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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AufG 1992 §1 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde der 1996 geborenen MHH in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. September 1998, Zl. 121.953/3-III/11/98, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin wurde am 6. März 1996 in Ägypten geboren.
Mit einer am 7. Juni 1996 bei der österreichischen Botschaft in Kairo überreichten Eingabe beantragte die Beschwerdeführerin die erstmalige Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Dieser Antrag langte am 17. Juni 1996 beim Landeshauptmann von Wien ein.
Mit Bescheid dieser Behörde vom 8. Jänner 1997 wurde dieser Antrag gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen.
Am 14. August 1997 wurde der Beschwerdeführerin von der österreichischen Botschaft in Kairo ein gewöhnlicher Sichtvermerk mit Geltungsdauer vom 22. August 1997 bis 21. Dezember 1997 erteilt. Aus einer in den Verwaltungsakten enthaltenen Kopie des Reisepasses der Beschwerdeführerin ist ersichtlich, dass diese am 5. September 1997 nach Österreich einreiste.
Mit einer am 3. Dezember 1997 beim Landeshauptmann von Wien eingelangten Eingabe beantragte die Beschwerdeführerin neuerlich die erstmalige Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Aus einer den Verwaltungsakten angeschlossenen Meldebestätigung geht hervor, dass die Beschwerdeführerin seit 8. September 1997 in Wien gemeldet ist.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 24. April 1998 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 3. Dezember 1997 gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin erhob am 15. Juni 1998 Berufung. Als ihren Wohnsitz gab sie eine inländische Adresse an.
Am 17. August 1998 hielt die belangte Behörde der Beschwerdeführerin vor, dass sie sich seit 8. September 1997 im Bundesgebiet aufhalte.
Dieser Umstand wurde von der Beschwerdeführerin in einer Stellungnahme vom 3. September 1998 nicht bestritten. Auch in dieser Stellungnahme gibt die Beschwerdeführerin einen inländischen Wohnsitz an.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 21. September 1998 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 24. April 1998 gemäß § 14 Abs. 2 FrG 1997 ab.
Nach Wiedergabe des Wortlautes des § 14 Abs. 2 FrG 1997 führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin sei seit 8. September 1997 an einer inländischen Adresse gemeldet. Auch ihr weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet werde von ihr nicht bestritten. Aufgrund dieses Inlandsaufenthaltes habe die Beschwerdeführerin der Voraussetzung des § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 nicht Genüge getan.
Es möge zutreffen, dass die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihrer Mutter am 17. Juni 1996 vom Ausland aus einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt habe. Gegen die Abweisung dieses Antrages durch den Landeshauptmann von Wien habe die Beschwerdeführerin jedoch - im Gegensatz zu ihrer Mutter - offenbar kein Rechtsmittel ergriffen. Ihrer Mutter sei in Stattgebung der Berufung in der Folge eine Aufenthaltsbewilligung erteilt worden.
Gemäß § 37 FrG 1997 habe eine Abwägung der öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen unter Anwendung des Art. 8 MRK zu erfolgen. In diesem Zusammenhang sei festzustellen, dass die Eltern der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltsrecht für das österreichische Bundesgebiet besäßen, die Beschwerdeführerin jedoch ihren Antrag gemäß § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 im Ausland zu stellen gehabt hätte. Die öffentlichen Interessen überwögen die privaten Interessen der Beschwerdeführerin, weil ihr eine rechtskonforme Erstantragstellung nicht nur möglich, sondern "absolut zumutbar" gewesen wäre.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 6 Abs. 1 Z. 4 und Abs. 3, § 7, § 10 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 4, § 14 Abs. 2, § 23 Abs. 1 sowie § 112 FrG 1997 lauten (auszugsweise):
"§ 6. (1) Die Einreisetitel (Visa) werden als
...
4. Aufenthaltsvisum (Visum für den längerfristigen Aufenthalt, Visum D)
erteilt.
...
(3) Visa werden für die Einreise zu einem sechs Monate nicht übersteigenden Aufenthalt ausgestellt. Sie lassen die Ausübung einer Erwerbstätigkeit außer im Rahmen von Geschäftsreisen nicht zu.
...
§ 7. (1) Die Aufenthaltstitel werden als
1.
Aufenthaltserlaubnis oder
2.
