Entscheidungsdatum
27.11.2018Index
40/01 Verwaltungsverfahren, 81/01 WasserrechtsgesetzNorm
WRG 1959 §32, WRG 1959 §138, VwGVG §24, VwGVG §28Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hirn über die Beschwerde des AA, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 27.08.2018, Zl ****, betreffend einen Auftrag nach § 138 Wasserrechtsgesetz 1959 (belangte Behörde: Bezirkshauptmannschaft Y),
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz
(B-VG) nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer ist unterem anderen Eigentümer der Alm „BB“, Adresse: U - Adresse 2, Z (Gste Nrn **1, **2, **3 und andere, alle GB X).
Mit den Schriftsätzen vom 13.04.2017, Zl ****, und vom 02.06.2017, Zahl ****, hat die Bezirkshauptmannschaft Y AA, Adresse 1, Z, aufgefordert, unverzüglich für eine ordnungs-gemäße Abwasserbeseitigung beim Objekt Adresse 2 („BB-Alm“) zu sorgen und die Art der Abwasserbeseitigung der Behörde mitzuteilen. Ebenso hat die Z mit den Schriftsätzen vom 19.06.2017, Zahl ****, und vom 24.07.2017, Zahl ****, AA aufgefordert, ein von einem befugten Planer erstelltes Projekt für die zwecks Entsorgung der beim Objekt Adresse 2 anfallenden Abwässer geplante dichte Senkgrube vorzulegen.
Mit Schriftsatz vom 06.10.2017 hat die Marktgemeinde Z der Bezirkshauptmannschaft Y ein Projekt betreffend die Schmutzwasserentsorgung übermittelt. Zum projektierten Vorhaben hat sich der wasserfachliche Amtssachverständige CC im Schriftsatz vom 10.11.2017, Zahl ****, geäußert und darauf hingewiesen, dass bei der geplanten Entsorgung der häuslichen Abwässer der „BB-Alm“ näher bezeichnete technische Richtlinien nicht eingehalten würden.
Mit Schriftsatz vom 06.04.2018, Zahl ****, hat die Bezirkshauptmannschaft Y das Baubezirksamt W ersucht, den derzeitigen Zustand betreffend die Abwasserentsorgung bei der „BB-Alm“ in der U zu erheben und zu dokumentieren.
Mit Schriftsatz vom 11.04.2018 hat die Marktgemeinde Z das von AA eingereichte Projekt zur Entsorgung der in der „BB-Alm“ anfallenden Schmutzwässer vom April 2018, erstellt vom Ingenieurbüro-DD, V, Adresse 3, an die Bezirkshauptmannschaft Y übermittelt.
Mit Schriftsatz vom 14.05.2018, ****, hat die Bezirkshauptmannschaft Y das Baubezirksamt W und den Fachbereich Landesgeologie des Amtes der Tiroler Landesregierung ersucht, die von AA nunmehr geplante Errichtung von dichten Sammelbehältern bei der „BB-Alm“ in der U fachlich zu beurteilen. Zu den Ersuchen der Bezirkshauptmannschaft Y vom 06.04.2018, Zahl ****, und vom 14.05.2018, Zahl ****, hat sich der wasserfachliche Amtssachverständige EE in den Schriftsätzen vom 18.07.2018, Zahl **** und Zahl ****, geäußert. In beiden Stellungnahmen weist der wasserfachliche Amtssachverständige daraufhin, dass die häuslichen Abwässer der „BB-Alm“ über eine Rohrleitung DN 100 entsorgt würden. Diese Rohrleitung würde allerdings ca 5 Meter unterhalb der Zufahrtsstraße zum Almgebäude enden, sodass die gesammelten Abwässer wieder frei an der Oberfläche austreten würden.
Mit Bescheid vom 27.08.2018, Zahl ****, hat die Bezirkshauptmannschaft Y AA, Adresse 1, Z, als Grundeigentümer sowie FF, Adresse 2, Z, als Bewohner der „BB-Alm“ gemäß den §§ 32 Abs 1 und Abs 2 lit c sowie 138 Abs 1 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) aufgetragen, unverzüglich die freie Ausleitung ungereinigter Abwässer auf das Gst Nr **4, GB X, zu unterlassen und die Rohrleitung flüssigkeitsdicht zu verschließen.
