Entscheidungsdatum
13.11.2018Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art. 130 Abs1 Z2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Nussgruber über die Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 und Art. 132 Abs. 2 B-VG des Herrn A. B., Wien, C.-straße, vertreten durch Rechtsanwältin, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Verhängung eines Betretungsverbotes für die Wohnung in Wien, D., samt Stiegenhaus und unmittelbar davor befindlichem Gehsteig sowie für den Kindergarten ... in Wien, E.-platz, am 04.04.2018, gegen die Landespolizeidirektion Wien als belangte Behörde,
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 28 Abs. 1 und 6 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes - VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der Ausspruch über die Verhängung eines Betretungsverbotes für die Wohnung in Wien, D., samt Stiegenhaus und unmittelbar davor befindlichem Gehsteig sowie für den Kindergarten ... in Wien, E.-platz, am 04.04.2018, für rechtswidrig erklärt.
II. Der Bund als Rechtsträger der belangten Behörde hat gemäß § 35 VwGVG in Verbindung mit der VwG-Aufwandersatzverordnung - VwG-AufwErsV, BGBl. II Nr. 517/2013, dem Beschwerdeführer 737,60 Euro für Schriftsatzaufwand und 922,00 Euro für Verhandlungsaufwand, insgesamt somit 1.659,60 Euro an Aufwandersatz, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Der darüber hinaus beantragte Kostenersatz des Beschwerdeführers wird abgewiesen.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. 1. Mit dem am 09.04.2018 beim Verwaltungsgericht Wien eingebrachten Schriftsatz erhob der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer eine Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch ein Exekutivorgan der Landespolizeidirektion Wien, in der zusammengefasst vorgebracht wird, dass der Ausspruch des Betretungsverbotes gegenüber dem Beschwerdeführer mangels Vorliegens der inhaltlichen Voraussetzungen und ohne seine vorangegangene Einvernahme rechtswidrig gewesen sei. Zudem sei auch keine behördliche Überprüfung des Betretungsverbotes gemäß § 38a Abs. 6 SPG erfolgt, weshalb der Beschwerdeführer in seinen subjektiven Rechten verletzt worden sei und beantragte den angefochtenen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären, die Kosten für den Schriftsatzaufwand des Beschwerdeführers der belangten Behörde aufzutragen und in eventu eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
2. Die belangte Behörde erstattete mit Schreiben vom 29.05.2018 eine Gegenschrift, in der sie das Beschwerdevorbringen bestreitet, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt und legte den Bezug habenden Verwaltungsakt zur Aktenzahl ... vor.
3. Im Hinblick auf das Vorbringen des Beschwerdeführers und des entsprechend gestellten „Eventual“antrages wurde am 31.10.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien durchgeführt, zu der der Beschwerdeführer, seine rechtsfreundliche Vertretung, die belangte Behörde, und die weiteren Zeugen Frau Mag. F. B. G. (ehemalige Ehefrau des Beschwerdeführers), Herr KI. H. I. (Exekutivorgan) und Herr Insp. J. K. (Exekutivorgan) geladen wurden. Alle Personen sind ladungsgemäß erschienen. Die belangte Behörde wurde durch Frau Mag. L. M. vertreten.
4.1. Aufgrund der von den Parteien vorgelegten Schriftsätze und Unterlagen, respektive der Verwaltungsakten der belangten Behörde (unter anderem der in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Verwaltungsakt zu ...), der Parteieneinvernahme und der Einvernahme der genannten Zeugen steht zusammengefasst folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt fest und wird als erwiesen angenommen:
Die ehemalige Ehefrau des Beschwerdeführers suchte am 04.04.2018 die Polizeiinspektion ... auf, um eine Anzeige wegen Körperverletzung an ihrer Tochter durch den Beschwerdeführer zu erstatten. Sie wurde zum Verdacht, wonach der Beschwerdeführer am 23.03.2018 oder am 24.03.2018 seiner Tochter, N. B., eine Körperverletzung zugefügt habe, von Insp. K., in der Zeit von 15:32 Uhr bis 16:45 Uhr, zeugenschaftlich einvernommen.
