat die Vorständin des FA XY ihre Weisung erläutert: „Genehmigung im BP-2000: Vieraugenprinzip bei der Genehmigung: richtige Vorgangsweise–Bescheideingabe durch Prüfer und erst anschließend Freigabe im BP 2000 nicht umgekehrt; teilweise wurde diese Reihenfolge nicht beachtet und damit das Vieraugenprinzip ausgeschaltet–es greifen dann nur die normalen Approbationsregelungen und die vorgesehene Approbation durch den TL wird ausgehebelt“ (AS 37 bzw. AS 6/2). Im Rahmen von Dienstaufsichtsmaßnahmen wurden von der Vorständin des FA XY Kontrollen zum Aufgabenbereich des AD B durchgeführt und hierbei die Feststellungen getroffen, dass bei den im Spruch unter Punkt 1 dargestellten Fällen, anlässlich der abschließenden Erledigung dieser Außenprüfungen durch den Disziplinarbeschuldigten, die Voraussetzungen zur Genehmigung durch den Teamleiter nicht gegeben waren, da die Bescheide der Prüfer noch nicht in die EDV eingegeben waren und AD B bzw. sein Vertreter diese Fälle entgegen der Weisung der Vorständin abschließend genehmigt hat. In der mündlichen Verhandlung v. 24.09.2018 verwies AD B (AS 322) zunächst auf seine Beschuldigtenvernehmung in der mündlichen Verhandlung v. 14.07.2016 und führte ergänzend aus, dass beim Punkt 4 des EB (=Spruchpunkt 1 des DK-E) unbestritten sei, dass Bescheide automatisch von der EDV grundsätzlich immer auf die Bearbeitungsliste des TL geschickt werden. Überprüft habe er die Bescheideingabe aus Gründen der Arbeitsüberlastung nicht. Hier seien Fehler passiert, die ihm leid tun.

Spruchpunkt 2 des DK-E (Nichtbeachtung des Vier-Augen-Prinzips; Punkt 5 und 6a des EB)

Vorweg wird festgehalten, dass infolge des Sachzusammenhanges der Punkte 5 und 6a, letzterer in den Spruchpunkt 2 des gegenständlichen DK-E eingeflossen ist.

Die Genehmigungsrechte für Erledigungen in den Finanzämtern sind durch den Erlass des BMF vom 16.12.2013, BMF-280000/0235-IV/2/2013, gültig ab 01.01.2014, geregelt. Für sämtliche Erledigungen im Außendienst ist gemäß Anlage 4 des Erlasses vorgesehen, dass diese durch den TL genehmigt werden. Ergänzend ist in der Bezug habenden Fußnote 4 festgelegt: „Erledigungen durch TeamexpertInnen Spezial/Prüfer (G3) bedürfen keiner gesonderten Genehmigung durch die TL. Voraussetzung ist, dass insbesondere bei Außenprüfungen das 4-Augenprinzip gewahrt bleibt und falls notwendig entsprechende Maßnahmen getroffen werden, damit die Vorerledigung nicht von derselben Mitarbeiterin durchgeführt wird.“ Die Vorständin des FA XY hatte Veranlassung darauf hinzuweisen, dass dem Vier-Augen-Prinzip Rechnung getragen wird. Am 22.09.2014 hat sie diesen Umstand in der VB-TL-Vernetzung besprochen und im Protokoll erfasst. Aus der Disziplinaranzeige ist ersichtlich, dass in den Teams BV 00 und BV 00, denen AD B als TL vorstand, auch nach dieser ausdrücklichen Weisung das Vier-Augen-Prinzip durch die Bediensteten F., B., L., Z. und J. zwischen 31.12.2014 und 30.06.2015 nicht eingehalten wurde, da diese Außenprüfer ihre Vorerledigung selbst approbiert haben. In der mündlichen Verhandlung v. 14.07.2016 erklärte AD B (AS 170) zum Punkt 5 und 6a lt. EB, dass objektiv gesehen durch die Vorgangsweise im Team in einigen Fällen das Vier-Augen-Prinzip nicht richtig eingehalten worden sei. Wörtlich wurde seine weitere Aussage in der Verhandlungsschrift wie folgt festgehalten (AS 175): „Hier sind Fehler passiert. Das tut mir leid.“ Darüber hinaus gab er in der mündlichen Verhandlung v. 24.09.2018 an: „Auch heute bin ich zu diesem Punkt geständig.“

Faktum 1 (Unterschreiben der Prüfungsaufträge, Punkt 1 und 2 des EB)

Die BAO bestimmt im § 96 wie folgt: „Alle schriftlichen Ausfertigungen der Abgabenbehörden müssen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden kann, soweit nicht in Abgabenvorschriften die eigenhändige Unterfertigung angeordnet ist, die Beglaubigung treten, dass die Ausfertigung mit der genehmigten Erledigung des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die eigenhändig beigesetzte Genehmigung aufweist. Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung und gelten, wenn sie weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung aufweisen, als durch den Leiter der auf der Ausfertigung bezeichneten Abgabenbehörde genehmigt“. Das Organisationshandbuch Intern (OHB intern) aktualisiert und ergänzt die bestehenden Dienst- und Organisationsvorschriften (AS 142a). Die Aufbauorganisation und die Ablauforganisation der Finanzämter werden durch die aktuelle Fassung unter GZ. BMF-280000/0015-IV/2/2010 idF GZ.  BMF-280000/0150-IV/2/2014, vom 16. September 2014, geregelt. Das Team „Betriebliche Veranlagung“ ist organisatorischer Teilbereich eines Finanzamtes. Das Team Betriebliche Veranlagung besteht aus dem BV-ID (Betriebliche Veranlagung Innendienst) und BV-AD (Betriebliche Veranlagung Außendienst). Die Bezug habenden Organisationsvorschriften sind im OHB geregelt und unterliegen der laufenden Aktualisierung. Das OHB ist ein Regelwerk verbindlicher Vorschriften und dient der Rechtssicherheit für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sowie dem Dienstgeber eigenverantwortliches Handeln. Somit definiert das OHB einerseits Rahmenbedingungen für dienstliches Handeln und schafft andererseits Freiräume für Kontrakte. Zur Unterstützung und Erleichterung der täglichen Arbeit der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen werden Arbeitsbehelfe, Checklisten usw. angeboten (vgl. Punkt 1 Präambel). Durch das Team BV sind auch Außenprüfungen durchzuführen. Für Außenprüfungen ist durch die BV ein Prüfungsauftrag als Bescheid zu erlassen (§ 96 BAO iVm § 93 BAO). Die Prüfungsaufträge sind gem. § 96 BAO mit der Unterschrift dessen zu versehen, der die Erledigung genehmigt. Eine Ausnahme sind Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden. Sie bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung und gelten, wenn sie weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung aufweisen, als durch den Leiter, der auf der Ausfertigung bezeichneten Abgabenbehörde, genehmigt. Die Genehmigungsrechte für Erledigungen in den Finanzämtern sind durch Erlass des BMF vom 16.12.2013, BMF-280000/0235-IV/2/2013, gültig ab 01.01.2014, geregelt. In der Anlage 4 sind die näheren Ausführungen für den Arbeitsbereich der Betriebsveranlagung/-prüfung enthalten. Darin wird festgelegt, dass alle Erledigungen der Prüfungsaufträge durch den Teamleiter durchzuführen sind. Für den Fall der Verhinderung der Teamleiterin/des Teamleiters wird unter Punkt 6.3. des Genehmigungserlasses bestimmt: „Finanzamt: Die Teamleiterin wird bei Verhinderung durch eine ständige Vertreterin Teamexpertin-Spezial vertreten“. Zur Definition „Verhinderung der Teamleiterin/des Teamleiters“ bzw. zur Definition des Begriffes Vertretung, hat die Vorständin des FA XY ausgeführt:

? In der Teamleiter-Vernetzung am 22.09.2014 (AS 6/1-6/2v) wurde ausdrücklich die Weisung erteilt, dass Prüfungsaufträge durch den Teamleiter zu unterschreiben sind (siehe Schriftsatz der Vorständin vom 26.02.2016, S. 4f).

? In Ergänzung dieser Weisung vom 22.09.2014 wurde mittels Amtsverfügung vom 02.01.2015 (AS 6/6-6/8v) die oben dargestellten Regelungen betreffend die Genehmigungsbefugnisse für Teamleiterinnen/Teamleiter bzw. für deren Vertreterinnen/Vertreter festgelegt (AS 26).

? Im BV-TL-Vernetzungsprotokoll vom 22.09.2014 wurde definiert, wann ein "Vertretungsfall" vorliegt. Demnach tritt ein Vertretungsfall nur bei Krankheit oder Urlaub des Teamleiters ein, nicht jedoch bei einer vorübergehenden Ortsabwesenheit (AS 27).

AD B war Teamleiter des BV Teams 00 am Standort Y und des BV-Teams 00 am Standort YY. Diese beiden Teams wurden mit 01.11.2015 zu einem BV-Team unter seiner Leitung zusammengelegt (AS 3). Nach den dargestellten Regelungen begründete daher die Anwesenheit des AD B an seinem Stammstandort in YY, keinen Vertretungsfall an seinem zweiten dienstlichen Standort in Y bzw. umgekehrt. Wie in den Punkten 1) und 2) des EB v. 17.03.2016 ausgeführt, hat die Dienstbehörde zunächst festgestellt, dass in den in der Tabelle angeführten Fällen (AS 95 u. 96) der jeweilige Prüfungsauftrag mit einem Datum versehen ist, an dem AD B im Dienst war und daher keine Verhinderung des Teamleiters im Sinne der approbationsrechtlichen Vorschriften gegeben war. Trotzdem waren diese dort dargestellten Prüfungsfälle nicht durch AD B als TL unterschrieben worden. Die Dienstbehörde hat dies in den einzelnen Fällen durch Screenshots belegt (AS 46ff). Bei diesem Tatvorwurf hat die Dienstbehörde im Laufe des Verfahrens und zwar im Zuge der Bearbeitung des Erhebungsauftrages v. 08.08.2017 (AS 249-251) mit Schriftsatz v. 05.10.2017 (AS 252v) die Fälle Hausge. G. (StNr. 00), G. Sch. (01) und K. R. (03) zurückgezogen, weil „nachträglich angestellte Recherchen ergeben haben, dass nicht mit abschließender Sicherheit festgestellt werden kann, ob AD B am Tag der Approbation anwesend war“ (AS 252v). Zu diesem Tatvorwurf führte AD B bereits in der mündlichen Verhandlung v. 14.07.2016 (AS 167ff) aus, dass diese Beweisführung nicht stichhaltig sei, weil das Datum des Prüfungsauftrages nicht zwingend identisch sei mit dem Datum der Unterfertigung des Prüfungsauftrages. Dies sei dadurch begründet, dass der Prüfungsauftrag automatisch durch die EDV mit jenem Datum versehen werde, an dem er ausgedruckt wird. Prüferinnen und Prüfer würden unterschiedlich vorgehen, im Rahmen der Aktenvorbereitung könne der Prüfungsauftrag zu Beginn oder irgendwann später ausgedruckt werden. Es sei jedenfalls nicht zwingend und auch nicht grundsätzlich üblich, dass der Prüfungsauftrag nach dem Ausdrucken unmittelbar dem TL zur Unterfertigung vorgelegt werde. In Entsprechung des Beschlusses des BVwG, wonach der Disziplinarkommission der Vorwurf gemacht wurde, dass sie keine Ermittlungen durchgeführt habe, ob AD B zwischen dem Ausdruckdatum des Prüfungsauftrages und dem tatsächlichen Beginn der Prüfung im Dienst anwesend gewesen sei, hat diese mit einem Ermittlungsauftrag gem. § 123 Abs.1 BDG 1979 Beweiserhebungen bei der Dienstbehörde veranlasst. Vom Finanzamt XY wurde mit Schreiben v. 05.10.2017 eine Eingabe an den Disziplinarsenat verfasst (AS 252-254) und 6 Aktenordner mit Unterlagen übermittelt. Diese Unterlagen wurden im Laufe des Jahres 2018 noch ergänzt.

Inhalt dieser Unterlagen sind Ausdrucke der Jahresprüfungspläne 2014 bis 2016, der dem Disziplinarverfahren zugrundeliegenden Außenprüfungsfälle. Weiters enthalten diese Ordner Protokolle von Vernetzungsveranstaltungen, Teamsitzungen, eine Amtsverfügung und das Protokoll des Mitarbeitergesprächs 2015 zwischen der Vorständin und AD B, Excel-Tabellen, Ausdrucke aus den EDV- Dateien des BP 2000, des Auftragsbuches, des AIS, die Datensätze des Archivs der BP und Gleitzeitkarten, die Auskunft über die An- und Abwesenheitszeiten des AD B sowie einzelner seiner in die Fälle involvierten Teammitglieder geben. Die von der DK vorgenommene Überprüfung dieser Unterlagen hat zum Ergebnis geführt, dass von den 15 vorgeworfenen Fällen unter Punkt 1) des EB und von den weiteren 18 vorgeworfenen Fällen unter Punkt 2) des EB, AD B lediglich bei 8 Fällen des Punktes 1) des EB und bei 9 Fällen des Punktes 2) des EB, zwischen dem Ausdruckdatum des Prüfungsauftrages und dem tatsächlichen Beginn der Prüfung durchgehend im Dienst anwesend war.