Gegen diesen Bescheid hat AA, Adresse 1, U, mit Schriftsatz vom 10.09.2018 Beschwerde erhoben. Wörtlich führt der Beschwerdeführer in seinem Rechtsmittel aus:
„Lege in offener Frist gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y **** Beschwerde ein und beantrage die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht.
Anbei: Einreichprojekt I und II die jeweils fristgerecht bei der Gemeinde Z eingebracht wurden. Mit gleicher Post wurde die Gebührenpflicht überwiesen.“
Über Ersuchen der Bezirkshauptmannschaft Y vom 24.09.2018, Zahl ****, hat der Beschwerdeführer den Nachweis über die Entrichtung der Eingabegebühr nachgereicht. Mit Schriftsatz vom 27.09.2018 hat FF, Adresse 1, Z, Sohn des Beschwerdeführers, die Situation aus seiner Sicht geschildert.
Mit Schriftsatz vom 15.10.2018, Zahl ****, hat die Bezirkshauptmannschaft Y den Akt zur Entscheidung über die Beschwerde des AA gegen den Bescheid vom 27.08.2018, Zahl ****, dem Landesverwaltungsgericht Tirol vorgelegt. Über Ersuchen des Landesverwaltungsgerichtes Tirol hat die Bezirkshauptmannschaft Y am 24.10.2018 auf digitalem Weg den Zustellnachweis betreffend den Beschwerdeführer in Kopie übermittelt.
II. Sachverhalt:
AA bewirtschaftet seinen Hof „GG“, Adresse 1. Er ist Eigentümer der „BB-Alm“, Gst Nr **1, BG X. Der Beschwerdeführer ist zudem Eigentümer des das Gst Nr **2, GB X umgebende Gst Nr **4, GB X.
FF, der Sohn des Beschwerdeführers, bewohnt die „BB-Alm“ mit seiner Familie (zwei Erwachsene und vier Kinder im Alter von acht, fünf und vier Jahren sowie 23 Monaten). Die häuslichen Abwässer der „BB-Alm““ werden über eine Rohrleitung DN 100 entsorgt. Diese Rohrleitung endet ca 5 Meter unterhalb der Zufahrtsstraße zum Almgebäude. Die gesammelten Abwässer werden am Ende der Rohrleitung auf das Gst Nr **4, GB X, ausgeleitet.
AA hat zuletzt im April 2018 über die Marktgemeinde Z das vom Ingenieurbüro-DD erstellte Einreichprojekt betreffend die Entsorgung der in der „BB-Alm““ anfallenden Abwässer vorgelegt. Entsprechend dem Einreichprojekt vom April 2018 sollen die häuslichen Abwässer über einen Zeitraum von maximal fünf Monaten (Winterzeit) in zwei unterirdischen Klärbehältern mit einem Speichervolumen von 84 m³ zwischengespeichert werden. Im Frühjahr werden die gesammelten Abwässer mit einem Hochdruckfass ? Fassungsvolumen 4 m³ ? zu Tal befördert und fachgerecht entsorgt. Das wasserrechtliche Verfahren ist derzeit anhängig.
III. Beweiswürdigung:
Die vom Landesverwaltungsgericht Tirol getroffenen Feststellungen stützen sich auf die Angaben im angefochtenen Bescheid und den diesem Bescheid zugrunde liegenden wasserfachlichen Stellungnahmen vom 18.07.2018, Zahl **** und Zahl ****. Zudem hat der Beschwerdeführer die von der Bezirkshauptmannschaft Y im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen nicht bestritten und lediglich auf das von ihm vorgelegte Einreichprojekt zur Entsorgung der in der „BB-Alm““ anfallenden Abwässer und das derzeit anhängige Verfahren verwiesen.
