TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/3 W250 2202688-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.10.2018
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Entscheidungsdatum

03.10.2018

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W250 2202688-3/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael BIEDERMANN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Algerien alias Tunesien, gegen die weitere Anhaltung in Schubhaft auf Grund des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.04.2018, Zl XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet) stellte am 03.02.2016 nach illegaler Einreise einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Am 17.02.2016 wurde der BF von einem Landesgericht wegen der versuchten Vergehen des teilweise versuchten, teilweise vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 15, 127, 130 1. Fall Strafgesetzbuch zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten, wovon eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt.

3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) vom 22.03.2016 wurde der Antrag des BF auf Internationalen Schutz vollinhaltlich abgewiesen. Dieser Bescheid erwuchs am 20.04.2016 in Rechtskraft.

4. Am 13.09.2016 wurde der BF von einem Landesgericht wegen der Vergehen des teilweise versuchten, teilweise vollendeten unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften und wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 Strafgesetzbuch und § 27 Abs 1 Z 1 8. Fall, Abs 3 SMG iVm § 15 Strafgesetzbuch; § 27 Abs 1 Z 1 1. und 2. Fall, Abs 2 Suchtmittelgesetz zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt.

5. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 09.05.2017 wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot in der Dauer von acht Jahren erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.05.2017 als unbegründet abgewiesen. Die Rückkehrentscheidung ist seit 01.06.2017 rechtskräftig und durchsetzbar.

6. Der BF wurde in weiterer Folge am 18.09.2017 und am 23.11.2017 angehalten, jedoch auf Grund der damaligen Weigerung der algerischen Vertretungsbehörde ein Heimreisezertifikat für den BF auszustellen, wieder entlassen. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 10.03.2018 wurde über den BF Schubhaft angeordnet. Da der BF bereits am 10.03.2018 in den Hungerstreik trat, musste er am 03.04.2018 wegen der dadurch herbeigeführten Haftunfähigkeit aus der Schubhaft entlassen werden.

7. Am 14.04.2018 wurde der BF neuerlich festgenommen und am 15.04.2018 vom Bundesamt zu den Voraussetzungen der Anordnung von Schubhaft einvernommen. Dabei gab er im Wesentlichen an, keine Dokumente zu besitzen und auch keine besorgen zu können. Er sei auch nicht aus Eigenem zu seiner Botschaft gegangen um einen Reisepass zu erhalten. Er habe am Tage seiner Festnahme ausreisen wollen und zuvor auf einem Markt in Wien gearbeitet. Die genaue Adresse seiner Unterkunft sei ihm nicht bekannt und er besitze aktuell EUR 305,90. Er wolle keine wahrheitsgetreuen Angaben zu Familienangehörigen machen. Der BF bestätigte, dass sein Bruder in Österreich gewesen sei und erklärte schließlich, er sei tunesischer Staatsangehöriger und könne im Falle seiner Freilassung dementsprechende Dokumente besorgen.

8. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 15.04.2018 wurde über den BF die gegenständlich zugrundeliegende Schubhaft angeordnet. Begründend führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, gegen den BF bestehe eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot und sei sein Asylantrag rechtskräftig abgewiesen worden. Seitens der Behörde sei davon auszugehen, dass der BF abermals untertauchen und seinen illegalen Aufenthalt in Österreich weiterhin fortsetzen werde. Er habe in der Vergangenheit das Bundesgebiet nicht freiwillig verlassen, gehe im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, habe sich im bisherigen Verfahren unkooperativ verhalten, sei ohne Erfüllung einer Meldeverpflichtung untergetaucht und verfüge weder über einen ordentlichen Wohnsitz noch sei er beruflich, sozial oder familiär im österreichischen Bundesgebiet verankert. Ausreichende Barmittel, um seinen Aufenthalt zu finanzieren, habe der BF weiters nicht und sei er bereits in der Vergangenheit massiv straffällig geworden. In einer Zusammensicht dieser Faktoren gehe die Behörde daher von Fluchtgefahr aus und sei die Verhängung eines gelinderen Mittels im konkreten Fall nicht ausreichend, um eine Außerlandesbringung des BF sichern zu können. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit und der Notwendigkeit der Schubhaft habe ergeben, dass die privaten Interessen an der Schonung der persönlichen Freiheit des BF dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung und des Fremdenwesens hintanzustehen habe.

