TE Lvwg Erkenntnis 2018/11/14 LVwG-2017/46/1951-6

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Veröffentlicht am 14.11.2018
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Entscheidungsdatum

14.11.2018

Index

82/05 Lebensmittelrecht
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

SpielzeugV 2011 §8
VStG §44a
VStG §45 Abs1 Z2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Wieser über die Beschwerde des AA, pA BB, Adresse 1, Z, vertreten durch Rechtsanwalt CC, Adresse 2, Y, gegen das Straferkenntnis der Bürgermeisterin der Stadt X vom 10.07.2017, Zl *****, betreffend eine Übertretung nach dem LMSVG, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer folgender Sachverhalt zur Last gelegt:

„…

Sie sind seitens der BB mit Sitz der Unternehmensleitung in Z, Adresse 1, gemäß § 9 Abs. 2 und 4 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) hinsichtlich der Einhaltung aller Verwaltungsvorschriften, insbesondere des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes (LMSVG), in deren Betriebsniederlassung (Handelsgeschäft) in X, Adresse 3, bestellter verantwortlich Beauftragter.

In dieser Eigenschaft haben Sie es zu vertreten, dass durch die BB am 18.10.2016 um 13:52 Uhr in deren Betriebsstätte (Handelsgeschäft) in X, Adresse 3, entgegen § 16 Abs. 1 Z 4 LMSVG ein der Spielzeugverordnung 2011 unterliegendes Spielzeug, das dazu gestaltet war, von Kindern unter 14 Jahren zum Spielen verwendet zu werden, nämlich 2 Fluffy-Bälle (aus Kunststoff mit weichen Stacheln und aufgemalten Gesicht sowie einer LED-Kugel im Inneren) mit der Bezeichnung „DD“ durch gewerbsmäßiges Feilhalten in Verkehr gebracht wurde, wobei jedoch diese Ware zufolge nachangeführter Umstände den Anforderungen der Europäischen Norm EN 71 „Sicherheit von Spielzeug“ nicht entsprochen hat:

Gem. § 3 Abs. 1 der Spielzeugverordnung 2011 darf nur Spielzeug in Verkehr gebracht werden, wenn es die allgemeinen Sicherheitsanforderungen erfüllt, wonach es bei bestimmungsgemäßen oder vorauszusehenden Gebrauch entsprechend dem Verhalten von Kindern die Sicherheit oder Gesundheit der Benutzer oder Dritter nicht gefährden darf. Weiters darf Spielzeug nur in Verkehr gebracht werden, wenn es die in Anlage 2 angeführten besonderen Sicherheitsanforderungen erfüllt. Gem. Anlage 2 müssen Spielzeuge und Teile davon das Risiko der Strangulation ausschließen.

Die Sicherheitsanforderungen gelten als erfüllt, wenn das Spielzeug entsprechend den als ÖNORMEN veröffentlichten harmonisierten Europäischen Normen (insbesondere EN 71 „Sicherheit von Spielzeug“) hergestellt ist.

Das vorliegende Spielzeug ist als Yoyo-Ball im Sinn der EN 71-1 Z 3.71 (aus elastischem Material gefertigtes Spielzeug, das aus einem Band, das üblicherweise eine Schlaufe an einem Ende hat, die um einen Finger gewickelt wird, und einem biegsamen Gegenstand am anderen Ende besteht) einzustufen.

Gem. EN 71- 1 Z 4.24 muss das Verhältnis zwischen der Masse m (in Gramm) und der Elastizitätskonstante k des Yoyo-Balls, gemessen nach 8.37.2, kleiner 2,2 sein. Das Verhältnis Masse/Elastizitätskonstante (m/k) beträgt jedoch bei dem gegenständlichen Produkt 5,7.

Das Verhältnis m/k ist daher größer als 2,2 und entspricht somit das vorliegende Spielzeug nicht den Anforderungen der EN 71-1.

