TE Lvwg Erkenntnis 2018/11/14 LVwG-AV-860/001-2018

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Veröffentlicht am 14.11.2018
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Entscheidungsdatum

14.11.2018

Norm

BauO NÖ 2014 §38 Abs1 Z1
BAO §4 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Hofrat Mag. Röper als Einzelrichter über die Beschwerde der A GmbH, vertreten durch C Rechtsanwalt GmbH, ***, ***, vom 3. August 2018 gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 28. Juni 2018, Zl. ***, mit welchem die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 15. Februar 2018, Zl. ***, betreffend Vorschreibung einer Aufschließungsabgabe nach der NÖ Bauordnung 2014 keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt worden war, zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.

2.   Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.       Sachverhalt:

1.1. Grundsätzliche Feststellungen:

Die A GmbH (in der Folge: Beschwerdeführerin) ist grundbücherliche Eigentümerin der Grundstücke Nr. *** und *** EZ *** KG *** mit der topographischen Anschrift ***, ***. Nach dem geltenden Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde *** ist für das gegenständliche Grundstück eine Widmung als Bauland-Betriebsgebiet verordnet:

[Abweichend vom Original – Bild nicht wiedergegeben]

„…

…“

(Quelle: imap geodaten des Landes Niederösterreich, Abfrage vom 20. August 2018)

1.2. Verwaltungsbehördliches Verfahren:

1.2.1.

Mit Schreiben vom 8. September 1993 beantragte Herr B die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zur Errichtung einer offenen Lagerhalle auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***:

[Abweichend vom Original – Bild nicht wiedergegeben]

„…

…“

(Quelle: Bauakt der belangten Behörde)

1.2.2.

Im Rahmen der am 16. September 1993 an Ort und Stelle durchgeführten Bauverhandlung wurde festgestellt, dass auf den angrenzenden Grundstücken Nr. *** und *** eine ähnliche Lagerhalle bereits bestehe. Vom beigezogenen Bausachverständigen wurde ausgeführt, dass auf Grund der zweckmäßigen Anordnung der eingereichten Lagerhalle sowie der bereits bestehenden, oben angeführten Lagerhalle der Baubehörde empfohlen werde, die Bewilligung für die neu eingereichte Lagerhalle sowie auch nachträglich für die bestehende Lagerhalle zu erteilen. Es sei jedoch erforderlich, dass eine grundbücherliche Grundstücksvereinigung der betroffenen Bauparzellen durchgeführt wird.

1.2.3.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 21. September 1993, Zl. ***, wurde dem Bauwerber B die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer offenen Lagerhalle beim bestehenden Sägewerk auf dem Grundstück Nr. *** EZ *** KG *** erteilt. Weiters wird ausgeführt, dass die Verhandlungsschrift über den durchgeführten Lokalaugenschein vom 16. September 1993 in Abschrift beiliege und einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bilde. Dieser Bescheid ist unbekämpft geblieben und in Rechtskraft erwachsen.

In der Folge wurden die Grundstücke Nr. ***, Nr. *** und Nr. *** zum Grundstück Nr. *** vereinigt.

1.2.4.

Mit Schreiben vom 7. September 2017 beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zum Abbruch der bestehenden Holzschuppen und zum Neubau einer landwirtschaftlichen Lagerhalle auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***.

1.2.5.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 12. Oktober 2017, Zl. ***, wurde anlässlich der Erteilung der Baubewilligung für den Abbruch des bestehenden Holzschuppens und den Neubau einer Lagerhalle gleichzeitig das Grundstück Nr. ***, KG ***, gemäß § 38 Abs. 1 Z. 1 NÖ Bauordnung 2014 zum Bauplatz erklärt. Dieser Bescheid ist unbekämpft geblieben und in Rechtskraft erwachsen.

1.3. Abgabenbehördliches Verfahren:

1.3.1.

Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 15. Februar 2018, Zl. ***, wurde der Beschwerdeführerin eine Aufschließungsabgabe gemäß § 38 Abs. 1 Z. 1 NÖ Bauordnung 2014 im Betrag von € 35.763,61 vorgeschrieben. Begründend wird unter Wiedergabe der Bestimmung des § 38 NÖ Bauordnung 2014 dargelegt, dass aus Anlass der Erklärung eines Grundstückes zum Bauplatz eine Aufschließungsabgabe vorzuschreiben sei. Die Aufschließungsabgabe sei gemäß § 38 Abs. 3 NÖ Bauordnung aus dem Produkt von Berechnungslänge, Bauklassenkoeffizient und Einheitssatz errechnet. Der Einheitssatz habe zum Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld gemäß der Verordnung des Gemeinderates € 485,- betragen. Die Berechnungslänge sei die Seite eines mit dem Bauplatz ?ächengleichen Quadrates (Quadratwurzel der Fläche) und betrage 58,9915. Die Berechnung der Aufschließungsabgabe stelle sich demnach wie folgt dar:

Grundstück Nr. Fläche Berechnungslänge BKK Einheitssatz Aufschließungsabgabe

***   3.480 m²  58,9915     1,25    € 485,-  € 35.763,61

1.3.2.

Mit Schreiben vom 22. Februar 2018 erhob die Beschwerdeführerin rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung und führte im Wesentlichen aus, dass sich auf dem Grundstück schon Jahrzehnten ein baubehördlich bewilligtes Gebäude befinde. Die Ansprüche seien bereits verjährt. Es hätten zudem nur geringfügige Änderungen am Bestand stattgefunden. Das Objekt werde nur als Einstellgebäude und Geräteschuppen sowohl landwirtschaftlich als auch betrieblich genutzt. Auf § 23 Abs. 3 NÖ Bauordnung 2014 idgF. letzter Absatz werde hingewiesen.

1.3.3.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 28. Juni 2018, Zl. ***, wurde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. Begründend wird nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der als maßgeblich erachteten Rechtsvorschriften dargelegt, dass mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 12. Oktober 2017, Zl. ***, anlässlich der Erteilung der Baubewilligung für den Abbruch des bestehenden Holzschuppens und den Neubau einer Lagerhalle das Grundstück Nr. ***, KG ***, gemäß § 38 Abs. 1 Z. 1 NÖ Bauordnung 2014 zum Bauplatz erklärt worden sei. Im Bauland ohne Bebauungsplan der betrage der Bauklassenkoeffizient mindesten 1,25, sofern nicht eine Höhe eines Gebäudes bewilligt werde oder zulässig sei, die einer höheren Bauklasse entspreche als der Bauklasse ll. Der Einwand, dass sich seit mehreren Jahrzehnten ein baubehördlich bewilligtes Gebäude auf dem Grundstück befinde, gehe insofern ins Leere, als dass das Gebäude mit Bescheid vom 21. September 1993, Zl. ***, bewilligt worden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei die Parzelle *** bereits als Bauland-Betriebsgebiet gewidmet gewesen. Es sei jedoch das Grundstück nicht zum Bauplatz erklärt und in der Folge daher auch keine Aufschließungsabgabe vorgeschrieben worden. Mit Bescheid vom 12. Oktober 2017, Zl. ***, sei das Grundstück ***, KG *** zum Bauplatz erklärt worden. Dieser Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen. Der Einwand auf Verjährung der Abgabeneinsprüche geht ebenfalls ins Leere, da die Vorschreibung einer Aufschließungsabgabe einen rechtskräftigen Bauplatzerklärungsbescheid bzw. Baubewilligungsbescheid voraussetze. Erst mit Rechtskraft dieses Bescheids entstehe der Abgabenanspruch der Gemeinde und beginne die Frist für die Verjährung desselben zu laufen. Der Einwand, dass es sich bei dem Bauvorhaben nur um geringfügige Änderungen am Bestand handle, geht ebenfalls ins Leere, da für einen Neu- und/oder Zubau eines Gebäudes jedenfalls eine Baubewilligung gemäß § 14 NÖ Bauordnung 2014 erforderlich sei. Für eine Baubewilligung sei eine Bauplatzerklärung Voraussetzung.