9. Am XXXX wurde der BF neuerlich der algerischen Vertretungsbehörde zur Erlangung eines Heimreisezertifikates vorgeführt. Da der Bruder des BF zuvor bereits als Algerier identifiziert wurde, schien die nochmalige Überprüfung der Staatsangehörigkeit des BF geboten.

10. Am 04.07.2018 wurde die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF erneut bei der algerischen Botschaft urgiert.

11. Am 06.08.2018 wurde der BF zu seinen persönlichen Verhältnissen sowie zu seiner Situation in Schubhaft befragt. Im Rahmen dieser Befragung wurden keine wesentlichen Änderungen der Haftrahmenbedingungen bzw. des Gesundheitszustandes ermittelt. Er habe nach Beendigung seines vorangegangenen Hungerstreiks bereits wieder an Gewicht zugenommen und sei die Schubhaftbetreuung in Ordnung. Er sei bereit, die Abschiebung abzuwarten.

12. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.08.2018 und 05.09.2018 wurde festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen weiterhin vorliegen und die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft verhältnismäßig ist.

13. am 06.09.2018 wurde die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei der algerischen Vertretungsbehörde neuerlich urgiert.

14. Das Bundesamt legte am 27.09.2018 den Verwaltungsakt zur neuerlichen Haftprüfung gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Zum Verfahrensgang (I.1. - I.14.)

Der unter Punkt I.1. bis I.14. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

2. Zur Person des BF und zu den Voraussetzungen der Schubhaft

2.1. Der BF hat keine Dokumente vorgelegt, die seine Identität bescheinigen. Er führt in Österreich den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Der BF ist volljährig. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Der BF ist nicht österreichischer Staatsangehöriger.

2.2. Der BF wird seit 15.04.2018 in Schubhaft angehalten.

2.3. Der BF ist haftfähig. Es liegen keine eine Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim BF vor.

3. Zum Sicherungsbedarf und zur Fluchtgefahr

3.1. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 22.03.2016 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 03.02.2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß §§ 3 und 8 Asylgesetz - AsylG abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Es wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 AsylG erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Algerien zulässig ist. Es wurde keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt. Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

3.2. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 09.05.2017 wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot in der Dauer von acht Jahren erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.05.2017 als unbegründet abgewiesen. Die Rückkehrentscheidung ist seit 01.06.2017 rechtskräftig und durchsetzbar.

3.3. Der BF hat in Österreich unterschiedliche Angaben über seine Identität, seine Familienangehörigen, seine Wohnorte in Algerien sowie über seine Staatsangehörigkeit gemacht.

3.4. Der BF befand sich von 17.04.2018 bis 15.05.2018 sowie von 28.05.2018 bis 13.07.2018 im Hungerstreik. Er hat bereits mehrfach versucht sich durch Hungerstreik aus der Schubhaft freizupressen.

3.5. Der BF war seit seiner Ankunft in Österreich, abgesehen von seinen Unterbringungen in der Justizanstalt und Polizeianhaltezentren, nicht behördlich gemeldet. Er war untergetaucht und hat dadurch seine Abschiebung zumindest erschwert.

3.6. Der BF verfügt in Österreich über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz, keine Familienangehörigen und über kein soziales Netz. Er geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine eigenen finanziellen Mittel zur Existenzsicherung.

4. Zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft

4.1. Der BF ist unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet eingereist.

4.2. Der BF weist nachstehende Verurteilungen in Österreich auf:

-

Der BF wurde am 17.02.2016 von einem Landesgericht wegen der versuchten Vergehen des teilweise versuchten, teilweise vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls (§§ 15, 127, 130 1. Fall StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten, wobei davon eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt.

Der BF hat am 24.01.2016 in Wien mehreren Personen im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit drei bislang unbekannten Tätern gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen, nämlich ein Mobiltelefon "iPhone 6S" im Wert von EUR 700,00 ein Mobiltelefon der Marke "SAMSUNG NOTE 4" im Wert von EUR 400,00 und eine Geldbörse im Wert von EUR 10,00 samt Bargeld in Höhe von EUR 3,00, mit dem Vorsatz sich oder einen Dritten zu bereichern weggenommen. Der BF hat am 24.01.2016 als Mittäter gewerbsmäßig versucht einer Person eine Geldbörse im Wert von EUR 20,00 samt Bargeld in Höhe von EUR 3,00 wegzunehmen um sich dadurch ungerechtfertigt zu bereichern.