Die vorliegende Probe erfüllt daher nicht die Sicherheitsanforderungen der Spielzeugverordnung 2011.“

Dadurch habe der Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung gem § 90 Abs 3 Z 2 iVm § 5 Abs 1 Z 3 LMSVG iVm § 3 Abs 1 und Anlage 2 der Spielzeugverordnung 2011 sowie des § 9 Abs 2 und 4 VStG begangen und wurde über ihn gem § 90 Abs 3 LMSVG eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 190,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag) verhängt. Weiters wurde dem Beschuldigten gem § 64 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von Euro 19,00 vorgeschrieben. Weiters wurde er zum Ersatz der Untersuchungskosten der AGES in Höhe von EUR 126,40 verpflichtet.

In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde brachte der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass die Bestrafung zu Unrecht erfolgt sei, da kein Sorgfaltsverstoß vorgelegen habe.

Zweck der EN 71 (Sicherheit von Spielzeug) sei es zu verhindern, dass sich ein Band dreimal um den Hals eines 6 Jahre alten Kindes wickeln könne. Dafür gäbe es eine Berechnungsformel, wobei die Anfangslänge des Bandes nicht länger als 370 mm und das Verhältnis zwischen Elastizitätskonstante und Masse nicht mehr als 2,2 sein dürfe. Die Anfangslänge des gegenständlichen Bandes betrage in etwa 2 cm und liege damit weit unter der vorgeschriebenen 360 mm. Während der Nutzung dürfe die Länge 750 mm nicht überschreiten. Wie solle ein Kleinkind ein Gummiband von 2 cm auf mehr als 75 cm dehnen können? Eine solche Dehnung und Umwicklung des Halses sei auszuschließen.

Insgesamt sei das Band zu kurz, um eine potentielle Strangulation eines Kindes zu ermöglichen. Es gehe vom gegenständlichen Produkt keine Gefahr aus.

Des Weiteren sei die Firma „EE“ in W Erzeuger des gegenständlichen Produktes. Es liege für das gegenständliche Produkt eine gültige Konformitätserklärung vor, auch wenn die belangte Behörde dies bestreite und wird näheres dazu ausgeführt. Der Beschwerdeführer habe jedenfalls darauf vertrauen können.

Darüber hinaus liege ein wirksames Kontrollsystem vor und wurde dieses dargelegt. Es sei nicht ersichtlich, was der Beschwerdeführer noch alles hätte tun können. Das Kontrollsystem sei von der belangten Behörde auch nicht geprüft worden. Sie habe sich insbesondere nicht mit der Frage beschäftigt, ob Strangulationsgefahr bestanden habe. Die von der AGES vorgesehene Anwendung des gegenständlichen Produktes sei denkunmöglich. Das Verwaltungsstrafverfahren sei daher einzustellen, in eventu sei nach Erteilung einer Ermahnung iSd § 45 Abs 1 VStG von einer Strafe abzusehen.

Aufgrund dieses Beschwerdevorbringens wurde der Akt dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung vorgelegt.

Vom Landesverwaltungsgericht Tirol wurde eine ergänzende Stellungnahme der AGES zum Vorbringen des Beschwerdeführers eingeholt (vgl OZ 4).

Am 27.08.2018 wurde vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der lediglich die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers erschien.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt, dabei insbesondere in das Gutachten der AGES vom 25.10.2016 und die beiliegenden Lichtbilder, sowie in die ergänzende Stellungnahme der AGES vom 17.07.2018 (vgl OZ 4) und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27.08.2018.

II.      Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer ist seitens der BB mit Sitz der Unternehmensleitung in Z, Adresse 1, gemäß § 9 Abs 2 und 4 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) hinsichtlich der Einhaltung aller Verwaltungsvorschriften, insbesondere des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes (LMSVG), in deren Betriebsniederlassung (Handelsgeschäft) in X, Adresse 3, bestellter verantwortlich Beauftragter und somit für diese Filiale in Bezug auf die Einhaltung der Bestimmungen des LMSVG strafrechtlich verantwortlich..

