Entscheidungsdatum
27.09.2018Norm
BAO §2aText
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Hofrat Mag. Röper als Einzelrichter über die Säumnisbeschwerde von Herrn A, vertreten durch B Rechtsanwälte, ***, ***, vom 26. April 2018 gegen den Bescheid des Verbandsobmannes des Gemeindeverbandes für Umweltschutz und Abgabeneinhebung im Bezirk *** vom 12. Dezember 2016, Kundennummer ***, mit dem den Beschwerdeführer eine Abfallwirtschaftsgebühr vorgeschrieben worden war, zu Recht:
1. Der Beschwerde wird gemäß § 284 Bundesabgabenordnung (BAO) Folge gegeben und der angefochtene Bescheid des Verbandsobmannes des Gemeindeverbandes für Umweltschutz und Abgabeneinhebung im Bezirk *** ersatzlos behoben.
2. Der Antrag auf Zuerkennung der Kosten in der Höhe von € 364,94 für das eingebrachte Rechtsmittel der Beschwerde wird gemäß § 278 BAO als unzulässig zurückgewiesen.
3. Eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
1. Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:
1.1. Grundsätzliche Feststellungen:
Herr A (in der Folge: Beschwerdeführer) ist Eigentümer des Grundstückes Nr. ***, KG ***, welches die topographische Anschrift ***, ***, aufweist.
1.2. Verwaltungsbehördliches Verfahren:
1.2.1.
Mit Verpflichtungsbescheid des Verbandsobmanns des Gemeindeverbandes für Umweltschutz und Abgabeneinhebung im Bezirk *** vom 1. Dezember 2010, Kundennummer: ***, wurden dem Beschwerdeführer für das verfahrensgegenständliche Grundstück Anzahl und Art der aufzustellenden Müllbehälter ab 1. Jänner 2011 neu festgelegt. Zugeteilt wurde 1 Restmülltonne mit 120 Liter Inhalt bei 6 jährlichen Abfuhren sowie 1 Papiercontainer mit 240 Liter bei 7 Abfuhren. Dieser Bescheid ist rechtskräftig.
1.2.2.
Mit Verpflichtungsbescheid des Verbandsobmanns des Gemeindeverbandes für Umweltschutz und Abgabeneinhebung im Bezirk *** vom 1. Dezember 2016, Kundennummer: ***, wurden dem Beschwerdeführer für das verfahrensgegenständliche Grundstück Anzahl und Art der aufzustellenden Müllbehälter ab 1. Jänner 2017 neu festgelegt. Zugeteilt wurde 1 Restmülltonne mit 120 Liter Inhalt bei 7 jährlichen Abfuhren.
Dagegen erhob Herr A durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung mit Schreiben vom 12. Dezember 2016 Berufung und beantragte die Aufhebung.
Mit Berufungsentscheidung des Verbandsvorstands vom 27. März 2017,
Kunden Nr.: ***, wurde dieser Berufung keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.
Mit Schreiben vom 18. April 2017 erhob der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung gegen diese Berufungsentscheidung das Rechtsmittel Bescheidbeschwerde.
Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 27. Juli 2017, Zl. LVwG-AV-512/001-2017, wurde der Beschwerde stattgegeben und im Ergebnis der angefochtene Verpflichtungsbescheid vom 1. Dezember 2016 ersatzlos behoben.
1.3. Abgabenbehördliches Verfahren:
1.3.1.
Mit Abgabenbescheid des Verbandsobmannes des Gemeindeverbandes für Umweltschutz und Abgabeneinhebung im Bezirk *** vom 12. Dezember 2016, Kundennummer ***, wurde dem Beschwerdeführer für das in seinem Eigentum befindliche Grundstück mit der topographischen Anschrift ***, ***, mit Wirkung ab 1. Jänner 2017 gemäß § 23 Abs. 1 und 2 NÖ Abfallwirtschaftsgesetz 1992 und der geltenden Abfallwirtschaftsverordnung des Gemeindeverbandes für die zugewiesene Restmülltonne 120 mit 7 (sieben) Abfuhren eine jährliche Abfallwirtschaftsgebühr in der Höhe von € 61‚91 vorgeschrieben.
1.3.2.
