TE Lvwg Beschluss 2018/10/15 VGW-111/084/10750/2018

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Veröffentlicht am 15.10.2018
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Entscheidungsdatum

15.10.2018

Index

L82009 Bauordnung Wien
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BauO Wr §127 Abs8a
BauO Wr §134 Abs7
VwGVG §7 Abs3

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Zach über die Beschwerde der C., vertreten durch Rechtsanwälte GmbH, vom 03.08.2018, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, Baupolizei - …, vom 04.07.2018, Zl. …, mit welchem die Bauführung zum Abbruch des Gebäudes auf der Liegenschaft Wien, B.-gasse, gemäß § 127 Abs. 8a iVm. § 127 Abs. 8 lit. a der Bauordnung für Wien (BO) einzustellen ist, den

BESCHLUSS

gefasst:

I. Die Beschwerde der C. wird gemäß § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) iVm. § 31 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Begründung

Am 13.6.2018 wurde von der C. (Beschwerdeführerin) als Bauwerberin an die Behörde eine Abbruchbeginn- Anzeige hinsichtlich des Abbruches des Hauses auf der Liegenschaft in Wien, B.-gasse, erstattet und von der belangten Behörde zur Kenntnis genommen. Als Bauführerin wurde die D. KG bekannt gegeben. Aktenkundig sind Fotos vom 4.7.2018, aus denen erkennbar ist, dass mit den Abbrucharbeiten im Dachbereich des Hauses tatsächlich begonnen wurde. Das Dach und der Dachstuhl sind bereits vollständig und die Mauern des obersten Geschoßes zum Großteil abgetragen auf diesem Foto. Am selben Tag wurde von der belangten Behörde vor Ort festgestellt, dass am 4.7.2018 selbst keine Abbrucharbeiten im Gange waren.

In der Folge erging der nunmehr angefochtene Bescheid vom 4.7.2018, mit dem angeordnet wurde, dass die Bauführung zum Abbruch des Gebäudes auf der Liegenschaft B.-gasse, EZ …, Kat. Gem. A., gemäß § 127 Abs. 8 lit a der Bauordnung für Wien einzustellen ist. Zur Begründung führte die Behörde aus, dass es sich gegenständlich um ein Gebäude handle, das vor 1945 errichtet wurde. Die Behörde verweist sodann auf § 60 Abs. 1 lit d BO, wonach der Abbruch von Gebäuden, die vor dem 1.1.1945 errichtet wurden, bewilligungspflichtig ist, wenn der Anzeige des Abbruchs gemäß § 62a Abs. 5a BO keine Bestätigung des Magistrats angeschlossen ist, dass an der Erhaltung des Bauwerks infolge seiner Wirkung auf das örtliche Stadtbild kein öffentliches Interesse besteht.

Eine derartige Bestätigung liege der Behörde im gegenständlichen Fall nicht vor, weshalb der Abbruch bewilligungspflichtig sei. Eine Bewilligung sei jedoch nicht erfolgt. Die Bestimmungen der Novelle LGBl. für Wien Nr. 37/2018 sähen ein Inkrafttreten mit dem der Kundmachung folgenden Tag und damit eine Anwendbarkeit auch auf bereits anhängige Bauführungen und Abbrüche vor.

Dieser Bescheid erging an die Bauführerin, die D. KG. Eine Abschrift wurde der F. GmbH als Grundeigentümerin und Eigentümerin der Baulichkeit zugesendet. Die C. (Beschwerdeführerin) hat als Bauwerberin gegen diesen Bescheid Beschwerde erhoben. Die Beschwerdeführerin bringt dazu vor, sie sei gemäß § 7 Abs. 3 VwGVG eine übergangene Partei und berechtigt, bereits ab dem Zeitpunkt Beschwerde erheben zu können, in dem sie von dem einer anderen Partei zugestellten Bescheid Kenntnis erlangt habe und nicht erst die Zustellung des Bescheides beantragen und abwarten müsse.

Die Beschwerdeführerin gibt an, dass der Bescheid bloß an die D. KG als Bauführerin ergangen ist und bloß in Abschrift an die F. GmbH (Grundeigentümerin). Am 13.6.2018 habe die Beschwerdeführerin den Abbruchbeginn bei der belangten Behörde zur Anzeige gebracht.