Am 18.10.2016 um 13:52 Uhr wurde in der Betriebsstätte in X, Adresse 3, ein der Spielzeugverordnung 2011 unterliegendes Spielzeug durch Feilhalten im SB Verkaufsregal in Verkehr gebracht. Bei diesem Spielzeug, 2 Fluffy-Bälle (aus Kunststoff mit weichen Stacheln und aufgemalten Gesicht sowie einer LED-Kugel im Inneren) mit der Bezeichnung „DD“, handelt es sich um ein Produkt, das – ausschließlich oder nicht ausschließlich – dazu bestimmt oder gestaltet ist, von Kindern unter 14 Jahren für den Gebrauch beim Spielen verwendet zu werden. Auf dem Produkt bzw auf der Verpackung des Produktes ist ein CE-Kennzeichen angebracht.

Das gegenständliche Produkt wurde von der Firma „EE“ in W, Adresse 4, hergestellt und von der Fa BB auf dem Markt bereitgestellt und ist diese somit als „Händler“ iSd Spielzeugverordnung 2011 anzusehen.

Dieses Spielzeug erfüllt die allgemeinen Sicherheitsanforderungen nicht, wonach es bei bestimmungsgemäßen oder vorauszusehenden Gebrauch entsprechend dem Verhalten von Kindern die Sicherheit oder Gesundheit der Benutzer oder Dritter nicht gefährden darf. Weiters erfüllt das Spielzeug nicht die in Anlage 2 der Spielzeugverordnung 2011 angeführten besonderen Sicherheitsanforderungen. Gem Anlage 2 müssen Spielzeuge und Teile davon das Risiko der Strangulation ausschließen.

Das vorliegende Spielzeug ist als Yoyo-Ball im Sinn der EN 71-1 Z 3.71 (aus elastischem Material gefertigtes Spielzeug, das aus einem Band, das üblicherweise eine Schlaufe an einem Ende hat, die um einen Finger gewickelt wird, und einem biegsamen Gegenstand am anderen Ende besteht) einzustufen.

Die Sicherheitsanforderungen gelten als erfüllt, wenn das Spielzeug entsprechend den als ÖNORMEN veröffentlichten harmonisierten Europäischen Normen (insbesondere EN 71 „Sicherheit von Spielzeug“) hergestellt ist.

Gem EN 71- 1 Z 4.24 muss das Verhältnis zwischen der Masse m (in Gramm) und der Elastizitätskonstante k des Yoyo-Balls, gemessen nach 8.37.2, kleiner 2,2 sein. Das Verhältnis Masse/Elastizitätskonstante (m/k) beträgt jedoch bei dem gegenständlichen Produkt 5,7.

Das Verhältnis m/k ist daher größer als 2,2 und entspricht somit das vorliegende Spielzeug nicht den Anforderungen der EN 71-1.

Des Weiteren wurde keine EG-Baumusterprüfung in Bezug auf das gegenständliche Produkt durchgeführt.

III.     Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde, insbesondere aber aus dem Gutachten der AGES vom 25.10.2016 und den beiliegenden Lichtbildern, sowie aus der ergänzenden Stellungnahme der AGES vom 17.07.2018 (vgl OZ 4).

Dass der Beschwerdeführer seitens der BB mit Sitz der Unternehmensleitung in Z, Adresse 1, gemäß § 9 Abs 2 und 4 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) hinsichtlich der Einhaltung aller Verwaltungsvorschriften, insbesondere des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes (LMSVG), in deren Betriebsniederlassung (Handelsgeschäft) in X, Adresse 3, als verantwortlich Beauftragter bestellt wurde, ergibt sich aus der im Akt erliegenden Bestellungsurkunde vom 22.08.2014.

