TE Vwgh Erkenntnis 2018/11/14 Ra 2015/08/0036

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Veröffentlicht am 14.11.2018
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;

Norm

BUAG §25a Abs7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofräte Dr. Strohmayer und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des M K in G, vertreten durch Dr. Christian Schoberl, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Alberstraße 9/HP/2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 12. Februar 2015, LVwG 33.26-2712/2014-30, LVwG 94.26-2841/2014-30, betreffend Haftung nach § 25a Abs. 7 BUAG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt Graz; mitbeteiligte Partei: Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Antrag des Revisionswerbers auf Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

1. Was den Inhalt und bisherigen Verlauf des Verfahrens betrifft, so wird auf die hg. Erkenntnisse vom 12. September 2012, 2009/08/0054, und vom 11. Dezember 2013, 2012/08/0304, verwiesen. Mit dem erstgenannten Erkenntnis wurde ein Bescheid des im Devolutionsweg angerufenen Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit aufgehoben. Mit dem zweitgenannten Erkenntnis wurde der Ersatzbescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom 8. November 2012, mit welchem die Berufung des Revisionswerbers gegen den - seinen Einspruch gegen den Rückstandsausweis der Mitbeteiligten vom 19. April 2006 abweisenden - Bescheid der belangten Behörde vom 27. Juli 2007 abgewiesen und ausgesprochen worden war, dass der Revisionswerber als ehemaliger Geschäftsführer der U GmbH gemäß den §§ 25a Abs. 7 und 25 Abs. 1 BUAG für die Zuschläge zum Lohn samt Nebengebühren für den Zeitraum Juni 2004 bis März 2005 in der Höhe von EUR 31.418,88 zuzüglich 7 % Zinsen hafte, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

2.1. Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis sprach das Verwaltungsgericht im fortgesetzten Verfahren aus, dass die Beschwerde (zuvor Berufung) gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 27. Juli 2007 als unbegründet abgewiesen werde.

2.2. Das Verwaltungsgericht hielt in den Entscheidungsgründen eingangs fest, die U GmbH (im Folgenden nur: GmbH) sei vom Geltungsbereich des BUAG erfasst gewesen und habe für die Arbeitnehmer Zuschläge an die Mitbeteiligte zu entrichten gehabt. Der Revisionswerber sei vom 16. März 2004 bis zum 2. März 2005 der alleinige handelsrechtliche Geschäftsführer der GmbH gewesen. Mit Beschluss des Landesgerichts für ZRS Graz vom 2. März 2005 sei über das Vermögen der GmbH der Konkurs eröffnet und mit Beschluss vom 19. April 2006 nach der Schlussverteilung wieder aufgehoben worden. Mit Rückstandsausweis vom 19. April 2006 habe die Mitbeteiligte dem Revisionswerber gemäß § 25a Abs. 7 BUAG Zuschläge in der Höhe von EUR 31.418,88 samt Nebengebühren/Kosten zuzüglich 7 % Verzugszinsen für den Zeitraum von Juni 2004 bis März 2005 vorgeschrieben. Die Zuschläge seien nach Abschluss des Konkursverfahrens und quotenmäßiger Zahlung an die Mitbeteiligte nicht entrichtet worden und daher uneinbringlich.

In der Folge machte das Verwaltungsgericht Ausführungen zum bisherigen Verfahrensgang. Es hielt dabei unter anderem fest, der Revisionswerber habe mehrfach die Höhe der vorgeschriebenen Zuschläge bestritten; die Behörden hätten sich jedoch mit dem Vorbringen nicht auseinandergesetzt und die Höhe sowie Zusammensetzung der Zuschläge nicht näher geprüft, was letztlich zur Bescheidaufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof mit dem vorangehenden Erkenntnis 2012/08/0304 geführt habe. Im fortgesetzten Verfahren hätten der Revisionswerber und die Mitbeteiligte mehrere Stellungnahmen abgegeben und auch Tabellen vorgelegt, aus denen sich Nachstehendes ergebe:

