Entscheidungsdatum
22.10.2018Index
L24009 Gemeindebedienstete WienNorm
DO 1994 §20 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Richter Mag. Burda als Vorsitzende, Mag. Hornschall als Beisitzerin und Mag. Kummernecker als Berichter sowie Mag. Hassfurther und Wessely als fachkundige Laienrichter, über die Beschwerde des Herrn A. B., vertreten durch Rechtsanwälte OG, vom 10.4.2018 gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 2 - Personalservice, vom 8.3.2018, Zl.: …, mit welchem der Antrag des Beschwerdeführers vom 10.10.2017 auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Weisung vom 1.8.2017 als unzulässig zurückgewiesen wurde,
zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 2 - Personalservice, vom 8.3.2018, Zl.: …, wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 10.10.2017 auf Feststellung, dass die ihm am 1.8.2017 erteilte Weisung, er möge am 2.8.2017 zu einer Einvernahme in die Fuhrparkskanzlei der Dienststelle wegen seines Vermerks auf dem Fahrtausweis vom 11.7.2017, ungeachtet des Umstands, dass die Beiziehung des von ihm genannten Personalvertreters C. zu diesem Termin nicht möglich war und eine Verlegung des Einvernahmetermins seitens der Dienststelle abgelehnt wurde, erscheinen und sich dort verantworten, rechtswidrig war, mit näherer Begründung als unzulässig zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich die frist- und formgerecht eingebrachte Beschwerde des Beschwerdeführers, mit welcher er die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Weisung vom 1.8.2017, in eventu die Behebung des Bescheids und die Zurückverweisung zur Verfahrensergänzung durch die belangte Behörde begehrte.
Begründend bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, er habe ein rechtliches Interesse an der Feststellung, da die Weisung aufgrund deren mündlichen Wiederholung aufrecht gehalten worden sei. Dieses Vorgehen begründe ein Feststellungsinteresse im Hinblick auf künftige Rechtsgefährdungen. Ferner seien Weisungen gemäß § 20 Abs. 4 DO 1994 auch ohne deren schriftliche Bestätigung zu befolgen, wenn es sich bei Gefahr in Verzug um eine unaufschiebbare Maßnahme handle. Die Entscheidung darüber, ob die Weisung als zurückgezogen gelte oder Gefahr in Verzug vorliege, sei nicht der Sphäre des Beschwerdeführers zuzuordnen. Weiters habe er ein Recht auf Beiziehung eines Personalvertreters, dies ergebe sich aus § 2 PVG und § 9 PVG, aus § 35 W-PVG sowie aus § 10 Abs. 5 AVG iVm § 92 DO 1994. Die Verletzung des Rechts auf Beiziehung des Personalvertreters verletze weiters auch Art. 6 EMRK.
Die belangte Behörde nahm von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung Abstand und legte die Beschwerde samt dem verwaltungsbehördlichen Akt dem Verwaltungsgericht Wien vor.
Der Beschwerdeführer steht seit 1.6.1978 im Dienst der Stadt Wien, wurde mit Wirksamkeit vom 1.9.1995 in die Dienststelle versetzt und mit Wirksamkeit vom 1.9.1999 in die Beamtengruppe der Kraftwagenlenker der Verwendungsgruppe 3P überstellt.
Am 26.7.2017 und 31.7.2017 brachte der Beschwerdeführer folgende handschriftliche Vermerke am Fahrtausweis an:
„Die Einteilung … ist wieder einmal toll. Man sieht es sind Fachkräfte am Werk.“
und
„Auf dieses geschulte Personal welche für die Einteilung … zuständig ist Kann die Dienststelle stoltz sein. Die demotivierung der Mitarbeiter beherschen sie pervekt.“.
Daraufhin wurde dem Beschwerdeführer über den Dependancebetreuer D. die Weisung erteilt, am 2.8.2017 beim Leiter des Fuhrparks Ing. F. zu einer Besprechung zu erscheinen.
Mit E-Mail vom 1.8.2017 richtete der Beschwerdeführer folgendes Ersuchen an den Garagenleiter G.:
„Sehr geehrter Heer Garagenleiter G..
Ich ersuche Sie hirmit höfslichst, den Termin so zu arangieren, das Herr C. als Personalvertreter meiner Wahl und VERTRAUEN daran teilnehmen kann. Falls dies am 02.08.2117 nicht möglich ist ersuche ich den Termin entsprechent zu verschieben.
M.f.G
A. B.“.
Mit E-Mail vom selben Tag richtete der Personalvertreter C. folgendes Ersuchen ua an den Garagenleiter G. und Dependancebetreuer D.:
„Lieber H.,
Ich ersuche dich für mich für morgen, Mittwoch 2.8.2017, eine Fahrervertretung zu organisieren, damit ich rechtzeitig in meiner Funktion als Personalvertreter an dem Termin mit Herrn B. A. teilnehmen kann.
Falls dies aus personellen Gründen nicht möglich sein sollte, ersuche ich dich höflichst, den Termin von Hrn. B. A. so zu verschieben, dass eine Teilnahme meinerseits möglich ist.