-

Der BF wurde am 13.09.2016 von einem Landesgericht wegen der Vergehen des teilweise versuchten, teilweise vollendeten unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften und wegen des Vergehens des Diebstahls (§§ 127 StGB; § 27 Abs 1 Z 1 8. Fall, Abs 3 SMG iVm § 15 StGB; § 27 Abs 1 Z 1 1. Und 2. Fall, Abs 2 SMG) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt.

Der BF hat am 12.04.2016 und Mitte Juni 2016 gewerbsmäßig Cannabiskraut anderen Personen durch gewinnbringenden Verkauf überlassen. Der BF hat am 12.04.2016, am 07.07.2016 und am 08.07.2016 Suchtgift zum unmittelbaren Verkauf an potentielle Suchtgiftabnehmer an einer szenetypischen Örtlichkeit bereitgehalten. Der BF hat am 10.07.2016 versucht einem Suchtgiftabnehmer Cannabiskraut zu übergeben, wobei es beim Versuch blieb, weil er vor den einschreitenden Polizeibeamten flüchtete. Der BF hat am 07.07.2016, am 08.07.2016 und am 10.07.2016 Cannabiskraut zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen. Der BF hat am 10.07.2016 und am 12.04.2016 Cannabiskraut im Wert von EUR 100,00 bzw. 60,00 von anderen Personen mit dem Vorsatz sich unrechtmäßig zu bereichern weggenommen, indem er dieses aus fremden Drogenverstecken an einer szenetypischen Örtlichkeit an sich nahm.

4.3. Der Bruder des BF konnte mittlerweile als algerischer Staatsangehöriger identifiziert und auch nach Algerien abgeschoben werden. Das Bundesamt steht in regelmäßigem Kontakt mit der algerischen Vertretungsbehörde und urgiert regelmäßig die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF. Die algerische Botschaft war im Monat August 2018 geschlossen, am 01.09.2018 trat der neue algerische Konsul seinen Dienst an. Mit der Übermittlung von Identifizierungslisten kann bis Mitte Oktober 2018 gerechnet werden. Eine Mitteilung der algerischen Vertretungsbehörde, dass eine Identifizierung des BF nicht möglich ist, wurde bisher an das Bundesamt nicht übermittelt. Es besteht weiterhin die Möglichkeit, dass für den BF ein Heimreisezertifikat erlangt werden kann.

4.4. Nach Erlangung eines Heimreisezertifikates scheint eine zeitnahe Außerlandesbringung des BF zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung möglich.

4.5. Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit 15.04.2018 und seit der gerichtlichen Überprüfung vom 05.09.2018 hat sich im Verfahren nicht ergeben.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt, in die Akte des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Zahlen XXXX und XXXX , die Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft betreffend, sowie in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes zu Zl. XXXX , die Beschwerde des BF gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 09.05.2017 betreffend, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung.

1. Zum Verfahrensgang, zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft

1.1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes, dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Zahlen XXXX und XXXX , die Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft betreffend, sowie dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes zu Zl. XXXX , die Beschwerde des BF gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 09.05.2017 betreffend.

1.2. Die Feststellungen zur Identität des BF beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes. Daraus ergibt sich, dass der BF keine Dokumente vorgelegt hat, die seine Identität bescheinigen. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt sind im Verfahren nicht hervorgekommen, ebensowenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des BF. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde vollinhaltlich abgewiesen, dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen. Der BF ist daher weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

1.3. Dass der BF seit 15.04.2018 in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

1.4. Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, wonach beim BF eine Haftunfähigkeit vorliegen würde. Eine Haftunfähigkeit wurde vom BF nicht behauptet. Auch in der Einvernahme vom 06.08.2018 ergaben sich keine Gründe für eine Haftunfähigkeit.

2. Zum Sicherungsbedarf und zur Fluchtgefahr

2.1. Dass der Antrag des BF auf internationalen Schutz vollinhaltlich abgewiesen wurde und eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme gegen den BF vorliegt, steht auf Grund des Akteninhaltes des Verfahrensaktes des Bundesamtes sowie des Aktes des Bundesverwaltungsgerichtes zu Zl. XXXX fest.