Grundsätzlich wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten, dass beim gegenständlichen Produkt das Verhältnis m/k größer als 2,2 ist und somit nicht den Anforderungen der EN 71-1 entspricht. Der Beschwerdeführer bringt jedoch vor, dass eine Konformitätserklärung vorliege und er darauf vertrauen habe können. Es sei ihm kein Verschulden anzulasten. Darüber hinaus liege ein ausreichendes Kontrollsystem vor. Auch liege beim gegenständlichen Produkt keine Strangulationsgefahr vor und wurde diesbezüglich ein Schreiben des Erzeugers (Comments of Toy Expert group on the AGES report 16095496) vorgelegt.

Dass für das gegenständliche konkrete Produkt keine EG-Konformitätserklärung vorliegt, ergibt sich aus der vom Beschwerdeführer selbst vorgelegten EG-Konformitätserklärung vom 16.05.2015. In dieser sind zwar sehr ähnliche („FF“, „GG“, „JJ“), aber nicht das im gegenständlichen Fall konkrete Produkt („KK“) aufgelistet.

Ob eine Gefahr der Strangulation beim gegenständlichen Produkt gegeben ist oder nicht, konnte nicht mehr festgestellt werden.

Zum angeführten Kontrollsystem werden die Angaben des Beschwerdeführers nicht angezweifelt.

IV.      Rechtslage:

Die im gegenständlichen Verfahren maßgeblichen Bestimmungen der Spielzeugverordnung 2011, BGBl II Nr 203/2011, idF BGBl II Nr 13/2017, lauten wie folgt:

„Allgemeine Grundsätze

§ 3

(1) Spielzeug darf nur in Verkehr gebracht werden, wenn es

1. die allgemeinen Sicherheitsanforderungen erfüllt, wonach es bei bestimmungsgemäßem oder vorauszusehendem Gebrauch entsprechend dem Verhalten von Kindern die Sicherheit oder Gesundheit der Benutzer oder Dritter nicht gefährden darf.

Die Fähigkeiten der Benutzer sowie gegebenenfalls der sie beaufsichtigenden Personen sind insbesondere bei solchen Spielzeugen zu berücksichtigen, die zum Gebrauch durch Kinder im Alter von weniger als 36 Monaten bzw. andere genau bestimmte Altersgruppen bestimmt sind.

2. die in Anlage 2 angeführten besonderen Sicherheitsanforderungen erfüllt,

3. mit den in Anlage 5 angeführten Warnhinweisen und Gebrauchsvorschriften versehen ist und

4. die CE-Kennzeichnung gemäß der Spielzeugkennzeichnungsverordnung, BGBl. Nr. 1029/1994, trägt.

(2) Spielzeug, das keine CE-Kennzeichnung trägt oder auch sonst dieser Verordnung nicht entspricht, darf auf Handelsmessen und Ausstellungen ausgestellt und verwendet werden, sofern ein ihm beigefügtes Schild eindeutig anzeigt, dass es dieser Verordnung nicht entspricht und dass es erst dann in der Europäischen Union in Verkehr gebracht wird, wenn es mit den Anforderungen dieser Verordnung in Einklang gebracht wurde.

EG-Konformitätserklärung

§ 4.

(1) Der Hersteller hat vor dem erstmaligen Inverkehrbringen durch eine EG-Konformitätserklärung zu bestätigen, dass die Anforderungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 und 2 erfüllt sind.

(2) Die EG-Konformitätserklärung enthält mindestens die in Anlage 3 dieser Verordnung und den Modulen A, B oder C des Anhangs II des Beschlusses Nr. 768/2008/EG über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für die Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung des Beschlusses 93/465/EWG, ABl. Nr. L 218 vom 13. August 2008, angegebenen Elemente und wird auf dem neuesten Stand gehalten. Die EG-Konformitätserklärung entspricht in ihrem Aufbau dem Muster in Anlage 3. Sie ist in deutscher Sprache abzufassen.

Pflichten des Händlers

§ 8.

(1) Der Händler hat die geltenden Anforderungen mit der gebührenden Sorgfalt zu berücksichtigen, wenn er ein Spielzeug in Verkehr bringt.

