Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Stefula in der Rechtssache der klagenden Partei G***** K*****, vertreten durch Dr. Josef Fromhold, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei L***** AG, *****, vertreten durch Reif und Partner Rechtsanwälte OG in Graz, wegen 14.950 EUR sA (Revisionsinteresse: 6.244,91 EUR sA), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 14. Februar 2018, GZ 58 R 105/17i-21, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichts Baden vom 23. August 2017, GZ 7 C 1601/16k-17a, teilweise Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben. Das Urteil des Berufungsgerichts wird mit der Maßgabe bestätigt, dass es in seinen Spruchpunkten 1. bis 3. zu lauten hat:
„1. Die Klagsforderung besteht mit 8.705,09 EUR zu Recht.
2. Die Gegenforderung der beklagten Partei besteht nicht zu Recht.
3. Die beklagte Partei ist daher schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen 8.705,09 EUR samt 4 % Zinsen seit 23. 5. 2012 zu zahlen.“
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 563,86 EUR (darin 41,76 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in *****, die eine internationale Einkaufsgemeinschaft betreibt. Das Geschäftsmodell der Einkaufsgemeinschaft basiert auf zwei Stützen, nämlich den Mitgliedern der Einkaufsgemeinschaft einerseits und den Partnerunternehmen andererseits. Das Rechtsverhältnis zwischen den Mitgliedern und der Beklagten ist in den AGB in der Fassung April 2012 und den „zusätzlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen für L***** Mitglieder zur Nutzung der erweiterten Mitgliedsvorteile in der Fassung April 2012“ (ZAGB) geregelt, die beide zwischen dem Kläger und der Beklagten Vertragsinhalt wurden. Bei den Partnerunternehmen handelt es sich um Dienstleister, Händler usw, die mit der Beklagten Kooperationsvereinbarungen abgeschlossen haben: Sie verpflichten sich, ihr bei jedem Einkauf eines Mitglieds eine vertraglich vereinbarte Vermittlungsprovision („Spanne“ bzw „Rabatt“) zu leisten, aus der die Beklagte ihren Mitgliedern bestimmte Vorteile gewährt. Bei kostenloser Mitgliedschaft können die Mitglieder Vorteile durch eigene Einkäufe bei Partnerunternehmen in Form der Rückvergütung eines bestimmten Prozentsatzes des Preises (bis zu 2 % „Cashback“) erhalten. Diese Vergütung wird durch die Vermittlungsprovision der Partnerunternehmen finanziert. Ein Teil der Vermittlungsprovision wird von der Beklagten einbehalten. Durch Anwerben weiterer Mitglieder kann das Mitglied auch einen bestimmten Prozentsatz der Einkaufssumme der angeworbenen Mitglieder vergütet bekommen (bis zu 0,5 % „Freundschaftsbonus“). Je mehr das Mitglied selbst oder die von ihm direkt oder indirekt geworbenen Kunden bei den Partnerunternehmen einkaufen, desto mehr Vergütung erhält das Mitglied. Kaufen die Mitglieder selbst über die geworbenen Mitglieder nichts ein, können sie auch keine Vergütungen lukrieren. Bei der Werbung neuer Mitglieder ist das werbende Mitglied nicht zur Vertretung der Beklagten berechtigt, insbesondere nicht zur Abgabe oder Entgegennahme von Erklärungen.
Darüber hinaus kann das Mitglied noch andere Vergütungen erzielen, die ebenfalls vom Einkaufsvolumen des Mitglieds und/oder der geworbenen Mitglieder abhängen. Zusätzliche Faktoren wie die Höhe der Vermittlungsprovision sowie eine zeitliche Komponente können die Höhe der übrigen Vergütungen beeinflussen. Die genaue Funktionsweise der Vergütungen ergibt sich aus den AGB. Die Vergütungen werden nicht direkt durch die Partnerunternehmen, sondern durch die Beklagte an den Kunden geleistet.