Es handelt sich hierbei um nachstehende Außenprüfungen beim Punkt 1) des EB (durchgehende Anwesenheit des AD B im Dienst): Auflistung von 8 Fällen

Es handelt sich hierbei um nachstehende Außenprüfungen beim Punkt 2) des EB (durchgehende Anwesenheit des AD B im Dienst): Auflistung von 9 Fällen

Somit ist bei 7 Fällen des Punktes 1) des EB und bei 9 Fällen des Punktes 2) des EB nicht dokumentiert, ob AD B am Tag der Approbation tatsächlich im Dienst war.

Es handelt sich hierbei um nachstehende Außenprüfungen beim Punkt 1) des EB
(nicht durchgehende Anwesenheit des AD B im Dienst): Auflistung von 7 Fällen

Es handelt sich hierbei um nachstehende Außenprüfungen beim Punkt 2) des EB
(nicht durchgehende Anwesenheit des AD B im Dienst): Auflistung von 9 Fällen

Faktum 2 (TL hat im Rahmen der Approbation das Vorhandensein des Prüfungsfalls im Archiv zu überprüfen; Punkt 3 des EB)

Archivierungen im elektronischen Verfahren BP 2000 sind im Erlass des BMF vom 07.12.2009, GZ. BMF-280000/0096-IV/2/2009 geregelt (AS 137). Der Erlass ist eine Dienstanweisung. Dieser Erlass führt wörtlich aus (auszugsweise wiedergegeben):

„1. Allgemeines …

Ab 1.1.2010 ist nunmehr die elektronische Archivierung für sämtliche archivierfähigen (Prüfungs)unterlagen (siehe Abschnitt 6.2.) in elektronischer Form und in Schriftform die im Rahmen von AD Maßnahmen (AD Maßnahme 1-5) anfallen und die nach dem 31.12.2009 abgeschlossen bzw. in BP 2000 beendet werden, verpflichtend vorgesehen.

2. Vorgangsweise

Ab 1. Jänner 2010 sind sämtliche Unterlagen, die bisher im Rahmen einer Prüfungsmaßnahme in Papierform oder in elektronischer Form auf Datenträgern im Arbeitsbogen archiviert wurden, im elektronischen Archiv zu erfassen.“ Zu diesem Erlass des BMF hat die Vorständin des FA XY in der BV Teamleitervernetzung vom 22.09.2014 an die BV Teamleiter die Weisung erteilt, beim Archivieren der Prüfungsfälle größere Sorgfalt walten zu lassen und die Archivierungsvorschriften zu beachten. In der BV Teamleitervernetzung vom 10.12.2014 wurde durch die Vorständin diesbezüglich die Weisung erteilt, dass Arbeitsbögen nach Prüfungsabschluss zeitnah einzuscannen sind und dass der TL im Rahmen der Approbation das Vorhandensein des Prüfungsfalles im Archiv zu überprüfen hat. Der Bezug habende Passus des Protokolls der Teamleitervernetzung vom 22.09.2014 lautet (AS 30): „Archivierungen im BP 2000: mehr Sorgfalt beim Archivieren der Prüfungsfälle (teilweise bis 50% im Archiv unauffindbar); Archivierungsvorschriften lt Erlass sind zu beachten; Im FA XY ist hinsichtlich Archivierung eine einheitliche Vorgangsweise anzustreben (MA-Vernetzung am 6.11.2014). Archivierung von Abfragen, Bescheiddurchschriften,…ohne händische Vermerke des Prüfers sind nicht erforderlich – blähen das Archiv nur unnötig auf!“ Am 10.12.2014 nahm AD B an einer BV-Teamleitervernetzung teil, bei der das Thema „Archivierung der Prüfungsfälle“ wiederum auf der Tagesordnung stand (AS 31). Wörtlich wurde im darüber ausgefertigten Protokoll festgehalten: „ ....-der TL hat bei Approbation das Vorhandensein des Archivs zu überprüfen.“ In seiner am 17.02.2016 in der SZK Region X aufgenommenen Niederschrift gem. § 14 AVG 1991 (AS 14-20) führte AD B dazu aus, dass es zu diesem Thema in der ganzen Region Probleme gegeben habe. Eine Kontrolle der Vorständin des FA XY führte zur Feststellung, dass in den BV Teams 00 und 00 die Archivierung unvollständig war. Wie aus der Tabelle bei Punkt 3 des EB ersichtlich (AS 97), erfolgte die Archivierung überwiegend im Schnitt mehrere Monate nach Prüfungsabschluss. Aus diesem Grund wurde von der Vorständin mit AD B im Rahmen des am 12.02.2015 geführten Mitarbeitergesprächs vereinbart, dass er bis 30.06.2015 die Archivierungen der Arbeitsbögen der Prüfungsjahre 2012–2014 zu überprüfen und gegebenenfalls nachzuholen habe sowie in weiterer Folge der Vorständin bis 15.08.2015 den Vollzug zu berichten habe (Ordner 6 AS 12). In der mündlichen Verhandlung vom 14.07.2016 hat AD B ausgeführt, dass die Vorständin des FA XY in ihrem Wirtschaftsraum Mängel bei der Archivierung festgestellt habe, da dem Erlass des BMF nicht zur Genüge entsprochen wurde. Sie habe auf diesen Umstand hingewiesen und er habe diese Information an seine Mitarbeiter weitergegeben und informiert. Somit fühle er sich der Begehung einer Dienstpflichtverletzung „nicht schuldig“. Zum Nachweis legte AD B in der mündlichen Verhandlung v. 14.07.2016 als Beispiel ein Mail von R. B. v. 09.07.2015 vor, in dem dieser mitteilt, dass er die sogenannten Altfälle der Jahre 2012, 2013 und 2014 nacharchiviert habe (AS 165). Zum Nachweis seiner Bemühungen im Hinblick auf die Umsetzung der Weisung der Vorständin legte AD B weitere zwei Mails in der mündlichen Verhandlung v. 14.07.2016 vor. Am 10.08.2015 um 13:11 Uhr übermittelte er an seine Teammitglieder R. B., J. H., H. L. und V. Sch. ein Mail (AS 166) mit dem Betreff: BP/USO-Archivierungen. Der Text lautete: „S.g. Kolleginnen! Bitte mir den erfolgten Abschluß der BP/USO-Archivierungen der Vorjahre bis 24.08.2015 schriftlich zu melden! (habe bis 31.8.2015 Berichterstattungstermin an GL)…auch die aktuellen Fälle bitte vollständig und zeitnahe zu archivieren und mir dies zu melden. AD B“ Ebenfalls am 10.08.2015 um 13:08 Uhr übermittelte AD B ein weiteres Mail an W. B., Ch. F., N. J. und E. Z. mit demselben Inhalt. In der mündlichen Verhandlung v. 24. 09.2018 wurde AD B mit Bezug auf Pkt. 3 des EB v. 17.03.2016 vorgehalten, dass er 3 Fälle des TL-Stellvertreters und Prüfers E. Z. (BP-Fälle: K., F. E. Immobilienpr. GmbH und B.), weiters 4 Fälle des Teammitglieds und Prüfers Ch. F. (J. W., J. E., E. GmbH und A.-D. GmbH) sowie einen Fall des Prüfers B. (R. GmbH) und einen Fall des Prüfers L. mit Prüfungsabschluss nach den ergangenen Weisungen der Vorständin approbiert habe, obwohl eine Archivierung nicht vorgenommen wurde. Auch bei der zweiten mündlichen Verhandlung v. 24.09.2018 fühlte sich AD B bei diesem Tatvorwurf nicht schuldig und führte aus, dass er diese Weisung der Vorständin verstanden habe. Wörtlich gab er zu Protokoll (AS 320 und AS 321): „...Beim Abschluss von Fällen habe ich sehr wohl geschaut, ob diese auch eingescannt waren und meine Prüfer angewiesen, dies zeitnahe zu erledigen. Im OHB ist es nicht wörtlich gedeckt, es heißt hier nicht, dass beim Approbieren das Archiv schon vorhanden sein muss.“... Ich habe meine Prüfer darauf angesprochen, wenn noch nicht eingescannt war. In jenen Fällen, wo die Scannung fehlte, habe ich dokumentiert warum diese fehlte. Ich habe die Prüfer in Y und YY schriftlich darauf aufmerksam gemacht, dass auch die laufenden Fälle zeitnahe zu archivieren sind. In Y hatten wir eine extreme Unterbesetzung in beiden BV-Teams und im Innendienst sind wir total zusammengebrochen. Die Approbation habe ich durchgeführt, jedoch unter Hinweis auf das OHB, dass diese zeitnah durchzuführen ist.“ In einem Schriftsatz der Vorständin v. 26.02.2016 (AS 21-45) an die SZK PA X, der den Themenkomplex der späteren Disziplinaranzeige des AD B behandelte und Bezug nahm auf eine stattgefundene Niederschrift gem. § 14 AVG 1991 v. 17.02.2016 von AD B bei der SZK PA X, hält die Vorständin wörtlich fest: „ Nichtsdestotrotz musste im Juni/Juli 2015 festgestellt werden, dass nach wie vor die Archivierungen nur unvollständig erfolgt waren.“ (AS 33). In der Disziplinaranzeige v. 04.03.2016, eingegangen bei der DK am 09.03.2016, schreibt die Vorständin (AS 2): „Die Dienstpflichtverletzung ist der Dienstbehörde am 05.10.2015 zur Kenntnis gelangt.“