Niederlassungsbewilligung
erteilt.
(2) Aufenthaltstitel berechtigen zum Aufenthalt für einen bestimmten Zweck oder zum dauernden Aufenthalt sowie zu den mit diesen Aufenthalten verbundenen Einreisen.
(3) Auf Dauer niedergelassene Drittstaatsangehörige, das sind jene, die
1.
in Österreich einen Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen haben oder
2.
in Österreich zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit an einem Wohnsitz niedergelassen sind,
brauchen außer in den in Abs. 4 genannten Fällen eine Niederlassungsbewilligung.
(4) Drittstaatsangehörige brauchen eine Aufenthaltserlaubnis, wenn
1.
ihr Aufenthalt ausschließlich dem Zweck eines Studiums oder einer Schulausbildung dient;
...
4.
sie in Österreich erwerbstätig sind, ohne an einem Wohnsitz niedergelassen zu sein.
...
§ 10. (1) Die Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn
...
2. der Aufenthaltstitel zeitlich an den durch ein Reise- oder Durchreisevisum ermöglichten Aufenthalt anschließen und nach der Einreise erteilt werden soll;
...
(4) Die Behörde kann Fremden trotz Vorliegens eines Versagungsgrundes gemäß Abs. 1 Z 2, 3 und 4 sowie gemäß Abs. 2 Z 1, 2 und 5 in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen aus humanitären Gründen von Amts wegen eine Aufenthaltserlaubnis erteilen. ...
...
§ 14. ...
(2) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels sind vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag kann im Inland gestellt werden, wenn der Antragsteller bereits niedergelassen ist, und entweder bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigte oder bereits über einen Aufenthaltstitel verfügt hat; dies gilt nach Ablauf der Gültigkeit des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels dann nicht, wenn der weitere Aufenthaltstitel eine Erwerbstätigkeit zulassen soll, für die der zuletzt erteilte Aufenthaltstitel nicht erteilt hätte werden können (§ 13 Abs. 3). ...
...
§ 23. (1) Fremden, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ihrer Niederlassungsbewilligung auf Dauer niedergelassen bleiben, ist - sofern die Voraussetzungen des 2. Abschnittes weiterhin gesichert scheinen - auf Antrag eine weitere Niederlassungsbewilligung mit demselben Zweckumfang zu erteilen. ...
...
§ 112. Verfahren zur Erteilung eines Sichtvermerkes sowie Verfahren zur Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung, die bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anhängig sind, oder gemäß der §§ 113 und 114 anhängig werden, sind nach dessen Bestimmungen - je nach dem Zweck der Reise oder des Aufenthaltes - als Verfahren zur Erteilung eines Einreisetitels oder als Verfahren zur Erteilung eines Erstaufenthaltstitels oder eines weiteren Aufenthaltstitels fortzuführen. ..."
In den Erläuterungen zum FrG 1997 (RV 685 BlgNR 20. GP) zu § 10 heißt es (auszugsweise):
"Wird der Aufenthaltstitel vom Inhaber eines nationalen Visums (Visum D) beantragt, ist dieser Antrag im Ausland zu stellen, der Aufenthaltstitel kann jedoch - so die sonstigen Voraussetzungen gegeben sind - im Inland ausgefolgt werden. ..."
§ 1 Abs. 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) lauteten:
"§ 1. (1) Fremde (§ 1 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992) brauchen zur Begründung eines Hauptwohnsitzes in Österreich eine besondere Bewilligung (im folgenden ,Bewilligung' genannt). Die auf Grund anderer Rechtsvorschriften für Fremde vorgesehenen besonderen Regelungen bleiben unberührt.
(2) Von Fremden, die sich
1. innerhalb eines Kalenderjahres länger als sechs Monate tatsächlich oder
2. zur Ausübung einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit
in Österreich aufhalten, wird für Zwecke dieses Bundesgesetzes jedenfalls angenommen, dass sie in Österreich einen Hauptwohnsitz begründen."
§ 6 Abs. 1 Z. 1 und § 7 Abs. 7 FrG 1992 lauteten:
"§ 6. (1) Sichtvermerke werden ausschließlich als
1. gewöhnliche Sichtvermerke;
...
erteilt.
...
§ 7. ...
...