Mit Schreiben vom 21. Dezember 2016 erhob der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Vertretung rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung und führte im Wesentlichen aus, dass es keinen Verpflichtungsbescheid des Gemeindeverbandes für Umweltschutz und Abgabeneinhebung im Bezirk *** für die gegenständliche Liegenschaft gebe, welcher die im Spruch genannten Abgaben von € 61,91 rechtfertige. Es gebe auch keinen Verpflichtungsbescheid, der sieben Abfuhren rechtskräftig und rechtswirksam festlege.
1.4. Beschwerdeverfahren:
1.4.1.
Mit Schreiben vom 26. April 2018 erhob der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Vertretung das Rechtsmittel der Säumnisbeschwerde und begründete diese im Wesentlichen damit, dass seit Einbringung der Berufung vom 21. Dezember 2016 mehr als ein Jahr verstrichen sei.
1.4.2.
Mit Schreiben des erkennenden Gerichtes vom 6. Juli 2018 wurde der belangten Behörde (Verbandsvorstand) gemäß § 284 BAO aufgetragen, innerhalb einer Frist von drei Monaten ab Einlangen der Säumnisbeschwerde zu entscheiden und gegebenenfalls eine Abschrift des Bescheides vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht oder nicht mehr vorliegt.
1.4.3.
Mit Schreiben vom 21. September 2018 teilte die belangte Behörde mit, dass im gegenständlichen Fall bereits mit 30. Oktober 2017 ein neuerlicher Verpflichtungsbescheid mit der Zahl *** an den Beschwerdeführer betreffend die Liegenschaft ***, ausgestellt worden sei. Mit 31. Oktober 2017 sei unter Zahl *** ein Abgabenbescheid erlassen und dem Liegenschaftseigentümer zugestellt worden. Auslöser dieser Bescheide sei das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 27. Juli 2017, Zl. LVwG-AV-512/001-2017, gewesen. Mit diesen Bescheiden aus 2017 wären die im Vorfeld bekämpften Bescheide bezüglich Verpflichtung zur Teilnahme an der Abfallwirtschaft und der dazugehörige Abgabenbescheid ersetzt worden. Eine Säumnis in der Entscheidungspflicht ist somit nicht gegeben.
1.5. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:
Mit Schreiben vom 21. September 2018 legte die belangte Behörde dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt vor.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den übermittelten Akt des Gemeindeverbandes für Umweltschutz und Abgabeneinhebung im Bezirk *** und durch Einsichtnahme in das öffentliche Grundbuch.
1.6. Beweiswürdigung:
Im Wesentlichen ist der Sachverhalt als unstrittig zu beurteilen und ergibt sich dieser aus dem unbedenklichen Akteninhalt in Verbindung mit dem bekämpften Bescheid, sowie aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, soweit dieses den Feststellungen der belangten Behörde nicht entgegentritt.
2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
2.1. Bundesabgabenordnung - BAO:
§ 1. ( 1) Die Bestimmungen der BAO gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.
§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …
§ 4. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.
§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.
(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.
§ 284. (1) Wegen Verletzung der Entscheidungspflicht kann die Partei Beschwerde (Säumnisbeschwerde) beim Verwaltungsgericht erheben, wenn ihr Bescheide der Abgabenbehörden nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen oder nach dem Eintritt zur Verpflichtung zu ihrer amtswegigen Erlassung bekanntgegeben (§ 97) werden. Hiezu ist jede Partei befugt, der gegenüber der Bescheid zu ergehen hat.
(2) Das Verwaltungsgericht hat der Abgabenbehörde aufzutragen, innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten ab Einlangen der Säumnisbeschwerde zu entscheiden und gegebenenfalls eine Abschrift des Bescheides vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht oder nicht mehr vorliegt. Die Frist kann einmal verlängert werden, wenn die Abgabenbehörde das Vorliegen von in der Sache gelegenen Gründen nachzuweisen vermag, die eine fristgerechte Entscheidung unmöglich machen. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, so ist das Verfahren einzustellen.
(3) Die Zuständigkeit zur Entscheidung geht erst dann auf das Verwaltungsgericht über, wenn die Frist (Abs. 2) abgelaufen ist oder wenn die Abgabenbehörde vor Ablauf der Frist mitteilt, dass keine Verletzung der Entscheidungspflicht vorliegt.
(4) Säumnisbeschwerden sind mit Erkenntnis abzuweisen, wenn die Verspätung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Abgabenbehörde zurückzuführen ist.