Faktum 3 (Unzutreffende Meldung der Prüfung G. K. als abgeschlossener BP Fall, Punkt 6b des EB)

Der Prüfungsfall G. K. (StNr.00) wurde durch den TL Stellvertreter AD E. Z. geprüft. Am 31.03.2015 hat AD Z. diesen Prüfungsfall im Verfahren BP 2000 als abgeschlossen eingetragen und abgefertigt. Obwohl das Ergebnis der Prüfung offensichtlich mit diesem Datum feststand, wurde es viel später–ebenfalls durch AD Z.–nämlich am 08.07.2015 im AIS DB 2 erfasst und freigegeben, womit erst die Versendung der Abgabenbescheide ausgelöst wurde. In der Disziplinaranzeige wurde dazu ausgeführt, dass erst nach Intervention des Regionalmanagements und der Vorständin die Erfassung und Freigabe des Prüfungsfalles stattgefunden habe. Eine Approbation durch AD B habe nicht stattgefunden (AS 10). In der Stellungnahme v. 05.10.2015 (AS 89) erklärte AD B, dass der Fall K., StNr. 00, ein Steuerfahndungsfall sei, bei dem der Prüfer, AD E. Z., vom Kollegen der Steuerfahndung ersucht worden sei, mit der Bescheiderlassung zuzuwarten (AS 89). Dazu erklärte der zuständige Beamte der Steuerfahndung (mittels Mail gegenüber der Vorständin des FA XY): „Von mir wurde keine Aussage, bzw. Ersuchen, zu/auf eine(r) verspäteten Bescheideingabe getätigt“ (AS 43). In der mündlichen Verhandlung v. 24.09.2018 gab AD B zu Protokoll (AS 325 u. 326), dass AD Z. gemeinsam mit dem Kollegen aus der Steuerfahndung diesen Fall geprüft habe und es zu einem Rechtsmittelverzicht am 31.03.2015 gekommen sei. AD Z. habe ihm (gemeint AD B) den Fall gemeldet, doch in weiterer Folge habe sich herausgestellt, dass der Fahnder AD Z. gebeten habe den Bescheid etwas später ergehen zu lassen. Der Grund sei darin gelegen, dass noch die Durchführung einer strafrechtlich relevanten Einvernahme mit dem Abgabepflichtigen K. notwendig wäre, die auch am 27.05.2015 tatsächlich stattgefunden habe. Aufgrund des Leistungsdruckes sei ihm (gemeint AD B) und AD Z. der Fehler der zu späten Bescheideingabe „passiert“, doch sei am 07.07.2015 diese Maßnahme im AIS DB 2 von AD Z. gesetzt worden, fast zeitgleich mit seiner (gemeint AD B) Vorladung ins Regionalmanagement am 08.07.2015.

V Rechtslage

Durch den unter Pkt. IV dargestellten Sachverhalt sind die folgenden Bestimmungen des Beamten-Dienstrechts berührt:

§ 44 Abs. 1 BDG 1979: Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.

§ 45 Abs. 1 BDG 1979: Der Vorgesetzte hat darauf zu achten, dass seine Mitarbeiter ihre dienstlichen Aufgaben gesetzmäßig und in zweckmäßiger, wirtschaftlicher und sparsamer Weise erfüllen. Er hat seine Mitarbeiter dabei anzuleiten, ihnen erforderlichenfalls Weisungen zu erteilen, aufgetretene Fehler und Missstände abzustellen und für die Einhaltung der Dienstzeit zu sorgen. Er hat das dienstliche Fortkommen seiner Mitarbeiter nach Maßgabe ihrer Leistungen zu fördern und ihre Verwendung so zu lenken, daß sie ihren Fähigkeiten weitgehend entspricht

§ 94 Abs. 1 BDG 1979: Der Beamte darf wegen einer Dienstpflichtverletzung nicht mehr bestraft werden, wenn gegen ihn nicht

1. innerhalb von sechs Monaten, gerechnet von dem Zeitpunkt, zu dem der

Disziplinarbehörde die Dienstpflichtverletzung zur Kenntnis gelangt ist, oder

2. innerhalb von drei Jahren, gerechnet von dem Zeitpunkt der Beendigung der

Dienstpflichtverletzung,

eine Disziplinarverfügung erlassen oder ein Disziplinarverfahren vor der Disziplinarkommission eingeleitet wurde. Sind von der Dienstbehörde vor Einleitung des Disziplinarverfahrens im Auftrag der Disziplinarkommission notwendige Ermittlungen durchzuführen (§ 123 Abs. 1 zweiter Satz), verlängert sich die unter Z 1 genannte Frist um sechs Monate.