In der Einkaufsgemeinschaft gibt es neben den „normalen“ Kunden auch sogenannte „Business-Kunden“. Dabei handelt es sich um eine Bezeichnung für besonders aktive Mitglieder, die entsprechend hohe Einkaufsvolumina produzieren. Ein Mitglied wird entweder dann „Business-Kunde“, wenn es innerhalb eines Jahres ein Einkaufsvolumen von mindestens 20.000 EUR generiert oder wenn es stattdessen den Weg des „Business-Pakets“ nimmt. Neben einigen anderen Einkaufsvarianten haben die Mitglieder die Möglichkeit, bei einem Partnerunternehmen mit Gutscheinen einzukaufen. Diese werden vom Partnerunternehmen selbst ausgestellt, jedoch nur von der Beklagten an die Mitglieder ausgegeben; die Gutscheine sind nicht in bar einlösbar. Eine Besonderheit der Gutscheine ist, dass das Mitglied auch Anzahlungen auf seine konkrete Gutscheinbestellung leisten kann. Die Gutscheine werden von Partnerunternehmen ausgestellt und den Mitgliedern per Post zugesandt. Das Bestellformular zum Gutscheinkauf muss per Post, Fax oder per E-Mail an die österreichische Tochtergesellschaft der Beklagten übermittelt werden. Das Mitglied kann wählen, ob es die Gutscheine sofort zur Gänze bezahlt oder nur teilweise. Bei Anzahlung der Gutscheine hängt die Höhe der Anzahlung vom jeweiligen Mitgliedsvorteil, den das Partnerunternehmen gewährt, ab. Beispielsweise muss für einen Gutschein in Höhe von 10.000 EUR und einem Mitgliedsvorteil von 10 % eine Anzahlung in Höhe von 1.000 EUR geleistet werden. Erst nach vollständiger Bezahlung der Gutscheine werden dem Mitglied die Gutscheine zugeschickt. Sämtliche Zahlungen werden an die Beklagte geleistet. Das Partnerunternehmen kann auch bis zur vollständigen Bezahlung der Gutscheine gewechselt werden. Der Vorteil der Anzahlung liegt darin, dass der aushaftende Restbetrag in Form von Rückvergütungen aus Einkäufen oder durch „Freundschaftsboni“ erwirtschaftet werden kann. Des Weiteren wird bereits der Gesamtwert der Gutscheinbestellung dem Einkaufsvolumen zugerechnet, sodass dies bei der Ermittlung der Vergütung (mit Ausnahme der „Sofortrückvergütung“ und des „Freundschaftsbonus“) berücksichtigt werden kann. Die Zahlung des Restbetrags ist nicht fristgebunden. Kann das Mitglied die Restzahlung der Gutscheinbestellung nicht aufbringen oder wird die Restzahlung durch Vergütungen erwirtschaftet, kann es die „Re-Cash Funktion“ aktivieren, was zur Folge hat, dass der gesamte Mitgliedsvorteil sämtlicher von ihm zukünftig getätigter Einkäufe so lange gegen die Anzahlung aufgerechnet wird, bis diese Null ist.
(…)
Der Kläger absolvierte eine Lehre als Fotokaufmann und besuchte daneben eine Musikschule. Bereits im Jahr 2009 war er hauptberuflich selbständiger Musiker und spielte als Schlagzeuger in einer Trommler-Gruppe. Er hatte keine Nebenverdienste und verdiente zwischen 600 und 800 EUR monatlich.
Auf die Beklagte wurde der Kläger von seinem Band-Kollegen N***** S***** aufmerksam gemacht, der ihm das System der Beklagten so erklärte, dass man unter Verwendung einer kostenlos erhältlichen „Cashback-Karte“ der Beklagten bei verschiedenen Unternehmen einkaufen kann und dafür Rückvergütungen (in Geld) bekommt. Dazu zeigte ihm N***** S***** seine eigene „Cashback-Karte“ und ein Registrierungsformular, auf dessen Rückseite österreichische Partnerunternehmen, bei welchen man einkaufen konnte – wie etwa O***** oder B***** – aufgelistet waren.
Da die Karte kostenlos war und sich der Kläger bei seinen privaten Einkäufen Geld sparen wollte, registrierte er sich am 16. 11. 2009 für das System der Beklagten. Von anderen Möglichkeiten im System der Beklagten, etwa der Möglichkeit Mitglieder zu werben und über einen Freundschaftsbonus weitere Vorteile zu lukrieren oder der Möglichkeit, sogenannte „Business-Pakete“ zu erwerben, war ihm im Zeitpunkt der Registrierung nichts bekannt. Als Empfehlungsgeber war am Registrierungsformular N***** S***** genannt. Von seinem Empfehlungsgeber wurde dem Kläger gesagt, dass es sich bei der Beklagten um ein österreichisches Unternehmen handelt. Auch am vorgedruckten Registrierungsformular war als Antwortempfänger die „L***** H***** AG c/o L***** A***** GmbH, *****“ angeführt. Die damals geltenden AGB waren auf dem Informationsblatt zur Registrierung angeführt, der Kläger hat diese durchgelesen und durch Ankreuzen am Registrierungsformular akzeptiert. N***** S***** war ebenfalls Musiker und ein Bandkollege des Klägers, der selbst durch einen für die Band tätigen Lichttechniker auf die Einkaufskarte der Beklagten und die damit verbundene Möglichkeit für (Privat-)Einkäufe Rückvergütungen zu bekommen, aufmerksam gemacht wurde.
Kein Mitarbeiter der Beklagten ist mit dem Kläger bei Vertragsabschluss in Kontakt getreten.
Der Kläger kaufte in der Folge bei Partnerunternehmen ein, wofür ihm jeweils kleinere Beträge (von 0,5 bis 2 % des Einkaufsvolumens) auf seinem Konto gutgeschrieben wurden.