(5) Das Verwaltungsgericht kann sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen beschränken und der Abgabenbehörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen. Kommt die Abgabenbehörde dem Auftrag nicht nach, so entscheidet das Verwaltungsgericht über die Beschwerde durch Erkenntnis in der Sache selbst.
(6) Partei im Beschwerdeverfahren ist auch die Abgabenbehörde, deren Säumnis geltend gemacht wird.
§ 313. Die Parteien haben die ihnen im Abgabenverfahren und im Beschwerdeverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten.
2.2. NÖ Abfallwirtschaftsgesetz 1992 idF LGBl. 8240-6:
§ 9. (1) Im Pflichtbereich sind die Grundstückseigentümer bzw. Nutzungsberechtigten verpflichtet, nicht gefährliche Siedlungsabfälle nur durch Einrichtungen der Gemeinde oder deren sich die Gemeinde bedient, erfassen und behandeln zu lassen. Dies gilt nicht für kompostierbare Abfälle, wenn sie einer sachgemäßen Kompostierung im örtlichen Nahebereich zugeführt werden, für betriebliche Abfälle sowie für Abfälle, die auf Grund anderer Rechtsvorschriften erfaßt und behandelt werden.
(2) Der Pflichtbereich einer Gemeinde hat alle Grundstücke zu umfassen, auf denen gewöhnlich nicht gefährlicher Siedlungsabfall anfallen kann, z.B. Grundstücke mit der Widmung Bauland, Grünland-Landwirtschaft, -Forstwirtschaft, im Grünland erhaltenswerte Bauten, -Gärtnerei oder -Kleingärten. Der Gemeinderat kann jedoch im Rahmen der Abfallwirtschaftsverordnung Grundstücke, von denen auf Grund ihrer Lage oder der Art ihrer Verkehrserschließung der nicht gefährliche Siedlungsabfall nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten abgeführt werden kann, vom Pflichtbereich ausnehmen.
§ 11. (1) Die Gemeinde hat für die Einrichtung und den Betrieb einer Müllabfuhr nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu sorgen. Beim Abholen und Abführen soll kein Müll verschüttet, möglichst kein Staub entwickelt und jede andere Beeinträchtigung der Umwelt möglichst vermieden werden.
(2) Die Gemeinde hat Müllbehälter beizustellen und instandzuhalten. Die Müllbehälter sind vom Grundstückseigentümer bzw. Nutzungsberechtigten verschlossen und samt ihrer Umgebung sauber zu halten. …
(6) Die Anzahl und die Größe der aufzustellenden Müllbehälter nach dem Holsystem ist mit Bescheid so festzusetzen, daß in den beigestellten Müllbehältern der zu erfassende (§ 9) und erfahrungsgemäß anfallende Müll innerhalb des Abfuhrzeitraumes nach dem Stand der Technik erfaßt werden kann. Bei Verwendung von Säcken ist die Anzahl der jährlich vorzusehenden Säcke in die Entscheidung aufzunehmen.
(7) Von der Pflicht zur Verwendung der Müllbehälter (Abs. 3) sind Eigentümer bzw. Nutzungsberechtigte jener Grundstücke, auf denen sich keine Wohngebäude befinden auszunehmen, wenn sie eine den Zielen und Grundsätzen des § 1 entsprechende Erfassung und Behandlung ihres Mülls nachweisen können. Die Ausnahmebewilligung ist von der Gemeinde über schriftliches Ansuchen zu erteilen und hat die erforderlichen Auflagen oder Bedingungen zu enthalten.
Abgabenschuldner
§ 26. (1) Die Abfallwirtschaftsgebühr und die Abfallwirtschaftsabgabe ist von den Eigentümern der im Pflichtbereich gelegenen Grundstücke, bei deren widmungsgemäßer Verwendung mit Abfallanfall gerechnet werden kann, zu entrichten.
(2) Miteigentümer haften für die Abgabenschulden zur ungeteilten Hand.
Entstehen des Abgabenanspruches, Fälligkeit
§ 27. (1) Die Verpflichtung zur Entrichtung der Abfallwirtschaftsgebühr und der Abfallwirtschaftsabgabe entsteht ab dem Zeitpunkt der Rechtswirksamkeit der Abfallwirtschaftsverordnung. Werden Müllbehälter zugeteilt, so entsteht der Abgabenanspruch erst mit dem auf die Erlassung des Bescheides über die Festsetzung der Anzahl der aufzustellenden oder anzubringenden Müllbehälter nächstfolgenden Monatsersten.
