Index
E6J;Norm
62007CJ0316 Markus Stoß VORAB;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kovacs, über die Revision des A J in E, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 9. August 2017, VGW- 002/079/7477/2016-2, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 20. April 2016 wurde der Revisionswerber wegen zweifacher Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild Glücksspielgesetz (GSpG) schuldig erkannt, weil dieser fortlaufende Einnahmen habe erzielen wollen, indem er einer näher genannten Veranstalterin von Glücksspielen Flächen in seinem Lokal überlassen habe, damit diese dort ihre Glücksspielgeräte aufstellen könne. Es wurden über den Revisionswerber zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 5.000,-- (samt Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt. Überdies wurden ihm die Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht Wien (VwG) der dagegen erhobenen Beschwerde insofern Folge, als es aufgrund der Einschränkung des Tatzeitraums die Geldstrafen auf jeweils EUR 2.500,-- (samt Ersatzfreiheitsstrafen) sowie die Kosten des erstinstanzlichen Strafverfahrens herabsetzte (Spruchpunkt I.). Das VwG schrieb dem Revisionswerber für das Beschwerdeverfahren keinen Kostenbeitrag vor (Spruchpunkt II.). Weiters sprach das VwG aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei (Spruchpunkt III.).
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. Verletzung der Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Zum Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision ist zunächst festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C-390/12, Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment AG, C-464/15, Rn. 31, 35 ff; 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 28, 62 ff; sowie 6.9.2018, Gmalieva s.r.o. u.a., C- 79/17). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048, 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser Rechtsprechung ist das VwG im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12.
8 Entgegen dem Vorbringen der Revision kann sich das GSpG selbst bei Hinweisen auf das Vorliegen einer expansionistischen Geschäftspolitik der Konzessionäre - etwa durch das Glücksspiel verharmlosende Werbung - nach der Rechtsprechung des EuGH und des VwGH im Rahmen der Gesamtwürdigung als mit dem Unionsrecht in Einklang stehend erweisen, wenn etwa mit dieser Geschäftspolitik eine Umlenkung von Spielern vom illegalen zum legalen Glücksspiel sichergestellt werden soll (vgl. dazu etwa EuGH 8.9.2010, C- 316/07 u.a., Stoß u.a., Rn. 107; 30.4.2014, C-390/12, Pfleger, Rn. 50 ff; 6.9.2018, Gmalieva s.r.o. u.a., C-79/17; VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048, 49; 11.7.2018, Ra 2017/17/0052; 16.3.2016, Ra 2015/17/0022; VfGH 15.10.2016, E 945/2016-24 u.a.; sowie Herbst/Weinhandl, Das österreichische Glücksspielmonopol aus unions- und verfassungsrechtlicher Sicht, in: Jahrbuch Öffentliches Recht 2017, 121 ff, insbes. 149). Von dieser Rechtsprechung ist das VwG nicht abgewichen.
9 Im Übrigen stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH u.a., C- 685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. zuletzt auch EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 55; sowie VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048, 0049, Rn. 24 ff).
10 Die Revision behauptet in ihrem Zulässigkeitsvorbringen auch, dass die vom VwG vorgenommene Änderung des Spruchs des angefochtenen Straferkenntnisses einen unzulässigen "Austausch der Tat" darstelle. Dies wäre nur dann der Fall, wenn vom Verwaltungsgericht ein anderer als der ursprünglich der Bestrafung zugrunde gelegte Sachverhalt herangezogen worden wäre (vgl. z.B. VwGH 26.7.2018, Ra 2017/17/0804). Im Revisionsfall hat aber das VwG die von der Landespolizeidirektion Wien festgestellte Tathandlung lediglich dadurch präzisiert, dass der Revisionswerber als Lokalbetreiber der Veranstalterin entgeltlich die Abstellflächen für die Glücksspielgeräte zur Verfügung gestellt habe. Somit gelingt es der Revision auch in dieser Hinsicht nicht, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen.
11 Im Übrigen wird nicht dargelegt und ist nach Lage des Falles auch nicht ersichtlich, dass der Revisionswerber durch den Spruch des Straferkenntnisses bzw. durch dessen Präzisierung durch das VwG seine Verteidigungsrechte nicht hätte wahren können oder er der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt wäre (vgl. für viele z.B. VwGH 26.6.2018, Ra 2017/17/0795, mwN).
12 Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen der Revision keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
13 Die Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 16. November 2018
Gerichtsentscheidung
EuGH 62007CJ0316 Markus Stoß VORABEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170946.L00Im RIS seit
10.12.2018Zuletzt aktualisiert am
04.02.2019