Entscheidungsdatum
11.10.2018Norm
AWG 2002 §37 Abs4 Z7Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Binder als Einzelrichterin über die Beschwerde der A gesellschaft mbH, vertreten durch B Rechtsanwalts-Partnerschaft, ***, ***, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 23. September 2016, Zl. ***, betreffend Vorschreibung von Nachsorgemaßnahmen und Sicherstellung im Zuge der Stilllegung einer Deponie gemäß Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) zu Recht:
1. Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als der Spruchpunkt B. des angefochtenen Bescheides (Nachsorgemaßnahmen) in dem Ausmaß abgeändert wird, dass das in diesem Spruchpunkt festgesetzte Ende des Zeitraumes für die Erfüllung der Nachsorgemaßnahmen mit 10. Mai 2031 festgelegt wird. Weiters wird in Abänderung des Spruchpunktes C. (Sicherstellung) ein Sicherstellungsbetrag für den Nachsorgezeitraum in der Höhe von 80.965,-- Euro vorgeschrieben. Die Laufzeit des vorzulegenden Bankhaftbriefes im 2. Satz dieses Spruchpunktes wird auf 10. Mai 2031 korrigiert und die Anlagenbetreiberin verpflichtet, die Sicherstellung binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung bei der belangten Behörde zu erbringen.
Darüber hinausgehend wird der angefochtene Bescheid im angefochtenen Umfang vollinhaltlich bestätigt.
Die Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides wird zu Spruchpunkt B. auf die §§ 37 Abs. 4 Z 7 iVm 51 Abs. 2 AWG 2002 und zu Spruchpunkt C. auf die §§ 37 Abs. 4 Z 7 iVm 51 Abs. 2 AWG 2002 iVm § 44 Abs. 5 DVO 2008 geändert.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§ 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG)
§§ 37 Abs. 4 Z 7, 43 Abs. 2 Z 2, 48, 51 Abs. 2, 63 Abs. 1 und 2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002)
§ 44 Deponieverordnung 2008 (DVO 2008)
Entscheidungsgründe:
1. Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:
Im Stilllegungsverfahren betreffend die von der Beschwerdeführerin auf den Grundstücken Nr. ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, *** und ***, alle KG ***, und Gst. Nr. ***, KG ***, betriebenen Deponie erließ der Landeshauptmann von Niederösterreich als Abfallrechtsbehörde am 23. September 2016 zur Zl. *** folgenden Bescheid:
„A. Kollaudierung:
Aufgrund der Anzeige der A gesellschaft mbH vom 22. Dezember 2014 wird festgestellt, dass die Fertigstellung der Oberflächenabdeckung der Deponie auf den Grundstücken Nr. ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, *** und ***, KG ***, und Gst. Nr. ***, KG ***, im Wesentlichen entsprechend dem Bescheid vom 14. Juli 2010, ***, und der Deponieverordnung 2008 erfolgt ist.
Die Abweichungen von der erteilten Genehmigung werden entsprechend den mit der
Bezugsklausel versehenen Kollaudierungsunterlagen vom 28. April 2015, erstellt von der C GmbH, GZ ***, und der nachstehenden Begründung, als geringfügig nachträglich genehmigt.
B. Nachsorgemaßnahmen:
Folgende Nachsorgemaßnahmen sind hinsichtlich der Deponie auf den Grundstücken Nr. ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, *** und ***, KG ***, und Gst. Nr. ***, KG ***, vorerst bis 30. September 2046 zu erfüllen bzw. einzuhalten:
1.
Maßnahmen
Häufigkeit
Deponiesickerwasservolumen
monatlich
Zusammensetzung des Deponiesickerwassers ¹)
jährlich
Messung und Dokumentation Schachtwasserspiegel
monatlich
Setzungsverhalten Deponiekörper (Vermessung)
jährlich
Wartung der Reinwassererfassungs- und –
ableitungssysteme
jährlich
Funktion der maschinellen Ausrüstung
Wasser/Abwasser
monatlich
Räumung von Ablagerungen im Rückhaltebecken
(Auflage 2 d.B.v. 11.2.2016)
alle 10 Jahre
Wartung der Ableitung (Rohrdrossel, Verrohrung, Ein-
/Auslaufstellen, Ablagerungen beseitigen)
(Auflage 3 d.B.v. 11.2.2016)
vierteljährlich
Kontrolle auf Wasseraustritte an der Oberfläche
jährlich
Kontrolle der Deponieoberfläche / Rekultivierung
jährlich
Pflege der Deponieoberfläche (naturschutzfachliche
Vorgaben)
jährlich
Deponieaufsicht
jährlich
¹) Parameter: gemäß Auflage A25 des Bescheides vom 13.12.2002 (***) nach den Auflagen 23 und 24 des Bescheides vom 9.10.1992 (***), Auflage 23 verweist auf eine Beilage zum Bescheid.