Nach der Registrierung wurde der Kläger von seinem Empfehlungsgeber N***** S***** darauf angesprochen, dass man in Form von Anzahlungen bei der Beklagten auch sogenannte „Business-Pakete“ erwerben könne. Dabei wurde ihm erklärt, dass es sich um „Länderbeteiligungen“ in verschiedenen boomenden Regionen der Welt handelt, in welchen die Beklagte ebenfalls Tochtergesellschaften gründet und man vom Wachstum in diesen Ländern (durch Einkäufe von dortigen Mitgliedern) profitieren könne. Risikofrei könne so ein passives Einkommen erzielt werden (vgl etwa „amerikanisches Verrechnungssystem“; „Buchungsaktion Indien“). Unter Verwendung eines „Informationsflyers“ wurde dem Kläger von seinem Empfehlungsgeber erklärt, dass er mit einer Anzahlung von 2.000 EUR in wenigen Jahren 16.572 EUR verdienen könne. Wie in kurzer Zeit eine derartige Summe erwirtschaftet werden sollte, hat der Kläger (bis heute) nicht verstanden.
Am 31. 3. 2010 erwarb der Kläger ein erstes „Business-Paket“ um 2.000 EUR. Bis 23. 8. 2012 erwarb der Kläger (sowohl unter seiner ursprünglichen Registrierungsnummer wie auch unter seiner Anfang 2011 erworbenen zweiten Mitgliedschaft) in der Folge weitere „Business-Pakete“ und „Länderpakete“ („Amerika“, „Middeleast and Africa“, „Asien“ und „Brasilien“) um insgesamt 14.950 EUR, indem er im Gesamtbetrag von 14.950 EUR jeweils „Anzahlungen“ auf Gutscheine (in Höhe von nahezu 400.000 EUR) an die Beklagte zahlte. Die Gutscheine lauteten großteils auf die Firma K*****. Die Formulare der Gutscheinbestellungen wurden jeweils in Österreich ausgefüllt und per Post, Fax oder per E-Mail an die österreichische Tochtergesellschaft der Beklagten übermittelt. Ab Inkrafttreten der AGB 2012 (laut Beklagter am 3. 4. 2012) hat der Kläger keine Anzahlungen mehr getätigt, die einen Betrag von 2.000 EUR übersteigen.
Gutscheine oder Waren der Firma K***** wollte der Kläger dabei nicht beziehen. Der Zweck bestand für ihn in der „Partizipation“ am Einkaufsvolumen der aus seiner Sicht erworbenen „Länderbeteiligungen“. Ein nachvollziehbarer Grund, warum auf den Gutscheinbestellungen die Firma K***** als Partnerunternehmen angeführt war, wurde ihm auf seine Nachfrage bei seinem Empfehlungsgeber nicht genannt.
Von seinem Empfehlungsgeber wurde dem Kläger auch mitgeteilt, dass er für die „Cashback-Karte“ ebenfalls Mitglieder werben könne, wodurch er in Form des Freundschaftsbonus in Höhe von 0,5 % der durch die geworbenen Mitglieder getätigten Einkäufe auch selbst profitieren könne. In der Folge hat der Kläger insgesamt 64 Personen aus seinem Freundes- und Verwandtenkreis als Mitglieder für die Beklagte geworben. Anfang 2011 hat sich der Kläger auch ein zweites Mal registriert, um durch die Einkäufe mit seiner zweiten Karte zusätzliche Boni für diese Einkäufe zu erhalten. Im Gespräch mit den von ihm geworbenen Verwandten und Freunden verwendete der Kläger auch eine Informationsbroschüre der Beklagten betreffend die (blaue) „Cashback-Karte“, die er bei der Beklagten bestellt hatte. Die Beklagte zahlte dem Kläger im Zeitraum 11. 5. 2010 bis 29. 11. 2016 einen Betrag von 5.344,91 EUR (davon über das „Karrierekonto“ 931,82 EUR und über das Auszahlungskonto 4.413,09 EUR) an Mitgliedsvorteilen aus. Am 21. 1. 2014 erhielt der Kläger als weiteren Mitgliedsvorteil L*****- bzw O*****-Gutscheine im Gegenwert von 450 EUR und am 9. 3. 2016 erhielt er weitere L*****-Gutscheine im Gegenwert von 450 EUR, diese Gutscheine hat der Kläger durch Einkäufe bzw. durch Tanken eingelöst. Insgesamt erhielt der Kläger somit während seiner Mitgliedschaft bei der Beklagten 6.244,91 EUR an Mitgliedsvorteilen. Am 22. 5. 2015 schloss sich der Kläger dem Ermittlungsverfahren der WKStA zu AZ 14 St 17/12m als Privatbeteiligter an.
Im Verbandsverfahren wurden zahlreiche von der Beklagten in ihren AGB verwendete Klauseln zu den „erweiterten Mitgliedsvorteilen“ und zur Beendigung des Vertragsverhältnisses für unwirksam erklärt (s im Detail 10 Ob 45/16i).
