TE Lvwg Erkenntnis 2018/11/27 LVwG-2018/46/2056-2

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Veröffentlicht am 27.11.2018
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Entscheidungsdatum

27.11.2018

Index

82/05 Lebensmittelrecht

Norm

VStG §44a
Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 Art6

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Wieser über die Beschwerde der AA, vertreten durch RA BB, Adresse 1, Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 31.07.2017, Zl *****, betreffend Übertretungen nach dem LMSVG,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführerin folgender Sachverhalt zur Last gelegt:

„Sie haben es als handelsrechtliche Geschäftsführerin gemäß § 9 Abs 1 VStG zu verantworten, dass im Zuge einer am 15.11.2016, um 10:32 Uhr, in ihrem Betrieb „Firma CC“ in Adresse 2, X, vom Lebensmittelaufsichtsorgan DD durchgeführten Lebensmittelkontrolle, eine Probe „Beaute – Bio Age Crème/Beaute – Anti Aging Creme“ entnommen wurde, welche im Schaukasten des Spa-Bereiches im 1. Stock auf dem Markt bereitgestellt wurde und anschließend von der AGES, Z, Adresse 3, untersucht und festgestellt wurde, dass

1.   In der Bestandteilliste der tierische Inhaltsstoff Bienenwachs (INCI: cera alba (beeswax))angegeben war, obwohl das Werbematerial folgende Angaben enthielt:

„Alles, was EE Ihrer Haut erspart: …Inhaltstoffe tierischer Herkunft…“ (Anhang 3 AGES Gutachten),

„Die Produkte von EE sind frei von: …tierischen Inhaltsstoffen…“ (Anhang 7 AGES Gutachten)

2.   Durch den Produktnamen „Bio Age Crème“ und die Angaben „Natur und Biotechnologie“, „rein pflanzliche Wirkstoffformel“ der Eindruck hervorgerufen wurde, das Produkt Bio Age Crème sei ein Biokosmetikum, obwohl in der Bestandteilliste des Produktes die Inhaltsstoffe Phenoxyethanol, Sodium Hydoxide und Ethylhexylglycerin aufgeführt waren und am Produkt auch keine Codenummer und/oder der Name der zuständigen Bio-Kontrollstelle angegeben war, obwohl das Produkt bzw. die Tätigkeiten des Herstellers durch eine für die biologische Produktion nach der Verordnung (EG) Nr. 824/2007 anerkannte Biokontrollstelle oder –behörde kontrolliert werden muss

Und somit diese Angaben entgegen Art 20 Abs 1 VO (EG) Nr. 1223/2009 Merkmale vortäuschten, die das Produkt nicht besaß und somit nicht auf dem Markt bereitgestellt werden durfte.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

Zu 1. und 2. § 90 Abs. 3 Ziffer 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG), BGBl. I Nr. 13/2006 in der derzeit gültigen Fassung in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1223/2009“

Daher wurde über die Beschwerdeführerin gem § 90 Abs 3 Z 1 LMSVG zu 1. und zu 2. eine Geldstrafe in der Höhe von jeweils Euro 100,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag) verhängt. Weiters wurde der Beschuldigten gem § 64 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von insgesamt Euro 20,00 vorgeschrieben. Weiters wurde sie zum Ersatz der Untersuchungskosten der AGES in Höhe von EUR 165,90 verpflichtet.

In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde brachte die rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass die Firma CC für den Kosmetikbereich in ihrem Betrieb Produkte der Firma EE bezogen habe. Dieses Unternehmen sei sowohl Hersteller als auch Inverkehrbringer iSd Art 2 Abs 1 lit d und lit h der VO (EG) Nr. 1223/2009.

Es lägen Verletzungen von Verfahrensvorschriften (zB seien beantragte Zeugen nicht einvernommen worden, der Sachverhalt sei nicht festgestellt worden, eine Begründung des Straferkenntnisses sei nicht erfolgt, usw). Auch die Strafbemessung sei nicht rechtmäßig erfolgt.

Des Weiteren sei als verantwortliche Person iSd VO (EG) Nr 1223/2009 der Hersteller anzusehen. Den Händler treffe lediglich eine eingeschränkte Überwachungspflicht. Die Firma AA sei daher nicht für die Einhaltung der Bestimmungen des Art 20 leg cit verantwortlich und wird dies näher ausgeführt.

