TE Vwgh Erkenntnis 1999/9/24 97/10/0253

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Veröffentlicht am 24.09.1999
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Index

L55004 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Oberösterreich;
L66504 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Oberösterreich;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
80/06 Bodenreform;

Norm

B-VG Art18 Abs2;
FlVfGG §34 Abs3;
FlVfGG §34 Abs4;
FlVfLG OÖ 1979 §102 Abs1;
LSchV OÖ Bereich von Flüssen und Bächen 1982 §1 Abs1;
NatSchG OÖ 1982 §6 Abs1 litb;
NatSchG OÖ 1995 §3 Z2;
NatSchG OÖ 1995 §8 Abs1 Z2;
NatSchG OÖ 1995 §8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Neumair, über die Beschwerden des K in Kematen, vertreten durch Dr. Peter Riedelsberger, Rechtsanwalt in Linz, Kaarstraße 2, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 4. November 1997, Zl. N-104003/18-1997-Kra, betreffend naturschutzbehördliche Feststellung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (BH) vom 21. Oktober 1996 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, bescheidmäßig festzustellen, dass durch die von ihm im 50 m-Bereich des "Gruberbaches" bereits vorgenommenen Anschüttungen auf dem Grundstück Nr. 1125, KG. B, solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die alle anderen Interessen zu überwiegen vermögen, nicht verletzt werden, abgewiesen. Hiezu wurde im Wesentlichen ausgeführt, der "Gruberbach" sei ein direkter Zubringer zur - in der Verordnung über den Landschaftsschutz im Bereich von Flüssen und Bächen aufgezählten - Krems. Der Bezirksbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz sei aus näher dargelegten Gründen zum Ergebnis gelangt, durch die - auf einer Fläche von rund 3.000 m2 mit einer Mächtigkeit von bis zu 6 m getätigten - Aufschüttungen ginge ein charakteristisches Gestaltungselement des Umlandes von Kleinbächen wie dem "Gruberbach", nämlich die unregelmäßig ausgeformten und als Extensivwiese genutzten Bachsenken im betroffenen Teil verloren bzw. würden unterbrochen. Die Aufschüttungen würden im Übrigen nur der Ausdehnung der (ohnehin riesigen) Ackerflächen des Beschwerdeführers dienen. Die BH sei daher der Auffassung, dass durch die getätigten Aufschüttungen öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die die privaten Interessen des Beschwerdeführers an der Ausdehnung von Ackerland zu überwiegen vermögen, verletzt werden. Eine Entscheidung zu Gunsten des Beschwerdeführers könne auch bei Vorschreibung von Bedingungen und Auflagen mit dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes nicht in Einklang gebracht werden.

Der Beschwerdeführer berief und brachte im Wesentlichen vor, die BH habe dem Antrag des Beschwerdeführers auf Beschaffung des Wasserrechtsaktes nicht entsprochen. Im Wasserrechtsverfahren sei nämlich ein Lokalaugenschein vorgenommen worden und es seien die dabei getroffenen Feststellungen geeignet, zu einer positiven Beurteilung des verfahrensgegenständlichen Antrages zu gelangen. Die - aus dem Gutachten des Bezirksbeauftragten übernommene - Behauptung der BH, der Beschwerdeführer verfüge über "riesige Ackerflächen", sei nicht nachvollziehbar und erwecke Zweifel an der Unbefangenheit des Sachverständigen; das erstattete Gutachten sei auch weder schlüssig noch nachvollziehbar. Im Übrigen sei ein Zusammenlegungsverfahren betreffend die Katastralgemeinde B anhängig, sodass gemäß § 102 Abs. 1 O.ö. FLG 1979 in der Sache die Agrarbehörde zuständig sei. Die BH sei auch zu Unrecht von der Geltung der Verordnung über den Landschaftsschutz im Bereich von Flüssen und Bächen ausgegangen. Diese Verordnung sei nämlich aufgrund des O.ö. NSchG 1982 erlassen worden, scheine aber in den Übergangsbestimmungen des O.ö. NSchG 1995 - der Wiederverlautbarung des O.ö. NSchG 1982 - nicht auf. Aufgrund des O.ö. NSchG 1995 sei eine entsprechende Verordnung nicht erlassen worden. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem Bereich, der von den Aufschüttungen des Beschwerdeführers betroffen sei, um einen geschützten Bereich im Sinne des § 8 O.ö. NSchG 1995 handle.