Gemäß Personalvertretungsgesetz ist jeder Bedienstete berechtigt, einen Personalvertreter seiner Wahl zu einem Termin mitzunehmen. Falls dies dem Bediensteten verweigert wird, stellt dies ein Verstoß gegen das Personalvertretungsgesetz dar.
Freundliche Grüße
K. C.
Personalvertretung …
Stv. Vorsitzender … – younion
Tel: …“.
Dem Beschwerdeführer wurde von dem Dependancebetreuer D. mündlich mitgeteilt, dass die Beiziehung eines Personalvertreters zum Gespräch am 2.8.2017 nicht erforderlich sei und der Termin auch ohne Beisein desselben stattfinde.
In der Folge teilte der Beschwerdeführer dem Dependancebetreuer D. erneut seine Bedenken über die Zulässigkeit der Weisung mit und ersuchte um schriftliche Bestätigung der Weisung.
Eine schriftliche Bestätigung der Weisung erfolgte nicht.
Am 2.8.2017 erschien der Beschwerdeführer zur Besprechung mit dem Leiter des Fuhrparks Ing. F..
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt und Würdigung des Parteienvorbringens.
Die Feststellungen ergeben sich aus den dem verwaltungsbehördlichen Akt einliegenden Dokumenten, insbesondere den vom Beschwerdeführer mit Antrag vom 10.10.2017 vorgelegten E-Mails, dem Schreiben der Dienststelle vom 8.11.2017 sowie dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 12.12.2017 und der Beschwerde vom 10.4.2018. Das Verwaltungsgericht Wien stützt sich bei seinen Feststellungen auf die insoweit unstrittige Aktenlage und weicht nicht vom Vorbringen des Beschwerdeführers ab.
Rechtlich folgt:
Die hier anzuwendende Bestimmung der Dienstordnung 1994 lautet wie folgt:
„Dienstpflichten gegenüber dem Vorgesetzten
§ 20. (1) Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen.
(2) Der Beamte kann die Befolgung einer Weisung ablehnen, wenn die Weisung entweder von einem unzuständigen Organ erteilt worden ist oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde.
(3) Hält der Beamte eine Weisung aus einem anderen Grund für gesetzwidrig, so kann er, bevor er die Weisung befolgt, seine Bedenken dem Vorgesetzten mitteilen. Bestätigt jedoch der Vorgesetzte diese Weisung schriftlich, so hat der Beamte die Weisung zu befolgen.
(4) Der Beamte hat eine Weisung, die er für gesetzwidrig hält, ohne schriftliche Bestätigung zu befolgen, wenn es sich bei Gefahr im Verzug um eine unaufschiebbare Maßnahme handelt.“.
Gemäß § 20 Abs. 1 DO 1994 hat ein Beamter seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen – soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist – zu befolgen. Gemäß § 20 Abs. 3 DO 1994 kann der Beamte, wenn er die Weisung aus einem anderen Grund als den in Abs. 2 aufgezählten Fällen für gesetzwidrig hält, bevor er die Weisung befolgt, seine Bedenken dem Vorgesetzten mitteilen. Aus dieser Ablehnungsregel, die inhaltlich Art. 20 Abs. 1 B-VG wiederholt, ist abzuleiten, dass in allen sonstigen Fällen eine Weisung – und daher auch eine gesetzwidrige Weisung – grundsätzlich zu befolgen ist (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/09/0230). Bestätigt der Vorgesetzte diese Weisung schriftlich, so hat der Beamte die Weisung zu befolgen. Angesichts einer rechtmäßigen Remonstration eines Beamten vermag die Unterlassung des für die Aufrechterhaltung der Weisung notwendigen Formgebots der schriftlichen Erteilung der Weisung durch den Vorgesetzten keine Befolgungspflicht des Beamten auszulösen (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/09/0230).
Die Remonstration selbst ist grundsätzlich an keine Form gebunden. Im Hinblick auf die vielfachen Formen, in denen Kritik vorgetragen werden kann, und auch die damit unterschiedlich verbundenen Zielsetzungen, muss aber gefordert werden, dass unter Einbeziehung der jeweiligen Gesamtsituation (und damit auch der Form der vorgebrachten Einwendungen) bei objektiver Betrachtung die vorgebrachten Bedenken für den Vorgesetzten als Remonstration erkennbar sind. Die Ausübung des Remonstrationsrechts muss auch erkennen lassen, welche rechtlichen Bedenken der Beamte gegen die ihm erteilte Weisung hat und womit er seinen Standpunkt vertreten zu können glaubt (vgl. VwGH 19.3.2003, 2000/12/0110, 20.11.2003, 2002/09/0088, 31.5.2012, 2011/09/0211). Das Remonstrationsrecht wird durch die Mitteilung zumindest denkmöglicher (auf vertretbarer Rechtsauffassung beruhenden) Bedenken wirksam ausgeübt. Ob die geäußerten Bedenken rechtlich zutreffen oder nicht, ist für den Eintritt der Rechtsfolge ohne Bedeutung (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/09/0230).