2. Die Deponieoberfläche ist dauerhaft als extensive Wiese oder Weide zu nutzen, eine Ackernutzung ist nicht zulässig. Zumindest ist die Deponieoberfläche einmal jährlich zu mähen und es ist das Heu zu entfernen.
C. Sicherstellung:
Für den Nachsorgezeitraum ist ein Betrag von € 136.911.- als Sicherstellung zu leisten.
Die Sicherstellung ist unverzüglich in Form eines Bankhaftbriefes mit einer Laufzeit bis
30. September 2046 zu erbringen. Der vorzulegende Bankhaftbrief hat eine
Wertsicherungsklausel zu enthalten (Baukostenindex: Straßenbau; bei einer
Indexsteigerung von 5 % ist ein entsprechend wertangepasster Bankhaftbrief vorzulegen).
Sollte der Bankhaftbrief nicht über den gesamten Zeitraum vorgelegt werden können, so kann auch ein Zeitraum von 5 Jahren gesichert werden und ist spätestens 4 Wochen vor Ablauf ein neuerlicher Bankhaftbrief über weitere 5 Jahre usw. vorzulegen, andernfalls der bestehende Bankhaftbrief fällig gestellt wird.
Nach Einlangen der Sicherstellung wird der bisher hinterlegte Bankhaftbrief retourniert.“
Im Spruchpunkt D dieses Bescheides wurde die A gesellschaft mbH zum Tragen der Kosten des Verfahrens verpflichtet.
In ihrer Begründung verwies die belangte Behörde auf den bisher erteilten abfallrechtlichen Konsens der Deponie und darauf, dass die A gesellschaft mbH mit Schreiben vom 22. Dezember 2014 die Herstellung der Oberflächenabdeckung gemäß dem Deponietyp Baurestmassendeponie bezüglich der gegenständlichen Deponie angezeigt habe.
Zu Beginn der Verhandlung am 29. Juni 2015 wäre ein erster Entwurf eines Kollaudierungsoperates für die Oberflächenabdeckung (Anzeige vom 22. Dezember 2014) vorgelegt worden. Das endgültige Kollaudierungsoperat wäre mit Schreiben vom 10. Mai 2016 übermittelt worden.
Im Zuge der Verhandlung am 18. Mai 2016 wären die Kollaudierungsunterlagen vom Amtssachverständigen für Deponietechnik begutachtet worden und gab die Verwaltungsbehörde den Inhalt des Gutachtens dieses Sachverständigen wörtlich wieder.
In ihrer rechtlichen Beurteilung verwies die belangte Behörde auf § 63 Abs. 1 und 2 AWG 2002 und führte aus, dass aus dem oben genannten Gutachten des deponietechnischen Amtssachverständigen und jenes des Amtssachverständigen für Naturschutz ersichtlich sei, dass die Fertigstellung der Oberflächenabdeckung im Wesentlichen entsprechend den Genehmigungsbescheiden und Bestimmungen der Deponieverordnung erfolgt sei. Gewisse Abweichungen wären als geringfügig zu beurteilen und daher nachträglich genehmigt worden. Nunmehr sei die gesamte Deponie geschlossen und könne in die Nachsorge entlassen werden. Die angezeigten Nachsorgemaßnahmen wären adaptiert worden und hat die belangte Behörde in diesem Zusammenhang auf Spruchpunkt B des Bescheides verwiesen. Der Nachsorgezeitraum für die Deponie sei zunächst mit 30 Jahren festgelegt (die Deponie wäre in den letzten Jahren als Bodenaushubdeponie betrieben worden, zuvor jedoch wären über einen längeren Zeitraum auch Abfälle zumindest des Deponietyps Baurestmassen abgelagert worden, und wäre daher eine Oberflächenabdeckung gemäß dieses Deponietyps erforderlich gewesen).