(2) Der Zeitpunkt der Fälligkeit der Abfallwirtschaftsgebühr und der Abfallwirtschaftsabgabe ist in der Abfallwirtschaftsverordnung (§ 28) festzusetzen. Die behördlich festgesetzte Abfallwirtschaftsgebühr und Abfallwirtschaftsabgabe ist bis zur Erlassung einer neuen Abgabenentscheidung in unveränderter Höhe zu entrichten. Die Abfallwirtschaftsgebühr und die Abfallwirtschaftsabgabe sind auch dann zu entrichten, wenn die Müllbehälter nicht oder nicht ständig benützt werden. Dies gilt nicht für den Fall, dass der Behandlungsanteil nach der Zahl der tatsächlichen Abfuhren berechnet wird.
(3) Entsteht die Abgabenschuld während eines Kalenderjahres ist die Abfallwirtschaftsgebühr und die Abfallwirtschaftsabgabe anteilsmäßig für die restlichen vollen Monate dieses Kalenderjahres zu entrichten. Dasselbe gilt sinngemäß, wenn sich die Abfallwirtschaftsgebühr im Laufe eines Kalenderjahres ändert.
(4) Erlischt die Verpflichtung zur Entrichtung der Abfallwirtschaftsgebühr, so ist die Abfallwirtschaftsgebühr für die restlichen vollen Monate dieses Kalenderjahres nicht mehr zu entrichten. Gleiches gilt für die Abfallwirtschaftsabgabe.
(5) Wird der Behandlungsanteil nach der Anzahl der tatsächlichen Abfuhren berechnet, so entsteht der Abgabenanspruch mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abfuhren erfolgt sind.
(6) In einem solchen Fall ist die Abfallwirtschaftsgebühr und die Abfallwirtschaftsabgabe auf Teilzahlungszeiträume aufzuteilen. Die Teilbeträge sind entweder auf Grund der bisher festgesetzten Müllbehandlungsgebühr/Abfallwirtschaftsabgabe, oder der festgesetzten Abfallwirtschaftsgebühr/Abfallwirtschaftsabgabe zusammen mit einem allfälligen Bereitstellungsanteil (§ 24 Abs. 2 Z. 2) festzusetzen und zu entrichten. Im ersten Teilzahlungszeitraum eines Kalenderjahres ist der Differenzbetrag zwischen den Teilzahlungen der vorhergegangenen Teilzahlungszeiträume und der auf Grund der Anzahl der tatsächlichen Abfuhr festgesetzten Abfallwirtschaftsgebühr zu entrichten und sind erforderlichenfalls die Teilbeträge für die folgenden Teilzahlungszeiträume neu festzusetzen.
§ 28. (1) Der Gemeinderat hat eine Abfallwirtschaftsverordnung zu erlassen, in der insbesonders zu regeln sind:
1. der Pflichtbereich,
2. die Aufzählung der neben Müll in die Erfassung und Behandlung einbezogenen Abfallarten,
3. der Abfuhrplan,
4. die Festsetzung der Erfassung (Art, Zahl) des Sperrmülls innerhalb eines bestimmten Zeitraumes,
5. die Arten der Erfassung und Behandlung von Abfällen
2.3. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG:
§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:
1. Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;
2. Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;
3. Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.
(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden. …
(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
3. Würdigung:
3.1.
Die Beschwerde ist begründet.
3.1.1.
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die in Eigentum des Beschwerdeführers stehende Liegenschaft mit der Anschrift ***, ***, im Pflichtbereich des Gemeindeverbandes für Umweltschutz und Abgabeneinhebung im Bezirk *** gelegen ist und in der maßgeblichen Abfallwirtschaftsverordnung keine Ausnahmen für den Pflichtbereich in der Gemeinde *** vorgesehen sind bzw. waren.
Gemäß § 9 Abs. 1 des NÖ Abfallwirtschaftsgesetzes 1992 war daher der Beschwerdeführer dem Grunde nach verpflichtet, die auf dem gegenständlichen Grundstück anfallenden Abfälle durch Einrichtungen der Gemeinde bzw. des Gemeindeverbandes entsorgen zu lassen.
3.1.2.