Unstrittig steht fest, dass dem Beschwerdeführer am 1.8.2017 von dem Dependancebetreuer D. die Weisung erteilt wurde, dass er am 2.8.2017 zu einer Besprechung mit dem Leiter des Fuhrparks Ing. F. erscheinen müsse.
Bezugnehmend auf diese Weisung richtete der Beschwerdeführer zunächst mit E-Mail vom 1.8.2017 an den Garagenleiter G. das Ersuchen, den Personalvertreter C. zu dieser Besprechung beizuziehen. Im Hinblick auf die von der Rechtsprechung geforderte Form einer Remonstration kann in diesem E-Mail keine wirksame Remonstration gesehen werden, zumal bei objektiver Betrachtung eine Kritik an der ihm erteilten Weisung, insbesondere rechtliche Bedenken des Beschwerdeführers nicht erkennbar sind. Erst nachdem der Depandancebetreuer D. die Weisung mündlich wiederholt hat, hat der Beschwerdeführer seine Bedenken - ebenfalls mündlich - mitgeteilt und eine schriftliche Bestätigung der Weisung verlangt. Unabhängig davon, ob die vom Beschwerdeführer behaupteten Bedenken, er könne einen Personalvertreter der Besprechung beiziehen, rechtlich zutreffen, hat er hiermit rechtlich wirksam remonstriert. Die am 1.8.2017 erteilte Weisung wurde in der Folge nicht schriftlich bestätigt. Die Unterlassung des für die Aufrechterhaltung der Weisung notwendigen Formgebots der schriftlichen Erteilung der Weisung vermochte sohin auch keine Befolgungspflicht auszulösen (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/09/0230).
Dass der Beschwerdeführer dennoch zur Besprechung am 2.8.2017 erschienen ist, erfolgte sohin - mangels Weisung - nicht aufgrund einer Befolgungspflicht. Ein Recht auf Feststellung der Rechtmäßigkeit von Weisungen besteht bloß dann, wenn durch die Weisung die Rechtssphäre des Beamten berührt wird (vgl. VwGH 19.2.2018, Ra 2017/12/0136). Mangels Vorliegens einer Weisung konnte verfahrensgegenständlich jedoch die Rechtssphäre des Beschwerdeführers gar nicht verletzt werden und war daher der Antrag des Beschwerdeführers mangels Feststellungsinteresses durch die belangte Behörde zurückzuweisen (vgl. VwGH 27.6.2017, Ra 2016/12/0092).
Sofern der Beschwerdeführer das Vorliegen eines rechtlichen Interesses darin begründet sieht, dass sein Vorgesetzter die Weisung mündlich wiederholt hat und zukünftig möglicherweise erneut erteilen wird, ist darauf hinzuweisen, dass ihm das vorgelagerte Verfahren der Remonstration auch für künftige Weisungen, gegen die er rechtliche Bedenken hegt, zur Verfügung stehen wird und er bis zu einer allfälligen schriftlichen Bestätigung der Weisung durch den Vorgesetzten nach rechtswirksamer Remonstration dieser - wie auch im vorliegenden Fall - nicht nachkommen muss (vgl. VwGH 13.3.2002, 2001/12/0181).
Inwiefern im konkreten Fall Gefahr in Verzug vorgelegen sei, ist dem Verwaltungsgericht Wien nicht ersichtlich, war es doch dem Beschwerdeführer möglich rechtzeitig und rechtswirksam zu remonstrieren und ist nicht davon auszugehen, dass es sich bei der Besprechung um eine unaufschiebbare Maßnahme gehandelt hat. Letzteres wird im Übrigen auch nicht behauptet. Vielmehr begründet der Beschwerdeführer das Vorliegen der Gefahr in Verzug damit, er habe nicht rechtzeitig beurteilen können, ob die Weisung als zurückgezogen gelte. Da jedoch der Beschwerdeführer - seinem eigenen Vorbringen zufolge - eine schriftliche Bestätigung der Weisung begehrte, geht das Verwaltungsgericht Wien davon aus, dass ihm das System der Weisungen - insbesondere die Rechtswirkung einer Remonstration - durchaus bekannt war und ihm eine Beurteilung dahingehend, dass die mündlich erteilte und nach Remonstration nicht schriftlich wiederholte Weisung nicht mehr aufrecht war, durchaus zugemutet werden kann. Im Übrigen steht das Abklären der Frage, ob die geltend gemachten Bedenken rechtlich begründet sind, der Wirksamkeit der Remonstration (wie oben ausgeführt) grundsätzlich nicht entgegen und kann sohin darin keine Gefahr in Verzug iSd § 20 Abs. 4 DO 1994 gesehen werden.
Im Hinblick darauf, dass verfahrensgegenständlich keine Weisung vorliegt, erübrigt sich auch die Frage, ob die vom Beschwerdeführer mit seiner Remonstration geltend gemachten Bedenken rechtlich begründet sind.
Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung kann gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden, da die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRCh entgegenstehen.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Allgemeine Dienstpflicht; Weisung; rechtswidrige Weisung; Remonstration; Remonstrationsrecht; Schriftformgebot; Befolgungspflicht; FeststellungsinteresseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.171.049.5171.2018Zuletzt aktualisiert am
28.11.2018