2. Zum Beschwerdevorbringen:
Die Anlagenbetreiberin brachte durch ihre rechtsfreundliche Vertretung gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde ein und beantragte, das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich möge nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass im Spruchpunkt B. die Wortfolge „vorerst bis 30. September 2046“ entfällt, in eventu durch die Festlegung eines kürzeren voraussichtlichen Nachsorgezeitraums ersetzt werde. Im Spruchpunkt C. solle die Laufzeit des Bankhaftbriefes verkürzt und der Sicherstellungsbetrag auf jenen Betrag herabgesetzt werden, der sich aus der Einstufung der gegenständlichen Deponie als Bodenaushubdeponie sowie dem diesbezüglich gemäß Punkt 1 des Anhangs 8 zur DVO 2008 anzusetzenden Nachsorgezeitraum ergebe. In eventu möge der Bescheid im angefochtenen Umfang aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen werden.
Begründet wurden diese Anträge wie folgt:
„2.1 Unzulässige Festlegung eines „vorläufigen Nachsorgezeitraumes“ in Spruchpunkt B
lm Spruchpunkt B des angefochtenen Bescheides wird der Nachsorgezeitraum mit
„vorerst bis 30. September 2046“ festgelegt. Der Terminus „vorerst“ bezieht sich dabei offenkundig auf das in § 44 Abs 5 DVO 2008 fugitiv definierte „Ende der Nachsorgephase“: Das (tatsächliche) Ende der Nachsorgephase tritt demnach erst mit der Feststellung der Behörde ein, dass für die Deponie keine Nachsorgemaßnahmen mehr erforderlich sind.
Die Wortfolge „vorerst bis 30. September 2046“ im angefochtenen Bescheid ist damit an sich überflüssig und schon deshalb zu streichen. Da das Ende der Nachsorgephase gemäß § 44 Abs 5 DVO 2008 ohnedies nicht vorweg bestimmt werden kann, sondern erst aufgrund der Erlassung eines Feststellungsbescheides, wonach für die Deponie keine Nachsorgemaßnahmen mehr erforderlich sind, eintritt, kann der Nachsorgezeitraum - bei entsprechend früherer Erlassung eines solchen Feststellungsbescheides - nämlich vor dem 30.9.2046 enden, theoretisch aber auch erst zu einem nach dem 30.9.2046 gelegenen Zeitpunkt (bei entsprechend späterer Erlassung eines Feststellungsbescheides iSd § 44 Abs 5 DVO 2008).
Die in der DVO 2008 in dieser Form nicht vorgesehene Festlegung eines „vorläufigen
Nachsorgezeitraums" im angefochtenen Bescheid ist dennoch nicht gleichgültig. Sie
entfaltet nämlich (zumindest) insoweit normative Wirkung, als sich die Festlegung der
Sicherstellung für die Nachsorgephase am Umfang der in der Nachsorgephase zu setzenden Nachsorgemaßnahmen und insbesondere auch am Nachsorgezeitraum zu orientieren hat. Insoweit sind wir aber durch den im Spruchpunkt B festgelegten „vorläufigen Nachsorgezeitraum“ beschwert, weil die belangte Behörde der Berechnung der von ihr im Spruchpunkt C vorgeschriebenen Sicherstellung für die Nachsorgephase einen entsprechend langen Nachsorgezeitraum (bis 30.9.2046) zugrunde gelegt hat (dazu noch ausführlich unter Punkt 2.3 und Punkt 2.4 dieser Beschwerde).
Als Zwischenergebnis ist somit festzuhalten, dass der angefochtene Passus im
Spruchpunkt B bereits deshalb - ersatzlos - aufzuheben ist, weil die Festlegung eines
derartigen „vorläufigen Nachsorgezeitraums“ in der DVO 2008 nicht vorgesehen ist, uns aber im Hinblick auf die Festlegung der Sicherstellung für die Nachsorgephase belastet.
