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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde des 1964 geborenen RK in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. März 1997, Zl. 104.470/4-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 25. März 1992 auf Verlängerung seines zuletzt gültigen Sichtvermerkes, welcher gemäß § 7 Abs. 7 des Fremdengesetzes 1992 als Antrag nach dem Aufenthaltsgesetz (AufG) gewertet wurde, gemäß § 5 Abs. 1 AufG und § 10 Abs. 1 Z 4 FrG abgewiesen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, dass der Beschwerdeführer folgende rechtskräftige Bestrafungen der Bundespolizeidirektion Wien/Bezirkspolizeikommissariat Ottakring wegen begangener Verwaltungsübertretungen aufweise:
"1.) rechtskräftiges Straferkenntnis vom 15. Dezember 1994 wegen § 5 Abs. 1 StVO zu einer Geldstrafe von S 8.000,--
2.) rechtskräftiges Straferkenntnis vom 28. April 1995 wegen der §§ 4 Abs. 1 lit. a StVO zu einer Geldstrafe von S 1.000,--,
wegen § 4 Abs. 1 lit. c StVO zu einer Geldstrafe von S 1.000,-- und
wegen § 5 Abs. 2 StVO zu einer Geldstrafe von S 10.000,--."
Diese Verwaltungsübertretungen nach den §§ 4 und 5 StVO seien als schwerwiegend anzusehen. Im Hinblick auf die von alkoholisierten Kraftfahrzeuglenkern ausgehenden großen Gefahren für die Allgemeinheit und den Umstand, dass der Beschwerdeführer hiebei nach einem verschuldeten Verkehrsunfall Fahrerflucht begangen habe, rechtfertige das diesen Bestrafungen zugrunde liegende Fehlverhalten die Annahme, der Aufenthalt des Beschwerdeführers gefährde die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit. Ergänzend werde angeführt, dass der Beschwerdeführer auch von der Bundespolizeidirektion Wien/Fremdenpolizeiliches Büro wegen nicht rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet (§ 14b Z 4 iVm § 2 Z 2 FrPG) mit rechtskräftigen Strafverfügungen vom 18. Oktober 1990 (zu S 1.000,--), vom 29. März 1991 (zu S 500,--), sowie vom 6. November 1991 (zu S 300,--) bestraft worden sei.
Der Beschwerdeführer sei mit einem Sichtvermerk mit Gültigkeit vom 11. Dezember 1989 bis 30. Jänner 1990 in das Bundesgebiet eingereist; weitere Sichtvermerke seien ihm für die Zeit vom 27. Februar 1990 bis 30. April 1990 und vom 3. Oktober 1991 bis 30. März 1992 erteilt. Er sei ledig und ohne Sorgepflichten. Eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung für den vom Beschwerdeführer beabsichtigten Beruf eines Wagenpflegers habe von diesem nicht erwirkt werden können. Seit September 1996 sei er mit der Aufstellung und Einholung der Selbstbedienungsgeräte einer Zeitung erwerbstätig. Laut den vorgelegten Unterlagen sei der Beschwerdeführer von seinem Schwager adoptiert worden. Es bestünden, insbesondere durch den jahrelangen Aufenthalt des Beschwerdeführers, dieser sei allerdings nur für ca. ein Jahr rechtmäßig gewesen, und aufgrund obiger Ausführungen unabsprechbare private Bindungen zum Bundesgebiet. Nach Abwägung der öffentlichen Interessen mit den privaten sei den öffentlichen aufgrund der genannten Sichtvermerksversagungsgründe Priorität einzuräumen. Bei der Entscheidung sei auf die private und familiäre Situation des Beschwerdeführers Rücksicht genommen und somit dem Art. 8 MRK vollinhaltlich Rechnung getragen worden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer verfügte lediglich über die drei vorhin genannten, nicht aneinander anschließenden Sichtvermerke zwischen dem Ende des Jahres 1989 und dem Beginn des Jahres 1992. Der letzte, dem Beschwerdeführer erteilte Sichtvermerk endete am 30. Februar 1992. Der Beschwerdeführer, der somit weder über eine Aufenthaltsbewilligung, noch über einen am 1. Juli 1993 gültigen Sichtvermerk verfügte, konnte daher die Bestimmung des § 113 Abs. 6 oder 7 des Fremdengesetzes 1997 für sich nicht in Anspruch nehmen. Aufgrund seiner kurzen rechtmäßigen Voraufenthalte liegt auch kein dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1995, VfSlg. 14.148 bzw. ein dem hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1997, Zl. 95/19/1475, vergleichbarer Fall vor. Der angefochtene Bescheid ist daher nicht mit Ablauf des 31. Dezember 1997 außer Kraft getreten.
§ 5 Abs. 1 AufG lautete (auszugsweise):
"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, ..."
§ 10 Abs. 1 Z 4 FrG lautete:
"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn
...