IV. Rechtslage:
1. Wasserrechtsgesetz 1959:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959), BGBl Nr 215/1959 in den anzuwendenden Fassungen BGBl I Nr 155/1999 (§ 138) und BGBl I Nr 14/2011 (§ 32), lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„Bewilligungspflichtige Maßnahmen
§ 32. (1) Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 3) beeinträchtigen, sind nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.
(2) Nach Maßgabe des Abs. 1 bedürfen einer Bewilligung insbesondere
[…]
c) Maßnahmen, die zur Folge haben, daß durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird,
[…]“
„Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes
§ 138. (1) Unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten
a) eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,
[…]
(2) In allen anderen Fällen einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung oder unterlassenen Arbeit hat die Wasserrechtsbehörde eine angemessene Frist zu bestimmen, innerhalb deren entweder um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nachträglich anzusuchen, die Neuerung zu beseitigen oder die unterlassene Arbeit nachzuholen ist.
[…]“
2. Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), in der Stammfassung BGBl I Nr 33/2013 (§ 28) und in der anzuwendenden Fassung BGBl I Nr 24/2017 (§ 24), lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„Verhandlung
§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
[…]
(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
[…]“
„Erkenntnisse
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
[…]“
V. Erwägungen:
1. Zur Rechtzeitigkeit:
Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde vier Wochen.
Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 07.09.2018 zugestellt. Die Postaufgabe der Beschwerde erfolgte am 17.09.2018 und somit innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist.
2. In der Sache:
2.1. Zur Bewilligungspflicht nach § 32 WRG 1959:
Eine Bewilligungspflicht im Sinne des § 32 WRG 1959 setzt eine Einwirkung auf Gewässer voraus, die geeignet ist, deren Beschaffenheit unmittelbar oder mittelbar zu beeinträchtigen. Die Bewilligungspflicht nach dieser Gesetzesstelle ist demnach immer dann gegeben, wenn nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer zu rechnen ist (vgl VwGH 30.03.2017, Zahl Ra 2015/07/0114, mit weiteren Hinweisen). § 32 WRG 1959 erfasst somit Einwirkungen auf die Wasserbeschaffenheit, insbesondere Abwassereinleitungen, aber auch die Versickerung nicht gereinigter Abwässer [vgl Lindner in Oberleitner/Berger, WRG-ON4.00 § 32 Rz 2 und 5 (Stand 15.07.2018, Rdb.at)].
Für die Bewilligungspflicht nach § 32 Abs 2 lit c WRG 1959 ist allein maßgeblich, dass das Grundwasser des in Betracht kommenden Bereiches verunreinigt wird. Das Tatbild der fehlenden wasserrechtlichen Bewilligung gemäß § 32 WRG 1959 unterscheidet sich von dem des § 31 WRG 1959 dadurch, dass im ersteren Fall ein konkret wirksamer und beabsichtigter Angriff auf die bisherige Beschaffenheit von Wasser vorliegen muss, der plangemäß unter Verwendung von Anlagen erfolgt, während im zweiten Fall die Verpflichtung zur Vermeidung von Verunreinigungen sich in erster Linie auf Anlagen und Maßnahmen bezieht, bei denen eine Einwirkung auf Gewässer zwar nicht vorgesehen, aber erfahrungsgemäß möglich ist (vgl VwGH 21.06.2018, Zahl Ro 2017/07/0031 bis 0032, mit Hinweis auf die frühere Judikatur).
Die „BB-Alm““ wird von einer sechsköpfigen Familie bewohnt. Die anfallenden Abwässer werden über eine Rohrleitung gesammelt und ohne Reinigung direkt auf dem
Gst Nr **4, GB X, ausgeleitet. Das Versickern dieser über eine Rohrleitung gesammelten und nicht gereinigten Abwässer auf einer Grundfläche unterliegt jedenfalls der Bewilligungspflicht des § 32 Abs 1 und Abs 2 lit c WRG 1959 [vgl Lindner in Oberleitner/Berger, WRG ON4.00 § 32 Rz 5 (Stand 15.07.2018) Rdb.at].