Bei dieser Einvernahme führte die ehemalige Ehefrau des Beschwerdeführers unter anderem Folgendes aus:
In den Folgejahren, nach ihrer Scheidung im Jahr 2016, sei es bereits zu einem Ausspruch eines Betretungsverbotes gegenüber dem Beschwerdeführer gekommen, es habe andere Strafanzeigen gegen den Beschwerdeführer wegen Körperverletzung gegeben und er sei gewaltbereit. Ihre Tochter habe ihr am 24.03.2018 erzählt, dass "ihr Daddy ihr weh getan", er sie aufgenommen und geschüttelt, bei der Hüfte, Händen und Füßen gedrückt, ihr auf den Kopf geschlagen und ihre Nase geblutet habe. Er habe sie auch im Auto eingesperrt. Dies habe ihr die Tochter am Weg zur U-Bahn erzählt, nachdem sie N. von ihrem Vater bei der U-Bahn-Station ... abgeholt habe. Die Erzählungen ihrer Tochter habe sie mit ihrem Handy aufgezeichnet. Die ehemalige Ehefrau gab auch an, dass es bereits in der Vergangenheit - im Jahr 2016 - Vorfälle gegeben habe, wonach die Tochter, nachdem sie bei ihrem Vater gewesen sei, Rötungen am Hals und Fußbereich gehabt habe. Die Familiengerichtshilfe habe damals nichts weiter unternommen, obwohl sie Fotos von diesen Verletzungen angefertigt habe. Die ehemalige Ehefrau führte weiters aus, dass sie seit dem 24.03.2018 keinen Kontakt mehr zum Beschwerdeführer gehabt und sie ihm am 04.04.2018 per SMS mitgeteilt habe, dass N. krank sei, der Arzt keine Ordination habe und deshalb zu Hause bleibe. Der Beschwerdeführer habe, nachdem er ein Treffen bei der …, respektive - im Falle dass sie keine ärztliche Bestätigung mitbringe - in Wien-Mitte angeboten habe, eine ärztliche Bestätigung von ihr verlangt, widrigenfalls sie die Kontaktregelung breche. Letztlich brachte sie vor, dass ihre Tochter eine Verhaltensänderung seit dem Vorfall zeige und schon seit längerem nicht mehr zu ihrem Vater möchte. Im Zuge dieser Einvernahme zeigte die ehemalige Ehefrau des Beschwerdeführers Insp. K. auf ihrem Handy Fotos, auf denen Rötungen am Oberarm eines Kindes zu sehen waren. Diese Zeugenvernehmung wurde von Insp. K. am 04.04.2018 schriftlich festgehalten.
Danach nahm Insp. K. telefonisch Kontakt mit dem Beschwerdeführer auf, ersuchte ihn, zur Einvernahme in die Polizeiinspektion ... zu kommen und informierte ihn dabei bereits über das im Raum stehende Betretungsverbot. Der Beschwerdeführer kam um etwa 18:35 Uhr in die Polizeiinspektion, wurde daraufhin von Insp. K. nach seinen Daten befragt und fand ein „Vorgespräch“ statt, in dem Insp. K. dem Beschwerdeführer darüber in Kenntnis setzte, dass seine ehemalige Ehefrau bereits vor ihm in der Polizeiinspektion ... war und mitteilte, dass es eine Körperverletzung am 23.03.2018 oder am 24.03.2018 gegenüber seiner Tochter N. gegeben habe, die ihr der Beschwerdeführer zugefügt habe. Weiters wurde der Beschwerdeführer in diesem Gespräch darüber informiert, dass die ehemalige Ehefrau Fotos von der Tochter vorzeigte, die rote Flecken auf den Armen und an den Schultern erkennen ließen.
Der Beschwerdeführer bestritt die ihm zur Last gelegten Verletzungsvorwürfe, teilte Insp. K. mit, dass es in der Vergangenheit schon 15 Mal ungerechtfertigt Anzeigen von seiner ehemaligen Ehefrau gegen ihn gegeben habe, davon 14 Mal am 24.08.2015 und eine weitere am 23.07.2016, die sich auf mehrfache Körperverletzungen, Vergewaltigungsvorwürfe, Freiheitsentziehung, Nötigung und Drogenmissbrauch bezogen haben. Insp. K. meinte dazu, dass ihm dieser Umstand bekannt sei und ihm seine ehemalige Ehefrau glaubwürdig erschien.
Während diesem „Vorgespräch“ teilte der Beschwerdeführer gegenüber Insp. K. mit, dass er seinen Rechtsanwalt beiziehen und einen Termin für seine Einvernahme im Beisein seines Rechtsanwaltes möchte. Damit erklärte sich Insp. K. einverstanden und wurde ein Termin für die Einvernahme am 05.04.2018, um 10:00 Uhr, vereinbart.
