Entscheidungsdatum
09.10.2018Norm
AVG §13 Abs8Spruch
W122 2201143-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor ERNSTBRUNNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch XXXX , Sekretär der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Kärnten, vom 28.06.2018, Zl. 18/00693203/AA, betreffend Herabsetzung der Wochendienstzeit nach § 50a BDG 1979, zu Recht erkannt:
A) Der Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit Schreiben vom 13.03.2018 beantragte der Beschwerdeführer die Herabsetzung seiner regelmäßigen Wochendienstzeit gemäß § 50a BDG 1979 auf ein Ausmaß von 75% der Vollarbeitszeit ab 01.05.2018 für die Dauer eines Jahres.
Mit E-Mail vom 21.03.2018 wurde der Beschwerdeführer darüber in Kenntnis gesetzt, dass über den gegenständlichen Antrag im Hinblick auf den beantragten Beginnzeitpunkt der Herabsetzung nicht fristgerecht entschieden werden könne und gleichzeitigt beauftragt, sein Ansuchen mit einem späteren Beginnzeitpunkt zu modifizieren.
Daraufhin beantragte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 23.03.2018 die Herabsetzung seiner regelmäßigen Wochendienstzeit gemäß § 50a BDG 1979 auf ein Ausmaß von 75% der Vollarbeitszeit ab 01.07.2018 für die Dauer eines Jahres.
Mit Bescheid vom 28.06.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen.
Mit fristgerecht eingebrachter Beschwerde vom 02.07.2018 beantragte der Beschwerdeführer, der Beschwerde stattzugeben und auszusprechen, dass seinem Antrag auf Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit nach § 50a BDG 1979 auf 75% ab dem 01.07.2018 für die Dauer eines Jahres stattgegeben werde. In eventu beantragte der Beschwerdeführer, dass dem Antrag ab Rechtskraft der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes stattgegeben werde. In eventu möge das Bundesverwaltungsgericht den in Beschwerde gezogenen Bescheid beheben und zur Fortführung des Verfahrens an die belangte Behörde zurückverweisen.
Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 13.07.2018 zur Entscheidung vorgelegt. Unter einem erstattete die belangte Behörde eine Gegenäußerung, welche dem Beschwerdeführer zur Stellungnahme binnen 8 Wochen vorgelegt wurde.
In der daraufhin fristgerecht eingebrachten Stellungnahme vom 17.09.2018 führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes aus: Da dem ersten Antrag nicht rückwirkend stattgegeben werden könne, werde in eventu beantragt, ab Rechtskraft des Bescheides der Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit nach § 50a BDG 1979 für die Dauer eines Jahres stattzugeben. Ergänzend führte er im Schriftsatz vom 19.09.2018 aus, dass die PI XXXX seit 01.09.2018 wieder auf ihrem systemisierten Stand von 30 Beamten sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der Polizeiinspektion XXXX als Exekutivbeamte zur Dienstleistung zugewiesen.
Am 23.03.2018 beantragte der Beschwerdeführer die Herabsetzung seiner regelmäßigen Wochendienstzeit gemäß § 50a BDG 1979 auf ein Ausmaß von 75% der Vollarbeitszeit ab 01.07.2018 für die Dauer eines Jahres. Diesen Antrag modifizierte er mit Stellungnahme vom 17.09.2018, dahingehend, dass seinem Antrag ab Rechtskraft des Bescheides stattgegeben werde.
2. Beweiswürdigung:
Die unstrittigen Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt mangels anderslautender Spezialnorm Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
§ 50a BDG 1979 lautet wie folgt:
"Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit aus beliebigem Anlaß
§ 50a. (1) Die regelmäßige Wochendienstzeit des Beamten kann auf seinen Antrag bis auf die Hälfte des für eine Vollbeschäftigung vorgesehenen Ausmaßes herabgesetzt werden, wenn der Verwendung im verlangten Ausmaß keine wichtigen dienstlichen Interessen entgegenstehen.