2.2 In eventu: Festlegung eines zu langen Nachsorgezeitraumes in Spruchpunkt B
Sollte sich das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich dieser Rechtsansicht nicht anschließen, so wäre der angefochtene Passus aber zumindest dahingehend abzuändern, dass der darin festgelegte „vorläufige Nachsorgezeitraum“ erheblich verkürzt wird:
Vorauszuschicken ist in diesem Zusammenhang, dass für die Dauer der Nachsorge-
phase in der DVO 2008 nirgends ein bestimmter Zeitraum festgelegt wird. Die Begriffsbestimmung des Terminus „Nachsorgephase“ in § 3 Z 40 DVO 2008 enthält nämlich bloß die sehr allgemein gehaltene Aussage, die Dauer der Nachsorgephase richte sich „nach dem Zeitraum, in dem für das Kompartiment noch Nachsorgemaßnahmen erforderlich sind“. Letzteres steht im Einklang mit der vorhin erwähnten Definition des Endes der Nachsorgephase in § 44 Z 5 DVO 2008. Wie lange die Nachsorgephase dauert, weiß man somit immer erst im Nachhinein.
Will man der Behörde nun - entgegen der hier vertretenen Auffassung - dessen ungeachtet das Recht zubilligen, bereits im Vorhinein einen „vorläufigen Nachsorgezeitraum“ bescheidmäßig festzulegen, darf sie dabei aber jedenfalls nicht nach Willkür vorgehen; insbesondere eine gesetzes- und verfassungskonforme Interpretation würde dem entgegenstehen. Will man der Behörde überhaupt ein solches Recht zubilligen, muss sie sich bei der Festlegung des „vorläufigen Nachsorgezeitraums“ vielmehr an jenen Anhaltspunkten orientieren, die sich zur Dauer der Nachsorgephase aus der DVO 2008 selbst ergeben. Einen konkreten Anhaltspunkt dafür, welchen Zeitraum der Verordnungsgeber für die Dauer der Nachsorgephase im Sinn gehabt hat, bietet die DVO 2008 aber ausschließlich in Anhang 8, Punkt 1. Dort heißt es, dass für die Berechnung einer Sicherstellung für Nachsorgemaßnahmen folgende Zeiträume anzusetzen sind:
— „Bodenaushubdeponien: 5 Jahre
— lnertabfalldeponien: 15 Jahre
— Baurestmassen-‚ Reststoff-‚ Massenabfalldeponien: 30 Jahre
— Untertagedeponien für gefährliche Abfälle: 40 Jahre“.
Bei einer Bodenaushubdeponie, wie sie in unserem Fall gemäß rechtskräftigem Fest-
stellungsbescheid der belangten Behörde vorliegt (Punkt 1.5), unterstellt der Verord-
nungsgeber somit einen Nachsorgezeitraum von 5 Jahren.
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid demgegenüber jedoch für unsere Deponie einen Nachsorgezeitraum von 30 Jahren angenommen. Ein derart langer Nachsorgezeitraum wäre laut Punkt 1 des Anhangs 8 zur DVO 2008 weder bei einer Bodenaushubdeponie (wie sie nunmehr laut Feststellungsbescheid vorliegt) anzunehmen, noch bei einer Inertabfalldeponie (diese Deponieklasse entspricht am ehesten unserem ursprünglichen Bewilligungsbescheid aus dem Jahr 1992, mit dem der Betrieb einer lnertstoffdeponie bewilligt wurde), denn selbst für Inertabfalldeponien wird in Punkt 1 des Anhangs 8 zur DVO 2008 ein Nachsorgezeitraum von lediglich 15 Jahren angenommen. Der von der belangten Behörde nun herangezogene Nachsorgezeitraum von 30 Jahren wird vom Verordnungsgeber vielmehr ausschließlich bei hier jedenfalls nicht zur Diskussion stehenden Deponieklassen angenommen, nämlich bei Baurestmassen-, Reststoff- und Massenabfalldeponien.
Wie die belangte Behörde überhaupt zur Annahme eines Nachsorgezeitraums von
30 Jahren gelangt ist, wird im angefochtenen Bescheid bloß beiläufig in einem Klam-
merausdruck begründet, und zwar folgendermaßen:
„... (die Deponie wurde in den letzten Jahren als Bodenaushubdeponie betrieben,
zuvor jedoch wurden über einen längeren Zeitraum auch Abfälle zumindest [?]
des Deponietypes Baurestmassen abgelagert, und war daher eine Oberflä-
chenabdeckung gemäß dieses Deponietypes erforderlich)" (Bescheid, Seite 10).