Aus einer ersten Tabelle (im Folgenden: Tabelle 1) gehe hervor, welche Zuschläge für welche Dienstnehmer in welchen Zeiträumen verrechnet worden seien (in dieser in das angefochtene Erkenntnis aufgenommenen Tabelle 1 sind zahlreiche Dienstnehmer aufgelistet, deren Beschäftigungsverhältnisse teils bereits im Oktober 2003 begonnen und teils bis zum 4. März 2005 gedauert haben, wobei für die betreffenden Personen jeweils Zuschlagsforderungen ausgewiesen sind, deren Summe sich auf insgesamt EUR 59.764,74 beläuft). Eine zweite Tabelle (im Folgenden: Tabelle 2) beinhalte die unberichtigt aushaftenden Forderungen der Mitbeteiligten während des Insolvenzverfahrens zum Stichtag 10. Mai 2005 (in dieser in das angefochtene Erkenntnis einbezogenen Tabelle 2 sind jeweils monatsweise für den Zeitraum März 2004 bis März 2005 die Zuschläge, zum Teil mit kapitalisierten Zinsen und Nebengebühren/Kosten ausgewiesen, wobei die Gesamtsumme EUR 46.973,30 beträgt).

Laut einer Stellungnahme der Mitbeteiligten vom 26. Juni 2014 habe die GmbH Teilzahlungen am 21. Juni 2004 von EUR 2.466,-- (für März 2004), am 30. September 2004 von EUR 8.000,-- (für März 2004) und am 12. Oktober 2004 von EUR 6.000,-- (für April und Mai 2004 sowie Zinsen für März 2004) geleistet (die letztgenannte Zahlung wurde später im Konkurs erfolgreich angefochten). Mit Stellungnahme der Mitbeteiligten vom 12. Mai 2014 (samt einbezogenen Tabellen 1 und 2) seien die Zuschlagsforderungen von EUR 59.764,74 auf die betreffenden Dienstverhältnisse "aufgesplittet" und für die Zuschlagszeiträume "März 2004 bis März 2005" vorgeschrieben worden. Laut Stellungnahme der Mitbeteiligten vom 26. November 2014 betreffe der hier gegenständliche Rückstandsausweis nur (mehr) die Zuschlagszeiträume Juni 2004 bis März 2005 mit einer Summe von EUR 31.418,88 - darin reine Kapitalforderungen von EUR 31.318,54 - zuzüglich Zinsen. Die erfolgten Teilzahlungen von EUR 10.466,-- seien auf den ältesten Zuschlagszeitraum (März 2004) angerechnet worden, für den somit kein Rückstand mehr bestehe, sodass er im Rückstandsausweis nicht mehr angeführt sei. Weitere Zahlungen bzw. Gutschriften auf die Haftungssumme seien seit der Erlassung des Rückstandsausweises vom 19. April 2006 nicht erfolgt.

Eine dritte Tabelle (im Folgenden: Tabelle 3) beinhalte schließlich die für die Beschäftigungszeiten vom 1. Juni 2004 bis zum 2. März 2005 vorgeschriebenen Zuschläge (in dieser in das angefochtene Erkenntnis aufgenommenen Tabelle 3 sind diverse Dienstnehmer mit Beschäftigungszeiten zwischen dem 1. Juni 2004 und dem 2. März 2005 aufgelistet, wobei die Summe der betreffenden Zuschlagsforderungen EUR 29.799,92 beträgt).

Die Mitbeteiligte habe ferner erläutert, dass die Differenz zwischen den Beträgen von EUR 31.318,54 und EUR 29.799,92 in einer "Nachverrechnung für Beschäftigungszeiten vor dem 01.06.2004 begründet" sei. Die Berechnung der Zuschläge selbst sei im Einklang mit den Bestimmungen des BUAG und der entsprechenden Verordnung (jeweils für eine Beschäftigungswoche, wobei vier bis fünf Wochen zu einem Zuschlagszeitraum zusammengefasst worden seien, getrennt für die Sachbereiche Urlaub und Abfertigung, nach (jeweils näher erörterten) Rechenformeln) erfolgt. Nicht zuletzt habe der Revisionswerber - über Aufforderung des Verwaltungsgerichts, Beweise zu seiner Entlastung (insbesondere eine detaillierte Liquiditätsaufstellung mit näheren Angaben über Fälligkeiten und vorhandene Mittel) darzutun - eine Aufstellung über Aufwendungen im Kalenderjahr 2004 (beinhaltend mehrere Teilpositionen mit einer Gesamtsumme von EUR 622.200,--, darunter auch ein der Mitbeteiligten zugeordneter Betrag von EUR 15.000,--) sowie eine weitere tabellarische Aufstellung (mit diversen Buchhaltungsposten) vorgelegt.

