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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §63 Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Roland Gassmann in Wien und der Gertrude Gassmann in Innsbruck, beide vertreten durch Dr. Heinrich Nesvadba, Rechtsanwalt in Wien VI, Königsklostergasse 7, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Krems an der Donau vom 3. Juli 1995, Zl. MD-G-2/95/LA-Ri, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: SK Immobilien GmbH in Krems an der Donau, vertreten durch Dr. Herwig Hammerer, Rechtsanwalt in Krems an der Donau, Utzstraße 13)
Spruch
1. den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde des Roland Gassmann wird zurückgewiesen.
2. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde der Gertrude Gassmann wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Stadt Krems an der Donau Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- und der Mitbeteiligten in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Aufgrund der Baubewilligung vom 24. April 1914 errichtete die damalige Grundeigentümerin an der Anschrift Krems, Untere Landstraße 3, ein Bankgebäude. Das Gebäude wurde beidseits an den Grundstücksgrenzen errichtet; an das mehrstöckige, ca. 12,5 m tiefe Hauptgebäude schloss sich eine ebenerdige Kassenhalle an. Mit Eingabe vom 14. August 1914 war von der Eigentümerin des westseitigen Nachbargrundstückes auf Höhe der Kassenhalle, Pfarrplatz 16 (das ist jetzt das Grundstück der Beschwerdeführer), geltend gemacht worden, dass (durch die Errichtung des Kassensaales) ein halbes Fenster verbaut und daher nahezu das ganze Licht für die Stiege genommen worden wäre; weiters wäre ein Fenster in der ebenerdigen Holzlage nahezu vollständig verbaut worden. Dieser Einwand wurde aber aufgrund eines Vergleiches mit der Bank wieder zurückgezogen.
Anlass des Bauverfahrens, welches zur hier gegenständlichen Baubewilligung vom 6. November 1967 geführt hatte, war das Ergebnis eines am 12. April 1967 von der Baubehörde unter Beiziehung eines Vertreters des Arbeitsinspektorates durchgeführten Lokalaugenscheines. Dabei wurden bauliche, sanitäre und dienstnehmerschutztechnische Unzulänglichkeiten festgestellt. Zur Kassenhalle wurde u.a. ausgeführt:
"Die Kassenhalle nimmt den gesamten zum Haus Untere Landestraße 3 gehörigen Hofraum auf und besitzt eine lichte Raumhöhe von 6 m. Die Deckenkonstruktion stellt eine Tramtraversendecke dar, die in der Mitte durch eine aufgesetzte Laterne natürlich belichtet werden
soll . ... Für das Publikum sind sanitäre Anlagen nicht vorhanden .
... Zur Deckenkonstruktion der Kassenhalle wäre noch festzustellen,
dass durch die Überalterung die vorhandene Presskiesdeckung nicht mehr genügend Schutz gegen Eindringung von Niederschlagswässern bietet, wie dies an mehreren Stellen an den holzverkleideten Nischen der Hallenaußenwände festgestellt werden konnte. Die Folge davon ist sicherlich eine teilweise Vermoderung der tragenden Deckenhölzer, deren Tragfähigkeit dadurch angezweifelt werden muss . ... Nach dem Ergebnis der Begehung sieht sich der Magistrat der Stadt Krems als Baubehörde gezwungen, an die Sparkasse in Krems den dringenden Appell zu richten, einen Umbau, zumindest aber eine Sanierung der angeführten Baugebrechen umgehend in Angriff zu nehmen..."
Am 14. Juni 1967 richtete die "Sparkasse in Krems" das Baugesuch zum Umbau der Kassenhalle und der Nebenräume an den Magistrat der Stadt Krems an der Donau. Nach der Baubeschreibung sollte die bestehende Kassenhalle infolge Baufälligkeit zur Gänze wieder neu hergestellt werden. Geplant war, dass das gesamte Dachtragwerk samt Glasdach (Laterne) über der Kassenhalle einschließlich der darüber befindlichen Umfassungsmauern zur Gänze abgetragen werde. Vorgesehen war, dass die bisherige, im Querschnitt ellipsenförmige "Rabitzdecke" der Halle durch ein 2° geneigtes Flachdach mit Acrylglaskuppeln ersetzt werde. Die ebene Untersicht der neuen Decke sollte durch ein System von tragenden Zierbalken mit Glasfüllungen gebildet werden. Die Höhe der neuen Glasdecke entsprach der Scheitelhöhe der alten Bogendecke. Vorgesehen war weiters die Einrichtung von Sanitärräumen sowohl im Erdgeschoß des Hauptgebäudes als auch im hinteren Zubau zur Kassenhalle. Zu der am 17. Juli 1967 durchgeführten Bauverhandlung wurden die Eigentümer des Grundstückes Pfarrgasse 16 nicht geladen. Die Frage des Brandschutzes wurde in dieser Verhandlung nicht ausdrücklich erörtert.