1.4. Beschwerdevorbringen:

Mit Schreiben vom 3. August 2018 brachte die Beschwerdeführerin durch ihre ausgewiesene Vertretung rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** ein und begründete diese im Wesentlichen damit, dass der Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung iSd NÖ Bauordnung 1976 auf einem Grundstück im Bauland, welches noch nicht zum Bauplatz erklärt worden sei, auch als Antrag auf die Erklärung des vom Bauvorhaben betroffenen Grundstückes zum Bauplatz gelte. Mit Erteilung der Baubewilligung mittels des angeführten Bescheides vom 21. September 1993 hätte daher eine Bauplatzerklärung erfolgen müssen. Die Gemeinde hätte damals dem Grundstückseigentümer eine Aufschließungsabgabe vorschreiben müssen. Im Lichte der Einmaligkeit der Aufschließungsabgabe stehe der bereits früher entstandene Abgabenanspruch der Vorschreibung einer Aufschließungsabgabe im Jahre 2017 entgegen. Es sei Verjährung eingetreten. Selbst wenn man davon ausgehe, dass infolge der Bauplatzerklärung im Bescheid vom 12. Oktober 2017 eine Aufschließungsabgabe vorzuschreiben sei, hätte diese zumindest im Hinblick auf das mit Bescheid vom 21. September 1993 bewilligte Bauvorhaben wesentlich geringer

ausfallen müssen. Zumindest jene Grundstücksfläche, die vom Bauvorhaben aus dem Jahr 1993 betroffen gewesen sei (und nicht Teil des damaligen Grundstückes Nr. *** gewesen sei), hätte richtigerweise bei der Berechnung der Aufschließungsabgabe berücksichtigt (bzw. in Abzug gebracht) werden müssen. Es hätte allenfalls zur Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe im Sinne des § 39 NÖ

Bauordnung kommen dürfen, die wesentlich geringer ausgefallen wäre.

1.5. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Mit Schreiben vom 8. August 2018 legte die Marktgemeinde *** dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt (samt Plänen, Gutachten sowie Einladungskurrende und Sitzungsprotokoll der maßgeblichen Sitzung des Gemeindevorstandes) vor.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in diesen Akt der Marktgemeinde *** sowie durch Einsichtnahme in das öffentliche Grundbuch.

1.6. Beweiswürdigung:

Im Wesentlichen ist der Sachverhalt als unstrittig zu beurteilen und ergibt sich dieser aus dem unbedenklichen Akteninhalt in Verbindung mit dem bekämpften Bescheid, sowie aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, soweit dieses den Feststellungen der belangten Behörde nicht entgegentritt.

2.       Anzuwendende Rechtsvorschriften:

2.1. Bundesabgabenordnung - BAO:

§ 1. (1) Die Bestimmungen der BAO gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden

§ 4. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

§ 254. Durch Einbringung einer Bescheidbeschwerde wird die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht gehemmt, insbesondere die Einhebung und zwangsweise Einbringung einer Abgabe nicht aufgehalten.

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

2.2. NÖ Bauordnung 2014 idF LGBl. 1/2015:

Bauplatz, Bauverbot

§ 11. (1) Bauplatz ist ein Grundstück im Bauland, das

1.       hiezu erklärt wurde oder

2.        durch eine vor dem 1. Jänner 1989 baubehördlich bewilligte Änderung von Grundstücksgrenzen geschaffen wurde und nach den damals geltenden Vorschriften Bauplatzeigenschaft besaß oder

3.        durch eine nach dem 1. Jänner 1989 baubehördlich bewilligte oder angezeigte Änderung von Grundstücksgrenzen ganz oder zum Teil aus einem Bauplatz entstanden ist und nach den damals geltenden Vorschriften Bauplatzeigenschaft besaß oder

4.        seit dem 1. Jänner 1989 ununterbrochen als Bauland gewidmet und am 1. Jänner 1989 mit einem baubehördlich bewilligten Gebäude oder Gebäudeteil, ausgenommen solche nach § 15 Abs. 1 Z 1, § 17 Z 8 und § 23 Abs. 3 vorletzter Satz, bebaut war, oder

5.        durch eine nach § 15 des Liegenschaftsteilungsgesetzes, BGBl. Nr. 3/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 190/2013, durchgeführte Änderung von Grundstücksgrenzen ganz oder zum Teil aus einem Bauplatz entstanden ist und nach den damals geltenden Vorschriften Bauplatzeigenschaft besaß.