Insp. K. sprach ein Betretungsverbot aus, überreichte dem Beschwerdeführer das Informationsblatt über das Betretungsverbot und erklärte ihm dazu, dass das Betretungsverbot zwar gültig, aber nicht offiziell ist, weil es einer Bestätigung durch den rechtskundigen Beamten bedarf. Da es nur eine Seite der Einvernahme gab, nämlich jener der ehemaligen Ehefrau des Beschwerdeführers, und es die Einvernahme beider Personen bedarf, war aus Sicht von Insp. K. eine Bestätigung des Betretungsverbotes vom 04.04.2018 nicht möglich.
Die Aussagen des Beschwerdeführers in diesem „Vorgespräch“ am 04.04.2018 wurden von Insp. K. weder niederschriftlich noch in anderer Art und Weise festgehalten. Die Angaben des Beschwerdeführers vom 04.04.2018 wurden am 05.04.2018 von Herrn KI I., nach Rücksprache mit Insp. K., in den Bericht vom 05.04.2018 eingefügt. Darin wurde festgehalten, dass der psychische und emotionale Zustand des Beschwerdeführers aufgelöst und mitgenommen sowie sein Verhalten gegenüber den einschreitenden Beamten sachlich gewesen sei, es keine Hinweise auf aktuelle gefährliche Drohungen, Nötigungen oder andere strafbare Handlungen gebe, ebenso wenig wie Hinweise auf Waffen oder sonstige Auffälligkeiten. Die im Bericht enthaltenen Angaben über die gefährdete Tochter beziehen sich auf die Verletzungen, insbesondere Rötungen auf dem Oberarm, die fotographisch von ihrer Mutter festgehalten und Insp. K. am Handy vorgezeigt wurden. Die Angaben des Gefährders bzw. Beschwerdeführers und der ehemaligen Ehefrau decken sich im Wesentlichen mit den zuvor dargestellten Ausführungen zur Zeugenvernehmung bzw. zum „Vorgespräch“ mit Insp. K..
Der Ausspruch des Betretungsverbotes wurde in diesem Bericht mit den Angaben der ehemaligen Ehefrau des Beschwerdeführers bezüglich der Gewaltdelikte in der Vergangenheit begründet und in diesem Zusammenhang auf die Zeugenvernehmung verwiesen. In diesem Bericht wird der Beginn des Betretungsverbotes ausschließlich mit dem Tag "04.04.2018" - somit ohne Angabe einer Uhrzeit - festgehalten. Der räumliche Schutzbereich wurde lediglich mit der Wohnung der gefährdeten Person "in Wien, D. samt Stiegenhaus und unmittelbaren davor befindlichem Gehsteig" festgehalten.
Demgegenüber wurde in dem von Insp. K. angefertigten Amtsvermerk vom 04.04.2018 vermerkt, dass der "Bereich des Betretungsverbotes" "Wien, D. - sowie der Bereich des Kindergartens, E.-platz", erfasst und dieser auch dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht wurde.
Der Zeitpunkt des Ausspruchs des Betretungsverbotes, respektive der Beginn desselben wurde indes auch nicht im Amtsvermerk vom 04.04.2018 festgehalten, sondern ausschließlich vermerkt, dass ZJ Mag. O. um 19:15 Uhr über den Ausspruch des Betretungsverbotes in Kenntnis gesetzt wurde. Abschließend hielt Insp. K. im Amtsvermerk Folgendes fest:
"Behördliche Verständigungen wurden unterlassen, da Hrn. B. A. das Betretungsverbot mündlich zur Kenntnis gebracht wurde und die Einvernahme mit diesem noch aussteht."
Die Beschuldigtenvernehmung des Beschwerdeführers fand am 05.04.2018, in der Zeit von 10:30 Uhr bis 11:20 Uhr, statt und wurde von GrI. P. durchgeführt.
Im Lichte dieser Feststellungen ist daher zusammengefasst als erwiesen anzunehmen, dass die Dokumentation über die Verhängung eines Betretungsverbotes am 04.04.2018 fehlte, diese mit Bericht von KI I. am 05.04.2018 nachgeholt wurde, jedoch unvollständig (z.B. keine Zeitangabe zum Beginn des Betretungsverbotes, unterschiedliche Schutzbereiche,...) erfolgte.
Darüber hinaus ging die Erklärung des Insp. K. über den Ausspruch der Verhängung eines Betretungsverbotes am 04.04.2018 in ihrem objektiven Sinn am Beschwerdeführer vorbei.
