TE Lvwg Erkenntnis 2018/11/13 LVwG-AV-1006/001-2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.11.2018
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Entscheidungsdatum

13.11.2018

Norm

FSG 1997 §7
FSG 1997 §8
FSG 1997 §24
FSG 1997 §26 Abs2 Z1
StVO 1960 §99 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Binder als Einzelrichterin über die Beschwerde der A, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs vom 24. August 2018, Zl. ***, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und Anordnung begleitender Maßnahmen nach dem Führerscheingesetz (FSG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)

§§ 24 und 26 Führerscheingesetz (FSG)

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG)

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs vom 24. August 2018,
Zl. ***, wurde über die Vorstellung der nunmehrigen Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs vom 17. Mai 2018, Zl. ***, wie folgt entschieden:

„Die Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen AM, A und B (bis einschl. 12. März 2019) wird in vollem Umfang bestätigt.

Die mit diesem Bescheid angeordneten begleitenden Maßnahmen, nämlich die Anordnung einer Nachschulung, die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens und der verkehrspsychologischen Stellungnahme bleiben aufrecht.“

In ihrer Begründung verwies die belangte Behörde auf die Stellungnahme der nunmehrigen Beschwerdeführerin zum Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens, insbesondere auf die Anzeige der Meldungsleger, den Verkehrsunfallbericht sowie das eingeholte amtsärztliche Gutachten. Weiters habe die Bezirkshauptmannschaft Scheibbs die Zeugin C unter Wahrheitserinnerung am 23. Juli 2018 befragt und gab die Führerscheinbehörde die Stellungnahme der Rechtsmittelwerberin zu diesem Beweisergebnis wieder.

Zum Vorwurf, bei der Fahrt die Leitschiene entlang der Landesstraße *** im Bereich „***“ gestreift zu haben, wurde einerseits auf die Rechtfertigung der Einschreiterin gegenüber den erhebenden Polizeibeamten ca. 20 Minuten nach der Fahrt verwiesen. Nach ständiger Judikatur sei die erste unmittelbare Aussage zu einem Sachverhalt gegenüber den erhebenden Organen, wenn sie schlüssig und mit den äußeren Umständen im Einklang stehe, die glaubwürdigere. Die Schilderung des Sachverhaltes durch die Zeugin unmittelbar bei der Fahrt gegenüber der Polizei sei mit diesem Sachverhalt in Einklang zu bringen, wobei der genaue Bereich des voranfahrenden Fahrzeuges, welcher beschädigt worden wäre, bei einer Nachfahrt nicht unbedingt eindeutig festgestellt werden könnte.

Die Rechtsmittelwerberin habe die Fahrt und die Berührung der Leitschiene dabei gegenüber den Polizisten in ihrer ersten Rechtfertigung zugegeben und würden die anderen Umstände, wie die Fahrzeugbeschreibung, die Abzweigung zu ihrem Haus (entlang dieser Straße würden sich nur sehr wenige Häuser befinden und sei sie eine Sackgasse) und die Beschädigungen an ihrem Fahrzeug, zu dem eindeutigen Schluss führen, dass sie das Fahrzeug *** *** entlang der Landesstraße *** im Bereich „***“ in Fahrtrichtung *** und in weiterer Folge zu Haus ***, gelenkt habe, dabei die Leitschiene linksseitig touchiert und ihren PKW beschädigt habe.

An der korrekten Messung des Alkomaten würden keine Bedenken bestehen. Zu ihrem angegebenen Nachtrunk sei festzustellen, dass sie gegenüber den erhebenden Polizeibeamten einerseits angegeben habe, vor der Fahrt ein Glas Prosecco getrunken zu haben und zu Hause unmittelbar nach der Fahrt und vor dem Eintreffen der Beamten noch ein Glas. Diese Aussage wäre in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Fahrt erfolgt und daher die glaubwürdigere. Zu ihrem Gunsten sei somit ein Nachtrunk von einem Glas Prosecco in der Berechnung ihrer Alkoholisierung im Zeitpunkt der Fahrt miteinbezogen worden.

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

In ihrer dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde beantragte die Beschwerdeführerin durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs aufzuheben und gegebenenfalls das Verfahren hinsichtlich der Entziehung der Lenkberechtigung einzustellen.

Begründet wurden diese Anträge wie folgt:

„Der Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften seinem ganzen Inhalte nach angefochten.