2.2. Zum Auftrag nach § 138 WRG 1959:
Die Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages setzt eine Übertretung des WRG 1959 voraus (vgl VwGH 10.08.2000, Zl 2000/07/0031). Übertretung im Sinn des § 138 Abs 1 WRG 1959 bedeutet nicht, dass nur solche Missstände nach § 138 WRG 1959 verfolgt werden können, welche zugleich einen Straftatbestand nach § 137 WRG 1959 darstellen. Als Übertretung im Sinn des § 138 WRG 1959 ist daher jede Missachtung der im WRG 1959 normierten Pflichten zu verstehen [vgl Berger in Oberleitner/Berger, WRG-ON4.00 § 138 Rz 3 (Stand: 15.07.2018, rdb.at)]. Auch ist es nicht erforderlich, dass die Übertretung schuldhaft begangen wird, sondern ist vielmehr ausreichend, dass der dem WRG 1959 zuwiderlaufende Zustand objektiv verwirklicht wurde (vgl VwGH 26.01.2006, Zl 2004/07/0136). Eine Übertretung in diesem Sinn ist notwendige und hinreichende Bedingung für ein Vorgehen nach § 138 WRG 1959 [vgl VwGH 29.10.1998, Zl 96/07/0006; Berger in Oberleitner/Berger,
WRG-ON4.00 § 138 Rz 3 (Stand: 15.07.2018, rdb.at)].
Verpflichteter kann nach § 138 Abs 1 WRG 1959 nur derjenige sein, welcher die Bestimmungen des WRG 1959 übertreten hat. Als Täter kommt grundsätzlich jeder in Betracht, der die Übertretung verursacht oder mitverursacht hat (vgl VwGH 28.05.2014, Zl 2011/07/0267). Das heißt, Täter und damit Adressat eines wasserrechtlichen Auftrages kann im Sinne der vorstehenden Ausführungen sein, wer eine eigenmächtige Neuerung selbst gesetzt hat oder den von einem Dritten konsenslos geschaffenen Zustand in der Folge aufrechterhält und nutzt [Berger in Oberleitner/Berger, WRG-ON4.00 § 138 Rz 19 (Stand: 15.07.2018, rdb.at)].
Die derzeit gehandhabte Entsorgung der Abwässer der „BB-Alm“ unterliegt der Bewilligungspflicht des § 32 Abs 1 und Abs 2 lit c WRG 1959. Eine Bewilligung liegt allerdings nicht vor, die konsenslose Versickerung der nicht gereinigten Abwässer ist somit als eigen-mächtig vorgenommene Neuerung im Sinne des § 138 Abs 1 lit a WRG 1959 zu qualifizieren.
Zwar bewohnt FF, der Sohn des Beschwerdeführers, mit seiner Familie die „BB-Alm“. Für Maßnahmen zur Anpassung der Abwasserentsorgung an den Stand der Technik bedarf er allerdings ? dies ergibt sich eindeutig aus dessen Schriftsatz vom 27.09.2018 ? der Zustimmung seines Vaters. Dementsprechend hat auch das Einreichprojekt für die nunmehr geplante Entsorgung der in der „BB-Alm“ anfallenden Abwässer nicht FF, sondern der Beschwerdeführer eingereicht. Die beschriebene eigenmächtige Neuerung ist daher (auch) dem Beschwerdeführer zuzuordnen.
Der Beschwerdeführer behauptet die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides mit dem Hinweis auf das von ihm eingereichte Projekt zur zukünftig geplanten Entsorgung der in der „BB-Alm“ anfallenden Abwässer. Der Beschwerdeführer vertritt offensichtlich die Auffassung, dass aufgrund des anhängigen Verfahrens über seinen Antrag auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die geplante Abwasserentsorgung es der Bezirkshauptmannschaft Y verwehrt gewesen wäre, den nunmehr bekämpften Auftrag nach § 138 Abs 1 WRG 1959 zu erteilen.