Die behördliche Überprüfung der Verhängung des Betretungsverbotes gemäß § 38a Abs. 6 SPG erfolgte am 05.04.2018 und wurde diese mit Aktenvermerk vom 05.04.2018 von Herrn Mag. Q. festgehalten.
4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf folgende Beweisergebnisse:
Der festgestellte Sachverhalt beruht auf den unbedenklichen Unterlagen und Urkunden aus den vorgelegten behördlichen Verwaltungsakten, den glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers, der ehemaligen Ehefrau und des Zeugen Insp. K., die im Wesentlichen übereinstimmen.
Ob der Feststellung der Art und Weise des mündlich ausgesprochenen Betretungsverbotes ist auszuführen, dass die Einvernahmen des Beschwerdeführers und des Zeugen Insp. K. in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien ergeben haben, dass Insp. K. offenbar der Meinung war, dass er zwar ein solches gegenüber dem Beschwerdeführer ausgesprochen habe, aber ihn gleichzeitig darüber aufklärte, dass es zwar gelte, aber noch nicht offiziell sei, weil die behördliche Bestätigung noch fehle und diese erst nach der Einvernahme des Beschwerdeführers möglich sei. Obzwar er den Ausspruch für "gültig" erachtete, erweckte er damit den nachvollziehbaren Eindruck, dass es noch eines weiteren Aktes, nämlich der behördlichen Bestätigung bedarf. Daher ist die Auffassung des Beschwerdeführers, die er gleichfalls in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck brachte, wonach er am 04.04.2018 vermeinte, dass er das Betretungsverbot durch seine, für den nächsten Tag terminisierte Einvernahme noch abwenden könne, nachvollziehbar. In diesem Zusammenhang gestand der als Zeuge befragte Insp. K. über Vorhalt der Aussagen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung, wonach diesem der Prozess über den Ausspruch des Betretungsverbotes überhaupt nicht klar gewesen sei, zu, dass "es hier offenbar falsch rüber gekommen ist und es schlecht kommuniziert wurde". Dieser Umstand zeigt sich etwa auch im letzten Satz des Amtsvermerks vom 04.04.2018 von Insp. K., wonach "[b]ehördliche Verständigungen [...] unterlassen [wurden], da Hrn. B. A. das Betretungsverbot mündlich zur Kenntnis gebracht wurde und die Einvernahme mit diesem noch aussteht" und ob der Tatsache, dass Insp. K. am 04.04.2018 keinen Bericht über den Ausspruch der Verhängung eines Betretungsverbotes anfertigte, keine niederschriftlichen Aufzeichnungen der Aussagen des Beschwerdeführers am 04.04.2018 vornahm und auch keinen Zeitpunkt für den zeitlichen Beginn des Betretungsverbotes dokumentierte.
Vor diesem Hintergrund war daher festzustellen, dass die Dokumentation erst am 05.04.2018 (unvollständig) nachgeholt wurde und der objektive Erklärungswert des Ausspruchs über die Verhängung des Betretungsverbotes respektive die Erklärung des Insp. K. in ihrem objektiven Sinn beim Beschwerdeführer vorbeiging, sodass dieser am 04.04.2018 nicht von einem aufrechten Betretungsverbot ausging bzw. ausgehen konnte.
II.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG erkennen Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer Verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit. Ist im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen, so hat das Verwaltungsgericht die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben (§ 28 Abs. 6 VwGVG).
2. Die im Beschwerdeverfahren relevanten Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes - SPG lauten wie folgt:
„Allgemeine Gefahr; gefährlicher Angriff; Gefahrenerforschung(1) Eine allgemeine Gefahr besteht
1.
bei einem gefährlichen Angriff (Abs. 2 und 3)
oder
2.
…
(2) Ein gefährlicher Angriff ist die Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung, die vorsätzlich begangen und nicht bloß auf Verlangen eines Verletzten verfolgt wird, sofern es sich um einen Straftatbestand
1.
nach dem Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974, ausgenommen die Tatbestände nach den §§ 278, 278a und 278b StGB, oder
2.
bis 6. …
(3) Ein gefährlicher Angriff ist auch ein Verhalten, das darauf abzielt und geeignet ist, eine solche Bedrohung (Abs. 2) vorzubereiten, sofern dieses Verhalten in engem zeitlichen Zusammenhang mit der angestrebten Tatbestandsverwirklichung gesetzt wird.