Das behördliche Verfahren ist massivst mangelhaft geblieben. Es wurden keine Beweisanträge der Einschreiterin beachtet und stattdessen hat die Behörde trotz Vorliegen massiver Widersprüche widerstreitende Beweise massivst nicht beachtet. So ist beispielsweise die Feststellung, dass die Einschreiterin einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht hat, welches wichtig für die Höhe der Führerscheinentzugsdauer ist, absolut nicht nachvollziehbar. Es wird hier die Aussage einer Zeugin herangezogen, welche nicht einmal mit vollem Namen der Behörde bekannt ist und welche absolut unbrauchbare Beweisergebnisse liefert.

In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass es wohl als unbrauchbar zu werten ist, wenn eine Zeugin anführt, dass sie mehrfach Kollisionen des Hecks eines weißen *** Pkws mit der Leitschiene gesehen und gehört hat, und dann der *** Pkw der Einschreiterin keine Beschädigungen in diesem Bereich aufweist.

Daraus resultiert, dass die Zeugin C (mehr ist über diese Person nicht bekannt) wohl einen anderen Pkw gesehen hat, als das Fahrzeug der Einschreiterin.

Bis zum heutigen Tag ist kein Verkehrsunfall durch die Behörde verifiziert worden und ist die Behörde nicht imstande, irgendeine angebliche Kontaktstelle mit einer Leitschiene bekanntzugeben, bzw. lokal festzustellen.

Dazu kommt noch, dass selbst bei dem Kontakt mit der Leitschiene (welcher ausdrücklich bestritten wird) kein Verkehrsunfall mit Sachschaden gegeben war.

Die Behörde hat daher massivst zum Rechtsnachteil der Einschreiterin, willkürlich einen Sachverhalt festgestellt, welcher in keinster Weise verifiziert ist.

Auch die angenommene Alkoholisierung wurde von der Einschreiterin massivst in Zweifel gestellt. Auch hierbei wurde die offensichtlich ansteigende Alkoholisierung von der Behörde nicht beachtet. Auch die tatsächlich in der Wohnung der Einschreiterin vorgefundene, nur mehr zu 25 % volle Proseccoflasche, samt Proseccotrinkglas, wurde bei der Alkoholisierung der Einschreiterin nicht beachtet.

Die Einschreiterin bestreitet daher auch weiterhin, dass eine derartige Alkoholisierung, so wie sie von der Behörde festgestellt wurde, tatsächlich gegeben war.

Die Einschreiterin hält auch im Beschwerdeverfahren sämtliche Beweisanträge, die sie vor der Behörde gestellt hat, aufrecht und beantragt sie weiters eine mündliche Verhandlung anzusetzen.

Das behördliche Vorgehen ist daher schon als willkürlich zu betrachten, wenn massive Widersprüche einfach nicht beachtet werden, und auch Umstände, wie kein gegebener Sachschaden bzw. keine nachgewiesene Kollision mit einer Leitschiene verifiziert werden kann, und dennoch der Entzug der Lenkerberechtigung von der Behörde so angenommen wird, als ob eine Alkoholisierung mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden vorgelegen wäre.“

3.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Am 23. Oktober 2018 führte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher durch Verlesung des Aktes der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs mit der Zl. *** sowie jenes des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich mit der Zl. LVwG-AV-1006-2018 Beweis erhoben wurde. Weiters erfolgte die Einvernahme der Beschwerdeführerin sowie der Zeugen D, E und F. Die ordnungsgemäß geladene Zeugin C hat sich von der Teilnahme an der Verhandlung entschuldigt, da sie in unmittelbarer Nähe zum Verhandlungstermin die Geburt ihres Kindes erwartete.

Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wurde den Parteien des Verfahrens die „Information für geschulte Organe der Straßenaufsicht zum Alco-Test 7110 MK III A“ - die Betriebsanleitung dieses Gerätes, zur Verfügung gestellt von der Landespolizeidirektion Niederösterreich, zum Parteiengehör übermittelt und ging innerhalb der gesetzten Stellungnahmefrist keine Erklärung zu diesem Beweismittel ein.

4.   Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin lenkte am 12. Mai 2018, gegen 13:30 Uhr, den Personenkraftwagen mit dem behördlichen Kennzeichen *** auf der *** in Fahrtrichtung ***. Auf dem Straßenteilstück „***“ verlor die Rechtsmittelwerberin die Kontrolle über das von ihr gelenkte Fahrzeug und kollidierte mit der rechten vorderen Seite des Pkws mit der rechtsseitigen Leitschiene, wodurch das Fahrzeug im Bereich des rechten Radkastens vorne beschädigt wurde. Ohne Anzuhalten setzte sie ihre Fahrt fort.

