Entscheidungsdatum
05.10.2018Norm
VStG 1991 §52a Abs1Text
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch MMag. Kammerhofer als Einzelrichter über die Beschwerde des A, vertreten durch B Rechtsanwaltspartnerschaft KG in ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf vom 16. April 2018, Zl. ***, betreffend Anregung bzw. Antrag auf Aufhebung des Straferkenntnisses vom 11. Juli 2017, den
BESCHLUSS:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§§ 24 Abs. 1 und 2, 31 Abs. 1 – VwGVG
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG
Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundesverfassungsgesetz – B-VG
Begründung:
1. Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:
Mit strafverhängendem Bescheid vom 11. Juli 2017 wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe während der Schonzeit entgegen den gesetzlichen Bestimmungen einen Dachs erlegt und sei davon ausgegangen, dass dieser infolge eine Verletzung Qualen erlitten habe. Da er nicht unverzüglich nach dem Abschuss die Erlegung der Bezirksverwaltungsbehörde angezeigt habe, habe er sowohl § 73 Abs. 2 iVm § 135 Abs. 1 Z 12 NÖ JagdG als auch § 83 Abs. 5 iVm § 135 Abs. 1 Z 31 NÖ JagdG verletzt. Folglich wurde über ihn gemäß § 135 Abs. 2 NÖ JagdG eine Verwaltungsstrafe in der Höhe von 400,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt. Als Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens wurden dem Beschwerdeführer 40,-- Euro vorgeschrieben. Dieses Straferkenntnis wurde am 10. August 2017 rechtskräftig.
Mit Schreiben vom 13. April 2018 regte der Beschwerdeführer gemäß § 68 AVG iVm. § 52a Abs. 1 VStG die Aufhebung des Straferkenntnisses bei der belangten Behörde an. Begründend führte er aus, dass ein Rechtfertigungsgrund für die ihm vorgeworfene Tat vorgelegen habe, wobei ihn die Behörde nicht angeleitet habe einen entsprechenden Beweisantrag zu stellen. Dadurch habe die belangte Behörde die Manuduktionspflicht verletzt. Weiters habe die Behörde dem Straferkenntnis Feststellungen zu Grunde gelegt, welche nicht den Angaben des Beschwerdeführers entsprochen hätten, weshalb der Spruchpunkt diesbezüglich falsch und unrichtig sei. Auch diesbezüglich sei mangels erfolgter Anleitung, ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten, die Manuduktionspflicht verletzt worden. In eventu beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage des Aktes an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde.
Mit Bescheid vom 16. April 2018 wies die belangte Behörde den Antrag bzw. die Anregung des Beschwerdeführers zurück. Begründend führte sie aus, dass nach dem eindeutigen Wortlaut des § 52a Abs. 1 VStG im Verwaltungsstrafverfahren § 68 Abs. 7 AVG sinngemäß gilt und demnach niemandem ein subjektives öffentliches Recht auf Aufhebung eines rechtskräftigen Straferkenntnisse zukomme. Aus diesem Grund sei der Antrag zurückzuweisen.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde.
Mit Schreiben vom 9. Mai 2018 legte die belangte Behörde den Verwaltungsstrafakt mit dem Ersuchen um Entscheidung dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich vor.
2. Zum Beschwerdevorbringen:
In der fristgerecht erhobenen Beschwerde führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, die belangte Behörde habe den Antrag des Beschwerdeführers zurückgewiesen, ohne ihm gemäß § 45 AVG die Möglichkeit zu geben, zu den Ergebnissen der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen. Die belangte Behörde habe die Anregung gänzlich unbehandelt gelassen und diese entgegen ihrer Verpflichtung nicht der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde vorgelegt. Aus diesen Gründen könne die Befangenheit des bearbeitenden Referenten nicht ausgeschlossen werden, zumal dieser bereits am Erlass des Straferkenntnisses beteiligt gewesen sei. Die Entscheidung durch ein befangenes Organ stelle einen absoluten Nichtigkeitsgrund dar, weshalb der Zurückweisungsbescheid nichtig sei.
3. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde und den hg. Akt des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich. In Ansehung der Vorgaben des § 24 Abs. 2 Z 2 VwGVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, die im Übrigen nicht beantragt wurde, abgesehen werden.
4. Feststellungen:
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 11. Juli 2017 wurden dem Beschwerdeführer wegen Verstößen gegen § 73 Abs. 2 iVm § 135 Abs. 1 Z 12 NÖ JagdG und § 83 Abs. 5 iVm § 135 Abs. 1 Z 31 NÖ JagdG eine Verwaltungsstrafe in der Höhe von 400,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) sowie die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens in Höhe von 40,-- Euro auferlegt. Dieser Bescheid wurde am 10. August 2017 rechtskräftig.
Mit Schreiben vom 13. April 2018 regte der Beschwerdeführer gemäß § 68 AVG iVm. § 52a Abs. 1 VStG die Aufhebung des Straferkenntnisses bei der belangten Behörde an. Diesen Antrag wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 16. April 2018 zurück. Begründend führte sie aus, dass kein subjektives Recht auf Aufhebung eines rechtskräftigen Straferkenntnisses bestehe. Gegen diesen Beschluss erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde.
5. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen gründen sich auf den Akt der belangten Behörde und den hg. Akt des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt steht aufgrund der Aktenlage als erwiesen fest und ist unbestritten.
6. Rechtslage:
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
Gemäß § 68 Abs.2 AVG können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.