(4) …
Betretungsverbot und Wegweisung zum Schutz vor Gewalt(1) Ist auf Grund bestimmter Tatsachen, insbesondere wegen eines vorangegangenen gefährlichen Angriffs, anzunehmen, es stehe ein gefährlicher Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit bevor, so sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einen Menschen, von dem die Gefahr ausgeht (Gefährder), das Betreten
1.
einer Wohnung, in der ein Gefährdeter wohnt, und deren unmittelbarer Umgebung;
2.
und, sofern es sich bei dem Gefährdeten um einen unmündigen Minderjährigen handelt, darüber hinaus das Betreten
a)
einer vom gefährdeten Unmündigen zur Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht im Sinne des Schulpflichtgesetzes, BGBl. Nr. 76/1985, besuchten Schule oder
b)
einer von ihm besuchten institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung oder
c)
eines von ihm besuchten Horts
samt eines Bereichs im Umkreis von fünfzig Metern,
zu untersagen.
(2) Bei Anordnung eines Betretungsverbotes haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes
1.
dem Gefährder den räumlichen Bereich, auf den sich das Betretungsverbot bezieht, zur Kenntnis zu bringen, wobei der Geltungsbereich des Betretungsverbotes nach Abs. 1 Z 1 nach Maßgabe der Erfordernisse eines wirkungsvollen vorbeugenden Schutzes zu bestimmen ist,
2.
ihn, im Falle einer Weigerung, den vom Betretungsverbot nach Abs. 1 umfassten Bereich zu verlassen, wegzuweisen,
3.
dem Gefährder alle in seiner Gewahrsame befindlichen Schlüssel zur Wohnung gemäß Abs. 1 Z 1 abzunehmen,
4.
ihm Gelegenheit zu geben, dringend benötigte Gegenstände des persönlichen Bedarfs mitzunehmen und sich darüber zu informieren, welche Möglichkeiten er hat, unterzukommen.
Bei einem Verbot, in die eigene Wohnung zurückzukehren, ist besonders darauf Bedacht zu nehmen, dass dieser Eingriff in das Privatleben des Betroffenen die Verhältnismäßigkeit (§ 29) wahrt. Sofern sich die Notwendigkeit ergibt, dass der Betroffene die Wohnung, deren Betreten ihm untersagt ist, aufsucht, darf er dies nur in Gegenwart eines Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes tun.
(3) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind verpflichtet, vom Gefährder die Bekanntgabe einer Abgabestelle für Zwecke der Zustellung der Aufhebung des Betretungsverbotes oder einer einstweiligen Verfügung nach §§ 382b und 382e EO zu verlangen. Unterlässt er dies, kann die Zustellung solcher Schriftstücke so lange durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch erfolgen, bis eine Bekanntgabe erfolgt; darauf ist der Gefährder hinzuweisen.
(4) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind weiters verpflichtet,
1.
den Gefährdeten von der Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung nach §§ 382b und 382e EO und von geeigneten Opferschutzeinrichtungen (§ 25 Abs. 3) und
2.
sofern Unmündige gefährdet sind, unverzüglich
a.
den örtlich zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträger gemäß § 37 Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 (B-KJHG 2013), BGBl. I Nr. 69, und
b.
den Leiter einer Einrichtung gemäß Abs. 1 Z 2 für die das Betretungsverbot verhängt wurde
zu informieren.
(5) Bei der Dokumentation der Anordnung eines Betretungsverbotes ist nicht bloß auf die für das Einschreiten maßgeblichen Umstände, sondern auch auf jene Bedacht zu nehmen, die für ein Verfahren nach §§ 382b und 382e EO oder für eine Gefährdungsabklärung im Sinne des § 22 B-KJHG 2013 durch den zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträger von Bedeutung sein können.
(6) Die Anordnung eines Betretungsverbotes ist der Sicherheitsbehörde unverzüglich bekanntzugeben und von dieser binnen 48 Stunden zu überprüfen. Stellt die Sicherheitsbehörde fest, dass das Betretungsverbot nicht hätte angeordnet werden dürfen, so hat sie dieses dem Gefährder gegenüber unverzüglich aufzuheben; der Gefährdete ist unverzüglich darüber zu informieren, dass das Betretungsverbot aufgehoben werde; die Aufhebung des Betretungsverbotes sowie die Information des Gefährdeten haben nach Möglichkeit mündlich oder schriftlich durch persönliche Übergabe zu erfolgen. Die nach Abs. 2 abgenommenen Schlüssel sind mit Aufhebung des Betretungsverbotes dem Gefährder auszufolgen, im Falle eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach §§ 382b und 382e EO beim ordentlichen Gericht zu erlegen.