Zu Hause konsumierte sie anschließend ein Glas Prosecco, á 100 ml. Um 14:11 Uhr betrug der Atemluftalkoholgehalt der Einschreiterin 1,30 mg/l. Daraus ergibt sich, dass die Rechtsmittelwerberin im Zeitpunkt des Verkehrsunfalles einen Blutalkoholgehalt von zumindest 2,34 ‰ aufwies.

5.   Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt der belangten Behörde zur Zl. ***, insbesondere aus dem im Akt befindlichen Messstreifen der Untersuchung der Atemluft der Einschreiterin auf Alkohol mittels Messgerät der Marke Dräger 7110 MK III A um 14:11 Uhr, wobei zugunsten der Beschwerdeführerin nur der geringere der beiden Messwerte dem Verfahren zugrunde gelegt wurde. Dass die Einschreiterin zum angeführten Zeitpunkt das näher bezeichnete Kraftfahrzeug gelenkt hat, hat diese nicht bestritten.

Das Messergebnis und die Funktionstüchtigkeit des Alkomaten wurden von der Rechtsmittelwerberin nicht in Frage gestellt. Die von der Führerscheinbehörde veranlasste amtsärztliche Rückrechnung, bezogen auf den Lenkzeitpunkt 13:35 Uhr, ergab unter Berücksichtigung des angegebenen Nachtrunkes von einem Glas Prosecco sowie einer durchschnittlichen stündlichen Abbaurate von 0,1 ‰ pro Stunde, nachvollziehbar einen Wert von 2,34 ‰ (vgl. zum durchschnittlichen stündlichen Verbrennungswert des Alkohols im Blut von 0,10 bis 0,12 ‰ VwGH 29.08.1990, Zl. 90/02/0085). Die Rückrechnung auf den Lenkzeitpunkt ist aufgrund einer Messung des Atemluftalkoholgehaltes möglich (vgl. VwGH 11.05.2004, Zl. 2004/02/0056).

Aufgrund dieser angenommenen stündlichen Abbaurate ist es irrelevant, dass das verwaltungsgerichtliche Verfahren den Zeitpunkt des Verkehrsunfalles um fünf Minuten früher als die belangte Behörde angenommen hat.

Dem von der belangten Behörde eingeholten amtsärztlichen Gutachten, welches als in sich schlüssig und nachvollziehbar zu bezeichnen ist, wurde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten (Vergleich zum Erfordernis des Entgegentretens auf gleicher fachlicher Ebene bei Vorliegen eines schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens z.B. VwGH 25.09.2014, 2012/07/0001), weshalb das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich keinen Grund sieht, an den fachlichen Ausführungen der Amtsärztin zu zweifeln.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner ständigen bisherigen Rechtsprechung (vgl. etwa VwGH 30.10.2006, ZI. 2005/02/0315, mwN) im Zusammenhang mit der Glaubwürdigkeit eines behaupteten Nachtrunkes dem Umstand Bedeutung beigemessen, zu welchem Zeitpunkt der Lenker diese Behauptung aufgestellt hat. In Anbetracht der Wichtigkeit dieses Umstandes ist nach dieser Judikatur davon auszugehen, dass vom Lenker auf einen allfälligen Nachtrunk bei erster sich bietender Gelegenheit – von sich aus – hingewiesen wird.

Auch wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom
10. September 2004, 2001/02/0241, hingewiesen, wonach bei kurz nach der Tat abgelegten Aussagen in der Regel am ehesten richtige Angaben gemacht werden.

Weiters entspricht es der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, dass derjenige, der sich auf einen Nachtrunk beruft, die Menge des solcherart konsumierten Alkohols konkret zu behaupten und zu beweisen hat (so VwGH 30.10.2006, 2005/02/0315).

Die Beschwerdeführerin konnte weder im verwaltungsbehördlichen noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nachvollziehbar und glaubwürdig den in ihren Eingaben behaupteten Nachtrunk unter Beweis stellen. Vielmehr hat sie den einschreitenden Beamten gegenüber mehrmals bekanntgegeben, dass sie zu Hause lediglich ein Glas Prosecco getrunken habe, wobei nicht nachgewiesen werden konnte, dass die konsumierte Menge mehr als 100 ml betrug. Auch ist festzuhalten, dass die Einschreiterin erstmalig in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht behauptet hat, großzügige Mengen an hochprozentigem Zitronenlikör weiters zu sich genommen zu haben.