Die antragsgemäß erteilte Baubewilligung vom 6. November 1967, mit der das Vorhaben der Sparkasse zur Gänze bewilligt wurde, enthält die Auflage, dass die vorgesehenen Sanitärräume indirekt zu be- und entlüften seien und dass die WC-Abfallstränge über Dach zu entlüften seien. Die Baubewilligung wurde den Beschwerdeführern bzw. den Eigentümern der Liegenschaft Pfarrgasse 16 nicht zugestellt.
Mit Schreiben vom 31. Juli 1968 richteten "Dr. Marianne Gassmann prakt. Ärztin u. Mitbes.", Krems, Pfarrplatz 16, vertreten durch den Hausverwalter R.Z., einen "Rekurs" gegen den Bescheid des Bauamtes der Stadt Krems vom 17. Juli 1967 (= Datum der Bauverhandlung). Die mit dieser Eingabe vorgelegte Vollmacht weist als Vollmachtgeber u.a. den Erstbeschwerdeführer, nicht aber die Zweitbeschwerdeführerin aus. Die Eingabe lautet wie folgt:
"Mit Bescheid vom 17. Juli 1967, Zl. .... wurde der Sparkasse Krems der Umbau des Kassensaales bewilligt. Wie unser ausgewiesener Vertreter am 30. Juli 1968 aus dem vorangeführten Bauakt ersehen konnte, wurde weder die im Hause wohnende Mitbesitzerin noch die Hausverwaltung im Sinne des § 24 der 8.O für N.Ö. als Anrainer geladen. Es wurde uns die Einsicht in die Baupläne durch die Nichtladung vorenthalten, was zur teilweisen Vermauerung eines Stiegenhausfensters seitens der Bauwerber geführt hat. Nachdem sich die Sparkasse Krems einer außeramtlichen Regelung dieser Angelegenheit verschließt, sehen wir uns veranlasst, gegen den umseitig zit. Bescheid Rekurs zu erheben, da ein Verfahrensmangel vorliegt und beantragen daher neuerlich die Durchführung der Bauverhandlung und der Ladung unseres durch Vollmacht ausgewiesenen Hausverwalters."
Auf der Eingabe befindet sich ein Aktenvermerk vom 27. Juni 1969, wonach mit dem Hausverwalter besprochen worden war, dass er vor Behandlung der Berufung nochmals im Bauamt vorsprechen wolle. Weiters findet sich dort der vom Hausverwalter unterfertigte, mit 17. Dezember 1969 datierte Vermerk: "Vorstehender Rekurs wird zurückgezogen".
Mit Schreiben vom 21. Mai 1992 beantragte der Erstbeschwerdeführer, auch im Namen der Zweitbeschwerdeführerin, ihm den Baubewilligungsbescheid aus dem Jahre 1967 zuzustellen. Die Umbauarbeiten seien konsenslos erfolgt, weil zur Bauverhandlung keine Anrainer des Hauses Pfarrplatzes 16 geladen und folglich auch keine Bescheide zugestellt worden seien. Schon in diesem Antrag wies er darauf hin, dass kein Brandschutz gegeben sei und somit eine ständige Brandgefahr für die Anrainer bestehe. Die Bescheidzustellung ist nach den Angaben der Beschwerdeführer am 8. Juli 1992 erfolgt; in ihrer dagegen erstatteten Berufung machten sie insbesondere die Verletzung von zwingenden Brandschutzvorschriften, die Verletzung der zulässigen Höhe und der Abstandsvorschriften, einen Verstoß gegen § 120 NA BauO und unzumutbare Immissionen durch die Entlüftung des Kassensaales und der Sanitäranlagen geltend. Darauf wurden Gutachten des Raumplanungssachverständigen, ein bau- und brandschutztechnisches Gutachten sowie ein medizinisches Gutachten eingeholt und diese Gutachten den Beschwerdeführern vorgehalten, die eine Stellungnahme abgegeben haben.
