Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und den Hofrat Dr. Stefula sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug und Mag. Andrea Komar als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. M***** W*****, vertreten durch Hawel-Eypeltauer-Gigleitner-Huber & Partner, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Land Niederösterreich, *****, vertreten durch Mag. Thomas Reisch, Rechtsanwalt in Wien, wegen 96.440,68 EUR sA, über die Revision und den Rekurs der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. Juni 2018, GZ 7 Ra 93/17y-23, mit dem über Berufung beider Parteien das Teil- und Zwischenurteil des Landesgerichts St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom 16. Februar 2017, GZ 6 Cga 36/16d-14, zum Teil bestätigt, zum Teil aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision und dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war als Primararzt ab Dezember 2008 an einem Landesklinikum der Beklagten beschäftigt. Das Dienstverhältnis unterlag dem NÖ Landesbedienstetengesetz (NÖ LBG). Am 6. 12. 2010 sprach die Beklagte die Entlassung des Klägers aus, weil er sich im Juni desselben Jahres bei der Behandlung eines Patienten einer besonders schweren Verletzung von ärztlichen Aufklärungs- und Dokumentationspflichten schuldig gemacht habe. Am 21. 2. 2011 sprach sie überdies eine Eventualentlassung mit der Begründung aus, der Kläger habe durch grob sorgfaltswidrige Behandlungsweise den Tod des genannten Patienten verschuldet.
Der Kläger bekämpfte im Verfahren 6 Cga 140/10i des Landesgerichts St. Pölten beide Entlassungen und begehrte die Feststellung, dass sein Dienstverhältnis sowohl über den 6. 12. 2010 als auch über den 21. 2. 2011 hinaus weiterhin aufrecht sei.
Das Landesgericht St. Pölten wies die Feststellungsklage ab.
Das Oberlandesgericht Wien änderte diese Entscheidung dahingehend ab, dass es feststellte, dass das Dienstverhältnis zwischen den Parteien über den 6. 12. 2010 hinaus bis zum 31. 5. 2011 aufrecht weiterbestanden hat. Das Mehrbegehren des Klägers, es möge festgestellt werden, dass das Dienstverhältnis auch über den 31. 5. 2011 hinaus aufrecht weiterbesteht, wurde abgewiesen. Das Oberlandesgericht Wien begründete sein Urteil damit, dass der erste Entlassungsausspruch verfristet gewesen sei und für die Eventualentlassung kein hinreichend schwerwiegender Anlass vorliege. Eine einmalige Fehlleistung begründe noch keine besonders schwere Verletzung von Dienstpflichten oder gravierendste Vertrauensunwürdigkeit iSd § 90 Abs 2 Z 2 NÖ LBG, sehr wohl aber einen Kündigungsgrund nach § 88 Abs 2 Z 6 NÖ LBG. Die Eventualentlassung sei daher iSd § 92 Abs 1 NÖ LBG als berechtigte Kündigung zu behandeln, die das Dienstverhältnis mit Ablauf der Kündigungsfrist beendet habe.
Die gegen diese Entscheidung von beiden Parteien erhobenen außerordentlichen Revisionen wies der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 25. 11. 2016, 8 ObA 31/16s, mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurück.
Der Kläger begehrt mit seiner nunmehrigen, am 13. 6. 2016 eingebrachten Klage zuletzt für die Zeit vom 11. 12. 2010 bis 31. 5. 2011 Entgelt in Höhe von 54.678,32 EUR sA und Sonderklassegebühren in Höhe von 41.762,36 EUR sA. Sein Dienstverhältnis sei bis 31. 5. 2011 aufrecht gewesen, sodass ihm die Beklagte das begehrte Entgelt schulde. Wäre er nicht unberechtigt entlassen worden hätte er zudem die begehrten Sonderklassegebühren erhalten, die ihm wegen der unberechtigten Entlassung die Beklagte als Schadenersatz schulde.
Die Beklagte wandte – soweit für das Revisions- und Rekursverfahren von Interesse – Verjährung und hinsichtlich der Sonderklassegebühren zudem mangelnde Passivlegitimation ein.