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hält dazu Folgendes fest:
Um einen Auftrag nach § 138 Abs 1 WRG 1959 zu erteilen, muss nicht die Entscheidung über den Antrag auf nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung der Anlage abgewartet werden. Ein solcher Abspruch ist nicht Tatbestandselement des § 138 Abs 1 WRG 1959 und bildet auch keine Vorfrage für die Entscheidung gemäß der zitierten Bestimmung (vgl VwGH 17.06.2010, Zahl 2008/07/0131, mit Hinweis auf die Judikatur). Darüber hinaus ist die derzeit gehandhabte Entsorgung der in der „BB-Alm“ anfallenden Abwässer nicht Gegenstand des anhängigen wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens. Laut dem vom Beschwerdeführer vorgelegten, vom Ingenieurbüro-DD, V – Adresse 3, erstellten Projekt ist vorgesehen, die häuslichen Abwässer über einen Zeitraum von maximal fünf Monaten in zwei unterirdischen Klärbehälter mit einem Speichervolumen von 84 m³ zwischenzuspeichern und in weiterer Folge zwecks fachgerechter Entsorgung zu einer entsprechenden Anlage zu befördern.
Die Bezirkshauptmannschaft Y war daher entgegen der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers trotz des beschriebenen anhängigen wasserrechtlichen Verfahrens im Zusammenhang mit der Entsorgung der in der „BB-Alm“ anfallenden Abwässer berechtigt, gemäß § 138 Abs 1 lit a WRG 1959 die bewilligungslose Versickerung dieser nicht gereinigten Abwässern zu untersagen und das flüssigkeitsdichte Verschließen jener Rohrleitung, in denen die Abwässer gesammelt werden, anzuordnen.
Mit einem Alternativauftrag nach § 138 Abs 2 WRG 1959 kann vorgegangen werden, wenn eine eigenmächtige Neuerung vorliegt, öffentliche Interessen aber nicht beeinträchtigt werden und die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes von Betroffenen nicht verlangt wird [Berger in Oberleitner/Berger, WRG-ON4.00 § 138 Rz 36 mit Hinweis auf die Judikatur (Stand: 15.07.2018, rdb.at)]. Gegenstand des angefochtenen Auftrages nach § 138 Abs 1
lit a WRG 1959 ist die bewilligungslose Versickerung von nicht gereinigten Abwässern. An einer dem Stand der Technik entsprechenden Abwasserentsorgung besteht unter Berücksichtigung des WRG 1959, aber auch des Tiroler Kanalisationsgesetzes, ein hohes öffentliches Interesse. Ein Alternativauftrag gemäß § 138 Abs 2 WRG 1959 scheidet im gegenständlichen Fall somit aus.
Bei Aufträgen nach § 138 WRG 1959 ist eine Prüfung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit und der Adäquanz vorzunehmen. Es handelt sich dabei nicht um eine subjektive, auf die jeweilige finanzielle Situation des Verpflichtenden abstellende, sondern um eine objektive Zumutbarkeit im Sinne einer Verhältnismäßigkeit von Mitteleinsatz und „Erfolg“ (vgl VwGH 23.07.2018, Zahl Ro 2018/07/0372, mit weiteren Hinweisen). Die von der Bezirkshaupt-mannschaft Y dem Beschwerdeführer aufgetragenen Maßnahmen, nämlich die Ausleitung nicht gereinigter Abwässer auf das Gst Nr **4, GB X, zu unterlassen und die Rohrleitung flüssigkeitsdicht zu verschließen, erfordert jedenfalls keinen hohen Aufwand. Demgegenüber bedeutet die Umsetzung des von der Bezirkshauptmannschaft Y erteilten Auftrages das Unterbinden einer dem Stand der Technik massiv widersprechenden Entsorgung nicht gereinigter Abwässer durch bloßes Versickern. Der von der Bezirkshauptmannschaft Y erteilte Auftrag ist daher unter Berücksichtigung des notwendigen Mitteleinsatzes und des dadurch hervorgerufenen „Erfolgs“ als zumutbar und adäquat zu qualifizieren.
