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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde des J in R, vertreten durch D, P und M, Rechtsanwälte in Z, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 9. März 1999, Zl. 1/02-31.010/16-1999, betreffend Baubewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Zur Vorgeschichte kann auf das hg. Erkenntnis vom 15. September 1994, Zl. 91/06/0022, verwiesen werden. Mit diesem Erkenntnis wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 20. November 1990, mit dem die Erteilung der nachträglichen baubehördlichen Bewilligung konsenslos errichteter bzw. erweiterter Dachgaupen nord- und südseitig des Hotels des Beschwerdeführers versagt worden (Spruchpunkt I.) und gleichzeitig in Spruchpunkt II. gemäß § 16 Abs. 3 Sbg. Baupolizeigesetz die Beseitigung der verfahrensgegenständlichen Dachgaupen bzw. der Dachgaupenerweiterungen binnen drei Monaten ab Rechtskraft des Versagungsbescheides und die Wiederherstellung des genehmigten Bauzustandes aufgetragen worden war, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Das verfahrensgegenständliche Hotel ist - wie sich dies aus dem im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Gutachten ergibt - dreigeschoßig mit einem ausgebauten Dachgeschoß sowie einem Tiefgeschoß. Talseitig sind fünf genutzte Ebenen erkennbar. Mit Bescheid vom 21. Dezember 1982 wurden in der südlichen Dachfläche des Gebäudes im zweiten Obergeschoß im Bereich des Aufschließungsganges eine ca. 1,8 m breite und 0,8 m hohe Schleppgaupe und im Dachgeschoß im westlichen Bereich der südlichen Dachfläche eine ca. 7 m lange und 0,8 m hohe Schleppgaupe bewilligt. An der nördlichen Dachfläche wurde im Dachgeschoß eine 8 m lange und ca. 0,8 m hohe Schleppgaupe genehmigt. Die Länge der Gaupenabschleppung beträgt nach dem einliegenden Gutachten jeweils ca. 4,5 m.
Im Jahr 1989 wurde festgestellt, dass in der nördlichen Dachfläche die Dachgaupe im Dachgeschoß um ca. 1,5 m verlängert und über die gesamte Länge höher als in den bewilligten Einreichunterlagen eingezeichnet ausgeführt worden sei. Im Geschoß darunter sei in dem im Jahr 1986 bewilligten Anbau eine ca. 6 m lange Schleppgaupe ohne Bewilligung errichtet worden. Weiters seien die beiden Dachgaupen auf der südlichen Dachfläche erhöht und wesentlich verlängert worden. Der Antrag auf Erteilung der nachträglichen baubehördlichen Bewilligung dieser konsenslos erweiterten Dachgaupen (vom 2. August 1988) wurde mit Bescheid vom 24. Oktober 1989 abgewiesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde über die im verfahrensgegenständlichen Baubewilligungsverfahren vom Beschwerdeführer erhobene Berufung hinsichtlich Spruchpunkt I. (betreffend die Versagung der Baubewilligung) abweislich entschieden. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass für die Erteilung der Baubewilligung im vorliegenden Fall gemäß § 1 der Baudelegierungsverordnung LGBl. Nr. 101/1968 die Bezirkshauptmannschaft Zell am See zuständig sei, da eine Betriebsanlage vorliege, die gewerbebehördlich genehmigungspflichtig sei. In einem solchen Fall sei für die baubehördliche Bewilligung aller baulicher Maßnahmen im Bereich der gesamten Betriebsanlage, die in betriebsmäßigem Zusammenhang mit dieser stehen, die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft gegeben. Dies gelte auch für eine vor dem 1. August 1974 errichtete Betriebsanlage, die nach der bis dahin geltenden Gewerbeordnung 1959 nicht genehmigungspflichtig gewesen sei und nach der Gewerbeordnung 1973 sehr wohl genehmigungspflichtig wäre. Dies gelte in diesem Fall auch dann, wenn an der Altanlage seit dem Inkrafttreten der Gewerbeordnung 1973 am 1. August 1974 noch keine genehmigungspflichtige Änderung der Betriebsanlage vorgenommen worden sei.