Das Erstgericht wies das Begehren auf Ersatz der Sonderklassegebühren wegen Verjährung ab (Spruchpunkt 1) und erkannte in Hinsicht auf das Entgeltbegehren nach § 393a ZPO zu Recht, dass der von der Beklagten erhobene Einwand der Verjährung abgewiesen werde (Spruchpunkt 2).
Das Berufungsgericht hob über Berufung des Klägers hinsichtlich der Sonderklassegebühren das Ersturteil auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Hinsichlich des Begehrens auf Entgeltzahlung bestätigte es das Ersturteil mit der Maßgabe, dass der in Spruchpunkt 2 angeführte Betrag richtigerweise 54.678,32 EUR brutto lautet. Das Berufungsgericht begründete seine Entscheidung damit, dass nach ständiger Rechtsprechung ein vom Dienstnehmer erhobenes Begehren auf Feststellung des Fortbestands des Dienstverhältnisses die Verjährung hinsichtlich der aus diesem Dienstverhältnis abgeleiteten Ansprüche unterbreche und von der Unterbrechungswirkung nur Beendigungsansprüche ausgenommen seien. Beendigungsansprüche seien solche, die das Ende des Dienstverhältnisses voraussetzten. Aufgrund der Konversion gebühre dem Kläger eine Abrechnung des Dienstverhältnisses wie bei einer ordnungsgemäßen Kündigung, weshalb ihm für die Zeit der Kündigungsfrist bis zum Ablauf des Kündigungstermins die Monatsbezüge samt aliquoten Sonderzahlungen zustünden. Die vom Kläger eingeklagten „Entgeltansprüche“ stellten keine Kündigungsentschädigung dar, sondern es handle sich dabei um Ansprüche auf laufendes Entgelt bis zum Wirksamwerden der Kündigung mit 31. 5. 2011. Die vom Kläger im Verfahren 6 Cga 140/10i erhobene Klage auf Feststellung des Fortbestands des Dienstverhältnisses habe die Verjährung hinsichtlich dieser Ansprüche unterbrochen, weshalb diesbezüglich der Verjährungseinwand der Beklagten nicht berechtigt sei. Hinsichtlich des Anspruchs auf Ersatz der Sonderklassegebühren führte das Berufungsgericht aus, dass auch dies kein Anspruch sei, der das Ende des Dienstverhältnisses zur Anspruchsbegründung voraussetze. Die im Verfahren 6 Cga 140/10i rechtskräftig ausgesprochene Feststellung des Fortbestands des Dienstverhältnisses über den 6. 12. 2010 hinaus bis zum 31. 5. 2011 aufgrund der nach § 92 Abs 1 NÖ LBG vorzunehmenden Konversion sei unabdingbare Voraussetzung für diesen Schadenersatzanspruch. Aus dem Dienstverhältnis abgeleitete Schadenersatzansprüche seien von der Unterbrechungswirkung einer Klage auf Feststellung des Fortbestands des Dienstverhältnisses umfasst. Damit sei das Erstgericht in Hinsicht auf den Anspruch auf Ersatz der Sonderklassegebühren zu Unrecht von einer Verjährung ausgegangen.
Das Berufungsgericht erklärte sowohl die Revision gegen den bestätigenden Teil als auch den Rekurs gegen den aufhebenden Teil seiner Entscheidung für zulässig. Es mangle an höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage, ob die Entgeltansprüche, die einem Dienstnehmer infolge einer Konversion gemäß § 92 Abs 1 NÖ LBG (oder auch nach § 30 Abs 3 zweiter Satz VBG) zustehen, – abweichend von den Grundsätzen des allgemeinen Arbeitsrechts – keine Schadenersatzansprüche, sondern Ansprüche auf laufendes Entgelt darstellen. Weiters mangle es an höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage, ob auf Schadenersatz gestützte Ansprüche auf Zahlung von Sonderklassegebühren im Fall einer Konversion nach § 92 Abs 1 NÖ LBG von der Verjährungsunterbrechungswirkung einer Feststellungsklage des Dienstnehmers auf Feststellung des Fortbestands des Dienstverhältnisses umfasst sind.
Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richten sich die Revision und der Rekurs der Beklagten, mit denen jeweils eine Abänderung im klagsabweisenden Sinn beantragt und als Rechtsmittelgrund unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wird.
Der Kläger beantragt, die Rechtsmittel zurückzuweisen, hilfsweise ihnen nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Beide Rechtsmittel sind zulässig, aber nicht berechtigt.
1. Die Beklagte bestreitet, dass aufgrund von § 62 Abs 7 letzter Satz Niederösterreichisches Landes-Bedienstetengesetz (NÖ LBG) die Bestimmung des § 1497 ABGB über die Unterbrechung der Verjährung auf den vorliegenden Rechtsfall Anwendung findet.
1.1. § 62 Abs 7 letzter Satz NÖ LBG ordnet an, dass
die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts über die Hemmung und Unterbrechung der Verjährung „mit der Maßgabe anzuwenden [sind], dass die Geltendmachung eines Anspruches im Verwaltungsverfahren einer Klage gleichzuhalten ist“. Der Senat hat sich bereits in
8 ObA 41/05w = DRdA 2006, 317 (Ziehensack) mit der vergleichbaren Bestimmung des § 50 Abs 4 Tiroler Landes-Vertragsbedienstetengesetz (nunmehr: Landesbedienstetengesetz), wonach für „die Hemmung und die Unterbrechung der Verjährung [...] die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes mit der
Maßgabe [gelten], dass die schriftliche Geltendmachung eines noch nicht verjährten Anspruches durch den Vertragsbediensteten gegenüber dem Dienstgeber die Verjährung unterbricht“, befasst. In dieser Entscheidung wurde ausgesprochen, dass der Landesgesetzgeber durch die Vorschrift im Rahmen der ihm zukommenden Gesetzgebungskompetenz in Dienstrechtsangelegenheiten, die auch die Verjährung dienstrechtlicher Ansprüche umfasse, ausdrücklich die Geltung jener Bestimmungen des ABGB bestimme, die sich auf die Hemmung und Unterbrechung der Verjährung beziehen, wobei der Landesgesetzgeber zusätzlich einen eigenen Unterbrechungsgrund (schriftliche Geltendmachung gegenüber dem Dienstgeber) normiere.
Nichts anderes gilt für die Vorschrift des § 62 Abs 7 letzter Satz NÖ LBG. Sie ordnet jedenfalls die Anwendung der mit „Unterbrechung der Verjährung“ überschriebenen Vorschrift des § 1497 ABGB an und statuiert (nur) zusätzlich, dass „die Geltendmachung eines Anspruches im Verwaltungsverfahren einer Klage gleichzuhalten ist“. Damit sind auch die von Lehre und Rechtsprechung zu dieser Vorschrift entwickelten Grundsätze im vorliegenden Fall anzuwenden (8 ObA 41/05w).
1.2. Aus der zu § 25 Abs 3 Wiener VBO ergangenen Entscheidung 8 ObA 24/09a = AnwBl 2010/8250 (Hütthaler-Brandauer) ergibt sich nichts Gegenteiliges, zumal – wie in der Entscheidung ausgesprochen – anders als in der zu 8 ObA 41/05w entschiedenen Fallkonstellation (auch) keine Anordnung des Landesgesetzgebers zur Heranziehung der allgemeinen Regelungen des ABGB ersichtlich war (s auch RIS-Justiz RS0120265).
2. § 1497 ABGB ist auf die Ausschlussfristen des Arbeitsrechts analog anzuwenden (RIS-Justiz RS0029716).
2.1. Nach ständiger Rechtsprechung zu § 1497 ABGB unterbricht die Feststellungsklage die Verjährung hinsichtlich des geltend gemachten Rechtsverhältnisses und der daraus abgeleiteten Ansprüche (RIS-Justiz RS0118906). Eine solche Unterbrechungswirkung wird auch durch eine auf die Feststellung des aufrechten Bestands eines Arbeitsverhältnisses gerichtete Klage hervorgerufen, aus dem dann Entgeltansprüche, für welche die Verfallseinrede erhoben wird, vom Arbeitnehmer abgeleitet werden (RIS-Justiz RS0029716 [T3]). Von der Unterbrechungswirkung sind aber auch aus dem geltend gemachten Rechtsverhältnis abgeleitete Schadenersatzansprüche erfasst (9 ObA 118/10h [in Punkt 2.2.]).