(2) Das Ausmaß der Herabsetzung ist so festzulegen, daß die verbleibende regelmäßige Wochendienstzeit ein ganzzahliges Stundenausmaß umfaßt. Das Ausmaß darf nicht weniger als 20 und nicht mehr als 39 Stunden betragen.
(3) Die Herabsetzung wird für die Dauer eines Jahres oder eines Vielfachen eines Jahres wirksam. Übersteigen die gesamten Zeiträume einer solchen Herabsetzung für einen Beamten insgesamt zehn Jahre, bleibt das zuletzt gewährte Ausmaß der Herabsetzung ab diesem Zeitpunkt bis zu seiner allfälligen Änderung gemäß § 50d Abs. 1 dauernd wirksam. Auf diese Obergrenze von zehn Jahren zählen auch Zeiten in früheren Dienstverhältnissen, in denen die Wochendienstzeit nach § 50a herabgesetzt war.
(4) [ ]"
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung ausführt, ist eine ausdrückliche oder implizite Ermächtigung zu einer rückwirkenden Rechtsgestaltung dem § 50a BDG 1979 nicht zu entnehmen. Eine rückwirkende Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit für Zeiträume, in denen ein Beamter bereits normal Dienst geleistet hat, erwiese sich daher als unzulässig (VwGH 01.07.2015, Ra 2015/12/0024).
Gemäß § 50a Abs. 3 BDG 1979 ist die Herabsetzung für die Dauer eines Jahres oder eines Vielfachen eines Jahres wirksam. Der Beschwerdeführer begehrte die Herabsetzung seiner regelmäßigen Wochendienstzeit vom 01.07.2018 für die Dauer eines Jahres, sohin bis 30.06.2019. Damit ist in eindeutiger Weise der zeitliche Rahmen der beantragten Herabsetzung und somit auch der Prüfungsumfang der Beschwerde gemäß § 27 VwGVG abgesteckt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu Verfahren über Beschwerden gegen verwaltungsbehördliche Bescheide festgehalten, dass - ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfungsumfanges - als Sache eines solchen Verfahrens jedenfalls nur jene Angelegenheit anzusehen ist, die den Inhalt des Spruches der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde gebildet hat (vgl. VwGH 10.11.2015, Ro 2015/19/0001 mwN).
Mit Stellungnahme vom 17.09.2018 modifizierte der Beschwerdeführer seinen Antrag dahingehend, dass die Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit nach § 50a BDG 1979 für die Dauer eines Jahres ab "Rechtskraft des Bescheides" stattzugeben sei.
Der Verwaltungsgerichtshof führt in seiner Rechtsprechung aus, dass wenn in § 50a Abs. 1 BDG 1979 vom "Ausmaß" der Herabsetzung die Rede ist, damit freilich nicht nur der stundenmäßige Umfang der Reduktion der regelmäßigen Wochendienstzeit gemeint ist, sondern auch der Zeitraum der Herabsetzung, d.h. deren Dauer und zeitliche Lagerung. Ob der gewünschten Herabsetzung ein wichtiges dienstliches Interesse entgegensteht, kann nämlich nicht abstrakt beurteilt werden, sondern nur in Bezug auf den konkreten Zeitraum, für den die Herabsetzung beantragt wird. Aus der Antragsbedürftigkeit der Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit ergibt sich, dass bereits der Antrag das begehrte Ausmaß der Herabsetzung konkret zu bezeichnen hat, d.h. sowohl den stundenmäßigen Umfang der Herabsetzung als auch den konkreten Zeitraum, für den diese gewährt werden soll (VwGH 12.05.2010, 2009/12/0081). Demnach besteht keine Möglichkeit einen Antrag für die Dauer von einem Jahr zu stellen, ohne eine konkrete zeitliche Lagerung anzugeben. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass sich die Dienstbehörde bei der Beurteilung der dienstlichen Interessen auf rezente durchschnittliche Zahlen zu stützen hat, sodass bei der Bescheiderlassung die Zahlen festzustellen und darauf aufbauend die Prognose für den begehrten Herabsetzungszeitraum zu treffen wären (VwGH 12.05.2010, 2009/12/0044).