(2) Bevor er ein Spielzeug in Verkehr bringt, hat der Händler zu überprüfen, ob das Spielzeug mit der erforderlichen CE-Kennzeichnung versehen ist, ob ihm die erforderlichen Unterlagen sowie die Gebrauchsanleitung und Sicherheitsinformationen in deutscher Sprache beigefügt sind, und ob der Hersteller oder Importeur die Anforderungen gemäß § 5 Abs. 6 und der sonstigen Kennzeichnungselemente gemäß der Spielzeugkennzeichnungsverordnung erfüllt hat. Ist ein Händler der Auffassung oder hat er Grund zu der Annahme, dass ein Spielzeug nicht mit den Anforderungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 oder 2 übereinstimmt, bringt er dieses Spielzeug erst in Verkehr, nachdem er es mit diesen Anforderungen in Übereinstimmung gebracht hat. Wenn mit dem Spielzeug ein Risiko verbunden ist, hat der Händler außerdem den Hersteller oder den Importeur sowie die zuständige Behörde darüber zu unterrichten.

(3) Solange sich ein Spielzeug in seiner Verantwortung befindet, hat der Händler zu gewährleisten, dass die Lagerungs- oder Transportbedingungen die Übereinstimmung des Produkts mit den Anforderungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 und 2 nicht beeinträchtigen.

(4) Der Händler hat der zuständigen Behörde auf deren begründetes Verlangen alle Informationen und Unterlagen auszuhändigen, die für den Nachweis der Konformität des Spielzeugs erforderlich sind. Er hat mit der zuständigen Behörde auf deren Verlangen bei allen Maßnahmen zur Abwendung von Risiko, die mit einem Spielzeug verbunden sind, das er in Verkehr gebracht hat, zu kooperieren.“

V.       Erwägungen:

Gemäß § 9 Abs 1 VStG 1950 ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Der Beschwerdeführer war zum Tatzeitpunkt seitens der BB mit Sitz der Unternehmensleitung in Z, Adresse 1, gemäß § 9 Abs 2 und 4 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) hinsichtlich der Einhaltung aller Verwaltungsvorschriften, insbesondere des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes (LMSVG), in deren Betriebsniederlassung (Handelsgeschäft) in X, Adresse 3, bestellter verantwortlich Beauftragter und somit strafrechtlich verantwortlich.

Gesetzliche Grundlage für einheitliche Anforderungen an Spielzeug ist die Richtlinie 2009/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über die Sicherheit von Spielzeug. Veröffentlicht wurde die Richtlinie im Amtsblatt der EG Nr L 170/1 vom 30.06.2009. Sie ersetzt mit Wirkung vom 20. Juli 2011 die bis dahin gültige Richtlinie 88/378/EWG mit Ausnahme von Artikel 2 Absatz 1 (Spielzeugdefinition) und Anhang II Teil 3 (Chemische Eigenschaften). Artikel 2 Absatz 1 und Anhang II Teil 3 der Richtlinie 88/378/EG wurden mit Wirkung vom 20. Juli 2013 aufgehoben.

Die Umsetzung der EU-Richtlinie über die Sicherheit von Spielzeug 2009/48/EG erfolgte in Österreich im Rahmen der Spielzeugverordnung 2011, BGBl II Nr 203/2013 und der Spielzeugkennzeichnungsverordnung, BGBl Nr 1029/1994, idgF.

Als Spielzeug gelten gem der Spielzeugverordnung 2011 Produkte, die, ausschließlich oder nicht ausschließlich, dazu bestimmt oder gestaltet sind, von Kindern unter 14 Jahren zum Spielen verwendet zu werden. Kinder stellen prinzipiell eine sehr schützenswerte Verbrauchergruppe dar, besonders Kinder unter drei Jahren. Regelmäßige Untersuchungen von Spielzeug durch die AGES zeigen, dass der Großteil der Spielzeuge sicher ist, dass aber auch immer wieder Produkte am Markt vorgefunden werden, die die Gesundheit der Kinder gefährden können.

