TE Vwgh Erkenntnis 1999/9/23 99/06/0082

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Veröffentlicht am 23.09.1999
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §68 Abs1;
BauG Stmk 1995 §19 Z4;
BauG Stmk 1995 §20;
BauG Stmk 1995 §21 Z2 litf;
BauG Stmk 1995 §21;
BauG Stmk 1995 §33 Abs6;
BauG Stmk 1995 §4 Z12;
BauG Stmk 1995 §41 Abs3;
BauRallg;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde der M in G, vertreten durch H, B, A, H, Rechtsanwaltskanzlei G OEG in G, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 12. April 1999, GZ. A 17-C-24.243/1998-1, betreffend baupolizeilichen Beseitigungsauftrag gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. Baugesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalte auszugehen:

Die Beschwerdeführerin ist grundbücherliche Eigentümerin der näher angeführten Liegenschaft, bestehend aus zwei Grundstücken im Gesamtausmaß von 1003 m2. Die Beschwerdeführerin hat auf einem Grundstück einen etwa 50 cm von der westlichen Grundgrenze bzw. südlichen Grundgrenze liegenden 30 m langen Betonsockel (im Ausmaß von 20 cm x 20 cm) über dem Terrain errichtet. In dem Betonsockel seien Metallsteher mit einer Höhe von ca. 2 m versetzt worden. Die Metallsteher seien mit Holzbrettern verschalt worden. Die nach den Ausführungen in der Beschwerde so errichtete Anlage hat eine Gesamtlänge von ca. 34 m.

Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 12. November 1998 wurde der Beschwerdeführerin als Eigentümerin der angeführten baulichen Anlage gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. Baugesetz der Auftrag erteilt, die auf dem näher angeführten Grundstück errichtete bauliche Anlage eines Betonsockels mit Metallstehern und Holzverschalung zur Schaffung einer Sicht- bzw. Lärmschutzwand binnen vier Wochen ab Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen.

Auf Grund der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung wurde die erstinstanzliche Entscheidung mit dem angefochtenen Bescheid dahingehend abgeändert, dass auch das zweite Grundstück der Beschwerdeführerin Spruchinhalt sei, und im Übrigen die Berufung als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG ein Beseitigungsauftrag hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Genehmigung zu ergehen habe. Als vorschriftswidrig sei nach der hg. Judikatur eine bauliche Anlage dann anzusehen, wenn diese sowohl im Zeitpunkt ihrer Errichtung als auch im Zeitpunkt der Erlassung des behördlichen Beseitigungsauftrages einer behördlichen Genehmigung der Baubehörde bedurft habe bzw. bedürfe und eine solche nicht vorliege. Der Begriff "Vorhaben" in der angeführten Bestimmung verdeutliche, dass baupolizeiliche Aufträge auch für bewilligungsfreie Maßnahmen verfügt werden könnten. Wie ein im Akt befindliches Foto, das von der Beschwerdeführerin jederzeit hätte eingesehen werden können, ersichtlich mache, sei hinter einer bestehenden Einfriedung entlang der Straße und dem Nachbargrundstück je mit durchlaufendem Fundament und teilweise Jägerzaun bzw. Drahtzaunfeldern eine geschlossene Wand wesentlich höher als die davor bestehende Einfriedung errichtet worden. Es sei zwar nicht die konsenslose Errichtung einer Einfriedung baubehördlicherseits, sondern die Errichtung einer Sicht- und Lärmschutzwand ohne baubehördliche Genehmigung vorgeworfen worden. Die Erhebung betreffend diese Konsenslosigkeit sei am 22. Juni 1998 vorgenommen worden. Es sei eine Höhe von 2,0 m und eine Länge von 34,0 m festgestellt worden. Es komme das Stmk. BauG zur Anwendung. Die Errichtung zu einer früheren Zeit sei nicht geltend gemacht worden. Wenn die Beschwerdeführerin angebe, sie habe ein Rankgerüst zum Bewuchs durch Kletterpflanzen parallel zur bestehenden Einfriedung errichtet und sei diese Baumaßnahme gemäß § 21 leg. cit. bewilligungsfrei, so müsse dem entgegengehalten werden, dass schon ein durchgehender Betonsockel der Bewilligungspflicht des § 19 Z. 1 leg. cit., nämlich als bewilligungspflichtiger Neubau einer baulichen Anlage unterliege. Dazu werde auf die Begriffsbestimmungen des Gesetzgebers in § 4 leg. cit. verwiesen. Zum Thema "Einfriedungen" sei des Weiteren ausgeführt, dass entsprechend der höchstgerichtlichen Rechtsprechung eine Einfriedung auch dann vorliege, wenn diese nicht unmittelbar an der Grundgrenze hergestellt werde. Ausschlaggebend sei für die Qualifikation einer baulichen Anlage als Einfriedung eine Einrichtung, die ein Grundstück schützend umgeben solle. Der Verwaltungsgerichtshof habe sogar entschieden, dass das Errichten einer Plakatwand, welche einige Zentimeter von der Grundgrenze abweiche, nichts am Charakter einer Einfriedung ändere und eine solche daher eine Einfriedung in geschlossener Form darstelle. Die in § 21 Z. 2 leg. cit. aufgezählten kleineren baulichen Anlagen, die keiner Bewilligungspflicht unterlägen, seien nun, wie der Gesetzestext eindeutig ergebe, keineswegs solche, die einem Rankgerüst, wie dem gegenständlich behaupteten, vergleichbar seien (z.B. u.a. Pergolen) und könne die gegenständliche ohne Bewilligung errichtete Anlage auch nicht unter § 21 Z. 3 leg. cit., nämlich einer kleineren baulichen Anlage in vergleichbarer Größe und mit vergleichbaren Auswirkungen auf die Nachbarschaft subsumiert werden. Es handle sich daher zweifelsohne um eine im Zeitpunkt ihrer Errichtung als auch im Zeitpunkt der Erlassung des baubehördlichen Beseitigungsauftrages bewilligungspflichtige Neubaumaßnahme bzw. Einfriedung, die ohne behördliche Genehmigung ausgeführt worden sei, weswegen die erstinstanzliche Entscheidung zu bestätigen gewesen sei. Erstinstanzlich sei augenscheinlich übersehen worden, dass auch die zweite näher angeführte Parzelle von der Konsenslosigkeit betroffen sei.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 19 Stmk. Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995 (Stmk. BauG), sind u.a. folgende Vorhaben, sofern sich aus dem §§ 20 und 21 nichts anderes ergibt, bewilligungspflichtig:

"1.

Neu-, Zu- oder Umbauten von baulichen Anlagen;

2.

...

4.

Einfriedungen gegen Nachbargrundstücke oder öffentliche Verkehrsflächen, jeweils ab einer Höhe von mehr als 1,5 m;

5.

... ."

Gemäß § 21 Stmk. BauG gehört zu den bewilligungsfreien Vorhaben die Errichtung, Änderung oder Erweiterung von:

"1.

Nebengebäuden (mit Ausnahme von Garagen), landesüblichen Zäunen, Folientunnel, Hagelnetzanlagen, Flachsilos, Beregnungsanlagen u.dgl., jeweils nur im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft, sofern keine Nachbarrechte im Sinne des § 26 Abs. 1 Z. 1 und 2 berührt werden;

2.

kleineren baulichen Anlagen, insbesondere

a)

für die Verwertung (Kompostierung) von biogenem Abfall im Sinne des Steiermärkischen Abfallwirtschaftsgesetzes; ...

b)

...

f)

Pergolen bis zu einer bebauten Fläche von 30 m2, Klapotetzen, Maibäumen, Fahnen- und Teppichstangen, Jagdsitzen sowie Kinderspielgeräten;

...

3.

kleineren baulichen Anlagen, soweit sie mit den in Z. 2 angeführten Anlagen und Einrichtungen hinsichtlich Größe und Auswirkungen auf die Nachbarn vergleichbar sind;

4.

... ."

Gemäß § 4 Z. 12 Stmk. BauG ist eine bauliche Anlage (Bauwerk) jede Anlage,

-

zu deren Errichtung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind,

-

die mit dem Boden in eine Verbindung gebracht wird und

-

die wegen ihrer Beschaffenheit die öffentlichen Interessen zu berühren geeignet ist.

Eine Verbindung mit dem Boden besteht schon dann, wenn die Anlage

-

durch eigenes Gewicht auf dem Boden ruht oder

-

auf ortsfesten Bahnen begrenzt beweglich ist oder

-

nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt ist, überwiegend ortsfest benutzt zu werden.

Unbestritten handelt es sich im vorliegenden Fall um eine Anlage, die auf eine Länge von ca. 34 m einen durchgehenden Betonsockel im Ausmaß von 20 cm x 20 cm aufweist, auf dem Metallsteher mit einer Höhe von ca. 2 m angebracht sind, die ihrerseits mit Holzbrettern verschalt wurden. Diese Anlage befindet sich 50 cm von der westlichen bzw. südlichen Grundgrenze des Grundstückes der Beschwerdeführerin. Diese Anlage soll als Rankgerüst für Pflanzen dienen. Es handelt sich bei dieser Anlage - dies wird auch nicht von der Beschwerdeführerin bestritten - um eine bauliche Anlage im Sinne des § 4 Z. 12 Stmk. BauG. Der Auffassung der Beschwerdeführerin, es handle sich bei der angeführten Anlage um eine Pergola im Sinne des § 21 Z. 2 lit. f Stmk. BauG bzw. gemäß § 21 Abs. 1 Z. 3 um eine kleinere bauliche Anlage, die mit den in Z. 2 angeführten Anlagen und Einrichtungen hinsichtlich Größe und Auswirkungen auf die Nachbarn vergleichbar ist, kann aus folgenden Gründen nicht gefolgt werden:

Gemäß der hg. Judikatur (vgl. die Erkenntnisse vom 11. Oktober 1990, Zl. 90/06/0147, vom 19. Dezember 1995, Zl. 93/05/0143, und vom 19. Jänner 1999, Zl. 95/05/0047) ist unter einer "Pergola" (= Rankgerüst) im Allgemeinen ein nicht überdeckter Laubengang in einer Gartenanlage zu verstehen, wobei die auf Stützen liegenden Unterzüge ein Gebälk tragen, das von Pflanzen umrankt ist. Es wird in diesem Zusammenhang auf Koepf, Bildwörterbuch der Architektur2, Seite 87f, verwiesen. Weiters wird Pergola (siehe Frommhold/Gareiß, Bauwörterbuch2, 1978, 195) als offener, meist überrankter Laubengang, bei dem in der Regel lange, beiderseitig auf Pfeilern oder Holzstützen liegende Kanthölzer, die in regelmäßigen Abständen angeordneten Querhölzer tragen, definiert. Bei der eingangs beschriebenen Anlage handelt es sich nicht um einen Laubengang. Eine Subsumtion unter dem Begriff der Pergola kommt somit schon deshalb nicht in Betracht. Eine derart ausgestaltete bauliche Anlage muss vielmehr als Einfriedung im Sinne des § 19 Z. 4 Stmk. BauG qualifiziert werden, wie das die belangte Behörde zutreffend getan hat. Nach der hg. Judikatur (vgl. die Erkenntnisse vom 8. März 1977, Zl. 1379/75, und vom 30. Juni 1988, Zl. 86/06/0154) ist maßgeblicher Zweck einer Einfriedung, dass sie das Grundstück schützend umgibt. Für das Vorliegen einer Einfriedung ist nach dieser Judikatur nicht entscheidend, dass sie sich auf die gesamte Grundgrenze erstreckt bzw. dass sie unmittelbar an der Grundgrenze errichtet werden müsste. Auch der Umstand, dass die verfahrensgegenständliche bauliche Anlage 50 cm von einer entlang der Straße und dem Nachbargrundstück bestehenden Einfriedung des Grundstückes errichtet ist, kann an dieser Qualifikation nichts ändern. Auch der verfahrensgegenständlichen Anlage muss auf Grund ihrer nahen Lage zur Grundstücksgrenze ein das Grundstück schützender Zweck zugeordnet werden.

Gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG hat die Behörde hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Der Auftrag ist ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 zu erteilen.

Nach der hg. Judikatur (vgl. das Erkenntnis vom 20. November 1997, Zl. 97/06/0215) liegt eine vorschriftswidrige bauliche Anlage im Sinne des § 41 Abs. 3 Stmk. BauG immer so lange vor, bis eine rechtskräftige Baubewilligung vorliegt oder das Bauvorhaben gemäß § 33 Abs. 6 Stmk. BauG als genehmigt gilt. Für einen Beseitigungsauftrag gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG ist weiters maßgeblich, dass die Bewilligungspflicht bzw. Anzeigepflicht der baulichen Anlage sowohl im Zeitpunkt der Errichtung des Bauwerkes als auch im Zeitpunkt der Erteilung des Auftrages vorgelegen ist (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 1988, Zl. 88/05/0101, BauSlg. Nr. 1207, betreffend eine Rechtslage, bei der Beseitigungsaufträge nur für bewilligungspflichtige Anlagen zulässig waren). Die vorliegende Anlage ist unbestritten im Geltungszeitraum des Stmk. BauG errichtet worden. Es kommt im vorliegenden Fall maßgeblich darauf an, ob die Errichtung einer baulichen Anlage wie der vorliegenden gemäß dem Stmk. BauG in der im Zeitpunkt der Errichtung dieser Anlage geltenden Fassung bzw. in der im Zeitpunkt der Erlassung des baupolizeilichen Auftrages geltenden Fassung bewilligungs- oder anzeigepflichtig war. Die maßgeblichen Bestimmungen des Stmk. BauG (§§ 19 - 21) sind seit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes (1. September 1995) bis zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht geändert worden. Aus den vorangegangenen Ausführungen ergibt sich, dass die Behörde zutreffend davon ausgegangen ist, dass kein bewilligungsfreies Vorhaben im Sinne des § 21 Stmk. BauG vorliegt. Der vorliegende baupolizeiliche Auftrag ist somit zu Recht ergangen, die geltend gemachten Verfahrensverletzungen können jedenfalls nicht solche sein, die im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wesentlich wären (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 26. Juni 1997, Zl. 96/06/0129, und vom 30. April 1998, Zl. 95/06/0007). Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als rechtmäßig.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 23. September 1999

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4 Baubewilligung BauRallg6

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999060082.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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