2.3. Rechtlich folgerte das Verwaltungsgericht, die auch nach dem Konkurs unberichtigt aushaftenden Zuschläge von EUR 31.418,88 zuzüglich Zinsen für den Zeitraum von Juni 2004 bis März 2005 ergäben sich aus dem Rückstandsausweis vom 19. April 2006. Die Mitbeteiligte habe auf Grund der Einwendungen des Revisionswerbers die Zuschläge zuletzt in der Tabelle 3 genauestens aufgeschlüsselt und dargelegt, wie sich die Forderungen für die Beschäftigungszeiten vom 1. Juni 2004 bis zum 2. März 2005 errechneten. Sie habe weiters dargestellt, dass die Differenz zwischen den Summen von EUR 31.318,56 (laut Rückstandsausweis) und von EUR 29.799,92 (laut Tabelle 3) in einer "Nachverrechnung für Beschäftigungszeiten vor dem 01.06.2004 begründet" sei. Ferner habe die Mitbeteiligte in der Tabelle 1 die für jeden Dienstnehmer vom Beginn des Beschäftigungsverhältnisses bis zur Einstellung der operativen Tätigkeit verrechneten Zuschläge sowie in der Tabelle 2 die offenen Forderungen zum 10. Mai 2005 angeführt. Nicht zuletzt habe sie in ihren diversen Stellungnahmen klar und ausführlich dargelegt, welche Beträge durch die GmbH bereits bezahlt worden seien und wie die Zuschläge im Rückstandsausweis berechnet worden seien. Davon ausgehend sei "im Gesamten betrachtet" die Darstellung der Forderungen laut dem Rückstandsausweis vom 19. April 2006 "sehr detailliert, genau und (...) nachvollziehbar" und hafteten daher die angeführten Beträge unbeglichen aus.

Der Revisionswerber sei vom 16. März 2004 bis zum 2. März 2005 der alleinige handelsrechtliche Geschäftsführer der GmbH gewesen. Die laut dem Rückstandsausweis vom 19. April 2006 offenen Forderungen seien in diesem Zeitraum angefallen und dem Revisionswerber zuzurechnen. Dieser habe daher im Rahmen seiner Vertretungsmacht als Geschäftsführer neben der GmbH als Zuschlagsschuldnerin zu haften; auf die allfällige Unterlassung von Meldungen durch den vorherigen Geschäftsführer und diesbezügliche Nachverrechnungen komme es nicht an.

Was die für die Haftung nach § 25a Abs. 7 BUAG vorausgesetzte schuldhafte Pflichtverletzung an der Nichteinbringung der Zuschläge betreffe, so sei entscheidend, ob der Revisionswerber mit den jeweils zur Verfügung stehenden Mitteln die Gläubiger anteilsmäßig gleich behandelt habe, also die Gleichbehandlungspflicht erfüllt habe. Wie der Verwaltungsgerichtshof im vorangehenden Erkenntnis 2012/08/0304 ausgesprochen habe, könne eine Pflichtverletzung darin liegen, dass der Vertreter die fälligen Zuschläge ohne rechtliche Grundlage schlechter behandle als sonstige Schulden, indem er diese bediene, jene aber unberichtigt lasse, bzw. dass er bei Fehlen ausreichender Mittel nicht für eine zumindest anteilige Befriedigung sorge. Der Vertreter wäre nur dann exkulpiert, wenn er entweder nachweise, dass er im fraglichen Zeitraum, in dem die Zuschläge fällig geworden seien, insgesamt über keine Mittel verfügt und daher keine Zahlungen geleistet habe, oder dass er zwar über Mittel verfügt habe, aber wegen der gebotenen Gleichbehandlung die Zuschlagsforderungen ebenso wie die Forderungen anderer Gläubiger nicht oder nur zum Teil beglichen habe. Nach der Rechtsprechung trage er somit die Beweislast dafür, dass ihn kein Verschulden treffe.