Aufschließungsabgabe

§ 38. (1) Dem Eigentümer eines Grundstücks im Bauland ist von der Gemeinde eine Aufschließungsabgabe vorzuschreiben, wenn mit Erlassung des letztinstanzlichen Bescheides der Behörde nach § 2

         1.       ein Grundstück oder Grundstücksteil zum Bauplatz (§ 11) erklärt oder

         2.       eine Baubewilligung für die erstmalige Errichtung eines Gebäudes oder einer großvolumigen Anlage (§ 23 Abs. 3) auf einem Bauplatz nach § 11 Abs. 1 Z. 2, 3 und 5 erteilt wird.

Die Errichtung eines Gebäudes oder einer großvolumigen Anlage auf einem Bauplatz gilt als erstmalig, wenn auf diesem Bauplatz am 1. Jänner 1989 und danach kein unbefristet bewilligtes Gebäude gestanden ist. Die Aufschließungsabgabe nach Z. 2 ist nicht vorzuschreiben, wenn die Errichtung eines Gebäudes nach § 23 Abs. 3, vorletzter Satz, bewilligt wird. Wird auf demselben Bauplatz ein weiteres Gebäude Gebäude im Sinn des § 23 Abs. 3 erster Satz oder eine großvolumige Anlage errichtet, ist die Abgabe vorzuschreiben. …

(3) Die Aufschließungsabgabe (A) ist eine einmal zu entrichtende, ausschließliche Gemeindeabgabe nach § 6 Abs. 1 Z. 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45/1948 in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012. Sie wird aus dem Produkt von Berechnungslänge (BL), Bauklassenkoeffizient (BKK) und Einheitssatz (ES) errechnet:

A = BL x BKK x ES

Bei der Vorschreibung ist jeweils der zum Zeitpunkt der Bauplatzerklärung oder Erteilung der Baubewilligung (Abs. 1) geltende Bauklassenkoeffizient und Einheitssatz anzuwenden. …

(4) Die Berechnungslänge ist die Seite eines mit dem Bauplatz flächengleichen Quadrates:

Bauplatzfläche = BF BL =

(5) Der Bauklassenkoeffizient beträgt:

        in der Bauklasse I 1,00 und

       bei jeder weiteren zulässigen Bauklasse um je 0,25 mehr,

in Industriegebieten ohne Bauklassenfestlegung 2,00

bei einer Geschoßflächenzahl

o bis zu 0,8 1,5

o bis zu 1,1 1,75

o bis zu 1,5 2,0 und

o bis zu 2,0 2,5

Ist eine höchstzulässige Gebäudehöhe festgelegt, ist der Bauklassenkoeffizient von jener Bauklasse abzuleiten, die dieser Gebäudehöhe entspricht.

Im Baulandbereich ohne Bebauungsplan beträgt der Bauklassenkoeffizient mindestens 1,25 sofern nicht eine Höhe eines Gebäudes bewilligt wird, die einer höheren Bauklasse entspricht als der Bauklasse II.

2.3. Verordnung der Marktgemeinde *** idF vom
23. Oktober 2012:

Der Einheitssatz zur Berechnung der Aufschließungsabgabe gemäß §§ 38 und 39 NÖ Bauordnung wird mit € 485,- festgesetzt.

2.4. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG:

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:

         1.       Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;

         2.       Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;

         3.       Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.

(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden. …

(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

3.       Würdigung:

3.1. Zu Spruchpunkt 1:

Die Beschwerde ist nicht begründet.

3.1.1.

In der Sache ist eingangs festzuhalten, dass die von den Abgabenbehörden der mitbeteiligten Stadtgemeinde der Abgabenfestsetzung zugrunde gelegten Berechnungen außer Streit stehen. Das Beschwerdevorbringen lässt sich vielmehr auf die Frage reduzieren, ob die Vorschreibung der Aufschließungsabgabe überhaupt erfolgen durfte, da nach Ansicht der Beschwerdeführerin auf dem gegenständlichen Grundstück bereits seit Jahrzehnten ein Gebäude existiere.

3.1.2.