Gemäß § 68 Abs. 4 AVG können Bescheide von Amts wegen in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde als nichtig erklärt werden, wenn der Bescheid
1. von einer unzuständigen Behörde oder von einer nicht richtig zusammengesetzten Kollegialbehörde erlassen wurde,
2. einen strafgesetzwidrigen Erfolg herbeiführen würde,
3. tatsächlich undurchführbar ist oder
4. an einem durch gesetzliche Vorschrift ausdrücklich mit Nichtigkeit bedrohten Fehler leidet.
Gemäß § 68 Abs. 7 AVG steht niemandem auf die Ausübung des der Behörde gemäß den Abs. 2 bis 4 zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechts ein Anspruch zu. Mutwillige Aufsichtsbeschwerden und Abänderungsanträge sind nach § 35 zu ahnden.
Gemäß § 52a Abs. 1 VStG können von Amts wegen der Beschwerde beim Verwaltungsgericht nicht mehr unterliegende Bescheide, durch die das Gesetz zum Nachteil des Bestraften offenkundig verletzt worden ist, sowohl von der Behörde als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden. § 68 Abs. 7 AVG gilt sinngemäß.
Gemäß § 24 VStG gilt das AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren, soweit sich aus dem VStG nichts anderes ergibt.
7. Erwägungen:
Wie festgestellt stellte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 13. April 2018 den Antrag bzw. die Anregung, die belangte Behörde möge das gegen ihn wegen einer Übertretung des NÖ Jagdgesetzes ergangene Straferkenntnis gemäß § 68 AVG iVm. § 52a VStG aufheben. Dieses Einbringen wurde mit dem angefochtenen Bescheid zurückgewiesen.
Gemäß § 52a VStG gilt § 68 Abs. 7 AVG im Verwaltungsstrafverfahren sinngemäß. Dem Wortlaut des § 68 Abs. 7 AVG entsprechend besteht kein subjektiv öffentliches Recht auf die Ausübung des der Behörde gemäß den Abs. 2 bis 4 zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechts. Diese auf dem eindeutigen Wortlaut des § 68 Abs. 7 AVG beruhende Ansicht entspricht überdies der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 22. 2. 2012, 2012/08/0012).
Es liegt somit im Ermessen der Behörde, ob sie von den ihr in § 68 Abs. 2 bis 4 AVG eingeräumten Befugnissen Gebrauch macht oder nicht, weil die Partei weder durch das gänzliche Ignorieren (vgl. VwGH 4. 10. 2000, 2000/11/0168) noch durch die Ablehnung ihres darauf gerichteten Begehrens in ihren Rechten verletzt sein kann (vgl. VwGH 25. 3. 2015, Ra 2015/13/0007), gleichgültig, ob die Behörde ihre Verweigerung in die Form eines Bescheides (vgl. VwGH 18. 6. 2003, 2003/06/0086) oder einer bloßen Mitteilung (vgl. VwGH 25. 9. 1992, 92/09/0218) kleidet, und gleichgültig, ob sie ihre Ablehnung mit guten oder unzutreffenden Gründen rechtfertigt (vgl. VfSlg 10.023/1984) oder auf eine Begründung überhaupt verzichtet.
Wie der VwGH folglich ausdrücklich betont, ist die Nichtausübung der Befugnisse nach § 68 Abs. 2 bis 4 AVG folglich vollständig der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen (VwGH 18. 3. 1994, 94/12/0034).
Das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG setzt voraus, dass der Rechtsmittelwerber in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet und diese Verletzung zumindest möglich ist. Mangels eines solchen ihm zustehenden Rechtes konnte der Beschwerdeführer durch die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Zurückweisung des Antrages bzw. der Anregung auf Aufhebung des Bescheides der belangten Behörde nicht in einem subjektiven öffentlichen Recht verletzt werden (vgl. VwGH 24. 8. 1999, 99/11/0240). Daran ändert auch die fehlende inhaltliche Auseinandersetzung seitens der Behörde nichts, unabhängig von Inhalt und Begründung des Zurückweisungsbescheids.
Da die der Behörde in § 68 Abs. 2 bis 4 AVG vom Gesetzgeber eingeräumte Aufsichtsgewalt ausschließlich der Behörde überantwortet ist und der jeweiligen Verfahrenspartei explizit kein Rechtsanspruch auf Anwendung dieser Gesetzesbestimmungen eingeräumt wurde, kann die Ablehnung eines darauf gerichteten Antrags, in welcher Form diese auch ergeht, niemand zulässigerweise mit einem Rechtsmittel bekämpfen (vgl. VwGH 8. 11. 2000, 2000/04/0119).
Mangels der auch nur abstrakten Möglichkeit einer Rechtsverletzung des Beschwerdeführers durch den Bescheid der belangten Behörde iSd Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG und der Unzulässigkeit eines Rechtsmittels gegen die Ermessensausübung der belangten Behörde, war die Beschwerde zurückzuweisen.
8. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist gegen diesen Beschluss nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, da eine völlig eindeutige Rechtslage besteht. Insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im Übrigen liegt aufgrund der eindeutigen Rechtslage keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG vor (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage zB VwGH 28. Mai 2014, Ro 2014/07/0053, oder auch VwGH 2. September 2015, Ra 2015/19/0194).
Schlagworte
Landwirtschaft und Natur; Jagdrecht; Verwaltungsstrafe; Verfahrensrecht; subjektives Recht; ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.S.1118.001.2018Zuletzt aktualisiert am
28.11.2018