Aufgrund dieses Beschwerdevorbringens wurde der Akt dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung vorgelegt.

Vom Landesverwaltungsgericht Tirol wurde der unter der Zahl **** beim Amt der Tiroler Landesregierung, Abt Gesundheitsrecht und Krankenanstalten geführte Verwaltungsakt eingeholt (vgl OZ 2).

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt, dabei insbesondere in das Gutachten der AGES vom 18.01.2017 und die beiliegenden Lichtbilder, sowie aus dem unter der Zahl **** beim Amt der Tiroler Landesregierung, Abt Gesundheitsrecht und Krankenanstalten geführten Verwaltungsakt (vgl OZ 2).

II.      Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin ist und war zum Tatzeitpunkt handelsrechtliche Geschäftsführerin der Firma CC mit Sitz in X, Adresse 2, welche wiederum unbeschränkt haftende Gesellschafterin der CC mit Sitz ebendort ist und somit gemäß § 9 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) hinsichtlich der Einhaltung aller Verwaltungsvorschriften strafrechtlich verantwortlich.

Am 15.11.2016 um 10:32 Uhr wurde bei der CC in X, Adresse 2, von einem Lebensmittelaufsichtsorgan eine Kontrolle durchgeführt und eine Probe des Produktes „Beaute – Bio Age Crème – Anti Aging Creme“, Charge LOT.0985, Herstellerin „EE“ in W, Adresse 4, Italien, sowie aufliegendes Werbe- bzw Informationsmaterial entnommen. Dieses Produkt wurde von der Firma CC am 2.11.2016 importiert und am 15.11.2016 im Schaukasten des Spa-Bereiches im ersten Stock auf dem Markt bereitgestellt.

Die gezogenen Proben wurden von der AGES, Z, Adresse 3, untersucht und festgestellt, dass

1.       in der Bestandteilliste der tierische Inhaltsstoff Bienenwachs (INCI: cera alba (beeswax)) angegeben war, obwohl das Werbematerial folgende Angaben enthielt:

„Alles, was EE Ihrer Haut erspart: …Inhaltstoffe tierischer Herkunft…“ (Anhang 3 AGES Gutachten),

„Die Produkte von EE sind frei von: …tierischen Inhaltsstoffen…“ (Anhang 7 AGES Gutachten);

2.       durch den Produktnamen „Bio Age Crème“ und die Angaben „Natur und Biotechnologie“, „rein pflanzliche Wirkstoffformel“ der Eindruck hervorgerufen wurde, das Produkt Bio Age Crème sei ein Biokosmetikum, obwohl in der Bestandteilliste des Produktes die Inhaltsstoffe Phenoxyethanol, Sodium Hydoxide und Ethylhexylglycerin aufgeführt waren und am Produkt auch keine Codenummer und/oder der Name der zuständigen Bio-Kontrollstelle angegeben war, obwohl das Produkt bzw die Tätigkeiten des Herstellers durch eine für die biologische Produktion nach der Verordnung (EG) Nr 824/2007 anerkannte Biokontrollstelle oder –behörde kontrolliert werden muss.

III.     Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde, insbesondere aber aus dem Gutachten der AGES vom 18.01.2017 und den beiliegenden Lichtbildern, sowie aus dem unter der Zahl **** beim Amt der Tiroler Landesregierung, Abt Gesundheitsrecht und Krankenanstalten geführten Verwaltungsakt (vgl OZ 2).

Dass die Beschwerdeführerin zum Tatzeitpunkt handelsrechtliche Geschäftsführerin der Firma CC mit Sitz in X, Adresse 2, welche wiederum unbeschränkt haftende Gesellschafterin der CC mit Sitz ebendort ist, ergibt sich aus den im vorgelegten Akt erliegenden Firmenbuchauszügen.