Nach § 4 Abs. 1 der von den Verwaltungsbehörden (und dem erkennenden Gericht) anzuwendenden BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Angesichts der Komplexität der Sachlage ist zunächst darauf hinzuweisen, dass aus der rechtlichen Konstruktion der Abgabenschuldverhältnisse folgt, dass dieses bereits mit Verwirklichung eines gesetzlich normierten Abgabentatbestandes entsteht. Der Abgabenbescheid ist seinen wesentlichen Merkmalen nach lediglich feststellender Natur. Er bringt den Abgabenanspruch nicht zum Entstehen, sondern stellt den aus dem Gesetz erwachsenden Anspruch lediglich fest (vgl. VwGH vom 25. Juni 2014, Zl. 94/17/0419). Daraus ergibt sich, dass die Abgabenbehörde die Abgabe festzusetzen hat, sobald der Abgabenanspruch entstanden ist. Da sich der Abgabenanspruch der Gemeinde aus der Sicht des Abgabepflichtigen als Abgabenschuld darstellt, ist die Abgabenfestsetzung zulässig, sobald die Abgabenschuld entstanden ist.

3.1.3.

Gemäß § 38 Abs. 1 Zif. 1 NÖ Bauordnung 2014 ist dem Eigentümer eines Grundstücks im Bauland von der Gemeinde eine Aufschließungsabgabe vorzuschreiben, wenn mit Erlassung des letztinstanzlichen Bescheides der Behörde nach § 2 ein Grundstück oder Grundstücksteil zum Bauplatz (§ 11) erklärt wurde.

Die - erstmalige - Erklärung des verfahrensgegenständlichen Grundstückes zum Bauplatz erfolgte mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 12. Oktober 2017, Zl. ***, in dem die baubehördliche Bewilligung zum Zu/Umbau des bestehenden Gebäudes auf dem Grundstück Nr. ***, EZ ***, KG *** erteilt wurde.

Der Zeitpunkt, zu dem sich der Abgabentatbestand des § 38 Abs. 1 Z .1 NÖ Bauordnung 2014 verwirklicht hat, ist der Zeitpunkt der Rechtskraft des Bescheides über die Bauplatzerklärung (vgl. VwGH vom 4. Juli 2008, Zl. 2008/17/0095, und vom 11. September 2015, Zl. Ro 2014/17/0026, zur wortidenten Bestimmung des § 38 Abs. 1 Z. 1 der NÖ Bauordnung 1996). Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, ist für die Frage der Verpflichtung zur Entrichtung einer Aufschließungsabgabe nach § 38 Abs. 1 Z 1 NÖ Bauordnung 2016 wegen rechtskräftiger Bauplatzerklärung ohne Bedeutung, ob das Grundstück überhaupt zum Bauplatz zu erklären gewesen wäre. Diese Frage wäre in dem Verfahren zur Bauplatzerklärung zu klären gewesen, nicht jedoch nach Eintritt der Rechtskraft des Bauplatzerklärungsbescheides in dem Verfahren betreffend die Vorschreibung der Aufschließungsabgabe nach § 38 Abs. 1 Z. 1 NÖ Bauordnung 2014 (vgl. VwGH vom 20. November 2002, Zl. 2002/17/0067, und vom 8. September 2003, Zl. 2000/17/0259). Die Vorschreibung einer Abgabe gemäß § 38 Abs. 1 Z 1. NÖ Bauordnung 2014 auf Grund der Bauplatzerklärung konnte somit grundsätzlich unabhängig davon erfolgen, ob das Grundstück zuvor bereits ein Bauplatz war.

3.1.4.

Diesen Überlegungen folgt, dass auf Grund der dargestellten Rechtslage den Ausführungen der Beschwerdeführerin hinsichtlich der von ihr behaupteten Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften keine Berechtigung zukommt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

3.1.5.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs.1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von der Beschwerdeführerin nicht beantragt. Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

3.2.    Zu Spruchpunkt 2 - Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht und eine gesicherte und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, die unter Punkt 3.1. auch dargelegt wird.

Schlagworte

Finanzrecht; Aufschließungsabgabe; Bauplatzerklärung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.860.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

11.12.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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