§ 118 Abs. 1 BDG 1979: Das Disziplinarverfahren ist mit Bescheid einzustellen, wenn

1. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung nicht begangen hat oder

Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen,

2. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine

Dienstpflichtverletzung darstellt,

3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen, oder

4. die Schuld des Beschuldigten gering ist, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Beschuldigten von der Verletzung der Dienstpflichten abzuhalten oder der Verletzung von die durch andere Beamte entgegenzuwirken.

VI Rechtliche Würdigung

Spruchpunkt 1 des DK-E (Unzulässigkeit der Freigabe im Verfahren BP 2000 durch den TL vor der Bescheideingabe der Prüferin/des Prüfers im Verfahren AIS DB2; Punkt 4 des EB)

Aus der Sicht des Disziplinarsenates ist die Rechtslage eindeutig. TL haben die Außenprüfungsfälle abschließend zu genehmigen. Die Approbation ist erst zulässig, wenn durch das Prüfungsorgan die Bescheiddaten im AIS DB2 eingegeben sind. Dies haben Approbanten zu überprüfen. Schon aus dem Begriff „abschließende Erledigung“ lässt sich für alle Bediensteten unmissverständlich erkennen, dass die Approbation grundsätzlich der letzte verfahrensrechtliche Entscheidungsvorgang im Hinblick auf die Außenprüfung ist. Da die Vorständin im Zuge ihre Überprüfungen Mängel festgestellt hatte, hat sie am 22.09.2014 im Rahmen ihrer Verpflichtung gem. § 45 BDG 1979 die ihr vom Gesetz zugewiesene Aufgabe wahrgenommen, wonach Vorgesetzte verpflichtet sind, „Mitarbeiter dabei anzuleiten, ihnen erforderlichenfalls Weisungen zu erteilen, aufgetretene Fehler und Missstände abzustellen“.

AD B hat diese Verpflichtung in der Folge nicht beachtet und jene Sorgfalt vermissen lassen, die ihm als Führungskraft zuzurechnen ist, seinen Vertreter AD Z. entsprechend anzuleiten (Prüfungsfälle S., P., W.) bzw. in seinem Team dafür zu sorgen, dass der Bezug habende Erlass überhaupt bewusst wahrgenommen wird und als verbindliche Weisung zu beachten ist. Nicht anders lässt es sich erklären, dass eine Mehrzahl an Teammitgliedern (F., B., L., J.) als Approbanten im BP 2000 festgestellt wurden, noch ehe die Bescheiddaten der approbierten Fälle im AIS DB2 vorhanden waren. Dadurch haben diese Personen ebenfalls gegen den bestehenden Erlass verstoßen. AD B hat im Sinne des § 45 BDG 1979 zu verantworten, dass er seine Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter nicht entsprechend zur Einhaltung der Dienstanweisungen angeleitet hat, sodass entweder durch mangelnde Kenntnis der bestehenden Vorschriften oder durch Gleichgültigkeit gegenüber den bestehenden Vorschriften jene Fehler und Missstände aufgetreten sind, welche die Vorständin im Zuge ihrer Kontrollmaßnahmen festgestellt hatte. Da die Führung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rahmen der Gesetze und Dienstanweisungen die Kernaufgabe eines TL ist, hat AD B die Nichtbeachtung des bestehenden Erlasses und die Nichtbeachtung der Weisung der Vorständin als Verletzung seiner Dienstpflicht gem. § 44 BDG 1979 zu verantworten. Darüber hinaus hat er auch gegen die Dienstpflicht gem. § 45 BDG 1979 verstoßen, weil er auch nach der ergangenen Weisung v. 22.09.2014 der Vorständin seine Teammitglieder nicht dazu veranlasst hat, die erlassmäßige Regelung zu beachten.

Spruchpunkt 2 des DK-E (Nichtbeachtung des Vier-Augen-Prinzips; Punkt 5 und 6a des EB)

Das in der Darstellung des Sachverhaltes beschriebene Vier-Augen-Prinzip ist eine Weisung des Dienstgebers und bezweckt, dass jene Person, die im Außendienst eine Vorerledigung durchführt (Prüfung), nicht auch abschließend die Enderledigung genehmigt, sondern dass die Approbation durch eine andere Person erfolgt, wodurch im Ergebnis eine gewollte Kontrolle bewirkt wird. Diese Bestimmung ist durch alle betroffenen Bediensteten eines BV-AD Teams verbindlich zu beachten und die Kenntnis dieser Bestimmung ist dem Grundwissen der im Prüfungsbereich tätigen Personen zuzurechnen. Diese Bestimmung musste AD B auch deshalb mit besonderer Aktualität bekannt sein, weil die Vorständin in der BV-TL-Vernetzung am 22.09.2014 ausdrücklich die Anweisung erteilt hat, das Vier-Augen-Prinzip unbedingt einzuhalten. Aus der vorliegenden Disziplinaranzeige ist abzuleiten, dass der Genehmigungserlass mit Bezug auf das Vier-Augen-Prinzip und die Weisung der Vorständin, diesen Erlass und somit das Vier-Augen-Prinzip, einzuhalten, in weiterer Folge durch fünf Personen aus den Teams des AD B nicht eingehalten wurde, da diese Teammitglieder ihre Vorerledigung selbst approbiert haben. Es ist daher AD B als zuständigem TL und damit verantwortlichem Dienstvorgesetzten dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzulasten, nicht dafür Sorge getragen zu haben, dass seine Bediensteten vom bestehenden Erlass und der Weisung der Vorständin ausreichend Kenntnis hatten bzw. ist AD B schuldhaft vorzuwerfen, dass er nicht in der Lage oder willens war seinen Teammitgliedern zu vermitteln, dass Erlässe und Dienstanweisungen zu respektieren sind. Er hat somit selbst gegen Weisungen verstoßen, indem er seinen Auftrag, dafür zu sorgen, dass die bestehenden BMF Erlässe eingehalten werden, nicht umgesetzt hat und er hat gegen seine weitere Dienstpflicht verstoßen, wonach es seine Aufgabe war, auch seine Bediensteten anzuhalten die Dienstvorschriften und Weisungen zur Kenntnis zu nehmen bzw. zu respektieren. AD B verantwortet daher die schuldhafte Verletzung seiner Dienstpflichten gem. §§ 44 und 45 BDG 1979.