IV.      Rechtslage:

Die im gegenständlichen Verfahren maßgeblichen Bestimmungen VERORDNUNG (EG) Nr. 1223/2009 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (Kosmetikverordnung), lauten wie folgt:

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

(1) Im Sinne dieser Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:

lit d) „Hersteller“: jede natürliche oder juristische Person, die ein kosmetisches Mittel herstellt bzw. entwickeln oder herstellen lässt und es unter ihrem eigenen Namen oder ihrer eigenen Marke in Verkehr bringt;

e) „Händler“: jede natürliche oder juristische Person in der Lieferkette, die ein kosmetisches Mittel auf dem Gemeinschaftsmarkt bereitstellt, mit Ausnahme des Herstellers oder des Importeurs;

f) „Endverbraucher“: entweder ein Verbraucher, der das kosmetische Mittel verwendet, oder eine Person, die das kosmetische Mittel beruflich verwendet;

g) „Bereitstellung auf dem Markt“: jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe eines kosmetischen Mittels zum Vertrieb, Verbrauch oder zur Verwendung auf dem Gemeinschaftsmarkt im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit;

h) „Inverkehrbringen“: die erstmalige Bereitstellung eines kosmetischen Mittels auf dem Gemeinschaftsmarkt;

Artikel 4

Verantwortliche Person

(1) Nur kosmetische Mittel, für die eine juristische oder natürliche Person innerhalb des Gemeinschaftsgebiets als „verantwortliche Person“ benannt wurde, dürfen in Verkehr gebracht werden.

(2) Für jedes in Verkehr gebrachte kosmetische Mittel gewährleistet die verantwortliche Person die Einhaltung der in dieser Verordnung aufgeführten einschlägigen Verpflichtungen.

(3) Die verantwortliche Person für ein innerhalb der Gemeinschaft hergestelltes kosmetisches Mittel, das anschließend nichtausgeführt und wieder in die Gemeinschaft eingeführt wird, ist der in der Gemeinschaft ansässige Hersteller. Der Hersteller kann durch ein schriftliches Mandat eine in der Gemeinschaft ansässige Person als verantwortliche Person benennen, die das Mandat schriftlich annimmt.

Artikel 6

Verpflichtungen der Händler

(1) Im Rahmen ihrer Tätigkeiten berücksichtigen die Händler die geltenden Anforderungen mit der gebührenden Sorgfalt, wenn sie ein kosmetisches Mittel in Verkehr bringen.

(2) Bevor sie ein kosmetisches Mittel auf dem Markt bereitstellen, überprüfen die Händler, ob

— die Kennzeichnungsinformationen gemäß Artikel 19Absatz 1 Buchstaben a, e und g sowie Artikel 19 Absätze 3 und 4 vorliegen,

— der Sprachanforderungen gemäß Artikel 19 Absatz 5 genügt wird,

— gegebenenfalls das Mindesthaltbarkeitsdatum nach Artikel 19 Absatz 1 nicht abgelaufen ist.

(3) Sind Händler der Auffassung oder haben sie Grund zu der Annahme, dass

— ein kosmetisches Mittel nicht den Anforderungen dieser Verordnung genügt, stellen sie das kosmetische Mittel so lange nicht auf dem Markt bereit, bis es mit den geltenden Anforderungen in Übereinstimmung gebracht wurde;

— ein von ihnen auf dem Markt bereitgestelltes kosmetisches Mittel nicht dieser Verordnung entspricht, stellen sie sicher, dass die erforderlichen Korrekturmaßnahmen ergriffen werden, um die Konformität dieses Mittels herzustellen oder es gegebenenfalls vom Markt zu nehmen und zurückzurufen.

Außerdem unterrichten die Händler, wenn von dem kosmetischen Mittel ein Risiko ausgeht, unverzüglich die verantwortliche Person und die zuständigen nationalen Behörden der Mitgliedstaaten, in denen sie das Produkt auf dem Markt bereitgestellt haben, darüber und machen dabei ausführliche Angaben, insbesondere über die Nichtkonformität und die ergriffenen Korrekturmaßnahmen.

V.       Erwägungen:

Gemäß § 9 Abs 1 VStG 1950 ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Die Beschwerdeführerin ist und war zum Tatzeitpunkt handelsrechtliche Geschäftsführerin der Firma CC mit Sitz in X, Adresse 2, welche wiederum unbeschränkt haftende Gesellschafterin der CC mit Sitz ebendort ist und somit gemäß § 9 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) hinsichtlich der Einhaltung aller Verwaltungsvorschriften strafrechtlich verantwortlich.