Es bestehen daher im Lichte der vorzitierten Judikatur keine rechtlichen Bedenken, wenn die belangte Behörde der aufgestellten und mehrmals geänderten Nachtrunkbehauptung der Beschwerdeführerin grundsätzlich keinen Glauben schenkte. Die Verwaltungsbehörde war angesichts der sich ändernden Nachtrunkbehauptung der Rechtsmittelwerberin im Verwaltungsverfahren und angesichts der vorhandenen gültigen Ergebnisse der Alkomatmessung auch nicht gehalten, weitere Ermittlungen darüber anzustellen, wie die Beschwerdeführerin die Zeitspanne zwischen dem Verkehrsunfall und der Alkomatmessung verbrachte (vgl. VwGH 16.02.2007, 2006/02/0090).

Die von der Rechtsmittelwerberin vorgetragene Version der Ereignisse, insbesondere, dass sie nach dem Verkehrsunfall zu Hause nahezu eine Flasche Prosecco konsumiert hat, erscheint nicht glaubwürdig und widerspricht diese Darstellung den von der Beschwerdeführerin dargestellten zeitlichen Ablauf der Geschehnisse. Die Rechtsmittelweberin hat selbst ausgesagt, gegen Ende der Öffnungszeit ihres Friseurgeschäftes um 13:00 Uhr mit ihren Angestellten für ca. eine halbe Stunde zusammengesessen zu sein und hierbei eine Menge von einem Glas Prosecco konsumiert zu haben, wobei nicht angenommen wird und von der Einschreiterin auch nicht vorgebracht wurde, dass diese Zusammenkunft aller Angestellten samt Alkoholkonsum zur Gänze vor 13:00 Uhr stattgefunden hat.

Berücksichtigt man den zeitlichen Bedarf der Wegstecke zwischen dem Geschäftslokal der Einschreiterin und ihrem Wohnort von lediglich 5 Minuten so ist es in Einklang zu bringen, dass die Rechtmittelwerberin, wie von den Zeugen F und C bestätigt, gegen 13:30 Uhr im Bereich des Straßenteilstückes *** unterwegs war.

Der Zeuge F hat glaubhaft ausgesagt, dass seine Lebensgefährtin unmittelbar nach dem Kontakt des von der Rechtsmittelwerberin gelenkten Fahrzeuges mit der Leitschiene im Bereich der *** den Polizeinotruf getätigt zu haben. Mag auch ein Netzempfang beim ersten Anrufversuch nicht bestanden haben, so ergibt sich aus dem vorgelegten Protokoll der Bezirksleitstelle *** unzweifelhaft, dass der Anruf um 13:35 Uhr eingegangen ist.

Im Übrigen erscheint es für das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zweifelhaft, dass eine nicht an Alkoholismus erkrankte Person in einem Zeitraum von nicht einmal 45 Minuten (also bis zum Einschreiten der Polizeibeamten) die behaupteten Alkoholmengen konsumiert. Aus diesen Gründen war das verwertete amtsärztliche Gutachten nicht zu ergänzen.

Unter mehrmaliger Wahrheitserinnerung bestätigten die Zeugen D und E ihre Angaben. Beide Zeugen schilderten den Tathergang so, wie die Polizeileitstelle *** den Inhalt des Anrufes der Privatanzeigerin C in ihrem Protokoll wieder gegeben hat.

Es ist ebenso kein Grund ersichtlich, weshalb die Zeugen C und F die Rechtsmittelwerberin fälschlich belasten wollen würden, insbesondere im Hinblick auf die damit einhergehenden strafrechtlichen Konsequenzen. Auch ist zu berücksichtigen, dass der Zeuge F zur Verfolgung der von der Zeugin C angezeigten Straftat für eine Zeugenaussage bei der belangten Behörde zur Verfügung stand. Ebenso folgte er der Verpflichtung vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zu seiner Einvernahme zu erscheinen, bei welcher er beim erkennenden Gericht in keinster Weise den Eindruck entstehen ließ, als wolle er die Rechtsmittelwerberin zu Unrecht belasten.

Demgegenüber erschien die Aussage der Beschwerdeführerin wenig glaubwürdig. In Ergänzung zur von der belangten Behörde angestellten Beweiswürdigung, welche an sich detailliert und nachvollziehbar vorgenommen wurde, stützen die Ergebnisse des gerichtlichen Ermittlungsverfahrens die von der Führerscheinbehörde vorgenommene Wertung der Glaubwürdigkeit der Aussage der Rechtsmittelwerberin.

Ebenso hat die Einschreiterin erstmalig in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vorgebracht zusätzlich zur behaupteten Menge an Prosecco nach dem Verkehrsunfall eine größere Menge an Limoncello, einem Zitronenlikör, konsumiert zu haben.

Im Besonderen gab die Rechtmittelwerberin ungefragt nach Einvernahme des Zeugen D an, mit dem Nachbar ihres Geschäftslokales am Vormittag des 12. Mai 2018 – also vor Antritt der zu beurteilenden Autofahrt - Alkohol konsumiert zu haben.