(7) Soweit ein Betretungsverbot auch für den örtlichen Wirkungsbereich einer anderen Sicherheitsbehörde (§§ 8 und 9) angeordnet wird, ist diese unverzüglich zu verständigen. Der über die Überprüfung des Betretungsverbotes (Abs. 6) hinausgehende Vollzug obliegt der jeweils örtlich zuständigen Sicherheitsbehörde.
(8) Die Einhaltung eines Betretungsverbotes ist zumindest einmal während der ersten drei Tage seiner Geltung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu überprüfen. Das Betretungsverbot endet zwei Wochen nach seiner Anordnung. Wird die Sicherheitsbehörde binnen dieser Frist vom ordentlichen Gericht über die Einbringung eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach §§ 382b und 382e EO informiert, so verlängert sich das Betretungsverbot bis zum Zeitpunkt der Zustellung der Entscheidung des ordentlichen Gerichts an den Antragsgegner, längstens jedoch auf vier Wochen ab Anordnung. Im Falle einer Zurückziehung des Antrages endet das Betretungsverbot zwei Wochen nach seiner Anordnung, bei Zurückziehung des Antrags nach Eintritt der Verlängerung des Betretungsverbotes, sobald die Sicherheitsbehörde von der Zurückziehung durch Mitteilung des ordentlichen Gerichts Kenntnis erlangt.
(9) Das ordentliche Gericht hat die örtlich zuständige Sicherheitsbehörde von der Einbringung eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach §§ 382b und 382e EO und dessen Umfang sowie von einer allfälligen Zurückziehung unverzüglich in Kenntnis zu setzen.“
3. Die Kosten im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt regelt § 35 VwGVG. Dieser lautet:
„Kosten
Kosten im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt(1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.
(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.
(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.
(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:
1.
die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,
2.
die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie
3.
die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.
(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.
(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.“
III. 1. Gemäß § 7 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG ist die Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs.1 Z 2 B-VG innerhalb von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, beim Verwaltungsgericht Wien einzubringen.
Der Tag der beschwerdegegenständlichen Amtshandlung war am 04.04.2018, die nun vorliegende Beschwerde wurde am 09.04.2018 beim Verwaltungsgericht Wien eingebracht und ist daher rechtzeitig.
2. Gemäß § 130 Abs. 1 Z 2 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit.
Beim Betretungsverbot handelt es sich um einen Befehl, zumal die Möglichkeit einer erzwingbaren Wegweisung hinsichtlich jener Person besteht, gegenüber der die Verhängung eines Betretungsverbotes für einen bestimmten räumlichen Bereich („Schutzbereich“) ausgesprochen wurde. Ein Befehlsakt ist insbesondere daran zu erkennen, dass er regelmäßig als mündlich geäußertes Ge- oder Verbot auftritt und sohin einen unmittelbaren Befolgungsanspruch nach sich zieht. Dem Betroffenen muss daher unmittelbar, d.h. unverzüglich und ohne weiteres Verfahren, eine physische Sanktion drohen, wie etwa die erzwingbare Wegweisung infolge des Ausspruchs eines Betretungsverbotes (z.B. VfSlg. 10.020/1984, VfSlg. 10.662/1985).
Wird demgegenüber eine Maßnahme nur angedroht respektive in Aussicht gestellt, liegt kein Akt unmittelbarer verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt vor (z.B. VwGH vom 28.02.1997, Zl 96/02/0299). Ebenso wenig sind bloße Mahnungen, Belehrungen, Warnungen, Hinweise auf die Rechtslage rechtsfeststellend oder rechtserzeugend (siehe Funk, ZfV 1987, 620).
Nach dem als erwiesen angenommenen Sachverhalt steht fest, dass Insp. K. angesichts der für ihn glaubhaften Angaben der ehemaligen Ehefrau des Beschwerdeführers gegenüber dem Beschwerdeführer ein Betretungsverbot ausgesprochen hat und nicht bloß eine Belehrung oder Androhung dieser Maßnahme bezweckte. Das lässt sich auch daran erkennen, dass er den ZJ Mag. O. am 04.04.2018 über den seiner Meinung nach erfolgten Ausspruch des Betretungsverbotes in Kenntnis setzte.