Mit Verpflichtungsbescheid des Verbandsobmanns des Gemeindeverbandes für Umweltschutz und Abgabeneinhebung im Bezirk *** vom 1. Dezember 2010, Kundennummer: ***, wurden dem Beschwerdeführer für das verfahrensgegenständliche Grundstück Anzahl und Art der aufzustellenden Müllbehälter ab 1. Jänner 2011 neu festgelegt. Zugeteilt wurde 1 Restmülltonne mit 120 Liter Inhalt bei 6 jährlichen Abfuhren sowie 1 Papiercontainer mit 240 Liter bei 7 Abfuhren. Dieser Bescheid ist rechtskräftig.
Mit Verpflichtungsbescheid des Verbandsobmanns des Gemeindeverbandes für Umweltschutz und Abgabeneinhebung im Bezirk *** vom 1. Dezember 2016, Kundennummer: ***, wurden dem Beschwerdeführer für das verfahrensgegenständliche Grundstück Anzahl und Art der aufzustellenden Müllbehälter ab 1. Jänner 2017 neu festgelegt. Zugeteilt wurde 1 Restmülltonne mit 120 Liter Inhalt bei 7 jährlichen Abfuhren. Dieser Bescheid wurde vom Beschwerdeführer im Instanzenzug bekämpft. Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 27. Juli 2017,
Zl. LVwG-AV-512/001-2017, wurde im Ergebnis dieser Verpflichtungsbescheid ersatzlos behoben.
3.1.3. Zur Säumnis der belangten Behörde:
Vom Verbandsobmann des Gemeindeverbandes für Umweltschutz und Abgabeneinhebung im Bezirk *** wurde mittels Abgabenbescheid vom 12. Dezember 2016 Abfallwirtschaftsgebühren auf Basis dieses letztgenannten Verpflichtungsbescheides vom 1. Dezember 2016 vorgeschrieben.
Über die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers vom
21. Dezember 2016 wurde bis dato nicht entschieden.
Auf Grund der Säumnisbeschwerde des Beschwerdeführers vom 26. April 2018 wurde der belangten Behörde mit Schreiben des erkennenden Gerichtes vom
6. Juli 2018 gemäß § 284 BAO aufgetragen, innerhalb einer Frist von drei Monaten ab Einlangen der Säumnisbeschwerde zu entscheiden und gegebenenfalls eine Abschrift des Bescheides vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht oder nicht mehr vorliegt.
Mit Schreiben vom 21. September 2018 teilte die belangte Behörde mit, dass im gegenständlichen Fall bereits mit 30. Oktober 2017 ein neuerlicher Verpflichtungsbescheid mit der Zahl *** an den Beschwerdeführer betreffend die Liegenschaft ***, ausgestellt worden sei. Mit 31. Oktober 2017 sei unter Zahl *** ein Abgabenbescheid erlassen und dem Liegenschaftseigentümer zugestellt worden. Auslöser dieser Bescheide sei das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 27. Juli 2017, Zl. LVwG-AV-512/001-2017, gewesen. Mit diesen Bescheiden aus 2017 wären die im Vorfeld bekämpften Bescheide bezüglich Verpflichtung zur Teilnahme an der Abfallwirtschaft und der dazugehörige Abgabenbescheid ersetzt worden. Eine Säumnis in der Entscheidungspflicht ist somit nicht gegeben.
Dazu ist zunächst auszuführen, dass im Rahmen des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 27. Juli 2017,
Zl. LVwG-AV-512/001-2017, nur der dem Verfahrensregime des AVG unterliegende Verpflichtungsbescheid vom 1. Dezember 2016 behoben wurde. Der davon abgeleitete Abgabenbescheid vom 12. Dezember 2016 existiert noch – wenngleich er mit Berufung bzw. der gegenständlichen Säumnisbeschwerde bekämpft wurde.
Die BAO sieht in § 284 als Rechtsmittel gegen eine Verletzung der Entscheidungspflicht durch Säumnis der Abgabenbehörde die Einrichtung einer Säumnisbeschwerde vor. Diese Säumnisbeschwerde entspricht dem Säumnisschutz gegen die Verletzung einer Entscheidungspflicht der Abgabenbehörde erster Instanz vor Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, nämlich der Einrichtung des Devolutionsantrages nach § 311 BAO idF vor dem Finanzverwaltungsgerichtsbarkeitsgesetz 2012 (vgl. VwGH vom 25. Jänner 2018,
Zl. Ro 2017/16/0001).