2.3. Ergebnis:
Die Bezirkshauptmannschaft Y hat im Einklang mit § 32 Abs 1 und Abs 2 lit c sowie 138 WRG 1959 dem Beschwerdeführer aufgetragen, die Ausleitung ungereinigter Abwässer auf ein näher bezeichnetes Grundstück zu unterlassen und die dazu verwendete Rohrleitung flüssigkeitsdicht zu verschließen. Ein Alternativauftrag nach § 138 Abs 2 WRG 1959 scheidet aus, da die derzeit gehandhabte Entsorgung der in der „BB-Alm“ anfallenden Abwasser nicht dem Stand der Technik entspricht und daher geeignet ist, öffentliche Interessen zu beeinträchtigen.
Dementsprechend war die Beschwerde des AA, Adresse 1, Z gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 27.08.2018, Zl ****, als unbegründet abzuweisen (vgl Spruchpunkt 1. des gegenständlichen Erkenntnisses).
Der mit dem angefochtenen Bescheid ebenfalls verpflichtete Sohn des Beschwerdeführers AA, hat keine Beschwerde erhoben. Ihm gegenüber ist der Bescheid vom 27.08.2018, Zahl ****, und der darin formulierte Auftrag bereits in Rechtskraft erwachsen.
Entsprechend dem angefochtenen Bescheid sind die dem Beschwerdeführer ? und dessen Sohn ? aufgetragenen Maßnahmen unverzüglich umzusetzen. Das Landesverwaltungsgericht Tirol ist im Hinblick auf diese klare Formulierung nicht verpflichtet, die Leistungsfrist gemäß § 59 Abs 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 neu festzusetzen.
3. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs 4 VwGVG ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) entgegenstehen.
Eine mündliche Verhandlung kann demgemäß entfallen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder „hoch-technische“ Fragen betrifft. Ebenso wenig ist eine Verhandlung geboten, wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten sind (vgl VwGH 18.11.2013, Zl 2013/05/0022, und VwGH 20.02.2015, Zl 2012/06/0207-9, zu der mit § 24 Abs 4 VwGVG vergleichbaren Bestimmung des § 39 Abs 2 Z 6 VwGVG).
Diese Voraussetzungen liegen im gegenständlichen Beschwerdefall vor. Der Beschwerdeführer hat nicht bestritten, dass die in der „BB-Alm“ anfallenden Abwässer in einem Rohr gesammelt und in weiterer Folge ungereinigt auf einem näher bezeichneten Grundstück versickern. Den diesbezüglichen Feststellungen der Bezirkshaupt-mannschaft Y hat der Beschwerdeführer nicht widersprochen und lediglich darauf hingewiesen, dass derzeit ein Verfahren zur geplanten zukünftigen Abwasserentsorgung betreffend die „BB-Alm“ anhängig sei.
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hatte ausgehend von einem unstrittigen Sachverhalt zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung des angefochtenen Auftrages gemäß § 138 Abs 1 lit a WRG 1959 vorlagen und somit ausschließlich rechtliche Fragen zu erörtern.
Trotz eines Antrages des Beschwerdeführers konnte daher gemäß § 24 Abs 4 VwGVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hatte im gegenständlichen Verfahren zu prüfen, ob im Zusammenhang mit einer dem Stand der Technik widersprechenden Abwasserentsorgung die Tatbestandsmerkmale für die Erlassung eines auf § 138 Abs 1 lit a WRG 1959 gestützten Auftrages vorlagen. Bei den zu klärenden Rechtsfragen hat sich das Landesverwaltungsgericht Tirol auf den eindeutigen Wortlaut der anzuwendenden Bestimmungen gestützt und ist von der zu diesen Bestimmungen ergangenen einheitlichen Judikatur nicht abgewichen. Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung waren somit nicht zu erörtern. Dementsprechend erklärt das Landesverwaltungsgericht Tirol die ordentliche Revision für nicht zulässig (vgl Spruchpunkt 2. des gegenständlichen Erkenntnisses).
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Hirn
(Richter)
Schlagworte
Wasserpolizeiliche Maßnahme; WiederherstellungsauftragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.37.2281.2Zuletzt aktualisiert am
12.12.2018