In welcher Form das Betretungsverbot ausgesprochen werden kann, legt das Gesetz nicht fest. Primär in Betracht kommen mündliche Mitteilungen durch das amtshandelnde Organ selbst. Es ist indes nach der dargestellten Rechtsprechung davon auszugehen, dass der erteilte Befehl, den näher festgelegten Schutzbereich ab einem bestimmten Zeitpunkt – sohin unter Angabe des Datums und der Uhrzeit - nicht betreten zu dürfen, als solcher für den Betroffenen erkennbar sein muss, zumal dieser einen Befolgungsanspruch nach sich zieht, der unmittelbar in subjektive einfachgesetzliche sowie verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte (z.B. Recht auf Privat- und Familienleben) des Befehlsempfängers eingreift.
Daher ist etwa auch der Ausspruch durch SMS, Fax, E-Mail, Hinterlassen einer Nachricht auf der Mailbox und dergleichen nicht möglich, weil damit nicht gewährleistet ist, dass der Inhalt der Nachricht auch tatsächlich dem Gefährder zugeht und nicht bekannt ist, wann die Nachricht durch den Gefährder gelesen wird.
Im Hinblick auf das Gesagte, kommt sowohl der Form des Ausspruchs als auch dem objektiven Erklärungswert des ausgesprochenen Betretungsverbotes eine maßgebliche Bedeutung für dessen Wirksamkeit zu.
Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sind etwa bei der Auslegung von Prozesshandlungen objektive Maßstäbe anzulegen. Es ist also insbesondere nicht der Parteiwille zu erforschen (z.B. OGH vom 09.10.1996, Zl 3 Ob 2303/96i). Nicht die subjektiven Vorstellungen der Parteien sind maßgebend, sondern es ist die Frage zu lösen, wie der objektive Erklärungswert der Willensäußerung zu beurteilen ist. Dieser Auslegungsmaßstab darf nicht retrospektiv angelegt werden, sondern ist ausschließlich von der Aktenlage zum Zeitpunkt der Prozesserklärung auszugehen (OGH vom 08.10.1996, Zl 10 Ob 2319/96v).
Diese Rechtsprechung kann sinngemäß auf die Befugnisausübung des Ausspruchs eines Betretungsverbotes durch das Exekutivorgan herangezogen werden, wonach bei der durch das Verwaltungsgericht Wien vorzunehmenden ex-ante Betrachtung zu fragen ist, wie der objektive Erklärungswert der Willensäußerung des Exekutivorgans zum Zeitpunkt des Ausspruchs des Betretungsverbotes nach objektiven Maßstäben vom Befehlsempfänger, respektive Beschwerdeführer verstanden werden musste.
Nach dem erwiesen angenommenen Sachverhalt teilte Insp. K. dem Beschwerdeführer mit, dass er die Angaben seiner ehemaligen Ehefrau für glaubhaft hielt und sprach das Betretungsverbot aus. In einem erklärte Insp. K. dem Beschwerdeführer, dass er das Betretungsverbot aber nicht bestätigen kann, weil dies durch das rechtskundige Organ erfolgt und er zu diesem Zeitpunkt nur beurteilen kann, ob der Ausspruch der Verhängung eines Betretungsverbotes notwendig ist. Da es nur eine Seite der Einvernahme gab, nämlich gegenüber der ehemaligen Ehefrau des Beschwerdeführers und es die Einvernahme beider Personen – sohin auch des Gefährders bzw. des Beschwerdeführers - bedarf, war die Bestätigung des Betretungsverbotes am 04.04.2018 nicht möglich. Das Betretungsverbot ist zwar gültig, aber nicht offiziell, weil es dazu der behördlichen Bestätigung durch den rechtskundigen Beamten bedarf. Gleichzeitig wurde kein bestimmter Zeitpunkt für den Beginn des Betretungsverbotes dokumentiert, sodass dieser nicht festgestellt werden konnte und daher auch nicht davon ausgegangen werden konnte, dass dieser von Insp. K. als solcher kommuniziert wurde. Demgegenüber händigte Insp. K. dem Beschwerdeführer das Informationsblatt über das Betretungsverbot aus, das dieser nicht unterfertigte und vereinbarte mit dem Beschwerdeführer einen Termin für seine Einvernahme im Beisein mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung für den nächstfolgenden Tag.