2.2. Die unterschiedlichen Angaben des BF zur Identität, nämlich zu seinem Geburtsdatum, seiner Staatsangehörigkeit und seiner Wohnadresse in Algerien ergeben sich aus dem Gerichts- und Verwaltungsakt, insbesondere aus der Einvernahme vor dem Bundesamt vom 15.04.2018 und vom 06.08.2018. In der Einvernahme vom 19.08.2017 gab der BF, konfrontiert damit, dass er in seinem Heimatland unter dem von ihm angegebenen Namen nicht bekannt sei, an: "Wollen Sie wirklich, dass ich meinen echten Namen hergebe? Ich habe alles falsch angegeben." Das Gericht geht daher davon aus, dass der BF versucht seine Identität zu verschleiern um sich einer Identifizierung und einer Abschiebung zu entziehen.

2.3. Die Feststellungen zu den Zeiten, in denen sich der BF in Hungerstreik befunden hat, ergeben sich aus den Eintragungen in der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

2.4. Die Feststellungen zu den (fehlenden) Meldeadressen des BF ergeben sich aus einem eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

2.5. Die Feststellungen zum fehlenden gefestigten Wohnsitz, dem mangelnden Einkommen und Vermögen sowie zu der Tatsache, dass er in Österreich über keine Verwandte oder enge sozialen Bindungen verfügt, gründen sich auf die Angaben des BF in seinen niederschriftlichen Einvernahmen.

3. Zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft

3.1. Dass der BF unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist, ergibt sich aus seinen Angaben bei der Erstbefragung.

3.2. Die Feststellungen zu seinen strafgerichtlichen Verurteilungen gründen sich auf die Einsichtnahme in das Strafregister und auf die im Akt einliegenden strafgerichtlichen Urteile.

3.3. Im Akt finden sich keine Anhaltspunkte, dass nach Erlangung eines Heimreisezertifikates eine zeitnahe Außerlandesbringung des BF nicht möglich ist. Da der Bruder des BF als Algerier identifiziert und nach Algerien abgeschoben werden konnte, ist mit einer Identifizierung des BF durch Algerien und somit mit einer Ausstellung eines Heimreisezertifikats zu rechnen. Dass die Ausstellung eines Heimreisezertifikates regelmäßig bei der algerischen Botschaft urgiert wird und das Bundesamt in regelmäßigem Kontakt zur algerischen Vertretungsbehörde steht, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes.

3.4. Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit 15.04.2018 ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Gegenteiliges ist auch im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A. - Fortsetzungsausspruch

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

§ 77 Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1

FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

§ 22a Abs. 4 BFA-VG lautet:

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

3.1.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

3.1.3. Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - möglich ist. Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung bestimmter Verfahren oder der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft und die Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.

3.1.4. Im vorliegenden Fall wurde Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Es liegt eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.

Es wird mit Algerien ein Heimreisezertifikatverfahren geführt. Ein solches Verfahren kann im Durchschnitt 4 Monate dauern. Bedingt ist das Erfordernis dadurch, dass der BF unrichtige Angaben zu seiner Identität gemacht hat. Die Dauer des Verfahrens zur Erlangung eines Heimreisezertifikates ist daher durch Umstände begründet, die aus dem Verhalten des BF selbst resultieren. Mit der Abschiebung des BF ist zeitnahe nach Erlangung eines Heimreisezertifikats zu rechnen.

3.1.5. Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus. Der BF hat unterschiedliche Identitäten angegeben, kam seinen Verpflichtungen nach dem Meldegesetz zu keinem Zeitpunkt nach und war untergetaucht. Er hält sich unrechtmäßig in Österreich auf und es liegt eine den BF betreffende durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des BF vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen. Es war daher eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen welche ergeben hat, dass sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose einen Sicherungsbedarf ergeben haben, da im Fall des BF ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben ist.

