TE Vwgh Beschluss 2018/11/21 Fr 2018/04/0006

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Veröffentlicht am 21.11.2018
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VwGG §34 Abs1;
VwGG §38 Abs1;
VwGG §38 Abs4;
VwGVG 2014 §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Tiefenböck, in der Fristsetzungssache des J G in M, vertreten durch Dr. Kurt Bayr und Dr. Marco Rovagnati, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 4, gegen das Landesverwaltungsgericht Tirol betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit nach der Gewerbeordnung 1994, den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Fristsetzungsantrag wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Schriftsatz vom 28. September 2018 brachte der Antragsteller beim Landesverwaltungsgericht Tirol einen Fristsetzungsantrag ein, in dem er rügte, dass über seine am 25. Jänner 2018 bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck (belangte Behörde) eingebrachte Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 19. Dezember 2017 in einem gewerblichen Betriebsanlagenverfahren vom Verwaltungsgericht noch nicht entschieden worden sei.

2 Das Verwaltungsgericht legte diesen Fristsetzungsantrag mit Schreiben vom 5. Oktober 2018 dem Verwaltungsgerichtshof vor. In diesem Schreiben wies das Verwaltungsgericht darauf hin, dass die belangte Behörde den gegenständlichen Verwaltungsakt mit Schreiben vom 24. Jänner 2018 dem Verwaltungsgericht mit dem Ersuchen um Entscheidung über die Beschwerde der Parteien S übermittelt habe. Über diese Beschwerde habe das Verwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 9. Februar 2018 entschieden und den Akt mit Schreiben vom 11. April 2018 an die belangte Behörde retourniert.

Von der Beschwerde des Antragstellers habe das Verwaltungsgericht erstmals mit ihrer - unter einem mit dem Fristsetzungsantrag erfolgten - Vorlage durch den Antragsteller selbst erfahren. Mit Eingabe vom 1. Oktober 2018 sei dem Verwaltungsgericht der gegenständliche Verwaltungsakt der belangten Behörde (erneut) vorgelegt worden. Im Akt befinde sich das Deckblatt des E-Mails des Rechtsvertreters des Antragstellers vom 25. Jänner 2018, mit dem die Beschwerde der belangten Behörde übermittelt worden sei. Das Deckblatt sei protokolliert worden und trage den handschriftlichen Vermerk "Akt beim LVwG". Eine Ausfertigung der schriftlichen Beschwerde finde sich im Akt der belangten Behörde nicht. Die Beschwerde sei dem Verwaltungsgericht seitens der belangten Behörde nicht vorgelegt worden.

Abschließend wies das Verwaltungsgericht darauf hin, dass im Hinblick auf die Vorlage der Beschwerde durch den Antragsteller und die dadurch ausgelöste Entscheidungspflicht mit Erkenntnis vom 3. Oktober 2018 über diese Beschwerde entschieden worden sei.

3 Zur Wahrung des rechtlichen Gehörs wurde dem Antragsteller die Möglichkeit eingeräumt, zu diesem Schreiben Stellung zu nehmen.

4 In seiner daraufhin erstatteten Stellungnahme erachtete der Antragsteller das Schreiben des Verwaltungsgerichtes in einigen Punkten als nicht nachvollziehbar. Unbestreitbar sei, dass der Antragsteller am 25. Jänner 2018 nachweislich eine Beschwerde bei der belangten Behörde eingebracht habe. Bei seiner Rücksprache mit der belangten Behörde am 26. September 2018 habe er die Antwort erhalten, dass der gesamte Akt mit allen Beschwerden am 25. Jänner 2018 dem Verwaltungsgericht zugeleitet worden sei. Die zuständige Mitarbeiterin habe zudem erklärt, die Sache noch einmal zu überprüfen und, sollte die Beschwerde dem Verwaltungsgericht noch nicht vorgelegt worden sein, dies nachzuholen. Es sei daher unverständlich, wenn das Verwaltungsgericht behaupte, erstmals am 1. Oktober 2018 von der Beschwerde erfahren zu haben. Es sei in keiner Weise der Beweis erbracht, dass hier keine Säumnis des Verwaltungsgerichtes vorliege. Der Fristsetzungsantrag sei somit berechtigt.