Da die belangte Behörde dem Auftrag des erkennenden Gerichtes vom 6. Juli 2018 nicht nachgekommen ist und vielmehr davon ausgegangen ist, dass eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege, erweist sich die Säumnisbeschwerde als zulässig.
3.1.4.
Gemäß § 4 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschrift die Abgabepflicht knüpft. Der Abgabenanspruch entsteht grundsätzlich unabhängig von einer behördlichen Tätigkeit. Er setzt daher keine diesbezügliche Bescheiderlassung voraus. Der Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches ist bedeutsam u.a. für die Abgabenfestsetzung, welche - außer dies wäre gesetzlich vorgesehen - vor diesem Zeitpunkt nicht zulässig ist. Weiters kann auch die Fälligkeit von Abgaben niemals vor Entstehung des Abgabenanspruches liegen (vgl. dazu Ritz, BAO3, Tz 2 ff u. Tz 14 zu § 4).
Gegenstand des der Säumnisbeschwerde zugrundeliegenden Abgabenverfahrens ist die Frage, ob die Vorschreibung der Abgaben und Gebühren zu Recht - also auf Basis des NÖ Abfallwirtschaftsgesetzes 1992 und der geltenden Abfallwirtschaftsverordnung des Gemeindeverbandes - nach dem Verfahrensregime der BAO - erfolgt ist. Nur wenn nämlich ein (alle) diese Festsetzungsmerkmale enthaltender (Verpflichtungs-)Bescheid ergangen und in Rechtskraft erwachsen ist, können die sich auf diese Grundlage stützenden Abgabenbescheide nicht mehr mit Einwendungen gegen die bescheidmäßig vorgeschriebene Zahl der Abfuhrtermine bzw. die Behältergrößen in Frage gestellt werden (vgl. VwGH vom
24. November 1995, Zl. 95/17/0425).
Im vorliegenden Fall ist aber der Grundlagenbescheid in Gestalt des Bescheides des Verbandsobmannes vom 1. Dezember 2016 ersatzlos behoben worden.
Daraus folgt, dass der abgeleitete - einheitlich zu erlassende - Abgabenbescheid sich hinsichtlich seiner Vorschreibungsgrundlagen (von Abfallwirtschaftsgebühren und Abfallwirtschaftsabgaben) als rechtswidrig erweist, da ihm durch die im Erkenntnis vom 27. Juli 2017, Zl. LVwG-AV-512/001-2017, erfolgte Aufhebung des Verpflichtungsbescheides die Rechtsrundlage entzogen worden ist.
3.1.5.
Im Ergebnis konnte eine Verletzung der einschlägigen Abgabenvorschriften bzw. eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides festgestellt werden, weshalb sich die Beschwerde im Ergebnis als begründet erwies und daher spruchgemäß zu entscheiden war.
3.1.6.
Diese Entscheidung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer zwar beantragt. Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, zumal der angefochten Bescheid schon auf Grund der Aktenlage ersatzlos zu beheben war.
3.2. Zu Spruchpunkt 2 – Kostenentscheidung:
Gemäß § 313 BAO haben die ihnen im Abgabenverfahren und im Beschwerdeverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten, sodass dem beantragten Kostenzuspruch des Antragstellers - als Beschwerdeführer vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich - der Erfolg versagt bleiben musste (vgl. VwGH vom 24. Februar 2000, Zl. 97/15/0214).
§ 313 BAO normiert unmissverständlich, dass im Beschwerdeverfahren erwachsende Kosten von den Parteien selbst zu bestreiten sind und schließt damit einen Kostenersatz einer "obsiegenden" Partei auch im Säumnisbeschwerdeverfahren aus. Der Gesetzgeber unterschied beim Ausschluss von Kostenersatz nicht zwischen Bescheidbeschwerde, Maßnahmenbeschwerde und Säumnisbeschwerde (vgl. VwGH vom 25. Jänner 2018, Zl. Ro 2017/16/0001).
3.3. Zu Spruchpunkt 3 – Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da der als erwiesen angenommene Sachverhalt und die in diesem Verfahren anzuwendenden Rechtsvorschriften eindeutig sind und im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis weder von der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht noch eine solche Rechtsprechung fehlt und die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die unter Punkt 3.1. auch angeführt ist, auch einheitlich beantwortet wird.
Schlagworte
Finanzrecht; Abfallwirtschaftsgebühr; Verpflichtungsbescheid; Abgabenbescheid;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.701.001.2018Zuletzt aktualisiert am
27.11.2018