Mit dem hier angefochtenen Bescheid gab der Stadtsenat der Stadt Krems an der Donau der Berufung keine Folge. Die Berufungsbehörde verwies zunächst darauf, dass die Rechtslage im Zeitpunkt des erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheides Anwendung finde. Was die Verletzung von Abstandsvorschriften und Vorschriften über die Geländehöhe (gemeint wohl: Gebäudehöhe) betraf, wurde ausgeführt, dass mangels Bebauungsplanes bzw. Regulierungsplanes Beschränkungen dieser Art nicht vorgelegen seien und hinsichtlich einer Innenhofverbauung ein Widerspruch (zur bestehenden Bebauung) nicht in Betracht komme. In der weiteren Bescheidbegründung wurde ausgeführt, dass die Baubehörde ihrer Verpflichtung zur Beachtung des Immissionsschutzes nachgekommen sei und dass die damals geltenden, den Brandschutz betreffenden Bestimmungen beachtet worden seien. Im Übrigen wurde darauf verwiesen, dass die verfahrensgegenständliche Decke neuerlich umgebaut worden sei und dafür eine Baubewilligung vom 19. Mai 1995 (diese bildet den Gegenstand des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tage, Zl. 95/05/0202) vorliege.
In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde erachten sich die Beschwerdeführer insbesondere in ihrem Recht auf Abweisung des Bauansuchens wegen Nichteinhaltung des Brandschutzes, auf Einhaltung der Vorschriften über die Bauhöhe und auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Berufungsverfahrens verletzt. Sie begehren die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor. Die Mitbeteiligte, die jetzt Eigentümerin des Baugrundstückes ist, erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zur Beschwerde des Erstbeschwerdeführers:
Richtig ist, dass auch der Erstbeschwerdeführer dem Baubewilligungsverfahren aus 1967 nicht beigezogen worden war. Allerdings haben Dr. Marianne Gassrnann "und Mitbesitzer" am 31. Juli 1968 einen "Rekurs" gegen die Baubewilligung erhoben, wobei eine Vollmacht vorgelegt wurde, die auch den Erstbeschwerdeführer - nicht aber die Zweitbeschwerdeführerin - als Vollmachtgeber ausgewiesen hat. Wenn auch nicht das Bescheiddatum, sondern das Datum der Verhandlung angegeben wurde, so ergibt sich aus diesem Schriftsatz unzweifelhaft, dass die Baubewilligung bekämpft wurde, weil ja ausdrücklich jener Bescheid bekämpft wurde, mit dem der Sparkasse der Umbau des Kassensaales bewilligt wurde. Auch aufgrund des Antrages, eine Bauverhandlung neuerlich durchzuführen, liegt trotz der Bezeichnung "Rekurs" unzweifelhaft eine Berufung im Sinne des § 63 AVG vor.
Für die übergangene Partei beginnt mangels entgegenstehender ausdrücklicher Bestimmung eine Rechtsmittelfrist zwar nicht zu laufen; allerdings kann die Partei ungeachtet des § 63 Abs. 5 AVG gegen einen Bescheid, der durch Zustellung an andere Parteien als bereits erlassen angesehen werden muss, Berufung erheben, bevor er dieser Partei zugestellt worden ist. Die Berufung müsste in einem solchen Falle jedenfalls als rechtzeitig erhoben betrachtet werden. Es steht der Partei nämlich frei, die Zustellung des Bescheides zu begehren und darauf innerhalb der Rechtsmittelfrist die Berufung einzubringen oder auch von ihrem Berufungsrecht unter Verzicht auf die Bescheidzustellung Gebrauch zu machen (siehe die Nachweise aus der hg. Judikatur bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren 12, 1203).