Vorliegend habe das Verwaltungsgericht den Revisionswerber im Sinn der soeben erörterten Rechtsprechung aufgefordert, Entlastungsbeweise zu erbringen, insbesondere eine detaillierte Liquiditätsaufstellung vorzulegen, welche die getätigten Ausgaben - durch Angaben über die jeweilige Fälligkeit, die jeweils vorhandenen Mittel und die jeweiligen Zahlungsempfänger - näher aufschlüssele. Der Revisionswerber habe freilich nur eine summarische Aufstellung der Ausgaben (für 2004) ohne eine nähere Aufgliederung erstattet, auch aus der weiteren tabellarischen Aufstellung (mit diversen Buchhaltungsposten) seien keine Rückschlüsse zu ziehen. Das Verwaltungsgericht habe daher aus den übermittelten Unterlagen nicht feststellen können, ob eine anteilsmäßige Befriedigung der Gläubiger erfolgt sei, der Nachweis eines mangelnden Verschuldens sei somit nicht gelungen.

2.4. Das Verwaltungsgericht sprach ferner aus, dass die Revision mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

3.1. Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die - Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende - Revision mit einem Aufhebungsantrag.

Der Revisionswerber führt in der Zulässigkeitsbegründung und auch in der Revision selbst zusammengefasst im Wesentlichen aus, seine Heranziehung zur Haftung nach § 25a Abs. 7 BUAG setze unter anderem eine nachvollziehbare Darstellung der Zuschlagsverbindlichkeiten im Hinblick auf den Haftungszeitraum und die Höhe voraus (Hinweis auf das vorangehende Erkenntnis VwGH 2012/08/0304). Eine solche Darstellung sei durch die Mitbeteiligte nicht erfolgt, bezögen sich doch die Tabellen 1 bis 3 jeweils auf verschiedene Zeiträume mit divergierenden Zuschlagsverbindlichkeiten, und sei auch die Differenz zwischen den vom Verwaltungsgericht als berechtigt erachteten Verbindlichkeiten von EUR 31.318,54 sowie den in der Tabelle 3 ausgewiesenen Verbindlichkeiten von EUR 29.799,92 nicht nachvollziehbar. Das Verwaltungsgericht habe weiters nicht begründet, warum dem Revisionswerber trotz der nachgewiesenen Zahlungen eine Gläubigerungleichbehandlung vorzuwerfen wäre. Nicht zuletzt wäre ein allfälliger Haftungsbetrag auch nicht zu verzinsen (gewesen), weil § 25a Abs. 7 BUAG nicht auf § 25 Abs. 2 BUAG verweise (Hinweis auf VwGH 29.1.2014, 2012/08/0227).

3.2. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision als unbegründet abzuweisen. Die Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision nicht zuzulassen.

4. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Revision ist aus den geltend gemachten Gründen im Ergebnis zulässig und - im Sinn der nachstehenden Erwägungen - auch berechtigt.

5.1. Soweit der Revisionswerber - wie schon im Verwaltungsverfahren und im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht (vgl. zuletzt die Stellungnahmen vom 18. Juni, 20. Oktober und 23. Dezember 2014) - das Unterbleiben einer nachvollziehbaren Darstellung der Zuschlagsverbindlichkeiten (insbesondere in Bezug auf die Höhe und den erfassten Zeitraum) rügt, ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits im vorangehenden Erkenntnis 2012/08/0304 - auf dessen Entscheidungsgründe im Einzelnen verwiesen wird (§ 43 Abs. 2 VwGG) - der Behörde bzw. dem Verwaltungsgericht aufgetragen hat, sich mit diesem Vorbringen auseinanderzusetzen und aufzuschlüsseln, wie sich die vorgeschriebenen Zuschläge zusammensetzen sowie auf welche Dienstnehmer und welche Zeiträume sie sich beziehen, zumal ohne eine solche Aufstellung die Zuschläge nicht auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüft werden können.