Die Berufungsbehörde holte Befund und Gutachten des Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz ein. In diesem wird - nach einer durch Fotos unterstützten Beschreibung der betroffenen Landschaft und der vorgenommenen Aufschüttungen - Folgendes ausgeführt:

"Die gesamte im 50 m-Uferschutzbereich des Gruberbaches liegende Anschüttung hat durch ihre geometrische Form das gesamte Strukturinventar von Hohl-, Flach- und Vollformen, die im näheren und weiteren Uferbereich des Gruberbaches gegeben waren, vollständig verdrängt und in ihrer ökologischen Dimension ausgelöscht. Das im Tausch erreichte trapezförmige, plane, lineare Profil ist ein maßgeblicher Eingriff in das Landschaftsbild dieses Bereiches. Die ursprünglich vorhandene Struktur hat einen naturnahen angepassten Übergangsbereich zwischen dem noch naturbelassenen Bach und der intensiv genutzten landwirtschaftlichen Ackerfläche dargestellt. Zudem wurden die vielfältigen Kleinstrukturen, die noch teilweise im Einflussbereich der Hochwässer lagen, und die eine intensive Korrespondenz mit den Grundwasserverhältnissen aufwiesen, vollständig zerstört. Aus der Sicht des Naturhaushaltes sind durch das Verschwinden dieser differenzierten und kleinstrukturierten Lebensräume ebenfalls Lebensgrundlagen für eine Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten zerstört worden. Zusätzlich zum Landschaftsbild sind letzte Reste von erholungswirksamen Strukturen, die sich durch die intensiven Landwirtschaftsbereiche dieser Gegend ziehen, auf ein allerletztes Minimum reduziert worden. Die seinerzeitige Einpassung des Baches durch seine abwechselnd gekrümmten und in einem breiten Uferbereich strukturierten Elemente als eigenständige Struktur ist eher in einen marginalen Rest, der den Eindruck von Zerschneidung und Trennung vermittelt, degeneriert worden. Somit ist aus naturschutzfachlicher Sicht hier davon auszugehen, dass durch die Anschüttungsmaßnahme, die zum einen zur Gänze im

50 m-Uferschutzbereich des Gruberbaches liegt und zum anderen von ihrer Dimension auch eindeutig sowohl als Flächen- als auch Höhendifferenz einer landschaftsgestaltenden Maßnahme dem § 5 lit. o entspricht und somit bewilligungspflichtig wäre, das Landschaftsbild, der Erholungswert und der Naturhaushalt in einem derartigen Maße beeinträchtigt, ja sogar zerstört worden, dass aus naturschutzfachlicher Sicht unbedingt und kompromisslos eine vollständige Entfernung und Wiederherstellung einer geschwungenen Struktur mit annähernd bachniveaugleichen Wiesenflächen zu fordern sind."

Über Vorhalt des Gutachtens verwies der Beschwerdeführer neuerlich darauf, dass die Naturschutzbehörde seiner Auffassung nach unzuständig sei, dass im wasserrechtlichen Verfahren - vorbehaltlich noch vorzulegender Projektunterlagen - eine grundsätzliche Genehmigungsfähigkeit der vorgenommenen Aufschüttungen festgestellt worden sei und dass die Auffassung des Sachverständigen, eine Genehmigung sei unter keinen Umständen möglich, unverständlich sei; die ökologische Bedeutung des "Gruberbaches" werde, zumal dieser durch Drainagegewässer der umliegenden Flächen gespeist und dadurch belastet werde, überbewertet.

Mit Bescheid der O.ö. Landesregierung vom 4. November 1997 wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und der Erstbescheid bestätigt. Hiezu wurde - nach Wiedergabe des Gutachtens des Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz sowie der angewendeten Rechtsvorschriften - im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund des genannten Gutachtens sei von einem maßgeblichen Eingriff in das Landschaftsbild und in den Naturhaushalt auszugehen. Das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz vor allem im Uferschutzbereich von Flüssen und Bächen werde höher bewertet als das Interesse des Beschwerdeführers an einer Vergrößerung der Ackerflächen bzw. der besseren Bewirtschaftungsmöglichkeit in diesem Bereich. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes bzw. des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, verletzt werden. Im Übrigen habe die Agrarbezirksbehörde für Linz mitgeteilt, dass keine Zuständigkeit gemäß § 102 O.ö. FLG 1979 gegeben sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wendet zunächst gegen die Zuständigkeit der belangten Behörde ein, bei der Agrarbezirksbehörde Linz sei seit 1982 das Zusammenlegungsverfahren "K" betreffend die KG. B anhängig. Gemäß § 102 O.ö. Flurverfassungs-Landesgesetz 1979 falle daher die verfahrensgegenständliche Angelegenheit in die Zuständigkeit der Agrarbehörde.

In diesem Punkt ist der Beschwerdeführer gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zlen. 97/10/0191, 0192, zu dem dort - im Wesentlichen gleich lautend - erstatteten Beschwerdevorbringen zu verweisen. Gleiches gilt für das Beschwerdevorbringen, die Verordnung über den Landschaftsschutz im Bereich von Flüssen und Bächen, LGBl. Nr. 107/1982 in der Fassung LGBl. Nr. 4/1987, gehöre nicht mehr dem Rechtsbestand an.

Gemäß § 8 Abs. 1 Z. 2 O.ö. NSchG 1995 gilt der Natur- und Landschaftsschutz im Sinne dieser Bestimmung für sonstige (d.h. nicht in Z. 1 genannte) Flüsse und Bäche (einschließlich ihrer gestauten Bereiche) und einen daran unmittelbar anschließenden 50 m breiten Geländestreifen, wenn sie in einer von der Landesregierung zu erlassenden Verordnung angeführt sind.