(7) Ergibt sich aus den Umständen des Falles, dass der Antragsteller für den Aufenthalt eine Bewilligung gemäß den §§ 1 und 6 des Bundesgesetzes, mit dem der Aufenthalt von Fremden in Österreich geregelt wird (Aufenthaltsgesetz), BGBl. Nr. 466/1992, benötigt, so darf dem Fremden kein Sichtvermerk nach diesem Bundesgesetz erteilt werden. Das Anbringen ist als Antrag gemäß § 6 des Aufenthaltsgesetzes unverzüglich an die zuständige Behörde weiterzuleiten, der Antragsteller ist davon in Kenntnis zu setzen."
Die Beschwerdeführerin behauptet zunächst, sie habe gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 8. Jänner 1997, mit dem ihr Antrag vom 17. Juni 1996 abgewiesen worden war, Berufung erhoben. Ein solcher Vorgang ist aus den Verwaltungsakten nicht ersichtlich.
Die Frage, ob die Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid Berufung erhob, kann vorliegendenfalls dahingestellt bleiben, weil der gegenständlich angefochtene Bescheid sich ausschließlich auf den Antrag der Beschwerdeführerin vom 3. Dezember 1997 bezieht.
Die Beschwerdeführerin führt weiters aus, auch sie habe vor ihrer Einreise nach Österreich den Antrag in Ägypten gestellt. Im Zusammenhang mit dem oben wiedergegebenen Verwaltungsgeschehen bezieht sich dieses Beschwerdevorbringen wohl ausschließlich auf den hier nicht gegenständlichen Antrag vom 17. Juni 1996.
Insoweit darin aber tatsächlich eine Bestreitung der Feststellung der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin habe sich im Zeitpunkt der hier gegenständlichen Antragstellung am 3. Dezember 1997 im Bundesgebiet aufgehalten, liegen sollte, verstieße dieses Vorbringen gegen das Neuerungsverbot im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, weil die Beschwerdeführerin dem diesbezüglichen Vorhalt der belangten Behörde vom 17. August 1998 in ihrer hiezu erstatteten Stellungnahme nicht entgegengetreten ist und überdies sowohl in ihrer Berufung als auch in dieser Stellungnahme einen inländischen Wohnsitz angab; das diesbezügliche Vorbringen fände in den vorgelegten Akten sohin keine Deckung (vgl. im Übrigen die unten stehenden Ausführungen zu § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 zum Erfordernis des "Abwartens" der Erledigung vom Ausland aus).
Der Verwaltungsgerichtshof legt daher die Feststellung der belangten Behörde betreffend den Inlandsaufenthalt der Beschwerdeführerin gemäß § 41 Abs. 1 VwGG seiner Entscheidung zugrunde.
Zunächst war zu prüfen, ob das Verfahren der Beschwerdeführerin über ihren Bewilligungsantrag vom 3. Dezember 1997 zu Recht in Anwendung der Übergangsbestimmung des § 112 FrG 1997 als solches auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung weitergeführt wurde.
Die Beschwerdeführerin vertritt nämlich die Auffassung, aufgrund des ihr erteilten gewöhnlichen Sichtvermerkes hätte ihr die "Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung" erteilt werden müssen.
Gemäß § 23 Abs. 1 FrG 1997 ist aber nur solchen Fremden eine weitere Niederlassungsbewilligung zu erteilen, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ihrer Niederlassungsbewilligung auf Dauer niedergelassen bleiben. Eine Niederlassungsbewilligung war der Beschwerdeführerin aber noch nie ausgestellt worden.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist freilich ein seinerzeit zur Niederlassung auf Dauer berechtigender gewöhnlicher Sichtvermerk nach dem Passgesetz 1969 (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. März 1999, Zlen. 98/19/0195, 0196), aber auch eine Bewilligung gemäß § 1 Abs. 1 AufG (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 98/19/0291), einer "Niederlassungsbewilligung" gemäß § 23 Abs. 1 FrG 1997 gleichzuhalten.
Anders als diese Berechtigungen räumte aber ein nach dem 1. Juli 1993 ausgestellter gewöhnlicher Sichtvermerk gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 FrG 1992 dem Fremden nicht das Recht ein, einen Hauptwohnsitz im Inland zu begründen (vgl. § 7 Abs. 7 FrG 1992 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 AufG). Damit ist ein solcher gewöhnlicher Sichtvermerk aber auch nicht einer Niederlassungsbewilligung im Verständnis des FrG 1997, also einer Berechtigung zur Niederlassung auf Dauer gleichzuhalten.