Faktum 1: (Unterschreiben der Prüfungsaufträge, Punkt 1 und 2 des EB)

Der Disziplinarsenat stellt als erwiesen fest, dass in den BV Teams 00 und 00 des
FA XY, in denen AD B als TL tätig war, in den im EB vom 17.03.2016 unter Punkt 1 dargestellten 15 Fällen und in den unter Punkt 2 dargestellten 18 Fällen der jeweilige Prüfungsauftrag nicht - wie im Erlass des BMF vorgesehen - durch AD B, dem TL, approbiert wurde. Aus den Ausführungen des AD B in den beiden mündlichen Verhandlungen v. 14.07.2016 und v. 24.09.2018 ist abzuleiten, dass das Datum auf dem Prüfungsauftrag beim Ausdrucken dieses Auftrages durch die EDV, automatisch mit dem Tag des Druckbefehles vergeben wird. Es ist aus dem Sachverhalt nicht zwingend zu schließen, dass Prüfungsaufträge von den jeweiligen Prüferinnen und Prüfern noch am selben Tag zur Approbation dem TL vorgelegt werden. Unterschiedliche Arbeitsmethoden von Prüferinnen und Prüfern im Hinblick darauf, ob sie den Prüfungsauftrag am Beginn oder am Ende ihrer Aktenvorbereitung ausdrucken bzw. ob sie den Prüfungsausdruck bereits nach dem Ausdrucken zur Approbation weiterreichen oder erst vor dem tatsächlichen Beginn der zeitlich später stattfindenden Außenprüfung haben die Wahrscheinlichkeit für sich, dass ein Teil oder alle der verfahrensgegenständlichen Prüfungsaufträge nicht an jenem Tag unterschrieben wurden, den der Prüfungsauftrag als Ausstellungsdatum ausweist. In Entsprechung des Beschlusses des BVwG war daher von der DK im Einzelfall zu ermitteln, ob AD B zwischen dem Tag des Ausdruckes des Prüfungsauftrages und dem Tag des Prüfungsbeginnes (an dem der Prüfungsauftrag unterschrieben ausgehändigt wird) durchgehend dienstlich anwesend war und somit die Prüfungsaufträge unterfertigen hätte können bzw. müssen. Diese Erhebungen führten zum Ergebnis, dass die in den Spruchpunkten 1 und 2 des EB angeführten Fälle, in 2 Gruppen einzuteilen sind, nämlich jene, bei welchen AD B durchgehend im Dienst war und in jene, bei welchen er nicht eine durchgehende Anwesenheit im Dienst hatte (siehe Pkt. IV Sachverhalt / Faktum 1). Bei jenen Fällen, wo AD B nicht durchgehend im Dienst anwesend war, kann nach dem vorliegenden Ergebnis der Beweisaufnahme (7 Fälle des Spruchpunktes 1 des EB und 9 Fälle des Spruchpunktes 2 des EB) nicht mit abschließender Sicherheit festgestellt werden, ob er sich am Tag der Approbation auch tatsächlich im Dienst befunden hat, weil – wie oben erläutert – einerseits das Datum des Prüfungsauftrages nicht zwingend identisch ist mit dem Datum der Unterfertigung desselben und andererseits auch das Datum der Approbation nicht gesondert am Prüfungsauftrag vermerkt wird. Der Freispruch erfolgt in diesen Fällen gem. § 118 Z. 2 BDG 1979, weil dem Beschuldigten die zur Last gelegte Tat nicht nachgewiesen werden kann, da nicht mit ausschließender Bestimmtheit feststellbar war, ob AD B am Tag der tatsächlichen Approbation der jeweiligen Prüfungsaufträge dienstlich anwesend war. Bei jenen Fällen, wo AD B durchgehend im Dienst anwesend war, kann nach dem vorliegenden Ergebnis der Beweisaufnahme (8 Fälle des Spruchpunktes 1 des EB und 9 Fälle des Spruchpunktes 2 des EB) grundsätzlich die Feststellung getroffen werden, dass er durch das OHB und die Weisung der Wirtschaftsraumleiterin verpflichtet gewesen wäre, die Prüfungsaufträge in seiner Funktion als TL zu unterfertigen. Aufgrund des § 96 BAO, wonach Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden - und um solche handelt es sich bei den vorliegenden Prüfungsaufträgen der eingeleiteten Fälle-weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung bedürfen, sind somit durch den Leiter der auf der Ausfertigung bezeichneten Abgabenbehörde genehmigt. Der Disziplinarsenat hat bei den gegenständlichen Fällen auch dem Umstand der räumlichem Entfernung Rechnung getragen, nachdem es sich um Fälle desjenigen Teams handelte, wo sich die Teammitarbeiter an einem anderen dauernden Standort befanden (Y), als ihr Teamleiter AD B (YY). Der Freispruch erfolgt in diesen Fällen gem. § 118 Z. 4 BDG 1979, weil der Schuldgehalt des Beschuldigten als gering zu qualifizieren ist. Der Disziplinarsenat erachtete den Umstand, dass AD B grundsätzlich gesetzeskonform im Sinne des § 96 BAO gehandelt, aber die Empfehlung des FV nicht beachtet hat, wonach er die Prüfungsaufträge aus Sicherheitsgründen unterfertigen solle, als mit geringer Schuld belastet. Dies deshalb da die Tat keine rechtlichen Folgen (im Sinne einer einwandfreien Abgabenverwaltung) nach sich gezogen hat.

Faktum 2 (Teamleiter hat im Rahmen der Approbation das Vorhandensein des Prüfungsfalls im Archiv zu überprüfen; Punkt 3 des EB)