Diese Begründung ist schon deshalb unschlüssig, weil der Umstand, dass wir eine
Oberflächenabdeckung in gleichwertiger Qualität hergestellt haben, wie sie sonst bei
Baurestmassendeponien hergestellt wird, keinerlei zusätzliche Nachsorge und insbe-
sondere keinen Iängeren Nachsorgezeitraum erforderlich macht. Dass wegen der Herstellung einer solchen Oberflächenabdeckung ein längerer Nachsorgezeitraum erforderlich wäre, dürfte von der Behörde übrigens auch gar nicht ohne entsprechende fachliche Grundlage angenommen werden. Eine solche fachliche Grundlage könnte nur ein Sachverständigengutachten bieten. Bis dato liegt aber keinerlei Aussage eines Sachverständigen vor, wonach die von uns hergestellte Oberflächenabdeckung einen längeren Nachsorgezeitraum erforderlich machen würde (was wie gesagt nicht der Fall ist).
Unrichtig ist im Übrigen auch die Behauptung der belangten Behörde, es wäre für unsere Deponie eine Oberflächenabdeckung gemäß dem Deponietyp Baurestmassendeponie „erforderlich“ gewesen. Lediglich aus Entgegenkommen gegenüber der belangten Behörde und um die Meinungsverschiedenheit mit der belangten Behörde über die Rechtmäßigkeit der auf der Deponie vorgenommenen Ablagerungen zu beenden, haben wir uns im Jahr 2008 - von uns aus - zur Herstellung einer solchen Oberflächenabdeckung entschlossen (Punkt 1.4). Wäre eine derartige Oberflächenabdeckung erforderlich gewesen, hätte es einen entsprechenden behördlichen Auftrag geben müssen. Das war jedoch nie der Fall.
Richtig ist zwar, dass auf der Deponie ursprünglich - zusätzlich zum Bodenaushub -
entsprechend dem Bewilligungsbescheid aus dem Jahr 1992 auch einzelne Baurest-
massen abgelagert wurden. Dies geschah jedoch, wie aus der dieser Beschwerde beigelegten Aufstellung über die abgelagerten Mengen hervorgeht, in einem völlig untergeordneten Ausmaß (Bodenaushub 78%, Baurestmassen 22%). Überdies wurde die Ablagerung von Baurestmassen schon im Jahr 2010 eingestellt, seit dem Jahr 2011 wird die Deponie ausschließlich als Bodenaushubdeponie verwendet; und wie sich aus dem Bewilligungsbescheid aus dem Jahr 1992 ergibt, handelte es sich dabei auch nur um Baurestmassen, die qualitativ einen im Hinblick auf die Schutzgüter des AWG weitestgehend unbedenklichen Charakter aufwiesen.
Für die Annahme, dass aufgrund der ursprünglichen Mitablagerung einzelner Baurestmassen ein - im Vergleich zu dem vom Verordnungsgeber für Bodenaushubdeponien als Regelfall angenommenen Zeitraum von 5 Jahren - Iängerer Nachsorgezeitraum erforderlich sein soll, gibt es derzeit keinerlei fachliche Grundlage. (Es bedarf keiner näheren Erörterung, dass die in der Verhandlungsschrift vom 18.5.2016 auf Seite 14 enthaltene Aussage des Amtssachverständigen für Deponietechnik und Gewässerschutz, die Deponie könne in die Nachsorge „auf die Dauer von zumindest 30 Jahren“ entlassen werden, bezüglich des damit angesprochenen Nachsorgezeitraums mangels jeglicher Be-
gründung nicht einmal ansatzweise den Anforderungen an ein schlüssiges und nach-
vollziehbares Gutachten genügt.)
Sollte sich aus der Mitablagerung einzelner Baurestmassen überhaupt die Notwendigkeit eines längeren Nachsorgezeitraums ergeben - was derzeit wie gesagt nicht feststeht -, so könnte es sich dabei überdies wohl nur um den vom Verordnungsgeber für Inertabfalldeponien angenommen Nachsorgezeitraum von 15 Jahren handeln; schließlich wurden von uns ausschließlich solche Baurestmassen mitabgelagert, die dem Bewilligungsbescheid aus dem Jahr 1992 für eine lnertstoffdeponie - und damit in etwa der Deponieklasse Inertabfalldeponie iSd DVO 2008 - entsprachen.