Die belangte Behörde wertete den Antrag der Beschwerdeführerin vom 3. Dezember 1997 daher zu Recht als solchen auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung, für den § 14 Abs. 2 FrG 1997 maßgeblich war.
Die Beschwerdeführerin fiel aber auch nicht unter die Ausnahmebestimmung des § 14 Abs. 2 zweiter Satz FrG 1997.
Der ihr erteilte gewöhnliche Sichtvermerk gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 FrG 1992 ist nämlich auch nicht einem "Aufenthaltstitel" im Sinne des § 14 Abs. 2 zweiter Satz FrG 1997 gleichzuhalten.
Wie bereits oben ausgeführt, entsprach der Berechtigungsumfang eines solchen gewöhnlichen Sichtvermerkes nicht jenem einer Niederlassungsbewilligung.
Aus folgenden Überlegungen ist es aber auch nicht geboten, einen solchen gewöhnlichen Sichtvermerk einer Aufenthaltserlaubnis gleichzuhalten:
Gemäß § 7 Abs. 7 FrG 1992 in Verbindung mit § 1 Abs. 2 AufG durfte ein gewöhnlicher Sichtvermerk gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 FrG 1992 nicht zum Zwecke eines Aufenthaltes von länger als sechs Monaten innerhalb eines Kalenderjahres erteilt werden, auch war die Ausübung einer selbstständigen oder unselbstständigen Erwerbstätigkeit in Österreich aufgrund eines solchen Sichtvermerkes unzulässig.
Demgegenüber gibt es eine derartige zeitliche Beschränkung für Aufenthaltserlaubnisse gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 FrG 1997 nicht. Unter näher umschriebenen Voraussetzungen kann eine Aufenthaltserlaubnis auch in Österreich erwerbstätigen Personen ausgestellt werden (vgl. § 7 Abs. 4 Z. 4 FrG 1997).
Nach dem Vorgesagten verlieh ein gewöhnlicher Sichtvermerk nach dem FrG 1992 nicht das Recht zu einer auch nur vorübergehenden Niederlassung im Verständnis des FrG 1997.
Im Hinblick darauf, dass ein gewöhnlicher Sichtvermerk die Berechtigung zur auch nur vorübergehenden Niederlassung nicht umfasste, ist dieser nicht einer Niederlassungsbewilligung oder einer Aufenthaltserlaubnis (die beide zur Niederlassung berechtigen) gleichzuhalten. Vielmehr ist ein solcher gewöhnlicher Sichtvermerk von seinem Berechtigungsumfang her einem Aufenthaltsvisum vergleichbar, welches ebenfalls keine Niederlassung, sondern bloß die Einreise und einen vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet (vgl. § 6 Abs. 3 FrG 1997) gestattet. Wie sich aus den oben wiedergegebenen Erläuterungen zu § 10 FrG 1997 unzweifelhaft ergibt, würde die Ausstellung eines derartigen Aufenthaltsvisums die Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmung des § 14 Abs. 2 zweiter Satz FrG 1997 nicht begründen. Nichts anderes hat daher für einen nach dem 1. Juli 1993 ausgestellten gewöhnlichen Sichtvermerk gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 FrG 1992 zu gelten.
Für den Antrag der Beschwerdeführerin ist daher § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 maßgebend.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 23. März 1999, Zl. 98/19/0269, mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausführte, ist diese Norm als Anordnung an die entscheidende Behörde aufzufassen, die beantragte Rechtsgestaltung durch Erteilung eines Aufenthaltstitels nur dann vorzunehmen, wenn der Antrag vor der Einreise des Antragstellers in das Bundesgebiet vom Ausland aus gestellt wurde, wobei die Erledigung grundsätzlich vom Ausland aus abzuwarten ist. Für die Beurteilung des Vorliegens der in Rede stehenden Erfolgsvoraussetzung ist ungeachtet des Zeitpunktes der Antragstellung die Rechtslage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung maßgebend. § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 ist auch auf Anträge, die vor Inkrafttreten des FrG 1997 gestellt wurden, anzuwenden.