4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;"
Der Beschwerdeführer tritt der Annahme der belangten Behörde, er habe die in Rede stehenden Verwaltungsstraftaten begangen, nicht entgegen. Er verweist in der Beschwerde darauf, dass die Behörde die Bestimmung des § 18 Abs. 2 Z 2 FrG nicht richtig angewandt habe und schließlich die bereits sechs bzw. sieben Jahre zurückliegenden Verwaltungsübertretungen (betreffend das FrPolG) auf Grund der Tilgungsfrist gar nicht in der Entscheidung berücksichtigt hätten werden dürfen.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen bereits zwei Bestrafungen wegen Verwaltungsübertretungen nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 aus, um die Prognose zu rechtfertigen, der Aufenthalt eines Fremden im Bundesgebiet würde die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 4 FrG gefährden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1996, Zl. 96/19/1035 m.w.N.); dies im Hinblick auf die von alkoholisierten Kraftfahrzeuglenkern ausgehenden großen Gefahren für die Allgemeinheit und den Umstand, dass das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkerberechtigung zu den schwersten Verstößen gegen das KFG zählt.
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zwar nur eine einzige Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 zur Last gelegt. Allerdings hat sie auch - was der Beschwerdeführer auch nicht konkret bestreitet - festgestellt, dass der Beschwerdeführer wegen einer Übertretung des § 5 Abs. 2 StVO 1960 rechtskräftig bestraft wurde. Bestrafungen nach dieser Bestimmung (wegen der Verweigerung der Untersuchung der Atemluft) wiegen in ihrem Unrechtsgehalt aber gleich schwer wie das Lenken eines Kraftfahrzeuges in alkoholbeeinträchtigtem Zustand (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1996, Zl. 96/19/0337).
Dazu kommt, dass die belangte Behörde in der Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes - auch diesbezüglich unwidersprochen vom Beschwerdeführer - ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass der Beschwerdeführer nach einem von ihm verschuldeten Verkehrsunfall Fahrerflucht begangen hat; damit hat die belangte Behörde nähere Umstände der Tat festgestellt, die auf eine besondere Gefährlichkeit bzw. Rücksichtslosigkeit des Beschwerdeführers hindeuten. Bei Vorliegen von Umständen, die auf derartige besondere Gefährdungsmomente hinweisen, kann aber bereits bei einer einmaligen Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO die Gefährdungsprognose des § 10 Abs. 1 Z 4 FrG gerechtfertigt erscheinen (vgl. in diesem Sinn das hg. Erkenntnis vom 20. April 1999, Zl. 97/19/1491).
Aus all diesen Gründen kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass die belangte Behörde in ihrem bereits aus der Begehung der Übertretungen der StVO 1960 gezogenen Schluss, der Beschwerdeführer bilde eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 4 FrG, geirrt hätte. Angesichts dessen erübrigte sich ein näheres Eingehen auf das Beschwerdevorbringen zu den bereits längere Zeit zurückliegenden Übertretungen des FrPG.
Insoweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde auf die Bestimmung des § 18 Abs. 2 Z 2 FrG verweist und meint, Aufenthaltsverbote seien nur dann zu verhängen, wenn ein Fremder im Inland mehr als ein Mal wegen einer schwer wiegenden Verwaltungsübertretung rechtskräftig bestraft werde, was in seinem Fall nicht geschehen sei, so übersieht er seine zweite schwerwiegende Bestrafung gemäß § 5 (Abs. 2) StVO 1960.
Soweit der Beschwerdeführer die Ansicht vertritt, es würden wegen seiner vollständigen Integration im Bundesgebiet aufgrund seines achtjährigen Aufenthaltes die Privatinteressen gegenüber den öffentlichen überwiegen, ist er darauf hinzuweisen, dass er sich lediglich im Zeitraum zwischen Ende 1989 und Anfang 1992 für insgesamt zehn Monate rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt. Alle darüber hinausgehenden Aufenthalte waren unrechtmäßiger Natur. Die Zeiten unberechtigten Aufenthaltes bleiben aber bei der Interessenabwägung im Rahmen des Art. 8 MRK außer Betracht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 1996, Zl. 95/19/0277).
Angesichts der durch das Verhalten des Beschwerdeführers bewirkten schwer wiegenden Gefährdung öffentlicher Interessen begegnet es somit keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde auch unter Berücksichtigung der familiären Interessen des Beschwerdeführers (Adoption durch einen österreichischen Staatsbürger, Erwerbstätigkeit in Österreich) zu dem Ergebnis kam, der Eingriff in diese Interessen durch die Versagung der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung sei im Interesse der öffentlichen Sicherheit gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt.
Insoweit der Beschwerdeführer schließlich noch geltend macht, es sei ihm nicht die Möglichkeit gegeben worden, zum Stand des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen, verabsäumt er es, die Relevanz dieses Verfahrensmangels darzulegen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 24. September 1999
Schlagworte
Verhältnis zu anderen Normen und MaterienEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997191018.X00Im RIS seit
12.06.2001