Auch erscheint die Angabe der Einschreiterin, sie habe aus Scham die tatsächlich von ihr behauptete Nachtrunkmenge den einschreitenden Polizeibeamten verschwiegen, nicht nachvollziehbar, zumal spätestens bei Vorliegen der Messergebnisse auch der Rechtsmittelwerberin klar gewesen sein musste, dass ihre bisherigen Behauptungen nicht stimmen können. Dieses Vorbringen widerspricht auch der Darstellung, dass sie bei der Amtshandlung der einschreitenden Beamten unter Schock gestanden wäre. Im Übrigen entspricht diese Argumentation nicht den glaubwürdigen und übereinstimmenden Aussagen der in der öffentlichen mündlichen Verhandlung einvernommenen einschreitenden Polizeibeamten. Beide Polizisten beschrieben das Verhalten der Einschreiterin zwar als verlangsamt, aber keinesfalls wurden außergewöhnliche Erregungszustände, insbesondere nicht der behauptete Schockzustand, von den unter Wahrheitspflicht stehenden Polizisten wahrgenommen. Die erstmals in der Verhandlung vorgetragene Behauptung der Rechtsmittelwerberin, sie wäre unter Schock gestanden, konnte sie in keinster Weise unter Beweis stellen. Nicht einmal der Vater der Beschwerdeführerin, welcher von ihr zur Amtshandlung dazu geholt wurde, konnte die von der Einschreiterin angestellte Behauptung bestätigen, wurde dieser doch von ihr als Zeuge im Führerschein-entzugsverfahren nicht namhaft gemacht. Diese Vorgangsweise lässt den Schluss zu, dass sie lediglich unsubstantiiert versucht, sich ihrer eigenen strafrechtlichen Verantwortung zu entziehen.

Die Feststellung zur Beschädigung des Fahrzeuges beruht auf der von der Zeugin E angefertigten Fotodokumentation über den Schaden am Fahrzeug, welches die Einschreiterin unbestritten zuvor gelenkt hat, und bestätigen diese die von den Zeugen C und F wahrgenommene Kollision des Fahrzeuges mit der Leitschiene im Bereich der ***, wobei angemerkt wird, dass in Fahrtrichtung ***, also bergauf, die Leitschiene rechtsseitig montiert ist. Diese Annahme wird auch dadurch untermauert, als die Einschreiterin bei ihrer ersten Kontaktaufnahme mit den einschreitenden Beamten eine diesbezügliche Kollision zugab. Auch bei ihrer gerichtlichen Aussage gab die Beschwerdeführerin an, dass sie vor dem Eintreffen der Polizisten einen Schaden am Fahrzeug nicht feststellen konnte.

Der Ablauf der Amtshandlung wurde von den beiden einschreitenden Beamten im Wesentlichen völlig deckungsgleich und nachvollziehbar beschrieben, wobei der Zeuge D, der als erster in den Wohnbereich der Einschreiterin eintrat, angab, die Rechtsmittelwerberin auf der Couch liegend vorgefunden zu haben, was angesichts der vorliegenden Messergebnisse schlüssig erscheint.

Es ist auch kein Grund ersichtlich, weshalb die beiden Beamten eine Falschaussage tätigen hätten sollen, insbesondere im Hinblick auf die damit einhergehenden straf- und dienstrechtlichen Konsequenzen. Die vom Zeugen D dargestellte Situation deckt sich auch mit dem Umstand, dass die Einschreiterin auf das Läuten an der Türglocke und das Klopfen an der Haustüre nicht reagiert hat.

Der Information für geschulte Organe der Straßenaufsicht zum Alco-Test 7110 MK III A, also die Bedienungsanleitung des verwendeten Alkomanten, welche im Rahmen des Parteiengehörs den Parteien zur Verfügung gestellt wurde, ist auf Seite 8 zu entnehmen, dass vom Gerät eine Kontrolle dahingehend durchgeführt wird, als das Gerät aus dem Konzentrationsprofil der Atemprobe Restmundalkohol durch die Fehlanzeige „Mundrestalkohol“ anzeigt und den Messablauf automatisch in diesem Fall abgebrochen wird. Dass im gegenständlichen Fall ein derartiger Abbruch bei den Messungen nicht stattgefunden hat, ergibt sich aus dem im Akt der Verwaltungsbehörde befindlichen Messprotokoll und finden sich auch keine Anhaltspunkte Gegenteiliges anzunehmen. Auch entspricht es der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. VwGH 25.02.2005, 2005/02/0033 mwN), dass der Alkomat kein Messergebnis liefert, sondern die Fehlanzeige „Mundrestalkohol“ anzeigt, wenn die Atemluft des Probanden bei Durchführung des Testes durch einen im Mund befindlichen Alkohol beeinträchtigt worden wäre.