Nach Beginn der Abbrucharbeiten sei die BO u.a. hinsichtlich § 60 Abs. 1 lit d geändert worden, sodass nunmehr eine Bewilligungspflicht für den Abbruch von Gebäuden, die vor 1945 errichtet wurden bestehe. Diese Novelle sei am 30.6.2018 in Kraft getreten. Sie enthalte keine Bestimmungen dahingehend, dass das Gesetz rückwirkend gelten oder auf bereits verwirklichte Sachverhalte Anwendung finden soll.

In der Folge führt die Beschwerdeführerin aus, aus welchen Gründen sie sich durch den angefochtenen Bescheid als in ihren Rechten verletzt erachtet. Mit der von der Behörde angenommenen Interpretation des § 60 Abs. 1 lit d BO würde die rückwirkende Geltung dieses neuen Gesetzes gegen das Gleichheitsgebot und andere (verfassungsrechtlich) gewährleistete Rechte der Beschwerdeführerin verstoßen.

Aufgrund des Akteninhalts steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

Das Gebäude auf der Liegenschaft in Wien, B.-gasse, wurde unbestritten teilweise abgetragen. Das Gebäude wurde vor dem 1.1.1945 errichtet. Die Abbrucharbeiten wurden am 13.6.2018 angezeigt und begonnen. Die Abbrucharbeiten waren zum Zeitpunkt der Erlassung der Baueinstellung noch nicht abgeschlossen. Die F. GmbH ist Grundeigentümerin dieser Liegenschaft, die Beschwerdeführerin hat als Bauwerberin den Abbruch des Gebäudes schriftlich am 13.6.2018 bei der belangten Behörde angezeigt. Der nunmehr angefochtene Bescheid zur Einstellung der Abbrucharbeiten erging nicht an die Beschwerdeführerin.

In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes festzuhalten:

§ 24 Abs. 1 und 2 VwGVG lauten:

„§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

(…)

§ 28 Abs. 1 VwGVG lautet:

„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.“

§ 31 Abs. 1 VwGVG lautet:

„§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.“

§ 60 Abs. 1 lit d BO lautet:

„§ 60. (1) Bei folgenden Bauvorhaben ist, soweit nicht die §§ 62, 62a oder 70a zur Anwendung kommen, vor Beginn die Bewilligung der Behörde zu erwirken:

d) Der Abbruch von Bauwerken in Schutzzonen und Gebieten mit Bausperre sowie der Abbruch von Gebäuden, die vor dem 1.1.1945 errichtet wurden, wenn der Anzeige des Abbruchs gemäß § 62a Abs. 5a keine Bestätigung des Magistrats angeschlossen ist, dass an der Erhaltung des Bauwerkes infolge seiner Wirkung auf das örtliche Stadtbild kein öffentliches Interesse besteht. Für Bauwerke in Schutzzonen und Gebäude, die vor dem 1.1.1945 errichtet wurden, darf die Abbruchbewilligung nur erteilt werden, wenn an der Erhaltung des Bauwerkes infolge seiner Wirkung auf das örtliche Stadtbild kein öffentliches Interesse besteht oder sein Bauzustand derart schlecht ist, dass die Instandsetzung technisch unmöglich ist oder nur durch wirtschaftlich unzumutbare Aufwendungen bewirkt werden kann.“

§ 62a Abs. 5a BO lautet:

„§ 62a (5a) Der Abbruch von Bauwerken in Schutzzonen und Gebieten mit Bausperre sowie der Abbruch von Gebäuden, die vor dem 1.1.1945 errichtet wurden, ist spätestens vier Wochen vor dem geplanten Beginn der Arbeiten der Behörde vom Bauherrn schriftlich anzuzeigen. Der Anzeige ist eine Bestätigung des Magistrats anzuschließen, dass an der Erhaltung des Bauwerkes infolge seiner Wirkung auf das örtliche Stadtbild kein öffentliches Interesse besteht. Nach Vorlage einer solchen Bestätigung darf mit dem Abbruch begonnen werden.