Aus der Rechtslage der internen Vorschriften (Erlässe) ist die Verpflichtung der Prüferinnen und Prüfer zu entnehmen, Prüfungsunterlagen anlässlich einer Betriebsprüfung ab 01.10.2010 verpflichtend elektronisch zu archivieren. Ein Termin im Zusammenhang mit dem Ablauf der Betriebsprüfung, bis zu dem diese Archivierung zu erfolgen hat, wird im Erlass nicht ausdrücklich festgelegt. Auch eine Verknüpfung mit anderen Verfahrensmaßnahmen besteht nicht, aus denen ein Zeitpunkt direkt abzuleiten wäre, bis zu dem diese Archivierung zwingend zu erfolgen hätte. Die Vorständin des FA XY hat im Rahmen ihrer Kontrollmaßnahmen festgestellt, dass diesem Erlass in ihrem Wirtschaftsraum bis 22.09.2014 nicht ausreichend entsprochen wurde. Im Protokoll über die BV-TL Vernetzung vom 22.09.2014 hat sie die anwesenden TL, wie aus dem Protokoll ersichtlich, aufgefordert, „mehr Sorgfalt beim Archivieren der Prüfungsfälle“ walten zu lassen. Im Weiteren hat sie angekündigt, im FA XY eine einheitliche Vorgangsweise hinsichtlich der Archivierung anzustreben und auch ein Beispiel angeführt, welche Unterlagen nicht zu archivieren sind, um das Archiv nicht unnötig aufzublähen. Das Thema der elektronischen Archivierung stand auch am 31.11.2014 anlässlich einer Mitarbeitervernetzung des FA XY auf der Tagesordnung. Das Ergebnis, wonach Arbeitsbögen zeitnahe nach dem Prüfungsabschluss einzuscannen sind und wonach der TL anlässlich der Approbation das Vorhandensein des Archivs zu überprüfen hat, wurden in der TL Vernetzung am 10.12.2014 ebenfalls im Protokoll festgehalten. Der Disziplinarsenat schließt aus diesem Ereignisablauf, dass das Thema der elektronischen Archivierung nicht nur als Problemfeld im Bereich der Teams 00 und 00 bestand, die AD B als Teamleiter führte, sondern in seiner Aktualität alle BV-Teams des FA XY betraf. Dies folgt aus der Tatsache, dass das Thema der elektronischen Archivierung im FKM am 22.09.2014 behandelt wurde, ebenso bei der Mitarbeitervernetzung am 31.11.2014 und abermals bei der BV TL Vernetzung am 10.12.2014. Auch lässt die Diktion der Protokolle nicht darauf schließen, dass bei diesen Veranstaltungen lediglich die Mängel der BV Teams 00 und 00, also die beiden Teams des AD B betreffend, vorgeführt wurden. Im Weiteren ist aus dieser Sachlage zu schließen, dass die TL angewiesen waren, nunmehr anlässlich der Approbation das Vorhandensein der Unterlagen im elektronischen Archiv zu überprüfen. AD B hat zweifelsohne diese Weisung in den im EB v. 17.03.2016 unter Pkt. 3 abgeschlossenen Prüfungsfällen nicht umgesetzt. Nachdem jedoch das Rechtsinstrument der Verjährung (§ 94 BDG 1979) in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen aufzugreifen ist, auch wenn der EB–wie im ggstl. Fall–nicht bekämpft wurde (vgl. BVwG v. 09.01.2017, AS 246) stellte der Disziplinarsenat fest, dass die Dienstbehörde (hier die Vorständin) von diesem Sachverhalt spätestens mit Ende Juli 2015 Kenntnis erlangt hatte. Es ist aus der Sachverhaltsdarstellung der Dienstbehörde nicht ersichtlich, dass die Vorständin nicht bereits anlässlich ihrer Tatsachenfeststellungen erkannt hat, dass diesbezüglich bei AD B Dienstpflichtverletzungen vorliegen. Da somit zwischen dem Zeitpunkt der Feststellung der Bezug habenden Dienstpflichtverletzungen und dem Zeitpunkt der Erstattung der Disziplinaranzeige mehr als 6 Monate vergangen sind, war das Verfahren gem. § 118 abs. 1 Z. 3 BDG 1979 wegen des Eintritts der Verfolgungsverjährung einzustellen.

Faktum 3 (Unzutreffende Meldung der Prüfung G. K. als abgeschlossener BP Fall, Punkt 6b des EB)

Demnach ist als erwiesen festzustellen, dass AD E. Z. als TEX Spezial Prüfer und auch als Vertreter des TL AD B im Prüfungsfall G. K. die Approbation am 31.03.2015 nicht vornehmen hätte dürfen, weil er die Bescheiddaten noch nicht in das AIS DB2 eingegeben hatte. AD Z. hat somit die Bestimmungen des Genehmigungserlasses nicht beachtet, wobei man AD B auch in diesem Fall eine Verletzung der Dienstpflichten gem. den §§ 44 und 45 BDG 1979 anzulasten hat, zumindest in objektiver Sicht, indem er seinen engsten Mitarbeiter nicht dazu angehalten hat auch in diesem besonderen Fall den Genehmigungserlass zu beachten. Trotzdem stellt sich dieser „Steuerfahndungsfall“ in seiner Gesamtheit als „Sonderfall“ dar, nachdem nachweislich nach Feststehen des Prüfungsergebnisses noch eine Beschuldigtenvernehmung mit dem Abgabepflichtigen am 27.05.2015 stattfand. Auch wurde AD B über diesen Umstand von E. Z. informiert, sodass im Disziplinarverfahren kein Nachweis einer subjektiven Schuld bei AD B erbracht werden konnte. Dieser Tatvorwurf war somit gem. § 118 Abs. 1 Z 2 BDG 1979 einzustellen.

V Verschulden

Dazu ist als Rechtslage zu beachten:

§ 6 StGB Abs. 1: Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht.

Abs. 2: Fahrlässig handelt auch, wer es für möglich hält, daß er einen solchen Sachverhalt verwirkliche, ihn aber nicht herbeiführen will.

Abs. 3: Grob fahrlässig handelt, wer ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig handelt, sodass der Eintritt eines dem gesetzlichen Tatbild entsprechenden Sachverhaltes als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar war.

Aus dem von AD B gesetzten Sachverhalt bei den Spruchpunkten des gegenständlichen DK-E ist kein anderer Schluss zu ziehen als der, dass er bei den von ihm begangenen Dienstpflichtverletzungen schuldhaft und zwar grob fahrlässig gehandelt hat. Grob fahrlässig handelt nämlich, wer das gewöhnliche Maß an nie ganz vermeidbaren Fahrlässigkeitshandlungen des täglichen Lebens ganz erheblich übersteigt. Das Kriterium der groben Fahrlässigkeit ist deliktspezifisch zu beurteilen und im vorliegenden Fall ergibt sich