Das in der öffentlich mündlichen Verhandlung ergänzend erstattete Vorbringen, welches darauf abzielt einen „Sturztrunk“ zu behaupten, ist unbeachtlich:

§ 99 Abs. 1a StVO 1960 stellt - so wie etwa auch § 99 Abs. 1 lit. a, aber auch § 5 Abs. 1 zweiter Satz StVO 1960 und § 14 Abs. 8 FSG 1997 - auf einen "bestimmten Wert" des Gehaltes an Atemluftalkohol bzw. Blutalkohol zur Tatzeit ab. Es würde allerdings einen Wertungswiderspruch darstellen, wollte man diese Bestimmungen allein auf jene Personen anwenden, welche die Alkoholresorption zum Zeitpunkt des Lenkens (bzw. des "In-Betrieb-Nehmens") eines Fahrzeuges bereits abgeschlossen hatten, hingegen auf jene, die sich zu diesem Zeitpunkt in der für die Fahrtüchtigkeit "besonders nachteiligen" Anflutungsphase befunden hatten, - zu ihren Gunsten -

nicht. Der VwGH legt daher diese Bestimmung dahin aus, dass die - nachträgliche - Feststellung des maßgebenden Wertes des Atemluftalkoholgehaltes bzw. Blutalkoholgehaltes auch dann zur Anwendung dieser Bestimmungen zu führen hat, wenn sich der Lenker im Lenkzeitpunkt (noch) in der Anflutungsphase befunden hat (VwGH 30. Jänner 2004, 2004/02/0011).

Vor diesem Hintergrund ist die Behauptung der Beschwerdeführerin rechtlich nicht von Relevanz, sondern kann mit einer „bloßen“ Rückrechnung das Auslangen gefunden werden.

6.   Rechtslage

§ 28 VwGVG lautet wie folgt:

(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.

der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.

die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG – soweit das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz selbst nichts anderes normiert - die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Führerscheingesetzes (FSG) lauten auszugsweise wie folgt:

„Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung
§ 3.

(1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

        1. […]

2. verkehrszuverlässig sind (§ 7),

[…]

Verkehrszuverlässigkeit
§ 7.

(1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

[…]

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

1.  ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz – SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;

[…]

(4) Für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs. 3 Z 14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist.

[…]

5. Abschnitt
Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der LenkberechtigungAllgemeines
§ 24.

(1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen.

[…]

(3) Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen:

1.

wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt,

2.

wegen einer zweiten in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung innerhalb von zwei Jahren oder

3.

wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO 1960.

Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a und sofern es sich nicht um einen Probeführerscheinbesitzer handelt, bei der erstmaligen Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 ein Verkehrscoaching zur Bewusstmachung der besonderen Gefahren des Lenkens von Kraftfahrzeugen unter Alkoholeinfluss oder Suchtgiftbeeinträchtigung und dessen Folgen, bei Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 jedoch eine Nachschulung anzuordnen. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung. Wurde von einem Probeführerscheinbesitzer die Anordnung der Nachschulung nicht befolgt oder die Mitarbeit bei dieser unterlassen, so ist die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Wurde die Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufe(n) gemäß § 4c Abs. 2 nicht befolgt oder wurde dabei die Mitarbeit unterlassen, so ist die Lenkberechtigung jener Klasse, für die die angeordnete(n) Stufe(n) nicht absolviert wurde(n), bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Eine diesbezügliche Entziehung der Klasse B zieht jedenfalls eine Entziehung der Klassen C(C1), CE(C1E), D(D1) und DE(D1E) nach sich. Die Anordnung der begleitenden Maßnahme oder des ärztlichen Gutachtens hat entweder im Bescheid, mit dem die Entziehung oder Einschränkung ausgesprochen wird, oder in einem gesonderten Bescheid zugleich mit dem Entziehungsbescheid zu erfolgen. Die Behörde hat eine angemessene Frist zu setzen, innerhalb derer das Verkehrscoaching zu absolvieren ist. Wird das Verkehrscoaching nicht innerhalb dieser Frist absolviert, hat die Behörde die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. […]

Dauer der Entziehung
§ 25.

(1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Endet die Gültigkeit der Lenkberechtigung vor dem Ende der von der Behörde prognostizierten Entziehungsdauer, so hat die Behörde auch auszusprechen, für welche Zeit nach Ablauf der Gültigkeit der Lenkberechtigung keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf.