Am 22. Dezember 2009 wurde die Kosmetikverordnung (EG) Nr 1223/2009 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Nach einer dreijährigen Übergangsfrist löste sie am 11.07.2013 die EG-Kosmetikrichtlinie und deren nationale Umsetzungen ab. Diese Regelung soll ein hohes Maß an Gesundheits- und VerbraucherInnenschutz garantieren. Der Begriff "Kosmetische Mittel" umfasst eine große und vielfältige Warengruppe, einschließlich Schönheitsmasken, Schminkgrundlagen, Gesichtspuder, Toilettenseifen, Parfums, Bade- und Duschzusätze, Haarentfernungsmittel und Desodorantien. Das Hauptziel der EU-Kosmetikverordnung ist die Sicherheit kosmetischer Mittel. Die Verordnung stellt Regeln auf, die jedes auf dem Markt bereitgestellte Produkt erfüllen muss, um ein hohes Maß an Schutz der menschlichen Gesundheit und das Funktionieren des Binnenmarktes zu gewährleisten. Durch klare und ausführliche Bestimmungen soll sie keinen Spielraum für eine uneinheitliche Interpretation durch die Mitgliedsstaaten zulassen.

Ein weiteres Ziel ist die Vereinfachung der Verfahren und die Vereinheitlichung der Begrifflichkeiten, um den Verwaltungsaufwand zu verringern. Mit der Verordnung wird sichergestellt, dass die Rechtsvorschriften überall in der EU zum selben Zeitpunkt angewendet werden.

Gemäß Artikel 3 der Kosmetikverordnung müssen die auf dem Markt bereitgestellten kosmetischen Mittel bei normaler oder vernünftigerweise vorhersehbarer Verwendung für die menschliche Gesundheit sicher sein, insbesondere unter Berücksichtigung der Punkte Aufmachung (einschließlich Übereinstimmung mit der Richtlinie 87/357/EWG), Kennzeichnung, Gebrauchs- und Entsorgungsanweisungen und aller sonstigen Angaben oder Informationen seitens der in Artikel 4 näher bezeichneten verantwortlichen Person. Die Anbringung von Warnhinweisen entbindet die in den Artikeln 2 und 4 näher bezeichneten Personen nicht von der Verpflichtung, die übrigen Anforderungen dieser Verordnung zu beachten.

Gemäß Artikel 4 der Kosmetikverordnung dürfen nur kosmetische Mittel, für die eine juristische oder natürliche Person innerhalb des Gemeinschaftsgebiets als „verantwortliche Person“ benannt wurde, in Verkehr gebracht werden. Es ist auch in Artikel 4 festgelegt, dass für jedes in Verkehr gebrachte kosmetische Mittel die verantwortliche Person die Einhaltung der in dieser Verordnung aufgeführten einschlägigen Verpflichtungen gewährleistet.

Die verantwortliche Person für ein innerhalb der Gemeinschaft hergestelltes kosmetisches Mittel, das anschließend nichtausgeführt und wieder in die Gemeinschaft eingeführt wird, ist der in der Gemeinschaft ansässige Hersteller. Somit ist im gegenständlichen Fall die Firma „EE“ in W, Adresse 4, Italien, als Herstellerin des gegenständlichen Produktes als verantwortliche Person iSd Kosmetikverordnung anzusehen. Die Firma CC ist laut der Definition im Artikel 2 Abs 1 lit e) der Kosmetikverordnung als Händlerin zu betrachten (jede natürliche oder juristische Person in der Lieferkette, die ein kosmetisches Mittel auf dem Gemeinschaftsmarkt bereitstellt, mit Ausnahme des Herstellers oder des Importeurs).