Demnach ist im vorliegenden Fall Sache des Beschwerdeverfahrens der Antrag über die Herabsetzung der Wochendienstzeit vom 01.07.2018 bis zum 30.06.2019.
Gemäß § 13 Abs. 8 AVG kann der verfahrensleitende Antrag in jeder Lage des Verfahrens geändert werden. Durch die Antragsänderung darf die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert werden. Wie weit eine Antragsänderung konkret gehen darf, hängt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch entscheidend davon ab, ob die Änderung vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides oder erst im Zuge eines allfälligen Berufungsverfahrens erfolgt. Zwar ist auch dort eine Antragsänderung grundsätzlich zulässig, allerdings zieht § 66 Abs. 4 AVG solchen Modifikationen engere Grenzen als der bloß auf das Wesen der Sache abstellende § 13 Abs. 8 AVG. So ist die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde nämlich gemäß § 66 Abs. 4 AVG auf die "Sache" des erstinstanzlichen Verfahrens beschränkt (vgl. VwGH 18.08.2017, Ro 2015/04/0006 mwN).
Eine wesentliche Antragsänderung (die also das "Wesen" der Sache betrifft) ist als Stellung eines neuen Antrages unter konkludenter Zurückziehung des ursprünglichen Antrages zu werten. Erfolgt eine solche Änderung während des Rechtsmittelverfahrens, bewirkt die (konkludente) Zurückziehung des ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrages den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung des Bescheides und damit nachträglich dessen Rechtswidrigkeit. Das Verwaltungsgericht ist somit angehalten, den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben (vgl. VwGH 12.09.2016, Ra 2014/04/0037 mit Hinweis auf VwGH 19.11.2014, Ra 2014/22/0016).
Dies trifft im vorliegenden Fall zu: Da nach der genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes über das eigentliche Begehren des Beschwerdeführers auf eine Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit vom 01.07.2018 bis zum 30.06.2019 nicht abgesprochen werden kann, weil eine rückwirkende Herabsetzung nicht möglich ist und sich der vom Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren modifizierte Antrag auf ein Jahr "ab Rechtskraft des Bescheides der Herabsetzung" als wesentliche (das Wesen der Sache betreffende) Antragsänderung darstellt, bewirkt diese Änderung eine konkludente Zurückziehung des ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrages und somit den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde, weshalb der bekämpfte Bescheid ersatzlos zu beheben ist.
Der Bescheid war daher ersatzlos zu beheben.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vorliegenden Konstellation (einjähriger Antragszeitraum) fehlt. Zwar gibt es eindeutige (unter A. angeführte) Judikatur zum § 13 Abs. 8 AVG und der Sache eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sowie zu § 50a BDG 1979, doch kann fallbezogen auch nicht verkannt werden, dass es in Fällen mit der vorliegenden Konstellation faktisch aufgrund des Zeitablaufs kaum möglich sein wird, einen Bescheid, der über eine einjährige Herabsetzung abspricht, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu bekämpfen. Andererseits würde die Zulässigkeit der Modifikation des Antrages im Beschwerdeverfahren - über den eigentlich begehrten Zeitraum hinaus - bedeuten, dass das Bundesverwaltungsgericht über diesen Antrag als erste und einzige Instanz zu entscheiden und das vollständige Ermittlungsverfahren zu tragen hätte, da für die Beurteilung der dienstlichen Interessen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die rezenten Zahlen (idR der letzten 17 Wochen unter Heranziehung des § 48a Abs. 3 BDG 1979) zugrunde zu legen sind.
Schlagworte
Antragsänderung, Antragsbegehren, Antragszeitraum, ersatzloseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W122.2201143.1.00Zuletzt aktualisiert am
10.12.2018