(2) […]

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen. […]

§ 26. (1) Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 begangen, so ist, wenn es sich nicht um einen Lenker eines Kraftfahrzeuges der Klasse C oder D handelt und zuvor keine andere der in § 7 Abs. 3 Z 1 und 2 genannten Übertretungen begangen wurde, die Lenkberechtigung für die Dauer von einem Monat zu entziehen. Wenn jedoch

1. auch eine der in § 7 Abs. 3 Z 4 bis 6 genannten Übertretungen vorliegt, oder

2. der Lenker bei Begehung dieser Übertretung einen Verkehrsunfall verschuldet hat,

so hat die Entziehungsdauer mindestens drei Monate zu betragen.

Wenn jedoch eine der in § 7 Abs. 3 Z 3 genannten Übertretungen vorliegt, so hat die Entziehungsdauer mindestens sechs Monate zu betragen. § 25 Abs. 3 zweiter Satz ist in allen Fällen sinngemäß anzuwenden.

(2) Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges […]

4. erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 begangen, so ist die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen,[…]

Gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 idF BGBl. I Nr. 39/2013 ist strafbar:

Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 1600 Euro bis 5900 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen,

a)

wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt,

b)

wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht,

c)

(Verfassungsbestimmung) wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, sich Blut abnehmen zu lassen.

Eingangs ist festzuhalten, dass die Entziehung der Lenkberechtigung keine Vergeltung für strafbares Verhalten darstellt. Die Entziehung der Lenkberechtigung hat eine begründete Prognose über die Dauer des Mangels der Verkehrszuverlässigkeit des Betroffenen widerzuspiegeln. Sie ist nur für einen Zeitraum zulässig und geboten, für den schlüssig begründet werden kann, dass auf Grund bestimmter Tatsachen im Sinne des § 7 FSG der Betreffende nicht verkehrszuverlässig ist. Daher bedarf es – unter anderem – der Feststellung des einem Strafurteil zugrunde liegenden Verhaltens des von der Entziehung der Lenkberechtigung Betroffenen (vgl. VwGH 23.02.2011, 2010/11/0142).

Unabdingbare Voraussetzung für die Verneinung der Verkehrszuverlässigkeit ist, wie der Wortlaut des § 7 Abs. 1 FSG zum Ausdruck bringt, das Vorliegen zumindest einer bestimmten Tatsache iSd § 7 Abs. 3 FSG (zB VwGH 23.11.2011, 2009/11/0263).

Für das Vorliegen einer bestimmten Tatsache gemäß § 7 Abs. 3 Z 1 FSG kommt es auf die Begehung der dort genannten Übertretungen, nicht aber auf eine rechtskräftige Bestrafung an. Liegt – wie im gegenständlichen Fall – keine rechtskräftige Bestrafung vor, kann die Behörde die Frage, ob der Betreffende eine solche Übertretung begangen hat, selbstständig als Vorfrage beurteilen (VwGH 13.08.2003, 2003/11/0136). Während der Anhängigkeit des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens wurde die Rechtsmittelwerberin zwar von der zuständigen Strafbehörde wegen derselben Straftat bestraft, doch liegt aufgrund der Beschwerde der Einschreiterin gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs vom 04. Oktober 2018, Zl. ***, keine rechtskräftige Bestrafung vor, sodass auch das Verwaltungsgericht im Führerscheinentzugsverfahren die Vorfrage selbstständig zu prüfen hat.

Grundsätzlich ist gemäß § 7 Abs. 1 FSG zur Prüfung der Verkehrszuverlässigkeit auch eine Wertung dieser als erwiesen angenommenen bestimmten Tatsache vorzunehmen, wobei gemäß § 7 Abs. 4 FSG für diese Wertung die Verwerflichkeit dieser bestimmten Tatsache, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurde, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend sind.

Für die Festsetzung der Entziehungsdauer ist die – auch hier unter Berücksichtigung der Wertungskriterien gemäß § 7 Abs. 4 FSG zu erstellende – Prognose also entscheidend, wann die Beschwerdeführerin die Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangen wird.

Die in § 26 umschriebenen Sonderfälle der Entziehung der Lenkberechtigung bilden insofern eine Ausnahme von § 24 Abs. 1 und § 25, als die Wertung jener bestimmten Tatsachen, in Ansehung derer im Gesetz selbst die Entziehungsdauer mit einem fixen Zeitraum normiert ist, zu entfallen hat. Für ein Unterschreiten der gesetzlich vorgegebenen Mindestentziehungsdauer fehlt eine gesetzliche Grundlage (Grundtner/Pürstl, FSG6, § 26 E 1 und 2).