Der BF ist in Österreich seinen Meldeverpflichtungen nicht nachgekommen. In Österreich befinden sich weder Familienangehörige des BF noch ist er sonst sozial verankert. Der BF verfügt in Österreich über keinen gefestigten Wohnsitz und auch nicht über ausreichende Mittel zur Existenzsicherung. Einer legalen Beschäftigung ging er in Österreich bisher nicht nach. Der BF hat in Österreich strafbare Handlungen begangen. Dieser Umstand zeigt, dass der BF die geltenden Gesetze nicht beachtet und er das Unrecht seiner Taten nicht einsieht.

Es ist davon auszugehen, dass der BF, insbesondere aufgrund der bevorstehenden Abschiebung, nach einer Freilassung aus der Schubhaft untertauchen werde um sich seiner Abschiebung zu entziehen.

Es liegt daher auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 FPG weiterhin Fluchtgefahr vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben.

3.1.6. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Der BF hat keinerlei familiäre oder soziale Bindungen in Österreich. Einer legalen Erwerbstätigkeit geht der BF in Österreich nicht nach. Er hat unterschiedliche Identitäten im Asylverfahren angegeben.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Der BF weist zwei Vorstrafen wegen Vermögensdelikten und Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz auf. Es besteht ein besonders hohes öffentliches Interesse an der Verhinderung von Drogen- und Beschaffungskriminalität. Der BF wurde am 23.03.2016 aus der ersten Strafhaft entlassen. Am 12.04.2016 hat er Cannabiskraut an eine andere Person gewinnbringend verkauft, sohin nur wenige Tage nach der Entlassung aus der Strafhaft und während aufrechter Probezeit betreffend die bedingt nachgesehene Teilstrafe. Obwohl der BF bereits das Haftübel verspürt hat, hat dieser im Juli 2016 erneut Straftaten, nämlich Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz und Diebstähle begangen. Es können daher nicht einmal Haftstrafen den BF zu einem gesetzeskonformen Verhalten bewegen. Es ist daher davon auszugehen, dass der BF auch künftig Straftaten, nämlich Diebstähle und Vergehen wegen dem unerlaubten Umgang mit Suchtmitteln begehen werde, sodass der Aufenthalt des BF die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet und ein besonders hohes öffentliches Interesse an der baldigen Außerlandesbringung des BF besteht.

Die Dauer der Schubhaft ist durch das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF bedingt. Dass sich die Erlangung dieses Dokumentes verzögert, ist dem Verhalten des BF zuzurechnen, da er unterschiedliche Identitäten angegeben hat und keine Dokumente vorgelegt hat, die seine Identität bescheinigen.

Den persönlichen Interessen des BF kommt daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen - insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung - zumal der BF bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, dass er die ihn treffenden Verpflichtungen nicht einhält und im Verfahren auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er dieses Verhalten in Zukunft unter Berücksichtigung der bevorstehenden Abschiebung ändert.

Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt. Dies auch unter Berücksichtigung der Verpflichtung der Behörde auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken, da das Bundesamt die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF regelmäßig bei der algerischen Vertretungsbehörde urgiert.

3.1.7. Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung kann auf Grund der fehlenden finanziellen Mittel des BF nicht zur Anwendung kommen. Aber auch die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom BF in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens - da er seinen Meldepflichten noch nie nachgekommen ist - nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des neuerlichen Untertauchens des BF besteht. Dies umso mehr, als bereits eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Entscheidung vorliegt und ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF eingeleitet wurde.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher nicht in Betracht.

3.1.8. Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine "ultima ratio" dar, da sowohl ein Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des BF zu gewährleisten.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre über die Frist von vier Monaten hinausgehende Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

3.1.9. Es konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des behördlichen Verfahrens hinreichend geklärt wurde und das gerichtliche Verfahren keine wesentlichen Änderungen ergeben hat. Das Bundesamt hat die maßgeblichen Feststellungen sowie die tragende Beweiswürdigung offengelegt. Das Bundesverwaltungsgericht teilt diese Erwägungen.

3.2. Zu Spruchteil B. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Diebstahl, Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft,
Gewerbsmäßigkeit, Identität, mangelnder Anknüpfungspunkt,
Meldeverstoß, Mittellosigkeit, Schubhaft, Sicherungsbedarf,
Staatsangehörigkeit, strafrechtliche Verurteilung, Suchtgifthandel,
Überprüfung, Untertauchen, Verhältnismäßigkeit, Verschleierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W250.2202688.3.00

Zuletzt aktualisiert am

07.12.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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