5.2. Im nunmehr angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht zwar eine Aufschlüsselung der vorgeschriebenen Zuschläge nach den betreffenden Dienstnehmern und Zeiträumen insoweit getätigt, als es in Gestalt der Tabelle 3 eine Aufstellung über Zuschlagsverbindlichkeiten von insgesamt EUR 29.799,92 für den Beschäftigungszeitraum vom 1. Juni 2004 bis zum 2. März 2005 vorgenommen hat, wobei diese Aufgliederung als hinreichend detailliert und nachvollziehbar zu erachten ist, wurden doch die Grundsätze für die Berechnung der Zuschläge im Einzelnen dargestellt. Dem steht auch nicht entgegen, dass in den Tabellen 1 und 2 weiter zurückreichende Zeiträume mit insgesamt weit höheren Zuschlagsverbindlichkeiten ausgewiesen wurden, hat sich doch das Verwaltungsgericht auf jene Aufstellungen nicht entscheidend gestützt.

Allerdings hat das Verwaltungsgericht eine Aufschlüsselung der vorgeschriebenen Zuschläge im soeben aufgezeigten Sinn insoweit unterlassen, als es den Mehrbetrag von EUR 1.518,62, um welchen die mit Rückstandsausweis vom 19. April 2006 vorgeschriebenen Zuschläge von EUR 31.318,54 die Zuschläge laut Tabelle 3 von EUR 29.799,92 übersteigen, in keiner Weise näher aufgegliedert hat. Es hat insofern dem im vorangehenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs 2012/08/0304 erteilten Auftrag nicht entsprochen und wird daher im fortgesetzten Verfahren in Ansehung (auch) des Teilbetrags von EUR 1.518,62 eine hinreichend detaillierte und nachvollziehbare Aufstellung - die Behauptung einer "Nachverrechnung für Beschäftigungszeiten vor dem 01.06.2004" ist völlig ungenügend - vorzunehmen haben, ohne welche im Sinn der Ausführungen im Vorerkenntnis die Zuschläge nicht auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden können.

6.1. Die ordnungsgemäße Aufschlüsselung des Teilbetrags von EUR 1.518,62 ist insbesondere auch für die Bestimmung des Beurteilungszeitraums, der als Grundlage für die Prüfung einer allfälligen Verletzung der Gleichbehandlungspflicht (vgl. auch dazu bereits die Ausführungen im Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs 2012/08/0304) dient, unerlässlich, beginnt doch der Beurteilungszeitraum mit der Fälligkeit der ältesten am Ende jenes Zeitraums ganz oder teilweise offen gebliebenen Zuschlagsschuldigkeit und endet mit dem - in der Regel mit der Konkurseröffnung (hier am 2. März 2005) eintretenden - Wegfall der Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers (vgl. VwGH 29.1.2014, 2012/08/0227; 7.10.2015, Ra 2015/08/0040). Folglich bedarf es aber einer genauen Festlegung, für welche konkreten Beschäftigungszeiten vor dem 1. Juni 2004 die Nachverrechnung des Teilbetrags von EUR 1.518,62 erfolgt ist und wann die Fälligkeit dieser ältesten Forderungen eingetreten ist, um den Beginn des Beurteilungszeitraums festlegen zu können. Sollten dabei im zunächst angenommenen Beurteilungszeitraum Zahlungen auf bereits davor fällige Zuschlagsverbindlichkeiten erfolgt sein und auch hierdurch eine Erfüllung der Gleichbehandlungspflicht behauptet werden, wird der Beginn des Beurteilungszeitraums letztlich auf den Fälligkeitszeitpunkt dieser Verbindlichkeiten zu erstrecken sein (vgl. VwGH 26.1.2005, 2002/08/0213).

6.2. Steht nach dem Vorgesagten der Beurteilungszeitraum fest, so ist in einem weiteren Schritt einerseits das Verhältnis aller im Beurteilungszeitraum erfolgten Zahlungen zu allen fälligen Verbindlichkeiten einschließlich der Zuschlagsverbindlichkeiten (allgemeine Zahlungsquote) sowie andererseits das Verhältnis der im selben Zeitraum erfolgten Zahlungen auf die Zuschlagsverbindlichkeiten zu den insgesamt fälligen Zuschlagsverbindlichkeiten (Zuschlagszahlungsquote) zu ermitteln. Unterschreitet die Zuschlagszahlungsquote die allgemeine Zahlungsquote, so liegt eine Ungleichbehandlung vor, wobei sich in dem Fall der Haftungsbetrag aus dem Produkt der Differenz der beiden Quoten mit den insgesamt fälligen Zuschlagsverbindlichkeiten ergibt (vgl. neuerlich VwGH 2012/08/0227; Ra 2015/08/0040).