Der Kläger begehrte mit seiner am 11. 12. 2016 beim Erstgericht eingelangten Klage 14.950 EUR samt 4 % Zinsen seit 23. 5. 2012 und brachte – zusammengefasst – vor, er habe sich am 18. 11. 2009 und am 6. 5. 2010 jeweils als Privatkunde registrieren lassen. Die Beklagte gebe vor, eine Einkaufsgemeinschaft zu sein, bei welcher Mitglieder durch Einkäufe Cashback erhalten könnten. Die Einkaufsgemeinschaft sei allerdings nur Fassade: In erster Linie würden von den Mitgliedern hohe Beträge als Anzahlungen auf Gutscheine eingefordert, die dem Mitglied Gewinne verschaffen sollten. Das Schneeballsystem L***** finanziere sich durch die Zahlungen seiner Mitglieder. Ausbezahlte Mitgliedsvorteile würden fast ausschließlich mit Geldern anderer Anleger dotiert. Die Vertragsabschlüsse zwischen dem Kläger und der Beklagten seien nach § 879 Abs 1 ABGB nichtig (unzulässiges Schneeballsystem iSd Anhang Z 14 zu § 2 UWG) und ex tunc rückabzuwickeln. Zudem seien bereits jene Vertragsklauseln für gesetzwidrig und unzulässig erklärt worden, die die Rückzahlung der Einzahlungen verhindern sollten. Er stütze sein Begehren weiter auf die Rückabwicklung infolge der Rücktrittsrechte nach § 5 Abs 4 KMG, § 27 KSchG, § 5e Abs 2 KSchG, listige Irreführung und auf Schadenersatz in Höhe der Zahlungen für sein Kapitalinvestment von insgesamt 14.950 EUR. Er habe sich am 22. 5. 2015 wegen der klagsgegenständlichen Ansprüche auch als Privatbeteiligter in dem zu AZ 14 St 25/15t (vormals AZ 14 St 17/12m) anhängigen Strafverfahren angeschlossen und Schadensgutmachung begehrt.
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach, beantragte Klagsabweisung und wandte, soweit im Revisionsverfahren noch relevant, aufrechnungsweise eine Gegenforderung von 6.244,91 EUR ein. Diese vom Kläger erhaltenen Mitgliedsvorteile seien nicht berücksichtigt worden. Zinsen könnten erst ab Ausübung des Gestaltungsrechts, sohin ab Klagseinbringung, begehrt werden.
Der Kläger erwiderte, die erhaltenen Mitgliedsvorteile seien Früchte im Sinne der §§ 329 ff ABGB, die er als redlicher Besitzer im guten Glauben verbraucht habe. Zudem seien die Mitgliedsvorteile gewährt worden, um den Kläger für seine Beteiligung am Schneeballsystem zu entlohnen. Gemäß § 1174 Abs 1 ABGB könne die Beklagte diese wissentlich zur Bewirkung einer unerlaubten Handlung hingegebenen Zahlungen nicht mehr zurückfordern.
Das Erstgericht sprach aus, dass die Klagsforderung mit 14.950 EUR und die Gegenforderung mit 6.244,91 EUR zu Recht bestünden, verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 8.705,09 EUR samt 4 % Zinsen seit 11. 12. 2013 und wies das Mehrbegehren ab. Zur erweiterten Mitgliedschaft und dem Prämiensystem stellte es im Detail noch Folgendes fest:
„Neben der kostenlosen Mitgliedschaft gibt es die Möglichkeit, ‚Premiummitglied‘ zu werden, wenn man selbst mehr als 20.000 EUR an Einkäufen innerhalb von 12 Monaten tätigt. Premiummitglieder erhalten sogenannte erweiterte Mitgliedsvorteile, also mehrere zusätzliche Vergütungsmöglichkeiten. Eine weitere Möglichkeit, Umsätze im Treueprogramm der Beklagten zu generieren besteht darin, direkt bei der Beklagten Gutscheine vom Partnerunternehmen zu beziehen. Es ist auch möglich, auf diese Gutscheine zunächst bloße Anzahlungen zu leisten. Die Gutscheine der Partnerunternehmen werden nach vollständiger Bezahlung des Gutscheinbetrages von der Beklagten ausgegeben. Die zuvor beschriebenen Vergütungen ‚Cashback‘ und ‚Freundschaftsbonus‘ werden durch solche Anzahlungen nicht ausgelöst, jedoch erhöhen sie die Berechnungsgrundlage der erweiterten Vorteile von Premiummitgliedern. Außerdem kann ein Mitglied auch alleine durch Anzahlungen von insgesamt 2.000 EUR auf Gutscheine zum Premiummitglied werden. In diesem Fall ist es also nicht erforderlich, tatsächlich Waren oder Dienstleistungen um 20.000 EUR zu konsumieren.