2.2. Ein vom Dienstnehmer erhobenes Begehren auf Feststellung des Fortbestands des Dienstverhältnisses unterbricht die Verjährung aber nicht hinsichtlich der aus der Beendigung des Dienstverhältnisses abgeleiteten Ansprüche
(RIS-Justiz
RS0118906; RS0034286 [T10]). Dabei handelt es sich um solche, die das Ende des Dienstverhältnisses zur Anspruchsbegründung voraussetzen
(RIS-Justiz
RS0118906 [T2]). Die Unterbrechungswirkung einer Feststellungsklage bezieht sich auch nicht auf bereits – vor der Erhebung der Feststellungsklage – bekannte und fällige Ansprüche (RIS-Justiz RS0034286 [T9]).
2.3. Eine Ausdehnung beziehungsweise Änderung der Klage auf während des Feststellungsprozesses fällig werdende Beträge ist zur Aufrechterhaltung der Unterbrechung nicht erforderlich; die Unterbrechungswirkung geht nur dann verloren, wenn die Feststellungsklage nicht gehörig fortgesetzt oder aber abgewiesen wird (
RIS-Justiz RS0034286 [T5, T7]).
Zu den Entgeltansprüchen:
3.1. Nach allgemeinem Arbeitsrecht hat der Arbeitnehmer im Fall einer unwirksamen Auflösung bei bestehendem besonderen Kündigungsschutz und
Entlassungsschutz das Wahlrecht zwischen der Geltendmachung der Unwirksamkeit der Auflösung und der Forderung einer Kündigungsentschädigung bei rechtswidriger Beendigung und wird eine
Konversion der unwirksamen Beendigung zu einer wirksamen zu einem späteren Zeitpunkt abgelehnt (RIS-Justiz RS0101989). Hingegen ordnet das NÖ LBG – der Bestimmung des § 30 Abs 3 VBG
nachgebildet – ähnlich wie andere Vertragsbedienstetenordnungen (vgl etwa § 129 Abs 3 Stmk L-DBR) eine Konversion an: Gemäß § 92 Abs 1 Satz 2 HalbS 1 NÖ LBG gilt eine entgegen den Vorschriften des § 90 NÖ LBG ausgesprochene Entlassung als Kündigung, wenn der angeführte Entlassungsgrund einen Kündigungsgrund iSd § 88 Abs 2 NÖ LBG darstellt. Dies war hier – wie aus den Entscheidungen im Vorprozess ersichtlich – der Fall.
3.2. Nach § 92 Abs 1 letzter (dritter) Satz NÖ LBG haben Bedienstete das Recht, eine sonst rechtsunwirksame Entlassung (oder Kündigung) gegen Entschädigung gemäß § 92 Abs 2 NÖ LBG als wirksam anzuerkennen. § 92 Abs 2 NÖ LBG sieht für nicht rechtswirksame Beendigungen, dann wenn Bedienstete diese im Sinne des „zweiten“ – gemeint offenbar „dritten“ – Satzes anerkennen, einen Anspruch auf Geldleistungen – ähnlich einer Kündigungsentschädigung – für den Zeitraum, der bis zum Ablauf der bestimmten Vertragszeit oder der zutreffenden Kündigungsfrist „hätte verstreichen müssen“, vor. Davon hat der Kläger aber hier nicht Gebrauch gemacht. Vielmehr steht rechtskräftig fest, dass das Dienstverhältnis für die Zeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist aufrecht war. Hat daher – wie hier – ein Dienstnehmer die rechtsunwirksame Entlassung nicht anerkannt, verbleibt es bei der von § 92 Abs 1 NÖ LBG angeordneten Konversion und der Dienstnehmer ist nicht nur auf die in § 92 Abs 2 NÖ LBG festgelegten Geldansprüche verwiesen (vgl auch Krejci in Rummel, ABGB3 §§ 1158–1159c Rz 30; s auch Hartl, Gegenüberstellung Vertragsbediensten-