Spielzeug zählt zu den Gebrauchsgegenständen und unterliegt dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG). Gemäß LMSVG ist es verboten, Gebrauchsgegenstände, die gesundheitsschädlich oder für den bestimmungsgemäßen Gebrauch ungeeignet sind oder den speziellen Verordnungen nicht entsprechen, in Verkehr zu bringen.

Gemäß der Spielzeugverordnung 2011 darf Spielzeug nur in Verkehr gebracht werden, wenn es die allgemeinen Sicherheitsanforderungen erfüllt, wonach es bei bestimmungsgemäßem oder vorauszusehendem Gebrauch entsprechend dem Verhalten von Kindern die Sicherheit oder Gesundheit der Benutzer oder Dritter nicht gefährden darf. Weiters muss Spielzeug mit den entsprechenden Warnhinweisen und Gebrauchsvorschriften versehen sein und es muss das „CE-Zeichen“ tragen. Während die Spielzeugverordnung sozusagen den Rahmen vorgibt, sind viele detaillierte Anforderungen in den harmonisierten Europäischen Normen enthalten. Bei Spielzeug ist dies insbesondere die EN 71 „Sicherheit von Spielzeug“. Diese besteht derzeit aus den Teilen 1 bis 14. Für alle Spielzeuge relevant sind die Teile 1 bis 3. Teil 1 befasst sich mit den physikalischen und mechanischen Eigenschaften, Teil 2 mit der Entflammbarkeit, Teil 3 mit der Migration bestimmter Elemente. Andere Teile befassen sich z.B. mit bestimmten Spielzeugen, wie Teil 7, der für Fingermalfarben gilt.

Als äußeres Zeichen der Übereinstimmung mit den gesetzlichen Anforderungen muss jedes Spielzeug vor dem erstmaligen Inverkehrbringen mit der CE-Kennzeichnung gemäß der Spielzeugkennzeichnungsverordnung, BGBl Nr 1029/1994, idgF, versehen sein. Damit versichert der Hersteller oder Inverkehrbringer, dass die grundlegenden Anforderungen der Spielzeugrichtlinie erfüllt sind und entweder das Produkt in vollem Umfang den Europäischen Normen entspricht oder dass eine Baumusterprüfung mit positivem Ergebnis durchgeführt wurde. Der Hersteller bzw sein in der Gemeinschaft niedergelassener Bevollmächtigter bringt die CE-Kennzeichnung auf der Grundlage der EG-Konformitätserklärung an. Laut der Richtlinie 2009/48/EG übernimmt der Hersteller mit dem Anbringen der CE-Kennzeichnung an einem Spielzeug die volle Verantwortung für dessen Übereinstimmung mit allen geltenden Vorschriften. Dennoch sind von den Anforderungen der Spielzeugrichtlinie bzw der Spielzeugverordnung 2011 der Hersteller oder der Bevollmächtigte des Herstellers in der EU, der Importeur oder auch der Händler betroffen. Die Richtlinie bzw die Spielzeugverordnung 2011 regelt die Verpflichtungen aller Personen in der Lieferkette.

Während Hersteller dem Verbraucher einschlägige Informationen und Warnhinweise erteilen und Maßnahmen treffen müssen, welche die Überwachung des Produkts mit dem Ziel ermöglichen, Gefahren zu erkennen und zu vermeiden, haben Händler die geltenden Anforderungen mit der gebührenden Sorgfalt zu berücksichtigen, wenn sie ein Spielzeug in Verkehr bringen. Auch der Händler sollte über ein gewisses Grundwissen verfügen, um erkennen zu können, welche Produkte eindeutig nicht den Harmonisierungsrechtsvorschriften entsprechen (zB wegen fehlender Begleitinformationen).