An der Wirksamkeit dieser auch vom Erstbeschwerdeführer erhobenen Berufung kann somit kein Zweifel bestehen. Diese Berufung wurde in der Folge durch den auch vom Erstbeschwerdeführer bevollmächtigten Vertreter zurückgezogen. Gemäß § 63 Abs. 4 AVG ist eine Berufung nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach der Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Berufung verzichtet hat; ein Berufungsverzicht kann auch bei einer bereits im Lauf befindlichen Berufung durch die eine unwiderrufliche Prozesshandlung darstellende Erklärung der Zurückziehung ausgesprochen werden. Das AVG sieht für die Zurückziehung keine besonderen Formerfordernisse vor, sie muss nur ausdrücklich ausgesprochen werden (siehe die Nachweise bei Walter-Thienel, a. a.0., 1192 f). Bei wirksamer Zurückziehung der Berufung tritt die Rechtskraft des durch die Berufung angefochtenen Bescheides erst in dem Zeitpunkt ein, in dem der Behörde die Erklärung der Zurückziehung zukommt.
Der Bescheid vom 6. November 1967 erwuchs somit gegenüber dem Erstbeschwerdeführer am 17. Dezember 1969 in Rechtskraft, die belangte Behörde hätte seine nunmehrige Berufung als unzulässig zurückweisen müssen.
Für das verwaltungsgerichtliche Verfahren bedeutet dies, dass der Erstbeschwerdeführer dadurch, dass die belangte Behörde anstelle der Zurückweisung die Berufung meritorisch behandelt hat, in subjektiven Rechten nicht berührt werden konnte. Seine Beschwerde war daher mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen (vgl. den hg. Beschluss vom 9. Februar 1999, Zl. 98/11/0210).
2. Zur Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin:
Auch die Zweitbeschwerdeführerin war bereits 1967 Miteigentümerin der Liegenschaft Pfarrplatz 16, sodass ihr in jenem Bauverfahren Parteistellung zugekommen ist. Der Bescheid vom 6. November 1967 entfaltete ihr gegenüber bis zur Zustellung am 8. Juli 1992 keine rechtliche Wirkung, weshalb sie (offenbar, Zustellnachweise befinden sich nicht Akt) rechtzeitig Berufung erhoben hat. Im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides galt die Bauordnung für Niederösterreich aus dem Jahre 1883 unter Berücksichtigung der bis dahin ergangenen Novellen (BO 1883). Die NÖ BauO vom 13. Dezember 1968, LGBl. Nr. 166/1969, setzte die BO 1883 außer Kraft. Allerdings sah § 121 Abs. 3 der NÖ BauO, LGBl. Nr. 166/1969, vor, dass die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits in erster Instanz abgeschlossenen Verfahrens nach den bisherigen Bestimmungen zu Ende zu führen seien. Auch die NÖ BauO 1976, LGBl. 8200-0, enthielt eine entsprechende Bestimmung im § 121 Abs. 1 zweiter Satz: Rechtsmittel übergangener Nachbarn sind nach dem zur Zeit der angefochtenen Entscheidung gültigen Bestimmungen zu behandeln. Die zuletzt genannte Bestimmung galt unverändert auch noch im Zeitpunkt der Erlassung des hier angefochtenen Bescheides. Daraus folgt, dass die Berufungsbehörde die Bestimmungen der BO 1883 anzuwenden hatte. Aus keiner Bestimmung der BO 1883 konnte ein Nachbar ein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung von Bestimmungen über den Brandschutz ableiten. Feuerpolizeivorschriften dienten nach damaliger Rechtsauffassung lediglich den öffentlichen Interessen (siehe den Nachweis bei Krzizek, Die Bauordnung für Niederösterreich, 1964, E 25 zu § 25 BO 1883). Krzizek verweist im System des österreichischen Baurechtes 11, 136, darauf, dass (erst) §118 Abs. 9 Z 1 der BauO für NÖ (LGBl. Nr. 166/1969) vorgesehen hat, dass Bestimmungen über den Feuerschutz subjektiv-öffentliche Nachbarrechte bilden und dass diese Bestimmung im Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stand. Daraus folgt, dass sich die Beschwerdeführerin, sofeme sie richtigerweise schon damals dem Bauverfahren beigezogen worden wäre, nicht auf die Einhaltung von Bestimmungen über den Brandschutz hätte berufen können. Alle Ausführungen der Beschwerde, wonach die damals bewilligte Decke des Kassensaales Brandschutzvorschriften nicht entsprochen hätte, gehen daher ins Leere, sodass auch nicht mehr darauf eingegangen werden muss, dass hinsichtlich dieser in der Folge wesentlich veränderten Decke eine andere Baubewilligung vorliegt.