recht und allgemeines Arbeitsrecht – Beendigung des Arbeitsvertrags, JAS 2017, 384 [394 f]). Dem Vertragsbediensteten gebührt im Fall der Konversion eine Abrechnung des Dienstverhältnisses wie bei einer Kündigung, was bedeutet, dass ihm für die Zeitdauer der Kündigungsfrist bis zum Ablauf des Kündigungstermins die Monatsbezüge samt aliquoten Sonderzahlungen zustehen (Ziehensack, Vertragsbedienstetengesetz – Praxiskommentar § 30 Rz 9; § 34 Rz 313 ff). Der Vertragsbedienstete ist also hinsichtlich des Eintritts der Beendigungswirkung und der Rechtsfolgen so zu behandeln, als wäre er vom Dienstgeber gekündigt worden (Kuderna, Entlassungsrecht2 200; Aschauer/Kohlbacher, Landesdienstrecht, in Poier/Wieser, Steiermärkisches Landesrecht II [2016] 377 [428]). Die Gehälter, die der Arbeitnehmer bis zum Wirksamwerden der zu fingierenden Kündigung erhalten hätte, sind damit als laufendes Entgelt anzusehen und nicht als Kündigungsentschädigung.
3.3. Ebendieses laufende Entgelt wird vom Kläger mit der Erhebung eines Anspruchs auf Zahlung von 54.678,32 EUR geltend gemacht. Die Entgeltansprüche werden aus dem Dienstverhältnis abgeleitet, sodass sie von der Unterbrechungswirkung der Feststellungsklage erfasst sind. Darauf, dass die Unterbrechungswirkung einer Feststellungsklage sich nicht auf bereits bekannte und fällige Ansprüche bezieht (RIS-Justiz RS0034286 [T8, T9]), kann sich die Beklagte nicht berufen, zumal die Feststellungsklage bereits am 16. 12. 2010 bei Gericht eingebracht wurde und die mit der nunmehrigen Klage geltend gemachten Entgeltansprüche für den Zeitraum 11. 12. 2010 bis 31. 5. 2011 bei Einbringung der Feststellungsklage noch nicht – auch nicht teilweise – fällig gewesen sein können. Ein Fälligwerden der Entgeltansprüche während des Feststellungsprozesses ändert an der die Verjährung unterbrechenden Wirkung der Klagsführung nichts (
RIS-Justiz RS0034286 [T5]). Das Berufungsgericht hat daher zutreffend in Hinsicht auf die Entgeltansprüche aufgrund der sie erfassenden, die Verjährung unterbrechenden Wirkung der Feststellungsklage die Abweisung des Einwands der Verjährung bestätigt. Der Revision war keine Folge zu geben.
Zum Schadenersatzanspruch wegen entgangener Sonderklassegebühren:
4. § 45 Niederösterreichisches Krankenanstaltengesetz (NÖ KAG) regelt die Sondergebühren und ärztliche Honorare. Abs 1 lit b nennt das ärztliche Honorar für die Behandlung von Patienten, welche auf eigenen Wunsch in einem Krankenzimmer der Sonderklasse untergebracht wurden. Nach Abs 2 hat die Anstalt das ärztliche Honorar im Namen und auf Rechnung jener Ärzte einzuheben, die gemäß § 49g Abs 5 NÖ KAG berechtigt sind, ein solches zu verlangen. Nach § 49g Abs 5 wird das ärztliche Honorar vom verantwortlichen leitenden Arzt einer Abteilung, eines Departments, eines Fachschwerpunkts oder eines Instituts sowie von allenfalls beigezogenen Konsiliarfachärzten mit dem betroffenen Patienten oder mit dem für ihn Zahlungspflichtigen vereinbart.