In inhaltlicher Hinsicht wurde in dem angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass gemäß § 19 Abs. 3 Sbg. ROG 1977 die Wirkungen des Flächenwidmungsplanes gemäß Abs. 1 unter den dort näher genannten Voraussetzungen durch Bescheid ausgeschlossen und ein genau bezeichnetes Vorhaben raumordnungsmäßig bewilligt werden könne. Gemäß § 19 Abs. 1 Sbg. ROG 1977 dürften Maßnahmen, die sich auf den Raum auswirkten und die aufgrund landesgesetzlicher Vorschriften einer Bewilligung, Genehmigung oder dgl. der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich oder einer sonstigen, aufgrund baurechtlicher Vorschriften des Landes zu erteilenden Bewilligung oder dgl. bedürften, vom Zeitpunkt der Wirksamkeit des Flächenwidmungsplanes an nur in Übereinstimmung mit der Flächenwidmung insbesondere Bauplatzerklärungen und Baubewilligungen nur innerhalb des Baulandes und entsprechend der festgelegten Nutzungsart bewilligt, genehmigt oder sonst zugelassen werden. Die in § 2 Abs. 1 lit. a Sbg. Baupolizeigesetz umschriebenen Maßnahmen bedürften daher einer gesonderten raumordnungsrechtlichen Bewilligung, insbesondere deshalb, da die beiden Dachgaupen auf der südlichen Dachhälfte erhöht und wesentlich verlängert worden seien (sie erstreckten sich fast über die Gebäudetiefe). In der südlichen Dachfläche sei die Dachgaupe im Dachgeschoß um ca. 1,5 m verlängert und über die gesamte Länge höher als in den bewilligten Einreichunterlagen eingezeichnet, ausgeführt worden. Im Geschoß darunter sei eine ca. 6 m lange Schleppgaupe ohne Bewilligung errichtet worden. Diese Dachgaupen, zumal in dem gegebenen Ausmaß, würden zusätzlich als erheblich störender Fremdkörper in der durch ruhige Dachflächen charakterisierten Dachlandschaft wirken. Diese Beeinträchtigung werde verstärkt durch die Größe des Baukörpers und die dadurch bedingt besonders groß und hoch erscheinende Dachfläche. Somit beeinträchtige das vorliegende Hotel durch seine isolierte Lage im Grünland oberhalb des Ortes R. das charakteristische Orts- und Landschaftsbild. Zu diesem Ergebnis sei die Raumordnungsabteilung des Amtes der belangten Behörde gelangt und sei darin der Widerspruch zum räumlichen Entwicklungskonzept bzw. der erkennbaren grundsätzlichen Planungsabsicht dargelegt worden, weshalb eine Ausnahmebewilligung gemäß § 19 Abs. 3 Sbg. ROG 1977 für die nachträgliche Bewilligung der Gaupen nicht möglich gewesen sei. Darüber hinaus sei durch die Situierung der Dachgaupen eine Abänderung der Bebauungsgrundlagen erfolgt, da damit gleichzeitig eine Erhöhung der Traufenhöhe verbunden sei, weshalb schon aus diesem Grunde die Baubewilligung zu versagen gewesen sei. Die Berufung sei daher im Hinblick auf Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheides als unbegründet abzuweisen gewesen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer macht zunächst die Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend. Dies begründet er damit, dass mit dem bereits angeführten hg. Erkenntnis vom 15. September 1994, Zl. 91/06/0022, ausgesprochen worden sei, dass die belangte Behörde im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides vom 20. November 1990 im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer bereits im Juni 1989 beim Verwaltungsgerichtshof erhobene Säumnisbeschwerde nicht mehr zuständig gewesen sei. Sei aber die belangte Behörde bereits am 20. November 1990 für eine Entscheidung über die verfahrensgegenständliche Berufung des Beschwerdeführers nicht zuständig gewesen, so könne sie dies auch nicht im Zeitpunkt der Entscheidung des angefochtenen Bescheides im Jahr 1999 gewesen sein.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 28. Jänner 1994, Zl. 93/11/0239, Slg. Nr. 13995/A) ist, wenn der während des Säumnisbeschwerdeverfahrens verspätet nachgeholte Bescheid - wie vorliegend - wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde vom Verwaltungsgerichtshof aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wurde, die belangte Behörde zur neuerlichen Entscheidung in der Verwaltungssache wieder zuständig. Erlässt sie den Bescheid nicht binnen sechs Monaten nach Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses an sie (vgl. den hg. Beschluss vom 1. Juni 1976, Slg. Nr. 9074/A), steht dem Beschwerdeführer neuerlich die Erhebung einer Säumnisbeschwerde offen.
Weiters macht der Beschwerdeführer geltend, dass es unzulässig sei, wenn sich der angefochtene Bescheid auf das Raumordnungsgutachten, das aus dem Jahre 1990 stamme, stütze. Ein Gutachten mit der Beschreibung des Landschafts- und Ortsbildes, der Siedlungsdichte, der Umgebung, der Gebäude- und Dachformen aus dem Jahre 1990 könne im Jahre 1999 nicht mehr zur Begründung eines Bescheides herangezogen werden. Die im angefochtenen Bescheid getroffenen Ausführungen, wonach die Dachgaupen - natürlich bezogen auf die im Raumordnungsgutachten beschriebene Situation von 1990 - einen störenden Fremdkörper in einer durch ruhige Dachflächen charakterisierten Dachlandschaft bilden würden, könne daher so nicht aufrecht erhalten werden, weil zwischenzeitliche Änderungen, wie sie in einer expandierenden Gemeinde natürlich seien und sowohl landschafts- als auch ortsbildbezogen zu Neuerungen und Veränderungen führen würden, unberücksichtigt blieben. Überhaupt könne das Nichtvorhandensein von Gaupen auf anderen Dächern der Umgebung keinen Grund darstellen, Gaupen als störende Fremdkörper zu untersagen. Wollte man diesen Maßstab allgemein anwenden, würde man jegliche Fortentwicklung des Bauwesens unterbinden. Das Raumordnungsrecht bilde einen Maßstab, ob ein Bau oder Bauvorhaben der raumordnungsrechtlichen Widmung einer Fläche entspreche oder nicht, und zwar bezüglich der Nutzung der Fläche. Es könne sich also auch das in § 19 Sbg. ROG 1977 angesprochene öffentliche Interesse nur auf die Nutzung einer Grundfläche bzw. eines darauf errichteten Gebäudes, nicht aber auf das Aussehen des Gebäudes beziehen.