Der Feststellung der belangten Behörde, der "Gruberbach" sei ein direkter Zubringer zur - in der genannten Verordnung genannten - Krems, ist der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten. Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, von den vorgenommenen Anschüttungen sei ein Schutzgebiet im Sinne des § 8 Abs. 1 Z. 2 O.ö. NSchG 1995 betroffen.

In geschützten Bereichen gemäß Abs. 1 ist gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. jeder Eingriff in das Landschaftsbild und im Grünland in den Naturhaushalt verboten, solange die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, dass solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden. Ausgenommenen von diesem Verbot sind Eingriffe in geschlossenen Ortschaften oder in Gebieten, für die ein rechtswirksamer Bebauungsplan (§ 31 O.ö. ROG 1994) vorhanden ist.

Unter einem Eingriff in das Landschaftsbild gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. ist nicht schon jede Veränderung der Natur zu verstehen, sondern eine Maßnahme von nicht nur vorübergehender Dauer, die zufolge ihres optischen Eindruckes das Landschaftsbild maßgeblich verändert (vgl. § 3 Z. 2 leg. cit.); dabei kommt es allerdings nicht darauf an, ob der Eingriff auch ein "störender" ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. November 1995, Zl. 92/10/0049, und die hier zitierte Vorjudikatur).

Die belangte Behörde hat dem angefochtenen Bescheid - dem Gutachten des Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz folgend - die Auffassung zugrunde gelegt, die Aufschüttung ersetze den naturnahe angepassten Übergangsbereich zwischen dem noch naturbelassenen Bach und der intensiv genutzten Ackerfläche durch ein trapezförmiges, flaches, lineares Profil; das ursprüngliche Strukturinventar werde durch die geometrische Form der Aufschüttung völlig verdrängt, was einen maßgeblichen Eingriff in das Landschaftsbild bedeute.

Diesem - nicht als unschlüssig zu erkennenden - Gutachten ist der Beschwerdeführer weder konkret, noch auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Vielmehr hat er lediglich darauf verwiesen, dass sich im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren die grundsätzliche Bewilligungsfähigkeit der Aufschüttung ergeben habe. In diesem Sinne bringt er auch in der vorliegenden Beschwerde (lediglich) vor, die belangte Behörde habe seinem Antrag auf Beischaffung der Verwaltungsakten betreffend das wasserrechtliche Bewilligungsverfahren, insbesondere über den am 19. März 1996 vorgenommenen Lokalaugenschein, nicht entsprochen. An Hand der Feststellungen beim Lokalaugenschein hätte die belangte Behörde zum Ergebnis kommen können, dass im Hinblick auf die Interessen des Beschwerdeführers überwiegende öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes nicht verletzt werden.

Diesem Vorbringen ist zunächst zu entgegnen, dass der belangten Behörde - nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten - der von der Wasserrechtsbehörde aufgenommene Aktenvermerk über den Lokalaugenschein vom 19. März 1996 vorlag. Aus diesem Aktenvermerk ergibt sich allerdings - im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers - nicht einmal ansatzweise, dass die vorgenommenen Anschüttungen mit dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes vereinbar wären. Auch über die Interessenlage des Beschwerdeführers finden sich darin keinerlei Ausführungen.

Davon abgesehen vermag der Beschwerdeführer mit dem bloßen Vorwurf, seinem Antrag auf Beischaffung der Wasserrechtsakten sei nicht entsprochen worden, eine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit schon deshalb nicht aufzuzeigen, weil damit die Relevanz dieses allfälligen Verfahrensmangels im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG noch nicht dargetan wird. Dies erfordert nämlich nicht bloß den Hinweis darauf, dass die Behörde bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensverstoßes zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, sondern es ist durch konkretes tatsächliches Vorbringen in der Beschwerde darzutun, zu welchem anderen Ergebnis die belangte Behörde bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften hätte kommen können (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 26. April 1999, Zl. 99/10/0024, und die hier zitierte Vorjudikatur).

Die Annahme der belangten Behörde, die in Rede stehende Aufschüttung stelle im Sinne des § 8 Abs. 2 O.ö. NSchG 1995 einen Eingriff in das Landschaftsbild dar, ist demnach nicht zu beanstanden; damit kann dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde zu Recht auch von einem Eingriff in den Naturhaushalt ausgehen konnte.

Wenn die belangte Behörde schließlich das öffentliche Interesse an der Erhaltung eines naturnahen Uferbereiches höher bewertete, als die - nicht näher dargelegten - Interessen des Beschwerdeführers an der Bewirtschaftung seines Grundstückes, so ist darin gleichfalls keine Rechtswidrigkeit zu erkennen; dies behauptet der Beschwerdeführer auch gar nicht.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. September 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997100253.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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