Hinsichtlich der Grundlagen für die soeben aufgezeigte Beurteilung trifft den Vertreter eine besondere Behauptungs- und Beweislast, indem er - trotz der grundsätzlichen amtswegigen Ermittlungspflicht - die besondere Verpflichtung hat, darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung seiner Verpflichtungen unmöglich war, widrigenfalls eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden kann. Stellt er dabei nicht bloß ganz allgemeine, sondern einigermaßen konkrete sachbezogene Behauptungen auf, so ist er zur weiteren Präzisierung und Konkretisierung des Vorbringens aufzufordern. Kommt er dieser Aufforderung nicht nach, so bleibt die Behörde zur Annahme berechtigt, dass er seiner Pflicht schuldhaft nicht entsprochen hat, er haftet dann für die Beitragsschulden zur Gänze (vgl. VwGH 11.4.2018, Ra 2015/08/0038; 8.9.2010, 2009/08/0144).

6.3. Im fortgesetzten Verfahren wird daher der Revisionswerber ein entsprechend konkretisiertes und substanziiertes Vorbringen über die im noch näher zu bestimmenden Beurteilungszeitraum fälligen offenen Gesamtverbindlichkeiten und unberichtigten Zuschlagsverbindlichkeiten sowie die jeweils darauf geleisteten Zahlungen zu erstatten haben, um dem Verwaltungsgericht im Sinn der oben aufgezeigten Rechtsprechung die Prüfung, ob er seine Verpflichtung zur gebotenen Gläubigergleichbehandlung eingehalten hat, zu ermöglichen (vgl. VwGH 16.11.2011, 2008/08/0173). Das bisherige diesbezügliche Vorbringen war - wie auch das Verwaltungsgericht ohne Fehler erkannte - nicht im Ansatz geeignet, einen tauglichen Entlastungsbeweis abzugeben. Sollte daher im fortgesetzten Verfahren - nach erfolgter Aufschlüsselung auch des Teilbetrags von EUR 1.518,62 und Klärung des Beurteilungszeitraums - der Revisionswerber weiterhin seiner Behauptungs- und Beweislast nicht nachkommen, so könnte das Verwaltungsgericht ohne Weiteres von der schuldhaften Verletzung der Gleichbehandlungspflicht und der Haftung für die Beitragsschulden zur Gänze ausgehen.

7. Der Revisionswerber macht ferner geltend, ein allfälliger Haftungsbetrag wäre nicht zu verzinsen. Dieses Vorbringen ist insofern zutreffend, als § 25a Abs. 7 BUAG erst ab dem Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 68/2014 mit 1. Juli 2014 auf die Bestimmung des § 25 Abs. 2 BUAG, nach der ab dem Zeitpunkt der Fälligkeit Verzugszinsen vorzuschreiben sind, verweist. Folglich käme im fortgesetzten Verfahren eine Zinsenpflicht für einen allfälligen Gesamthaftungsbetrag erst ab dem genannten Zeitpunkt in Betracht (vgl. neuerlich VwGH 2012/08/0227 sowie die Materialien zu BGBl. I Nr. 68/2014, ErläutRV 167 BlgNR 25. GP 5).

8. Insgesamt war daher das angefochtene Erkenntnis - auf Grund der eine inhaltliche Überprüfung nicht zulassenden unzureichenden Begründung - wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

9. Der Antrag, das "Land Steiermark" zum Aufwandersatz zu verpflichten, war abzuweisen, weil vorliegend kostenersatzpflichtiger Rechtsträger im Sinn des § 47 Abs. 5 VwGG der Bund wäre (vgl. VwGH 30.1.2018, Ra 2017/08/0018).

Wien, am 14. November 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2015080036.L00

Im RIS seit

10.12.2018

Zuletzt aktualisiert am

11.02.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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