Die Festsetzung einer über die Mindestzeit des § 26 FSG hinausreichenden Entziehungsdauer hat nach der allgemeinen Regel des § 25 Abs. 3 zu erfolgen.

Im Gegenstand liegt ein Sonderfall die Entziehung gemäß § 26 FSG vor:

Am 12. Mai 2018, gegen 13:30 Uhr, hat die Beschwerdeführerin erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 gesetzt, sodass ihr deshalb die Lenkberechtigung nach § 26 Abs. 2 Z 1 FSG für die Dauer von mindestens 6 Monaten zu entziehen wäre.

In seinem Erkenntnis vom 19.10.2010, 2010/11/0101, hat das Höchstgericht ausgesprochen, dass der Gesetzgeber auf die hohe Verwerflichkeit von Alkoholdelikten im Straßenverkehr insoweit Bedacht genommen hat, als er dafür in § 26 FSG eine Mindestentziehungsdauer oder eine fixe Entziehungsdauer festgelegt hat, die von der Behörde nicht unterschritten werden dürfen, und dass, wenn keine Feststellungen zu einem allfälligen sonstigen Fehlverhalten getroffen werden, keine längere Entziehungsdauer als die in § 26 Abs. 2 vorgesehenen Mindestentziehungs-dauern erforderlich ist.

Sonstige, in diesem höchstgerichtlichen Erkenntnis angesprochene „Umstände“, die eine Überschreitung der Mindestentziehungsdauer rechtfertigen, lagen im Anlassfall vor:

Als Verkehrsunfall ist jedes plötzliche, mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammenhängende Ereignis anzusehen, welches sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zuträgt und einen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat (Pürstl, StVO-ON14.01 § 4 StVO [Stand 1.2.2017, rdb.at] Rz 1 mwN). Stand der Lenker mit einem VU mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang, dann war er verpflichtet, sein Fahrzeug sofort anzuhalten, auch wenn bei dem Verkehrsunfall nur sein Fahrzeug beschädigt wurde (Pürstl, StVO-ON14.01 § 4 StVO [Stand 1.2.2017, rdb.at] Rz 34 mwN).

Ein Verkehrsunfall ist dann in einem Verfahren betreffend Entziehung der Lenkberechtigung gemäß § 26 Abs. 2 FSG relevant, wenn den Beschwerdeführer ein Verschulden an diesem Unfall getroffen hat (VwGH 24.04.2007, 2004/11/0001). Eine Strafbarkeit wegen Missachtung der in § 4 StVO 1960 normierten Verpflichtungen ist in einem solchen Fall aber aufgrund des eindeutigen Wortlautes des § 26 Abs. 1 Z 2 FSG nicht erforderlich. Im Gegenstand ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin zumindest in fahrlässiger Weise den Verkehrsunfall verursacht hat.

Angesichts des von der Beschwerdeführerin bei der Übertretung nach § 99 Abs. 1 StVO verschuldeten Verkehrsunfalles, wäre eine Erhöhung der Mindestentzugsdauer um zwei Monate gerechtfertigt (vgl. § 26 Abs. 1 Z.2 FSG). Von der Beschwerdeführerin wurde der für die Erfüllung des Tatbestandes des § 99 Abs. 1 StVO 1960 maßgebliche Wert des Blutalkoholgehaltes von 1,6 ‰ im Tatzeitpunkt weit überschritten (vgl. VwGH 24.04.2007, 2004/11/0001). Das Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem derart stark durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ist in einem solchen Maß verwerflich und gefährlich, sodass im Ergebnis mit einer kürzeren als von der belangten Behörde vorgeschriebenen Entziehungsdauer im konkreten Fall nicht das Auslangen gefunden werden kann.

Die Führerscheinbehörde war wegen des eindeutigen Wortlautes des § 24 Abs. 3 zweiter und fünfter Satz FSG aber auch zur Anordnung einer Nachschulung, der Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 und einer verkehrspsychologischen Stellungnahme verpflichtet. Die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid ist daher als unbegründet abzuweisen.

7.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung einerseits nicht von der oben zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, sich andererseits auf den eindeutigen und klaren Gesetzeswortlaut stützen kann (vgl. aus der stRsp zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision in derartigen Fällen z.B. VwGH 29.07.2015, Ra 2015/07/0095) und überdies lediglich eine einzelfallbezogene Beurteilung vorzunehmen war, zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen ist (vgl. z.B. VwGH 17.10.2016, Ro 2015/03/0035).

Schlagworte

Verkehrsrecht; Kraftfahrrecht; Lenkberechtigung; Entziehung; Alkohol; Nachtrunk; Entziehungsdauer;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1006.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

25.03.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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