Betrachtet man nun den objektiven Erklärungswert der Äußerung des Exekutivorgans, wonach das Betretungsverbot gültig, aber noch nicht offiziell ist und die dazu ergangene Erklärung des Exekutivorgans über die noch erforderliche Einvernahme des Beschwerdeführers, so kann diese Willenserklärung des Organs nur dahingehend verstanden werden, dass es – entgegen der Bestimmungen des § 38a SPG - noch einer Einvernahme und der behördlichen Bestätigung durch ein rechtskundiges Organ der belangten Behörde bedurfte. Erst nach Vorliegen dieser behördlichen Bestätigung läge ein „offizielles“ Betretungsverbot vor. Obgleich diese Erklärungen des Exekutivorgans nicht mit den Bestimmungen über den Ausspruch eines Betretungsverbotes nach § 38a SPG in Einklang zu bringen sind, zumal es nicht der Bestätigung eines rechtskundigen Organs bedarf, um die Wirksamkeit – sohin die Rechtswirkungen eines Betretungsverbotes – entstehen zu lassen, ist demgegenüber festzuhalten, dass aus dieser Erklärung des Exekutivorgans nicht erkennbar ist, dass damit ein Befehl erteilt wurde, einen näher festgelegten Schutzbereich ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr betreten zu dürfen und für den Befehlsempfänger respektive dem Beschwerdeführer diese Befugnisausübung als solche nicht erkennbar sein konnte. Aufgrund dieser Erklärung des Exekutivorgans war kein Befolgungsanspruch, der unmittelbar in subjektive einfachgesetzliche sowie verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte des Befehlsempfängers eingreift, ersichtlich.
Ergebnis:
Zum einen war die Dokumentation etwa zum Zeitpunkt des Beginns des Betretungsverbotes nicht vorhanden und war diese auch hinsichtlich des festgelegten Schutzbereiches widersprüchlich. Zum anderen erfolgte der Ausspruch des Betretungsverbotes in einer Art und Weise, dass nach dem objektiven Erklärungswert der Äußerung des Exekutivorgans für den betroffenen Beschwerdeführer nicht erkennbar sein konnte, dass am 04.04.2018 nach dem geführten „Vorgespräch“ (Anmerkung: so wurde dieses Gespräch vom zeugenschaftlich einvernommenen Exekutivorgan in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien bezeichnet) ein solches in jeder Hinsicht geltendes und wirksames Betretungsverbot – somit ein zu befolgender Befehl - tatsächlich verhängt und ausgesprochen wurde. Das gegenständliche Betretungsverbot verstößt somit gegen § 38a SPG, wonach dieses derart auszusprechen ist, dass für den Befehlsempfänger sowohl der Befehl als solcher, der Inhalt, als auch der Zeitpunkt des Beginns des Betretungsverbotes erkennbar sein muss, zumal damit regelmäßig ein Eingriff in verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte verbunden ist. Der Beschwerde war daher stattzugeben und der Ausspruch des Betretungsverbots für rechtswidrig zu erklären. Da der Ausspruch des Betretungsverbotes schon aus diesem Grund nach rechtswidrig war, erübrigt sich ein Eingehen auf das sonstige Beschwerdevorbringen.
3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 35 Abs. 1 und 2 VwGVG, wonach die im Verfahren nach Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei hat. Die Höhe der Beträge richtet sich nach der VwG-Aufwandersatzverordnung BGBl II. Nr. 517/2013. Im vorliegenden Fall setzen sich die Kosten aus Schriftsatzaufwand in Höhe von 737,60 Euro und Verhandlungsaufwand in Höhe von 922,00 Euro zusammen. Daraus ergibt sich ein Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen des Beschwerdeführers in Höhe von insgesamt 1.659,60 Euro. Der darüber hinaus beantragte Kostenersatz des Beschwerdeführers war abzuweisen, da nur jene nach § 35 Abs. 1 und 4 Z 3 VwGVG in Verbindung mit der genannten der VwG-Aufwandersatzverordnung („pauschalierter Aufwandersatz“) vorgesehene Pauschalbeträge für den Schriftsatz- und den Verhandlungsaufwand zugesprochen werden können.
4. Der Ausspruch über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision gründet sich darauf, dass es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum objektiven Erklärungswert eines ausgesprochenen Betretungsverbotes respektive eines ausgesprochenen Befehls, der aufgrund der ergänzenden Erklärung, dieser sei „gültig“, aber noch nicht „offiziell“, fehlt.
Schlagworte
Betretungsverbot; Wegweisung; Sicherungsmaßnahme; Präventivcharakter; Schutzbereich; Prozesshandlung, Auslegung von; Erklärungswert, objektiver, subjektiver; Dokumentation; Willensäußerung eines ExekutivorgansEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.102.076.4665.2018Zuletzt aktualisiert am
06.12.2018