Sofern der Beschwerdeführer anzweifelt, dass das im Jahre 1990 erstattete raumordnungsrechtliche Gutachten auch noch im Jahre 1999 herangezogen werden könne, ist diesem Vorbringen vor allem entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer selbst in der Beschwerde nicht behauptet, dass sich die gemäß dem Gutachten u.a. angenommenen Gebäude- und Dachformen bzw. das angenommene Ortsbild in der vorliegenden Gemeinde tatsächlich aufgrund rechtskräftiger Baubewilligungen und in der Folge entsprechend errichteter Gebäude geändert hätten. Der Beschwerdeführer wendet sich vielmehr grundsätzlich gegen die vom Sachverständigen vertretene Auffassung, dass auf Grund des Nichtvorhandenseins von Gaupen auf anderen Dächern in der Umgebung Gaupen als störende Fremdkörper anzusehen seien. Dazu ist allerdings festzustellen, dass die maßgebliche Überlegung des im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Gutachtens war, das vorliegende Hotel würde durch seine isolierte Lage im Grünland oberhalb des Ortes R. das charakteristische Orts- und Landschaftsbild beeinträchtigen. Diese Beeinträchtigung werde durch die Größe des Baukörpers und die dadurch bedingt besonders groß und hoch erscheinenden Dachflächen verstärkt. Die Dachgaupen, zumal in dem gegebenen Ausmaß, wirkten dann zusätzlich als erheblich störende Fremdkörper in der durch ruhige Dachflächen charakterisierten Dachlandschaft. Weiters würden die Zielsetzungen des räumlichen Entwicklungskonzeptes der Marktgemeinde R. in besonderem Maße den Landschafts- und Ortsbildschutz betonen und auch eine Sanierung bereits bestehender Beeinträchtigungen umfassen. Mit diesen Zielen sei eine nachträgliche Bewilligung der ortsuntypischen und durch die exponierte Lage des Hotels besonders in Erscheinung tretenden Dachgaupen nicht vereinbar.
Gemäß § 45 Abs. 8 Sbg ROG 1992, LGBl. Nr. 98/1992 in der Fassung LGBl. Nr. 13/1995, sind im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes (1. März 1993) anhängige Verfahren zur Erteilung u. a. einer Baubewilligung nach den bisherigen Rechtsvorschriften weiter zu führen. Nachdem das verfahrensgegenständliche Bauansuchen, wie sich dies aus dem angeführten Vorerkenntnis ergibt, im Jahre 1988 gestellt wurde, war für eine allfällige Ausnahmegenehmigung von der Flächenwidmung § 19 Abs. 3 Sbg ROG 1977 in der am 28. Februar 1993 geltenden Fassung maßgeblich.
Gemäß § 19 Abs. 3 Sbg. ROG 1977, LGBl. Nr. 26 in der Fassung LGBl. Nr. 52/1984 und Nr. 57/1987, ist Voraussetzung für eine Ausnahmebewilligung, dass das Vorhaben dem räumlichen Entwicklungskonzept bzw. der erkennbaren grundsätzlichen Planungsabsicht in der betreffenden Gemeinde nicht entgegensteht. Nach den Ausführungen des Gutachtens betonen die Zielsetzungen des räumlichen Entwicklungskonzeptes der betroffenen Marktgemeinde im Besonderen den Landschafts- und Ortsbildschutz und eine Sanierung bestehender Beeinträchtigungen. Mit diesen Zielen stehe eine nachträgliche Baubewilligung der ortsuntypischen und durch die exponierte Lage des Hotels besonders in Erscheinung tretenden Dachgaupen nicht im Einklang. Dass diese Zielsetzungen aus dem räumlichen Entwicklungskonzept nicht ableitbar seien, wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Auch aus dem Umstand, dass für die im Sachverhalt dargestellten bereits bewilligten Dachgaupen eine Ausnahmebewilligung gemäß § 19 Abs. 3 Sbg. ROG 1977 gewährt worden war, kann für die Rechtmäßigkeit der verfahrensgegenständlichen Erweiterung der Dachgaupen nichts gewonnen werden. Das angeführte Gutachten beruft sich im Besonderen auf die Dachgaupen in dem gegebenen Ausmaß, die als erheblich störende Fremdkörper in der durch ruhige Dachflächen charakterisierten Dachlandschaft zu qualifizieren seien.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 23. September 1999
Schlagworte
Verhältnis zu anderen Materien und Normen VwGG (siehe auch Heilung von Verfahrensmängeln der Vorinstanz im Berufungsverfahren)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999060075.X00Im RIS seit
20.11.2000