Infolge der Anwesenheit der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet im Zeitpunkt der Antragstellung und danach bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides ist aber der Erfolgsvoraussetzung des § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 nicht Genüge getan. Dies hat die Abweisung des Antrages zur Folge. Eine Ermessensentscheidung gemäß § 8 Abs. 1 FrG 1997 unter Bedachtnahme auf die in Abs. 3 leg. cit. genannten Kriterien kam aufgrund des vorliegenden, entgegen § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 gestellten Antrages nicht in Betracht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1999, Zl. 98/19/0283).
Ebenso wenig war - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - vorliegendenfalls § 37 FrG 1997 anzuwenden, weil diese Bestimmung sich lediglich auf Ausweisungen und Aufenthaltsverbote bezieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 1999, Zl. 99/19/0092).
Im Übrigen wäre der Fall der Beschwerdeführerin auch nach der Rechtslage vor Inkrafttreten des FrG 1997 nicht anders zu beurteilen gewesen, hätte sie doch infolge Aufrechterhaltung ihres Inlandsaufenthaltes nach Ablauf ihres gewöhnlichen Sichtvermerkes dem Erfordernis des Abwartens im Sinne des § 6 Abs. 2 AufG nicht entsprochen (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1997, Zl. 96/19/0684).
Die Beschwerdeführerin beruft sich schließlich auf ihre durch Art. 8 MRK geschützten Interessen in Österreich. Sie verweist insbesondere auf die soziale und wirtschaftliche Integration ihres Vaters sowie auf den rechtmäßigen Aufenthalt ihrer Mutter im Bundesgebiet.
Diesen Ausführungen ist Nachstehendes entgegenzuhalten:
Der Gesetzgeber hat mit der Bestimmung des § 14 Abs. 2 zweiter Satz FrG 1997 auf die privaten und familiären Interessen derjenigen Fremden bereits Rücksicht genommen, die sich in Österreich rechtmäßig niedergelassen hatten. Andererseits ging der Gesetzgeber offenbar bewusst davon aus, dass jene Fremde, die noch nie im Bundesgebiet rechtmäßig niedergelassen waren, gemäß § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 ihren Antrag vor einer Einreise in das Bundesgebiet vom Ausland aus zu stellen haben.
Aus Anlass des Beschwerdefalles sind auch keine Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes dahin entstanden, dass die Umschreibung der Ausnahmebestimmung des § 14 Abs. 2 zweiter Satz FrG 1997 zu eng wäre und damit gegen Art. 8 MRK verstieße. Der Eingriff in ein gedachtes, durch Art. 8 MRK geschütztes Recht der Beschwerdeführerin auf Neuzuwanderung zur Wahrung ihrer familiären Interessen im Bundesgebiet wäre gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK im Interesse der öffentlichen Ordnung und des damit verbundenen Rechtes des Staates auf Regelung der Neuzuwanderung gerechtfertigt. Dabei kann der Gesetzgeber eine typisierende, Härten im Einzelfall nicht ausschließende Regelung treffen.
Insoweit die Beschwerdeführerin die Auffassung vertritt, in ihrem Fall läge eine besondere Härte vor, ist sie darauf zu verweisen, dass Härtefälle im Rahmen des § 10 Abs. 4 FrG 1997 berücksichtigt werden könnten. Kraft Größenschlusses ist diese, für Fremde, die mit einem Reise- oder Durchreisevisum, sichtvermerksfrei oder unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich eingereist sind, geschaffene Möglichkeit, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen aus humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis zu erlangen, auch auf solche Fremde anzuwenden, die mit einem einem Aufenthaltsvisum insofern gleichzuhaltenden gewöhnlichen Sichtvermerk eingereist sind. Die Erteilung einer solchen Bewilligung setzte allerdings das Vorliegen der in § 10 Abs. 4 FrG 1997 umschriebenen Umstände voraus. Ein subjektives Recht auf die Erteilung derselben besteht allerdings nicht. Die Möglichkeit der Erteilung einer derartigen Aufenthaltserlaubnis stünde freilich der Versagung der beantragten Niederlassungsbewilligung durch den hier angefochtenen Bescheid nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1999, Zl. 99/19/0097).
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 24. September 1999
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Ermessen Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998190286.X00Im RIS seit
21.02.2002