4.1. Der Verfassungsgerichtshof hat – wie zB bereits in 9 ObA 79/11z ausgeführt – in einer verfassungskonformen Interpretation die in verschiedenen Landesgesetzen zum Krankenanstaltenrecht vorgesehenen Regelungen, wonach der Krankenanstaltenträger „namens“ der Ärzte die diesen „gebührenden“ Sonderklassegebühren hereinzubringen habe, dahin ausgelegt, dass es sich trotz dieses Wortlauts und gegen den Inhalt der Gesetzesmaterialien wegen sonstigen Verstoßes gegen das Grundsatzgesetz nicht um Ansprüche des Arztes, sondern der Krankenanstalt handle (s insb VfSlg 10.066; VfSlg 15.319). Letztlich hat der Verfassungsgerichtshof eine landesgesetzliche Bestimmung, die die Abteilungs- oder Institutsvorstände explizit berechtigte, von Patienten der Sonderklasse ein mit ihnen zu vereinbarendes Honorar zu verlangen, mangels Kompetenz des Landesgesetzgebers zur Regelung arbeits- und dienstrechtlicher Inhalte im Rahmen des Krankenanstaltenwesens sowie wegen Überschreitung der landesgesetzlichen Dienstrechtskompetenz als verfassungswidrig aufgehoben (VfSlg 18.116).
4.2. Ausgehend von der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs hat der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass eine Vorschrift wie § 45 NÖ KAG verfassungskonform dahin zu interpretieren ist, dass sie keine direkten Rechtsbeziehungen zwischen dem forderungsberechtigten Arzt und dem Sonderklassepatienten schafft (RIS-Justiz RS0110693; RS0109072). Der Rechtsträger des Krankenhauses hebt die Gebühr der Sonderklasse als eigenen im Gesetz festgelegten Anspruch ein (RIS-Justiz RS0107349). Eine Vorschrift wie § 45 NÖ KAG kann nicht als direkte Rechtsgrundlage für Ansprüche von Ärzten gegenüber den Krankenanstaltenträgern angesehen werden. Spitalabteilungsleitern steht kein nur auf dem Gesetz beruhender Anspruch auf Ausfolgung von Sonderhonoraren zu. Honoraransprüche können nur auf gesonderte Vereinbarungen gestützt werden. Als Anspruchsgrundlage kommt aber auch eine schlüssige Vereinbarung durch ständige Übung zwischen dem Dienstgeber und dem Dienstnehmer in Betracht (RIS-Justiz RS0116207).
4.3. Zumal sich der Kläger hier darauf stützt, dass die Beklagte durch ihre unberechtigte Entlassung bewirkt habe, dass ihm die – in der Vergangenheit üblicherweise zugeflossenen – Sonderklassegebühren entgangen seien, macht er einen vertraglichen Schadenersatz geltend. Wie ebenso bereits vom Berufungsgericht erkannt handelt es sich bei dem vom Kläger auf Schadenersatz gestützten Anspruch auf Ersatz der entgangenen Sonderklassegebühren um keinen Anspruch, der das Ende des Dienstverhältnisses voraussetzt.
5. Eine Abweisung dieses Schadenersatzanspruchs wegen fehlender Passivlegitimation kommt gleichfalls nicht in Betracht, weil die Beklagte aus dem Titel des vertraglichen Schadenersatzes in Anspruch genommen wird. Für den geltendgemachten Schadenersatzanspruch ist sie passivlegitimiert.
6. Ob die Beklagte den Entgang der Sondergebühren durch ein rechtswidriges schuldhaftes Verhalten verursachte, kann aufgrund des festgestellten Sachverhalts noch nicht eindeutig beurteilt werden. Folglich kann entgegen der Ansicht der Beklagten im Rekurs die Abweisung des Begehrens auf Ersatz der entgangenen Sonderklassegebühren auch (noch) nicht mit dem Fehlen eines Verschuldens der Beklagten begründet werden.
Dem Rekurs gegen den zweitinstanzlichen Aufhebungsbeschluss war folglich der Erfolg zu versagen.
7. Eine Kostenentscheidung hatte aufgrund des Kostenvorbehalts der Vorinstanzen gemäß § 52 Abs 3 ZPO zu unterbleiben.
Textnummer
E123373European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:008OBA00055.18Y.1024.000Im RIS seit
06.12.2018Zuletzt aktualisiert am
12.12.2019