Nach der damaligen Rechtslage stand dem Nachbarn auch kein subjektiv-öffentliches Recht auf Abwehr von Immissionen zu (hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1966, Slg. Nr. 6.845/A; siehe in diesem Zusammenhang auch die Darlegungen bei Krzizek, System II, 135 f, wonach eine Immissionseinwendung nur dann erhoben werden kann, wenn die BO ausdrücklich Bestimmungen über den Schutz der Nachbarschaft vor Immissionen enthält, wenn aber eine solche Bestimmung fehlt, der Nachbar im Baubewilligungsverfahren eine solche Einwendung nicht mit Erfolg erheben kann). Die Beschwerdeführerin hätte sich daher, wäre sie damals dem Bauverfahren beigezogen worden, gegen die aus den Entlüftungsleitungen herrührenden Emissionen nicht erfolgreich zur Wehr setzen können.
In der Beschwerde wird weiters noch der Einwand aufrecht erhalten, dass das Bauvorhaben eine unzulässige Gebäuderhöhung darstelle, wodurch zwei Fenster auf der Liegenschaft der Beschwerdeführer zugemauert worden wären. Es wird ein Ermittlungsverfahren durch Ortsaugenschein und Nachvermessung verlangt; im Anrainergebäude sei durch entsprechende Aufmauerung und Verkleinerung des Fensters (Parapethöhe) die Zumauerung leicht erkennbar.
Dazu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es sich beim Baubewilligungsverfahren um ein Projektgenehmigungsverfahren handelt; Gegenstand auch der verwaltungsgerichtlichen Prüfung ist allein die Frage, ob das bewilligte Projekt den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat.
Dem bewilligten Projekt ist allerdings nicht zu entnehmen, dass irgendwelche Zumauerungen gegenständlich gewesen wären. Nach dem Schnitt C-D des Bauplanes aus 1914 betrug die Höhe der seitlichen Außenwand der Kassenhalle ab Fußbodenoberkante ca. 7,20 m; an dieser Höhe hat sich, wie sich aus dem Schnitt C-D (Plan Nr. 14) des gegenständlichen Projekts ergibt, nichts geändert. In ihrer Berufung hat die Beschwerdeführerin diesbezüglich selbst ausgeführt, dass eine Baubewilligung weder beantragt noch erteilt worden wäre.
Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die im hg. Akt Zl. 89/05/021 enthaltene Fotodokumentation vermag zum Inhalt der hier bekämpften Baubewilligung nichts beizutragen: In einem Schreiben vom 15. November 1988 hat der Erstbeschwerdeführer eine "bauliche Veränderung (neue Dachgestaltung)" gerügt und geltend gemacht, dass durch diese Veränderung die Sicht aus dem Küchen- und Wartezimmerfenster beeinträchtigt werde. Die von ihm vorgelegte Fotodokumentation trägt das Datum "23. Oktober 1989" und stellt möglicherweise die gerügten Veränderungen, sicher aber nicht das 1967 bewilligte Projekt dar.
Auffällig ist in diesem Zusammenhang weiters, dass in der Berufung geltend gemacht wurde, es sei ein Fenster (Wartezimmer der Ordination) und ein Stiegenhausfenster versetzt und um rund 1,5 m angehoben bzw. um rund 1,5 m zugemauert worden. Die Vermauerung eines Stiegenhausfensters und eines weiteren Fensters war aber bereits Gegenstand der Beanstandung der damaligen Eigentümerin der Nachbarliegenschaft am 14. August 1914. Jedenfalls ist nicht erkennbar und liefert auch die Beschwerdeführerin selbst keine Hinweise dafür, dass die behaupteten Vermauerungen auf Grundlage der am 6. November 1967 erteilten Baubewilligung erfolgt wären. Damit erweist sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich hinsichtlich beider Beschwerdeführer auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden. W i e n , am 28. September 1999
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Berufungsverfahren BauRallg11/2 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Brandschutz (Bestimmungen feuerpolizeilichen Charakters) BauRallg5/1/4 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Schutz vor Immissionen BauRallg5/1/6European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1995050218.X00Im RIS seit
11.07.2001