Und selbst in diesem Fall wäre noch zu berücksichtigen, dass - wie auch die belangte Behörde zugesteht - schon seit geraumer Zeit überhaupt keine Ablagerung von Baurestmassen mehr stattfindet, konkret seit dem Jahr 2011. Die letzten Baurestmassen wurden im Jahr 2010 abgelagert. Ein Nachsorgezeitraum von 15 Jahren könnte daher höchstens ab dem Ende der (Mit-)Ablagerung von Baurestmassen im Jahr 2010 angenommen werden. Damit würde sich ein „vorläufiger Nachsorgezeitraum" bis zum Jahr 2025 ergeben (statt bis zum Jahr 2046).
Beweis: Aufstellung der abgelagerten Mengen (Beilage .l1)
einzuholendes Sachverständigengutachten;
PV unseres Geschäftsführers D.
2.3 Festlegung einer zu langen Laufzeit des Bankhaftbriefes in Spruchpunkt C
Für die Festlegung und Vorschreibung der Sicherstellung im Spruchpunkt C des angefochtenen Bescheides folgt daraus zunächst, dass die dort vorgesehene Laufzeit des Bankhaftbriefes „bis 30. September 2046" viel zu lang ist.
Das ergibt sich zum einen daraus, dass eine derart lange Laufzeit den voraussichtlichen Nachsorgezeitraum für die gegenständliche Deponie weit überschreiten würde (vgl oben Punkt 2.2).
Zum anderen ist die Vorschreibung der Vorlage eines Bankhaftbriefes mit jahrzehnte-
langer Laufzeit aber schon unabhängig von der voraussichtlichen Dauer der Nachsorgephase völlig unangemessen und unzulässig (somit auch dann, wenn man im Sinne der Ausführungen oben unter Punkt 2.1 zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt keine Prognose hinsichtlich der voraussichtlichen Dauer der Nachsorgephase anstellt):
? Eine bestimmte Laufzeit schreibt die DVO 2008 nämlich überhaupt nicht vor. Insbesondere schreibt sie nicht vor, dass die Laufzeit einer Sicherstellung in Form eines Bankhaftbriefes von vornherein bis zum Ende der Nachsorgephase reichen müsse.
Letzteres wäre gar nicht möglich, weil das Ende der Nachsorgephase gemäß § 44 Abs 5 DVO 2008 wie gesagt zu einem ex ante nicht vorhersehbaren Zeitpunkt eintritt, nämlich erst zu jenem Zeitpunkt, zu dem die Behörde bescheidmäßig feststellt, dass für die Deponie keine Nachsorgemaßnahmen mehr erforderlich sind.
? Statt eine bestimmte Laufzeit vorzuschreiben, sieht § 44 Abs 4 DVO 2008 vielmehr vor, dass eine befristete Sicherstellung jeweils rechtzeitig vor dem Ablauf ihrer Gültigkeit zu verlängern ist, widrigenfalls der Landeshauptmann ermächtigt und verpflichtet ist, auf die Sicherstellung zu greifen. Daraus folgt, dass eine Laufzeit von einigen Jahren absolut ausreichend ist; mehr kann und darf die Behörde nicht verlangen. Auch der Verordnungsgeber der DVO 2008 hat in diesem Sinne an Laufzeiten um die 30 Monate gedacht (vgl die Ausführungen auf Seite 3 der Richtlinie zur Berechnung von finanziellen Sicherstellungen für Deponien des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend, Fassung April 2010).
2.4 Festlegung eines überhöhten Sicherstellungsbetrags in Spruchpunkt C
lm Spruchpunkt C des angefochtenen Bescheides wird der Sicherstellungsbetrag für die Nachsorgephase für unsere Deponie mit € 136.911,-- festgelegt. Dieser Betrag ergibt sich aus einer Berechnung, welche der Amtssachverständige für Deponietechnik und Gewässerschutz mit Hilfe des vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zur Verfügung gestellten Berechnungsmodells angestellt hat (siehe Verhandlungsschrift vom 18.5.2016, Seite 15, sowie die dieser Verhandlungsschrift als Beilage angeschlossene Berechnung). Der betreffenden Berechnung wurde freilich - unrichtig - ein Nachsorgezeitraum von 30 Jahren zugrunde gelegt, weil der Sachverständige - ebenso unrichtig - das Berechnungsmodul für Baurestmassenkompartimente herangezogen hat (siehe
Seite 1 der soeben erwähnten Beilage zur Verhandlungsschrift vom 18.5.2016).
