Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers DI W***** F*****, vertreten durch Mag. Hans Sandrini, Mietervereinigung Österreich, *****, gegen die Antragsgegner 1. Dr. R***** G*****, 2. H***** P***** G*****, 3. Dr. E***** G*****, 4. S***** GmbH, *****, alle vertreten durch Mag. Nikolaus Reisner, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, hinsichtlich des Zweitantragsgegners als zu AZ 2 P 120/12k des Bezirksgerichts Favoriten bestellter Sachwalter, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 7. März 2018, GZ 40 R 342/17s-21, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1.1. Der Antragsteller begehrte in diesem Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG die Feststellung der Unwirksamkeit einer auf die Wertbeständigkeit des Mietzinses nach § 45 MRG gestützten Anhebung des Hauptmietzinses und die Feststellung der damit verbundenen Überschreitung des gesetzlich zulässigen Zinsausmaßes.
1.2. Die Vorinstanzen verneinten die Aktivlegitimation des Antragstellers, weil dieser entgegen seiner Behauptung nicht alleiniger Mieter, sondern neben der Verlassenschaft nach der mittlerweile verstorbenen ursprünglichen Mitmieterin nach wie vor nur Mitmieter sei (zur Rechtsnachfolge im Fall des Todes eines Mitmieters vgl 3 Ob 241/14h = RIS-Justiz RS0130041).
2.1. Nach ständiger Rechtsprechung bilden Mitmieter in Verfahren über die Angemessenheit des Hauptmietzinses nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG eine einheitliche Streitgenossenschaft in analoger Anwendung des § 14 ZPO (RIS-Justiz RS0113589; RS0013160 [T4, T14]; vgl auch RS0101118 [T9]). Ein solcher Antrag muss daher von allen Mitmietern getragen sein (RIS-Justiz RS0110736; RS0013161; RS0013162; RS0013163 [T5]). Der bloße Umstand, dass ein am Verfahren nicht beteiligter Mitmieter kein Interesse mehr an der Verfolgung seiner Ansprüche haben mag, genügt nicht (vgl 5 Ob 108/98p).
2.2. Entgegen der Behauptung des Antragstellers sind die Vorinstanzen von diesen Grundsätzen nicht abgewichen. Das Erstgericht hat die bloße Mitmieterstellung des Antragstellers und dessen mangelnde Aktivlegitimation erörtert und den Parteien Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Der Antragsteller hat nicht nur nicht behauptet, dass sein Antrag auch von der Verlassenschaft nach der verstorbenen Mitmieterin getragen werde, er beharrte vielmehr auf dem Standpunkt, er sei alleiniger Hauptmieter.
3.1. Der Antragsteller macht weiters geltend, dass die Vorinstanzen im Zusammenhang mit der Prüfung seiner Aktivlegitimation die Grenzen des Untersuchungsgrundsatzes verkannt und ihren Entscheidungen „überschießende“ Tatsachen zugrunde gelegt hätten. Seine im Rekurs aufgestellte Behauptung, die Antragsgegner hätten seine Rechtsstellung als alleiniger Mieter konkludent anerkannt, habe das Rekursgericht hingegen zu Unrecht als Verletzung des Neuerungsverbots qualifiziert und nicht geprüft.
3.2. Ob sogenannte „überschießende Feststellungen“ vom Rechtsmittelgericht berücksichtigt werden können, weil sie sich im Sinn der ständigen Rechtsprechung im Rahmen des geltend gemachten Anspruchsgrundes oder der erhobenen Einwendungen halten, hat grundsätzlich keine über den einzelnen Rechtsstreit hinausgehende Bedeutung (5 Ob 199/17a; RIS-Justiz RS0037972 [T15]; RS0040318 [T3]; RS0112213 [T2]). Gegenteiliges würde im Interesse der Wahrung der Rechtssicherheit nur im Fall einer krassen Fehlbeurteilung gelten. Eine solche Fehlbeurteilung liegt hier aber nicht vor. Der Antragsteller hat sich im Verfahren vor dem Erstgericht darauf berufen, alleiniger Mieter zu sein, die Antragsgegner haben dessen Mieterstellung bestritten und mangelnde Aktivlegitimation eingewandt. Die Feststellungen, die die Vorinstanzen der Beurteilung der Rechtsstellung des Antragsstellers zugrunde legten, fallen daher nicht aus dem Rahmen des Tatsachenvorbringens der Parteien und sind nicht „überschießend“.
3.3. Der Antragsteller hat erstmals im Rekurs die Behauptung aufgestellt, die Antragsgegner hätten seine Rechtsstellung als alleiniger Mieter konkludent anerkannt. Diesen Rechtsgrund hat das Rekursgericht unter Hinweis auf das im Rekursverfahren geltende Neuerungsverbot (§ 37 Abs 3 Z 14 MRG) nicht geprüft. Die Beantwortung der Frage, ob eine im Rechtsmittelverfahren unzulässige Neuerung vorliegt, geht in ihrer Bedeutung über den Einzelfall nicht hinaus (RIS-Justiz RS0042828 [T35]). Eine ausnahmsweise im Interesse der Wahrung der Rechtssicherheit aufzugreifende unvertretbare Auslegung des Parteivorbringens durch das Rekursgericht (vgl RIS-Justiz RS0042828 [T11, T30]) zeigt der Antragsteller nicht auf. Er verweist lediglich darauf, dass er im Rekurs auf einen Umstand hingewiesen habe, der sich ohnedies aus der rechtlichen Beurteilung der vorgelegten Urkunden und des – nicht näher spezifizierten – Vorbringens dazu ergebe.
4. Der Revisionsrekurs war daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Textnummer
E123449European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0050OB00104.18G.1106.000Im RIS seit
12.12.2018Zuletzt aktualisiert am
12.12.2018