Die zusätzlichen Vergütungsmöglichkeiten für Premiummitglieder werden Treueprämien, Treuboni, Treuegutschriften, Re-Cash-Partnerprämie, Bonuseinheiten, kostenfreie Zusatzeinheiten durch Einheitenumbuchungen, Volumenprämien und Volumensboni genannt. Sie werden jeweils durch ein komplexes System berechnet. Von allen vom Mitglied oder seinen direkt oder indirekt geworbenen Mitgliedern getätigten Einkäufen oder Gutscheinanzahlungen wird jeweils ein prozentueller Buchungswert, der für jedes Unternehmen variiert, als ‚Gutschrift‘ ermittelt. Diese dient ausschließlich dazu, in einem binären Verrechnungssystem ‚Einheiten‘ zu bilden und wird nicht ausbezahlt. Von den so gebildeten Einheiten werden dann die Treuevorteile (Treueprämie, Treuebonus, Treuegutschrift) berechnet. Hat das Premiummitglied genug verschiedene Einheiten in diesem binären System gebildet, erhält es eine Treueprämie. Dies jedoch nur unter der Voraussetzung, dass bei vier direkt geworbenen Premiummitgliedern in deren binärem System jeweils zumindest eine Buchung einer Einheit vorliegt. Die Höhe der Treueprämie hängt von der Anzahl und dem Wert der gebuchten Einheiten ab. Das Mitglied erhält weiters eine Partnerprämie, wenn ein geworbenes Premiummitglied eine Treueprämie erhält (bei direkt geworbenen 18,75 %, bei indirekt geworbenen 6,25 % der Treueprämie). Generiert man selbst bzw. seine direkt und indirekt geworbenen Mitglieder genug Einheiten einer bestimmten Kategorie, bekommt man weitere Vergütungen wie Bonuseinheiten oder Einheitenumbuchungen. Die jeweiligen Vergütungen sind untereinander derart verknüpft, dass eine Bonuseinheit beispielsweise die Berechtigung des Bezugs von Treueprämien voraussetzt. Für den Bezug von Volumensprämien oder Volumensboni ist das Erreichen eines Karrierelevels Voraussetzung. Die gebuchten Einheiten werden dafür zuvor in Punkte umgerechnet.
Für das Erreichen eines Karrierelevels muss ein Premiummitglied über zumindest zwei direkt geworbene Mitglieder verfügen. Durch deren Umsätze, die ebenfalls in Einheiten und Punkte umgerechnet werden, muss eine gewisse Anzahl an Punkten erreicht werden. Um ein erreichtes Karrierelevel nicht zu verlieren oder aufzusteigen, muss eine bestimmte Punktezahl bei geworbenen Mitgliedern in bestimmten Produktionsmonaten erreicht werden. Hat das Premiummitglied mindestens Karrierelevel 4 erreicht, kann es einen unbefristeten Anspruch auf das Karrierelevel erreichen, sofern es zumindest elf weitere direkt geworbene Mitglieder, die ebenfalls ein gewisses Karrierelevel erreicht haben müssen, geworben hat. Zum Erreichen der Volumensprämie muss das Premiummitglied selbst ebenfalls genug Punkte korrespondierend zum erreichten Karrierelevel erreicht haben, diese werden dann mit einem Eurofaktor multipliziert und ausbezahlt. Hat man zumindest das Karrierelevel 2 erreicht, ist zusätzlich noch ein Volumensbonus möglich. Nimmt man die Re-Cash-Funktion in Anspruch, kann das Mitglied die geleistete Anzahlung auf Gutscheine zurückerlangen. Es werden dann die Gutschriften aus eigenen Einkäufen, die Einheiten am Treuekonto bilden würden, anstatt dessen auf die Anzahlung verrechnet und ausbezahlt.“
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, da der Vertrag rückwirkend beendet werde, habe der Kläger auch die erhaltenen Beträge zurückzugeben. Der Zweck ihrer Hingabe (Rückvergütung und Werbung von Mitgliedern) sei weggefallen. Bei den Vorteilen handle es sich nicht um gutgläubig verbrauchbare Früchte (§§ 329 ff ABGB), sondern um eine Hauptleistung aus dem Mitgliedsvertrag.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers hinsichtlich des Zuspruchs von weiteren 4 % Zinsen aus 8.705,09 EUR seit 23. 5. 2012 Folge und bestätigte im Übrigen das Ersturteil. Ergänzend zum Ersturteil führte es aus, der Grundsatz der Rückführung des beidseitig Geleisteten erfahre gemäß § 1174 ABGB eine Ausnahme, wenn etwas zur Bewirkung einer unmöglichen oder unerlaubten Handlung gegeben worden sei, was der Normzweck entscheide. Der Zweck, irreführende Geschäftspraktiken hintanzuhalten, werde nicht erst dann erreicht, wenn der Verbraucher erhaltene Vorteile nicht herausgeben müsse. Es liege ein direktes Austauschverhältnis vor, sodass sämtliche Leistungen, sowohl die gewährten Rabatte bei Einkäufen als auch die Vorteile aus den Anzahlungen, herauszugeben seien. Dass die Zuführung neuer Kunden einen Wert darstelle, sei für die Beantwortung der Frage des Zurückstellens nicht von Bedeutung, da aufgrund der losgelöst zu behandelnden Forderungen der Parteien jede für sich zu beurteilen sei. Es seien daher sämtliche finanziellen Zuwendungen herauszugeben, ohne dass es einer Differenzierung zwischen den verschiedenen Mitgliedsvorteilen bedürfe. Dass die Beklagte dem Kläger den Wert der von ihm erbrachten Leistung des Anwerbens neuer Kunden zu vergüten habe, könne auch nicht mit einer „Gegenaufrechnung“ geltend gemacht werden, diese sei unzulässig. Im Hinblick auf § 1174 Abs 1 ABGB müsse das Geleistete nach Absicht beider Parteien belohnendes Entgelt für eine unerlaubte Tätigkeit sein, was auf den Kläger, der das System gar nicht verstanden habe, nicht zutreffe. Eine Analogie zum Aufrechnungsverbot des § 1440 Satz 2 ABGB sei nicht gerechtfertigt.