Gemäß § 8 Abs 2 der Spielzeugverordnung 2011 hat der Händler, bevor er ein Spielzeug in Verkehr bringt, zu überprüfen, ob das Spielzeug mit der erforderlichen CE-Kennzeichnung versehen ist, ob ihm die erforderlichen Unterlagen sowie die Gebrauchsanleitung und Sicherheitsinformationen in deutscher Sprache beigefügt sind, und ob der Hersteller oder Importeur die Anforderungen gemäß § 5 Abs 6 und der sonstigen Kennzeichnungselemente gemäß der Spielzeugkennzeichnungsverordnung erfüllt hat. Ist ein Händler der Auffassung oder hat er Grund zu der Annahme, dass ein Spielzeug nicht mit den Anforderungen gemäß § 3 Abs 1 Z 1 oder 2 übereinstimmt, bringt er dieses Spielzeug erst in Verkehr, nachdem er es mit diesen Anforderungen in Übereinstimmung gebracht hat. Wenn mit dem Spielzeug ein Risiko verbunden ist, hat der Händler außerdem den Hersteller oder den Importeur sowie die zuständige Behörde darüber zu unterrichten.

Gemäß § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach § 44 a Z 1 VStG 1950 ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Das heißt, dass jene Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein muss, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist (VwSlg 11894 A/1985). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44 Z 1 VStG muss der Spruch eines Straferkenntnisses so gefasst sein, dass die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, also aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der bestimmten Verwaltungsübertretung geschlossen werden kann. Der Beschuldigte hat ein subjektives Recht, dass ihm einerseits die als erwiesen angenommene Tat, andererseits die verletzte Verwaltungsvorschrift richtig und vollständig vorgehalten wird (VwGH 26.01.1998. 97/10/0156).

Für die Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes ist es wesentlich, in welcher Eigenschaft der Täter auftritt, ob als Hersteller, als Importeur oder, wie der Beschwerdeführer, als Händler. In weiterer Folge ändert sich je nach Eigenschaft auch der Tatvorwurf, da die Spielzeugverordnung jedem an der Lieferkette Beteiligten andere Pflichten auferlegt. Dem Händler kann dabei nur der Vorwurf gemacht werden, dass er gem § 8 Abs 1 Spielzeugverordnung 2011 die geltenden Anforderungen mit der gebührenden Sorgfalt nicht berücksichtigt hat, bevor er das gegenständliche Spielzeug in Verkehr gebracht hat oder das gegenständliche Spielzeug zum Verkauf feilgehalten und somit in Verkehr gebracht worden sei, obwohl die notwendige Überprüfung des Spielzeuges vor dem In-Verkehr-Bringen gemäß § 8 Abs. 2 Spielzeugverordnung 2011 unterlassen worden sei (vgl dazu VwGH vom 25.05.2018, Zl Ra 2018/10/0075).

Eine Korrektur bzw Sanierung des Bescheidspruches ist jedoch nur dann zulässig und geboten, wenn nach der Lage des Falles auch eine taugliche, den Eintritt der Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung, welche sich auf alle der Bestrafung zugrunde liegenden Sachverhaltselemente bezieht, gegeben ist. Innerhalb der gesetzlichen Verfolgungsverjährungsfrist hat die belangte Behörde jedoch keine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt.

Dem erkennenden Gericht ist es im Ergebnis daher verwehrt, hier eine Änderung des Bescheidspruches vorzunehmen, käme dies doch einer Auswechslung der Tat gleich.

Aufgrund der Einstellung des Verfahrens gegen den Beschwerdeführer hat dieser keine Kosten gemäß § 71 LMSVG zu ersetzen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Insbesondere darf auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.05.2018, Zl Ra 2018/10/0075, hingewiesen werden, in dem kurz darauf hingewiesen wird, welche Erfordernisse an einen Spruch in Bezug auf § 8 Spielzeugverordnung 2011 gestellt werden.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrens-hilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag.a Wieser

(Richterin)

Schlagworte

Konkretisierungsgebot; Händler;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2017.46.1951.6

Zuletzt aktualisiert am

12.12.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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