5 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGVG ist das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, verpflichtet, über verfahrenseinleitende Anträge von Parteien und Beschwerden ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen zu entscheiden. Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG beginnt die Entscheidungsfrist "mit der Vorlage der Beschwerde".

6 Gemäß § 38 Abs. 1 VwGG kann ein Fristsetzungsantrag erst gestellt werden, wenn das Verwaltungsgericht die Rechtssache nicht binnen sechs Monaten, wenn aber durch Bundes- oder Landesgesetz eine kürzere oder längere Frist bestimmt ist, nicht binnen dieser entschieden hat.

7 Die Entscheidungspflicht des Verwaltungsgerichtes wird (erst) mit dem Einlangen der Beschwerde ausgelöst. Die Frist für die Entscheidung beginnt somit in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem die Beschwerde beim Verwaltungsgericht einlangt. Erst das tatsächliche Einlangen beim Verwaltungsgericht ist maßgeblich (siehe VwGH 28.1.2016, Fr 2015/21/0026; 13.2.2018, Fr 2017/11/0017, jeweils mwN). Auf den vom Antragsteller ins Treffen geführten Umstand der Einbringung der Beschwerde bei der belangten Behörde am 25. Jänner 2018 kommt es in diesem Zusammenhang somit nicht an.

8 Vielmehr findet das Vorbringen des Verwaltungsgerichtes im Schreiben vom 5. Oktober 2018, wonach (lediglich) eine Vorlage der Beschwerde der Parteien S (am 23. Jänner 2018) verfügt worden und anschließend erfolgt sei, in den Verwaltungsakten der belangten Behörde Deckung. Eine Verfügung der Vorlage der Beschwerde des Antragstellers an das Verwaltungsgericht mit 25. Jänner 2018 bzw. Hinweise auf eine (vom Verwaltungsgericht in Abrede gestellte) tatsächlich erfolgte Vorlage finden sich in diesen Verwaltungsakten nicht. Daran vermag der Verweis des Antragstellers auf die ihm am 26. September 2018 seitens der belangten Behörde erteilte Auskunft, es seien alle Beschwerden übermittelt worden, nichts zu ändern, zumal auch der auf dem Deckblatt des E-Mails, mit dem die Beschwerde des Antragstellers an die belangte Behörde übermittelt worden ist, angebrachte handschriftliche Vermerk, wonach der Akt beim Verwaltungsgericht sei, dagegen spricht, dass alle Beschwerden (und damit auch die Beschwerde des Antragstellers) dem Verwaltungsgericht gemeinsam mit dem Akt übermittelt worden sind.

9 Der Antragsteller bringt in seiner Stellungnahme weiter vor, dass das Verwaltungsgericht zur Entscheidung über direkt von den Parteien eingebrachte Beschwerden nicht zuständig sei und es umso verwunderlicher sei, wieso das Verwaltungsgericht (nunmehr) ein Erkenntnis erlassen habe, wenn im Schreiben des Verwaltungsgerichtes davon die Rede sei, es sei bis dato keine vollständige Beschwerdevorlage durch die belangte Behörde erfolgt. Diesbezüglich genügt - abgesehen davon, dass mit diesem Vorbringen dem fehlenden Ablauf der Entscheidungsfrist nicht entgegengetreten wird - der Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 22. November 2017, Ra 2017/19/0421, Rn. 33, dem zufolge der Beginn der Entscheidungsfrist - unter den dort angesprochenen Voraussetzungen - auch durch die Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht seitens einer Partei herbeigeführt werden kann.

10 Im Hinblick auf die obigen Ausführungen war der vorliegende Fristsetzungsantrag mangels Ablauf der Entscheidungsfrist unzulässig und daher gemäß § 38 Abs. 1 und 4 in Verbindung mit § 34 Abs. 1 VwGG wegen mangelnder Berechtigung zu seiner Erhebung in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 21. November 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:FR2018040006.F00

Im RIS seit

12.12.2018

Zuletzt aktualisiert am

20.02.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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