TE Vwgh Beschluss 2018/11/13 Ra 2018/03/0116

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Veröffentlicht am 13.11.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §10 Abs1;
AVG §52;
AVG §53 Abs1;
AVG §7 Abs1 Z2;
AVG §7;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des Dr. H T in F, vertreten durch Mag. Georg Luckmann, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Alter Platz 30/II, Tür 12, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 9. August 2018, Zl. KLVwG- 70/5/2018, betreffend eine Berufsunfähigkeitsrente nach der Rechtsanwaltsordnung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Ausschuss der Rechtsanwaltskammer für Kärnten), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 20. November 2017 wies der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Kärnten den Antrag des Revisionswerbers vom 1. Juni 2017 auf Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitsrente unter anderem deshalb ab, weil sich der Revisionswerber einer von der Rechtsanwaltskammer angeordneten Untersuchung durch einen orthopädischen Sachverständigen nicht unterzogen habe, wozu er gemäß § 7 Abs. 1 lit. h der Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer für Kärnten, Teil A, verpflichtet gewesen wäre.

2 Die dagegen gerichtete Beschwerde des Revisionswerbers wies das Landesverwaltungsgericht Kärnten (LVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.

3 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, der Revisionswerber habe den orthopädischen Sachverständigen als befangen abgelehnt und dessen Fachkunde in Zweifel gezogen. Er habe ausgeführt, dass der Sachverständige im Zusammenhang mit einem Unfall des Revisionswerbers im Mai 2015 ein Gutachten für eine Privatversicherung erstattet habe, mit dem der Revisionswerber inhaltlich nicht einverstanden gewesen sei. Dem hielt das LVwG entgegen, dass allein dieser Umstand nicht geeignet sei, die Unbefangenheit des Sachverständigen in Zweifel zu ziehen. Fragen des erkennenden Richters, worüber der Sachverständige seinerzeit überhaupt ein Gutachten erstattet habe, seien vom Revisionswerber nicht beantwortet worden. Er habe den Sachverständigen diesbezüglich auch nicht von seiner ärztlichen Verschwiegenheit entbunden. Der vom Revisionswerber erhobene Vorwurf der Befangenheit des Sachverständigen stelle sich daher als unsubstantiiert dar und es könne ihm nicht gefolgt werden. Ausgehend davon sei die Weigerung des Revisionswerbers, sich einer Untersuchung durch den orthopädischen Sachverständigen zu unterziehen, nicht rechtens gewesen.

4 Gegen diese Entscheidung wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Zur Zulässigkeit wird darin geltend gemacht, die Rechtsmeinung des LVwG erscheine einzigartig, dass nämlich deshalb, weil ein medizinischer Sachverständiger nicht von seiner Verschwiegenheitspflicht entbunden werde, ein Antrag auf Befangenheit nicht erfolgreich geltend gemacht werden könne bzw. ein solcher von vornherein unsubstantiiert sei. Jedenfalls sei eine derartige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht auffindbar. Dem Revisionswerber sei auch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dahingehend bekannt, dass Sachverständige, die vom zu Untersuchenden in einer anderen Angelegenheit bevollmächtigt gewesen seien, sich entgegen der Bestimmung des § 7 Abs. 1 Z 2 AVG nicht ihres Amtes zu enthalten haben. Auf dieses rechtliche Argument des Revisionswerbers sei das LVwG in seiner Begründung nicht eingegangen.

5 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

6 Gemäß § 53 Abs. 1 iVm § 7 Abs. 1 Z 2 AVG kann ein Sachverständiger von der Partei u.a. dann abgelehnt werden, wenn er in der Sache als Bevollmächtigter der Partei bestellt war oder noch bestellt ist. Der Revisionswerber sieht diesen Ablehnungsgrund als verwirklicht an, weil er dem im gegenständlichen Verfahren von der Rechtsanwaltskammer Kärnten herangezogenen orthopädischen Sachverständigen in einer früheren Angelegenheit (betreffend die Erstellung eines Gutachtens für eine Privatversicherung) eine "Vollmacht" erteilt habe.

7 Dabei verkennt der Revisionswerber, dass als Bevollmächtigter im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 2 AVG nur eine Person zu verstehen ist, der zum Zweck der Vertretung, insbesondere vor der Behörde im Sinne des § 10 Abs. 1 AVG in der betreffenden Verwaltungsangelegenheit eine Vollmacht erteilt wurde. Der Auftrag zur Ausarbeitung eines Gutachtens in einer früheren (anderen) Angelegenheit begründet jedoch kein derartiges Bevollmächtigungsverhältnis (vgl. dazu etwa VwGH 26.5.1998, 97/04/0220).

8 Im Übrigen kann ein (nichtamtlicher) Sachverständiger nach § 53 Abs. 1 zweiter Satz AVG von einer Partei auch dann abgelehnt werden, wenn diese Umstände glaubhaft macht, welche die Unbefangenheit oder Fachkunde des Sachverständigen in Zweifel ziehen. Der Vorwurf der Befangenheit muss allerdings konkrete Umstände aufzeigen, welche die Objektivität des Sachverständigen in Frage stellen oder zumindest den Anschein erwecken können, dass eine parteiische Entscheidung möglich ist (vgl. etwa VwGH 21.6.2017, Ra 2017/03/0016, mwN). Derartiges lassen die Ausführungen des Revisionswerbers zur Gänze vermissen. Mit einer solcherart völlig unsubstantiierten Behauptung der Befangenheit eines Sachverständigen wird eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht aufgezeigt (vgl. VwGH 11.8.2017, Ra 2017/17/0473; 22.1.2018, Ra 2017/05/0114).

9 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG zurückzuweisen.

Wien, am 13. November 2018

Schlagworte

Sachverständiger Bestellung Auswahl Enthebung (Befangenheit siehe AVG §7 bzw AVG §53)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018030116.L00

Im RIS seit

06.12.2018

Zuletzt aktualisiert am

28.12.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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