Der Frage der Rückzahlung erhaltener Vorteile komme hier über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu, die Revision sei daher zulässig.
In seiner dagegen gerichteten Revision beantragt der Kläger die Abänderung des Berufungsurteils im Sinn einer vollständigen Klagsstattgebung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt erkennbar, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, sie ist jedoch nicht berechtigt.
1. Voranzustellen ist, dass sich der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren auf die Nichtigkeit des gesamten Vertragsverhältnisses der Streitparteien (Verbots- bzw Sittenwidrigkeit iSd § 879 ABGB) berufen hat. Auch in der Revision macht er geltend, dass nicht nur die im Verbandsverfahren aufgehobenen Bestimmungen nichtig seien, sondern, da die Hauptleistungen der Beklagten betroffen seien, von einer gänzlichen Vertragsaufhebung auszugehen sei („undurchsichtig gestalteter Vergütungsdschungel“). Erwägungen zu einer Teilnichtigkeit, insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Differenzierung zwischen den Vorteilen aus dem „Cash-Back“-System und dem Freundschaftsbonus aus der einfachen Mitgliedschaft einerseits und jenen aus der erweiterten Mitgliedschaft andererseits, sind im vorliegenden Verfahren daher nicht anzustellen.
Festzuhalten ist auch, dass sich die Beklagte weder im Berufungs- noch im Revisionsverfahren gegen die Beurteilung der Vorinstanzen wandte, dass sie mit dem streitgegenständlichen Geschäftsmodell eine irreführende Geschäftspraktik iSd Z 14 des Anhangs zu § 2 UWG verfolgte und die geschlossenen Verträge daher nichtig (§ 879 ABGB) und als solche bereicherungsrechtlich rückabzuwickeln sind. Andere Rechtsgrundlagen für eine Rückabwicklung des Vertragsverhältnisses (zB Rücktrittsrechte nach KMG, KSchG, FAGG) sind nicht revisionsgegenständlich.
2. Nach herrschender Ansicht erfolgt die Kondiktion bei verbotenen und sittenwidrigen Verträgen (§ 879 ABGB) nach § 877 ABGB (s nur Bollenberger in KBB5 § 877 Rz 2 mwN). Danach hat, wer die Aufhebung eines Vertrags aus Mangel der Einwilligung verlangt, dagegen auch alles zurückzustellen, was er aus einem solchen Vertrag zu seinem Vorteil erhalten hat. Die Nichtigkeit des Vertrags führt dazu, dass die Causa für die Vermögensverschiebung wegfällt, was grundsätzlich zur Rückabwicklung des nichtigen Rechtsgeschäfts gemäß § 877 ABGB führt. Nach Lehre und Rechtsprechung ist für die Rückabwicklung aber auch der Verbotszweck zu beachten: Bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung der Leistungen aus einem gemäß §
879 ABGB nichtigen Rechtsgeschäft ist auf den Zweck der verletzten Norm, die die Ungültigkeit des Geschäfts bewirkt, Bedacht zu nehmen (RIS-Justiz RS0016325). Will das Verbotsgesetz nur die Entstehung durchsetzbarer Verpflichtungen verhindern, ohne eine tatsächlich vorgenommene Vermögensverschiebung zu missbilligen, so begründet die Nichtigkeit für sich allein keinen Rückforderungsanspruch (RIS-Justiz RS0016325 [T2]; s auch Pletzer in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.02, § 877 Rz 6 mwN; Rummel in Rummel/Lukas, ABGB4 , § 877 Rz 2 mwN).
Ob das aufgrund eines nichtigen Vertrags Erhaltene zurückzugeben ist, entscheidet daher der Zweck der verletzten Norm (RIS-Justiz RS0016325 [T7]).
3. Ähnliches gilt für den vom Kläger thematisierten Kondiktionsausschluss nach § 1174 Abs 1 ABGB, wonach jemand das, was zur Bewirkung einer unmöglichen oder unerlaubten Handlung gegeben wurde, nicht zurückfordern kann. Das Kondiktionsverbot des § 1174 Abs 1 ABGB betrifft gerade jene Fälle, in denen ohne ein solches Verbot eine Kondiktion nach allgemeinen Grundsätzen gegeben wäre. Das Verbot beruht auf der Erwägung, dass die – sonst – gegebene Zulässigkeit der Kondiktion einen Anreiz für den Empfänger bilden könnte, die unerlaubte Gegenleistung zu erbringen. Die Rechtsordnung darf daher, wenn sie diese Gefahr vermeiden will, eine Rückforderung nicht gestatten, die sich auf das Ausbleiben des Leistungszwecks, nämlich der unerlaubten Handlung, gründet (RIS-Justiz RS0022014). Entscheidend ist dabei, ob der Verbotszweck den Ausschluss der Rückforderung erfordert (Rebhahn/Kietaibl in Schwimann/Kodek, ABGB V4 § 1174 Rz 4 mwN; s auch Pletzer aaO § 877 Rz 7 mwN).