diese Schuldform sowohl aus den im Laufe des Verfahrens abgegebenen Stellungnahmen sowie aus den Rechtfertigungen in den beiden Beschuldigtenvernehmungen bei den mündlichen Verhandlungen am 14.07.2016 und am 24.09.2018. Bei diesen hat der Disziplinarbeschuldigte zwar ein umfassendes Geständnis abgelegt, aber auch zugegeben, dass er Fehler begangen habe, die ihm „leid täten“. Obwohl er offensichtlich durch gravierende Personalprobleme in einem seiner übertragenen Teams unter einem enormen Arbeitsdruck stand um die Zielvorgaben zu erreichen, darf und kann man sich als TL über bestehende Weisungen nicht hinwegsetzen. Zweifelsohne hat er es unterlassen entsprechende Kontrollen durchzuführen und als TL dafür Sorge zu tragen, dass im Verfahren BP 2000 abgeschlossene Fälle erst dann von ihm freigegeben werden, nachdem die Eingabe der Bescheide durch die Prüferinnen/Prüfer im Verfahren DB 2 erfolgt ist und dass von seinen Teammitgliedern das geforderte Vier-Augen-Prinzip lückenlos und exakt eingehalten wird. Obwohl seine unmittelbare Vorgesetzte, die Leiterin und Letztverantwortliche des Wirtschaftsraumes XY, im Bereich BV wiederholt diese Mängel angesprochen und auf die Einhaltung von bestehenden Erlässen hingewiesen hat, sah AD B ganz offensichtlich in seinen Teams keine Veranlassung diesbezüglich Überprüfungen vorzunehmen. Er verabsäumte auch geeignete Informationen an seine Teammitglieder zu geben, denn sonst wären die verfahrensgegenständlichen Tatbestände von diesen nicht verwirklicht worden. Die Aufgabe des Führens durch einen TL-BV, bedingt das Erfordernis, die im Team befindlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter innerhalb der Rahmenbedingungen dazu zu bestimmen, die vorgegebenen Ziele unter Einhaltung der entsprechenden Abgaben-und Organisationsvorschriften zu erreichen. Von einem sorgfältig agierenden TL hätte man daher aufgrund der Ergebnisse der Kontrollmaßnahmen der Vorständin, sehr wohl erwarten dürfen und müssen, dass er umgehend in seinem eigenen Arbeitsumfeld überprüft, ob seine Teammitglieder von den Mängelfeststellungen betroffen sind oder nicht, wobei er gegebenenfalls von sich aus alle Maßnahmen ergreifen hätte müssen, um den rechtskonformen Zustand wiederherzustellen bzw. wiederherstellen zu lassen. Der Disziplinarsenat erkennt daher im gesetzten Verhalten des AD B, welches als „Unterlassen eines gebotenen Tuns“ anzusehen ist, mit Bezug auf seine Funktion als Führungskraft, dass er seine Dienstpflichten aufgrund grober Fahrlässigkeit und somit schuldhaft, nicht beachtet hat.

VII Strafbemessung

§ 92. Abs. 1 BDG 1979 (Disziplinarstrafen)

1.der Verweis,

2. die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges

3. die Geldstrafe in der Höhe von einem Monatsbezug bis zu fünf Monatsbezügen

  4.die Entlassung.

§ 92 Abs. 2 BDG 1979: In den Fällen des Abs. 1 Z 2 und 3 ist von dem Monatsbezug auszugehen, der dem Beamten auf Grund seiner besoldungsrechtlichen Stellung im Zeitpunkt der Fällung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnis beziehungsweise im Zeitpunkt der Verhängung der Disziplinarverfügung gebührt. Allfällige Kürzungen des Monatsbezuges sind bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen.

§ 93 Abs. 1 BDG 1979: Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

§ 93 Abs. 2 BDG 1979: Hat der Beamte durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen und wird über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt, so ist nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind.

Der Disziplinarsenat billigt dem objektiven Unrechtsgehalt der beiden betroffenen Dienstpflichtverletzungen erhebliches Gewicht zu und bewertet die Weisungsverletzung
gem. § 44 BDG 1979 als die schwerste der vorliegenden Dienstpflichtverletzungen, sodass gem. § 93 Abs. 2 BDG 1979 die Dienstpflichtverletzung gem. § 45 BDG 1979 erschwerend hinzutritt. Zur objektiven Schwere wird ausgeführt: Art 20 Abs. 1 BVG normiert das Prinzip der Weisungsgebundenheit der Verwaltungsorgane. Aufgrund dieser Verfassungsbestimmung normiert § 44 Abs. 1 BDG 1979 für den Beamten, dass dieser die Weisungen seiner Vorgesetzten zu befolgen hat. Für den VwGH ist die Gehorsamspflicht (die Befolgung von Weisungen) eine der vornehmsten Pflichten des Beamten (vgl. dazu die Ausführungen bei Kuksco-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, 4. Auflage 2010, S. 218ff). Als Vorgesetzter ist AD B auch aufgrund seiner Vorbildwirkung gefordert, diese Dienstpflicht mit besonderer Ernsthaftigkeit zu beachten. Die Auswirkungen seiner Weisungsverletzung hat auch auf einige der ihm anvertrauten Beschäftigten negative Auswirkungen gehabt, da auch diese in weiterer Folge die Dienstvorschriften (im konkreten jedenfalls die bestehenden Erlässe) nicht eingehalten haben. Hinsichtlich der subjektiven Schwere der Tat ist auf die Feststellungen zum Verschulden des gegenständlichen Disziplinarerkenntnis verwiesen und ergänzend ausgeführt: Von den gem. § 92 Abs. 1 BDG 1979 möglichen Disziplinarstrafen erachtet der Disziplinarsenat die Festsetzung einer Geldbuße als zutreffende und angemessene Sanktion. Der Grund liegt darin, dass einerseits AD B einen sehr guten persönlichen Eindruck beim Disziplinarsenat in der mündlichen Verhandlung am 24.09.2018 hinterließ und andererseits bei ihm eine offensichtliche Arbeitsüberlastung, infolge der Überbrückung von Personalengpässen bestand, verbunden mit der Verantwortung für zwei Teams, die sich an zwei verschiedenen Standorten befunden haben.

Strafrahmen

Gemäß § 92 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 kann die Höhe der Geldbuße bis zu einem halben Monatsbezug festgesetzt werden. Allfällige Kürzungen des Monatsbezuges sind bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen. Die Bezüge von AD B unterliegen im September 2018 einer Kürzung gem. § 13 c Abs. 1 GehG. Ohne Kürzung gem. § 13 c Abs. 1 GehG wird der Bezug für den Monat September 2018 wie folgt festgestellt (AS 309): Der Bezug des B beträgt im Monat September 2018 brutto € 0.000,00. Demnach beträgt der Strafrahmen € 0.000,00. Bei der Verhängung der Geldstrafe ist auch auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des B Bedacht zu nehmen. Außergewöhnliche Umstände, die eine besondere Berücksichtigung verursachen, wurden hinsichtlich der bekannt gegebenen Vermögenslage bzw. im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse nicht festgestellt.

Milderungs- und Erschwernisgründe

Mildernd war zu berücksichtigen die bisherige disziplinarrechtliche Unbescholtenheit, das im Hinblick auf die Spruchpunkte des gegenständlichen DK-E abgelegte reumütige Geständnis, der lange zurückliegende Tatzeitraum und eingehend die lange Verfahrensdauer, erschwerend wird die Dienstpflichtverletzung gem. § 45 BDG 1979 gewertet.

Strafhöhe

Bei der Ausmessung der Geldbuße sind die Gebote der Spezialprävention und der Generalprävention gem. § 93 Abs. 1 BDG zu beachten. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Dazu hat der Disziplinarsenat erwogen, dass dem Gebot der Spezialprävention insoweit Rechnung zu tragen ist, als bei AD B sichergestellt werden muss, dass er Weisungen aufgrund von Erlässen und von Vorgesetzten ernst nimmt und ein Verstoß gegen eine di

Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
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