§ 127 Abs. 8 und 8a BO lauten:

„(8) Die Bauführung darf nicht weitergeführt werden, wenn

a) ein Bau ohne Baubewilligung oder entgegen den Bestimmungen des § 62 oder des § 70a ausgeführt wird;

b) der Prüfingenieur oder der Bauführer der Behörde nicht bekanntgegeben worden ist;

c) nicht entsprechende Baustoffe verwendet oder entsprechende Baustoffe unfachgemäß verwendet werden;

d) Konstruktionen mangelhaft ausgeführt werden;

e) Schalungen oder Pölzungen mangelhaft sind;

f) die erforderlichen statischen Unterlagen auf der Baustelle nicht aufliegen oder mangelhaft sind;

g) der Untergrund den Annahmen nicht entspricht, die den statischen Unterlagen zugrunde liegen.

(8a) Wird die Bauführung entgegen Abs. 8 weitergeführt und erlangt die Behörde davon Kenntnis, hat sie den Bau einzustellen. Darüber ist möglichst binnen drei Tagen an den Bauherrn, den Bauführer oder den sonst Verantwortlichen ein schriftlicher Bescheid zu erlassen; einer Beschwerde gegen diesen Bescheid kommt die aufschiebende Wirkung nicht zu.“

Ist gemäß § 7 Abs. 3 VwGVG der Bescheid bereits einer anderen Partei zugestellt oder verkündet worden, kann die Beschwerde bereits ab dem Zeitpunkt erhoben werden, in dem der Beschwerdeführer von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat.

Gemäß § 134 Abs. 7 BO ist, sofern es sich um einen von Amts wegen erlassenen Bescheid handelt, die Person Partei, die hiedurch zu einer Leistung, Unterlassung oder Duldung verpflichtet wird. Alle sonstigen Personen, die hiedurch in ihren Privatrechten oder Interessen betroffen werden, sind Beteiligte (§ 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes).

Im vorliegenden Fall wurde Folgendes erwogen:

Gemäß § 134 Abs. 7 BO kommt Parteistellung in einem Verfahren, das von Amts wegen eingeleitet wird, der Person zu, die durch den in diesem Verfahren erlassenen Bescheid zu einer Leistung, Unterlassung oder Duldung verpflichtet wird. Die Beschwerdeführerin wurde durch den angefochtenen Bescheid nicht zu einer Leistung, Unterlassung oder Duldung verpflichtet. Der Bescheid ist nicht an sie ergangen.

Wenn sie vorbringt, sie sei gemäß § 7 Abs. 3 VwGVG eine übergangene Partei und berechtigt, bereits ab dem Zeitpunkt Beschwerde erheben zu können, in dem sie von dem einer anderen Partei zugestellten Bescheid Kenntnis erlangt habe und nicht erst die Zustellung des Bescheides beantragen und abwarten müsse so, ist festzuhalten, dass es sich bei der Regelung des § 134 Abs. 7 BO um eine lex specialis im Bauverfahren gegenüber der allgemeinen Regelung des § 7 Abs. 3 VwGVG handelt. Die Regelung des § 134 Abs. 7 BO geht somit dem § 7 Abs. 3 VwGVG vor und hat daher die Beschwerdeführerin im gegenständlichen Verfahren betreffend die Einstellung des Abbruchs, das von Amts wegen gem. § 127 Abs. 8a BO eingeleitet wurde, keine Parteistellung erlangt. Die Beschwerdeführerin hätte die Zustellung des Bescheides vom 4.7.2018 beantragen müssen und hätte erst ab erfolgter Zustellung Parteistellung in diesem Verfahren erlangt.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass durch die angefochtene Baueinstellung der Abbruch des Bestandsgebäudes nicht untersagt wird. Die Baueinstellung bewirkt vielmehr nur die temporäre Unterbrechung der Abbrucharbeiten bis zu einer Entscheidung über die (aufgrund der neuen Gesetzeslage erforderlichen) Bewilligung dieser Arbeiten. Im derzeitigen Verfahrensstadium steht jedoch noch nicht fest, ob mit den Abbrucharbeiten fortgefahren werden darf oder nicht.

Da die Beschwerdeführerin im behördlichen Verfahren keine Parteistellung hatte und das Beschwerderecht ein Parteienrecht ist, kommt ihr kein Beschwerderecht zu. Die Beschwerde war daher spruchgemäß zurückzuweisen. Aus diesem Grund konnte eine mündliche Verhandlung entfallen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Bescheidadressat; Zustellverfügung; in Abschrift; Parteistellung; Zurückweisung; Baueinstellung; Einleitung von Amts wegen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.111.084.10750.2018

Zuletzt aktualisiert am

28.11.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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