4. Zum Verbotszweck meint der Kläger zum einen, bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung sei der Zweck jener Normen, die die Unwirksamkeit intransparenter und gröblich benachteiligenden Bestimmungen in den AGB verbieten, insbesondere § 6 Abs 3 KSchG und § 879 Abs 3 ABGB, zu betrachten. Der Normzweck bedinge den Grundsatz, dass der Errichter und Verwender nichtiger AGB aus der Nichtigkeit des Gesamtvertrags keine Vorteile erzielen dürfe. Zum anderen verweist er auf den Zweck des Verbots des Schneeballsystems und argumentiert in diesem Zusammenhang, dass sich der Verbotszweck des § 879 Abs 1 ABGB iVm Z 14 des Anhangs zu § 2 UWG nicht gegen den wechselseitigen Leistungsaustausch an sich richte, sondern ausschließlich dem Schutz des Konsumenten diene. Verpönt sei zwar die Entgegennahme von Leistungen des Konsumenten, nicht aber die vom Betreiber des Systems für die Teilnahme gewährte Vergütung. Der Verbotszweck solle das Entstehen einer klagbaren Verpflichtung des Konsumenten zur Zuführung von Mitgliedern und des Unternehmers auf Zahlung von Anwerbeprämien verhindern.
5. Dazu war zu erwägen: Schneeball- und Pyramidensysteme sind in der Regel dadurch charakterisiert, dass die Teilnehmer einen Einsatz zu leisten haben und durch Anwerbung weiterer Teilnehmer ein wirtschaftlicher Erfolg lukriert wird. Sie sind auf ständiges Wachstum unter ähnlichen Rahmenbedingungen ausgelegt, sodass später angeworbene Teilnehmer aufgrund der Marktübersättigung ihren Einsatz verlieren (vgl Anderl/Appl in Wiebe/Kodek UWG2 Rz 161 f). Ihre „Schädlichkeit für Publikum und Mitbewerber“ (so schon 464 BlgNR 1. GP S 18 zu § 27 UWG) ist unstrittig. Verträge dieser Art sind daher nichtig (vgl § 27 Abs 3 UWG). Ketten- und Pyramidenspiele sind nach Maßgabe des § 168a StGB auch pönalisiert.
6.1. Im vorliegenden Fall kann nicht fraglich sein, dass die vielfältigen Prämien, Boni etc einen Anreiz dafür schaffen sollen, dass ein Mitglied nicht nur selbst Startinvestitionen (Businesspaket) und Anzahlungen (Länderpakete) leistet, sondern insbesondere auch möglichst viele weitere („Premium“-)Mitglieder dafür anwirbt. Dies zeigt sich etwa daran, dass die Treueprämie aus einer Prämienmitgliedschaft von einem Mitglied nur in Anspruch genommen werden kann, wenn vier weitere direkt geworbene „Premium-“Mitglieder Buchungseinheiten erwerben. Gerade durch das Gewähren solcher Vorteile sollte aber die Zuführung von weiteren (aktiven) Systemteilnehmern belohnt werden, während eine Rückzahlung der Anzahlungen des Kunden nach den – nichtigen – AGB der Beklagten ausgeschlossen sein sollte. Dies spräche dafür, nicht nur die Leistungen des Kunden, sondern auch die den Anreiz stiftenden Leistungen des Systembetreibers als von der Rechtsordnung unerwünschte Vermögensverschiebungen anzusehen. Die Wertung des § 27 Abs 4 UWG zeigt aber, dass im Interesse des Kunden als dem alleinigen Schutzsubjekt des Verbots von Schneeballsystemen und Pyramidenspielen kein eigenständiger Rückforderungsanspruch des Systembetreibers auf die von ihm erbrachten Leistungen gewollt ist:
6.2. Die Bestimmung bezieht sich auf die Rückabwicklung verbotener Verträge nach dem Schneeballsystem iSd § 27 Abs 2 UWG. Nach dieser Bestimmung sind darunter Vereinbarungen zu verstehen, durch die einem Kunden gegen ein unbedingt zu leistendes Entgelt die Lieferung einer Ware oder die Verrichtung einer Leistung unter der Bedingung zugesichert wird, dass der Kunde mittels der ihm übergebenen Anweisungen oder Scheine dem Unternehmen des Zusichernden oder eines anderen weitere Abnehmer zuführt, die mit diesem Unternehmen in ein gleiches Vertragsverhältnis treten. Nach § 27 Abs 3 UWG sind Verträge dieser Art, die zwischen dem Geschäftsmann und dem Kunden oder zwischen diesem und einem Dritten geschlossen werden, nichtig. Nach § 27 Abs 4 UWG kann bei Verträgen nach dem Schneeballsystem das vom Kunden Geleistete gegen Verzicht auf die Lieferung der Ware oder auf die Verrichtung der Leistung oder gegen Rückstellung der schon empfangenen Ware zurückgefordert werden. Aus Abs 4 leg cit geht daher hervor, dass das Rückforderungsrecht allein dem Kunden zusteht, nicht aber dem Veranstalter des Schneeballsystems (ErlRV UWG 464 BlgNR 1. GP, 18; Kucsko in Wiebe/Kodek, UWG2 § 27 Rz 19). Allerdings hat der Kunde die schon empfangene Ware zurückzustellen. Die Abgeltung einer vom Veranstalter verrichteten Leistung wird davon nicht erfasst. Dem liegt offenkundig die Erwägung zugrunde, dass sie nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.