Die Kosmetikverordnung regelt die Verpflichtungen aller Personen in der Lieferkette. Während Hersteller im gegenständlichen Fall als verantwortliche Person für jedes in Verkehr gebrachte kosmetische Mittel die Einhaltung der in dieser Verordnung aufgeführten einschlägigen Verpflichtungen gewährleistet, haben die Händler im Rahmen ihrer Tätigkeiten die geltenden Anforderungen mit der gebührenden Sorgfalt, wenn sie ein kosmetisches Mittel in Verkehr bringen, zu berücksichtigen. Auch der Händler sollte über ein gewisses Grundwissen verfügen, um erkennen zu können, welche Produkte eindeutig nicht den Harmonisierungsrechtsvorschriften entsprechen (zB wegen fehlender Kennzeichnung). Bevor sie ein kosmetisches Mittel auf dem Markt bereitstellen, überprüfen die Händler, ob die Kennzeichnungsinformationen gemäß Artikel 19 Absatz 1 Buchstaben a, e und g sowie Artikel 19 Absätze 3 und 4 vorliegen, der Sprachanforderungen gemäß Artikel 19 Absatz 5 genügt wird und gegebenenfalls ob das Mindesthaltbarkeitsdatum nach Artikel 19 Absatz 1 nicht abgelaufen ist.

Damit erweist sich jedoch der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses als mangelhaft und ist die Beschwerdeführerin bezüglich dieses Vorbringens im Recht:

Gemäß § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach § 44 a Z 1 VStG 1950 ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Das heißt, dass jene Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein muss, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist (VwSlg 11894 A/1985). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44 Z 1 VStG muss der Spruch eines Straferkenntnisses so gefasst sein, dass die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, also aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der bestimmten Verwaltungsübertretung geschlossen werden kann. Der Beschuldigte hat ein subjektives Recht, dass ihm einerseits die als erwiesen angenommene Tat, andererseits die verletzte Verwaltungsvorschrift richtig und vollständig vorgehalten wird (VwGH 26.01.1998. 97/10/0156).

Für die Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes ist es wesentlich, in welcher Eigenschaft der Täter auftritt, ob als Hersteller, als Importeur oder, wie die Beschwerdeführerin, als Händler. In weiterer Folge ändert sich je nach Eigenschaft auch der Tatvorwurf, da die Kosmetikverordnung jedem an der Lieferkette Beteiligten andere Pflichten auferlegt. Dem Händler kann dabei nur der Vorwurf gemacht werden, dass er im Rahmen seiner Tätigkeiten die geltenden Anforderungen mit der gebührenden Sorgfalt, wenn er ein kosmetisches Mittel in Verkehr bringt, nicht berücksichtigt hat oder, wie im gegenständlichen Fall, er bevor er das gegenständliche kosmetische Mittel auf dem Markt bereitgestellt hat, nicht überprüft hat, ob die Kennzeichnungsinformationen gemäß Artikel 19 Absatz 1 Buchstaben a, e und g sowie Artikel 19 Absätze 3 und 4 vorliegen, der Sprachanforderungen gemäß Artikel 19 Absatz 5 genügt wird und gegebenenfalls ob das Mindesthaltbarkeitsdatum nach Artikel 19 Absatz 1 nicht abgelaufen ist. Ein solcher Tatvorwurf wurde jedoch der Beschwerdeführerin nicht gemacht.

Eine Korrektur bzw Sanierung des Bescheidspruches ist jedoch nur dann zulässig und geboten, wenn nach der Lage des Falles auch eine taugliche, den Eintritt der Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung, welche sich auf alle der Bestrafung zugrunde liegenden Sachverhaltselemente bezieht, gegeben ist. Innerhalb der gesetzlichen Verfolgungsverjährungsfrist hat die belangte Behörde jedoch keine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt.

Dem erkennenden Gericht ist es im Ergebnis daher verwehrt, hier eine Änderung des Bescheidspruches vorzunehmen, käme dies doch einer Auswechslung der Tat gleich.

Aufgrund der Einstellung des Verfahrens gegen die Beschwerdeführerin hat diese keine Kosten gemäß § 71 LMSVG zu ersetzen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Gemäß § 44 Abs 2 VwGVG hatte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass das mit Beschwerde angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die im gegenständlichen Beschwerdeverfahren relevanten Rechtsfragen lassen sich unmittelbar aus der Kosmetikverordnung lösen. Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG liegen folglich nicht vor (vgl VwGH vom 18.02.2015, Zl Ra 2015/04/0009, mit Hinweis auf VwGH vom 28.05.2014, Zl Ro 2014/07/0053).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrens-hilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag.a Wieser

(Richterin)

Schlagworte

Händler; Hersteller; Konkretisierungsgebot

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.46.2056.2

Zuletzt aktualisiert am

06.12.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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