6.3. Im Hinblick auf § 27 Abs 2 UWG ist nicht zu verkennen, dass die Beklagte etliche ihrer Leistungen zumindest formal nicht von der Zuführung neuer Mitglieder durch einen Kunden abhängig macht, sodass das Kriterium der bedingten Leistungszusicherung nicht erfüllt ist. Der Tatbestand der Z 14 des Anhangs zu § 2 UWG, die die Beklagte gegen sich gelten lässt, ist dagegen weiter gefasst und sieht eine solche Einschränkung nicht vor („
Einführung, Betrieb oder Förderung eines Schneeballsystems zur Verkaufsförderung, bei dem der Verbraucher die Möglichkeit vor Augen hat, eine Vergütung zu erzielen, die überwiegend durch das Einführen neuer Verbraucher in ein solches System und weniger durch den Verkauf oder Verbrauch von Produkten zu erzielen ist.“). Es genügt danach, dass der Kunde die (tatsächliche oder vermeintliche) Aussicht hat, eine Vergütung zu erzielen (Kucsko in Wiebe/Kodek, UWG § 27 Rz 22). Eine eigene Rückabwicklungsanordnung zu dieser Bestimmung ist von Gesetzes wegen nicht vorgesehen. Der erkennende Senat ist jedoch der Auffassung, dass die Wertung des § 27 Abs 4 UWG auch bei der Rückabwicklung der wechselseitigen Leistungen der Systembeteiligten in Fällen wie dem vorliegenden zum Tragen kommen muss, weil insoweit die gleiche Interessenlage gegeben ist. Das bedeutet hier, dass der Beklagten kein eigenes Forderungsrecht für die Rückzahlung der von ihr erbrachten Mitgliedsvorteile zusteht (Gegenforderung; Spruchpunkt 2.), Kunden wie der Kläger aber im Rahmen ihres Rückforderungsanspruchs zur Vermeidung einer (noch vorhandenen) Bereicherung das schon Empfangene Zug um Zug zurückzustellen oder – sofern es sich um Geldleistungen handelt – diese in Abzug zu bringen haben (Spruchpunkt 1.).
6.4. Dies steht auch im Einklang mit der Entscheidung 5 Ob 506/96 (Pyramidenspiel), in der das Recht einer Kundin zur Rückforderung der von ihr geleisteten Einsätze und Verwaltungsgebühren, „soweit sie diese nicht in Form von Ausschüttungen ohnehin zurückerhalten hat“, bejaht wurde.
7. Der Kläger wendet einen gutgläubigen Verbrauch der Mitgliedsvorteile iSd §§ 329 ff ABGB ein.
Nach der Rechtsprechung ist bei der Kondiktion von Leistungen aus gegenseitigen Verträgen, bei denen die Parteien regelmäßig von der Annahme einer Äquivalenz der beiderseitigen Leistungen ausgehen, eine Verpflichtung des redlichen Besitzers, die nach der Herstellung des Austauschverhältnisses bezogenen Früchte und Nutzungen herauszugeben, zu verneinen (RIS-Justiz RS0010214). Wie schon das Berufungsgericht ausführte, bilden die Mitgliedsvorteile hier jedoch keine Früchte iSd §§ 329 ff, 1437 ABGB, sondern gehören zu den versprochenen Hauptleistungen der Beklagten aus dem Vertragsverhältnis vor allem für das Einkaufsverhalten des Klägers bei ihren Partnerunternehmen und die Anwerbung neuer Mitglieder („Cash-Back“; „Freundschaftsbonus“). Es ist auch nicht ersichtlich, welchen anderen Hauptleistungen der Beklagten sie als „Früchte“ entspringen würden.
8. Im Ergebnis bedeutet das, dass nur der Kläger einen Rückforderungsanspruch aus dem gemäß § 879 Abs 1 ABGB iVm Z 14 des Anhangs zu § 2 UWG unwirksamen Vertragsverhältnis geltend machen kann, davon aber die an ihn in Form von Waren- oder Geldleistungen ausbezahlten „Mitgliedsvorteile“ abzuziehen sind, während eine eigenständige Gegenforderung der Beklagten nicht zu Recht besteht.
Im dreigliedrigen Urteil erwächst die Entscheidung über das Zurechtbestehen der Klagsforderung nicht in Rechtskraft (RIS-Justiz RS0040742 [T2]; RS0041026). Im Rahmen des Rechtsmittels des Klägers ist hier daher auch die Hauptforderung einer Überprüfung zugänglich (vgl 7 Ob 153/14x Pkt 1.).
9. Der Revision ist danach kein Erfolg beschieden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
Schlagworte
Lyoness Cashback System II,Textnummer
E123295European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0090OB00040.18Z.1002.000Im RIS seit
30.11.2018Zuletzt aktualisiert am
19.03.2021