Richtigerweise widerspricht diese Berechnung schon ganz unabhängig von der Historie unserer Deponie den expliziten Vorgaben in Punkt 1 des Anhangs 8 zur DVO 2008. Dort ist nämlich ausdrücklich vorgeschrieben, dass bei Bodenaushubdeponien für die Berechnung der Sicherstellung ein Nachsorgezeitraum von 5 Jahren anzusetzen ist.
Hervorzuheben ist, dass die DVO 2008 für die Zwecke der SicherstelIungsberechnung nicht auf den voraussichtlichen Nachsorgezeitraum abstellt, sondern explizit vorgibt, welcher Zeitraum der Sicherstellungsberechnung als Annahme zugrunde zu legen ist.
Diese explizite Vorgabe eines ganz bestimmten Nachsorgezeitraumes (5 Jahre,
15 Jahre, 30 Jahre bzw 40 Jahre), welcher der Sicherstellungsberechnung zugrunde zu legen ist, richtet sich schematisch ausschließlich nach der jeweils vorliegenden Deponieklasse.
Das folgt zunächst schon klar aus einer reinen Verbalinterpretation. Punkt 1 des An-
hangs 8 zur DVO 2008 bestimmt ausdrücklich, dass „folgende Zeiträume" für die Be-
rechnung der Sicherstellung für die Nachsorgephase anzusetzen „sind“ - womit klar der zwingende Charakter der Anordnung zum Ausdruck kommt - und nennt dann explizit, den jeweiligen Deponieklassen zugeordnet, die vorhin angeführten Zeiträume. Weder sind diese Zeiträume bloß als ungefähre Anhaltspunkte oder Orientierungshilfen gekennzeichnet (etwa durch Formulierungen wie „ca.“, „in der Regel“ oder dergleichen), noch lässt der Wortlaut der Bestimmung der Behörde sonst irgendeine Möglichkeit offen, von den angeführten Zeiträumen abzuweichen.
Diese schematische Anordnung hat auch teleologisch betrachtet gute Gründe für sich. Aufgrund der Regelung des Nachsorgezeitraums in § 3 Z 40 und § 44 Abs 5 DVO steht dessen Dauer schließlich ex ante noch gar nicht fest. Wollte man der Sicherstellungsberechnung den voraussichtlichen Nachsorgezeitraum zugrunde legen, wäre die Behörde somit gezwungen, Jahre und zum Teil Jahrzehnte im Voraus Spekulationen darüber anzustellen, auf welche Dauer bei der jeweiligen Deponie tatsächlich Nachsorgemaßnahmen erforderlich sein werden - dies alles zu einem Zeitpunkt, wo die für eine seriöse Prognose notwendigen Beobachtungen und Messergebnisse, beispielsweise zu Setzungsverhalten und Wasserhaushalt der Deponie, noch gar nicht vorliegen. Es liegt auf der Hand, dass eine derartige Prognose vielfach zweifelhaften Charakter hätte und überdies, um zu annähernd realistischen Einschätzungen zu gelangen, oftmals mit aufwendigen Untersuchungen verbunden wäre. Einen derartigen Aufwand - bloß für die Sicherstellungsberechnung! - wollte der Verordnungsgeber offenkundig nicht in Kauf nehmen. Wenn die DVO 2008 in Anhang 8, Punkt 1 für die Zwecke der SicherstelIungsberechnung - anders als sonst — die Nachsorgezeiträume deponieklassenbezogen schematisch durch fixe Jahresangaben vorgibt, dann dient das somit offenkundig der Verwaltungsvereinfachung. Im Sinne der verfassungsgesetzlich gebotenen Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Verwaltung erscheint dies auch jedenfalls sachgerecht.
Da es sich bei unserer Deponie gemäß rechtskräftigem Feststellungsbescheid um eine Bodenaushubdeponie handelt (Punkt 1.5), wäre folglich richtigerweise eine entsprechende SicherstelIungsberechnung unter Zugrundelegung eines Nachsorgezeitraums von 5 Jahren vorzunehmen gewesen.
Wollte man - abweichend von der hier vertretenen Rechtsansicht - jedoch den Stand-
punkt vertreten, die Behörde habe für die Zwecke der Sicherstellungsberechnung die
voraussichtliche Dauer der Nachsorgephase zu prognostizieren und dabei auf die Umstände des Einzelfalls Bedacht zu nehmen. so wäre im gegenständlichen Fall der Sicherstellungsberechnung gleichfalls kein Nachsorgezeitraum von 30 Jahren zugrunde zu legen. Angesichts des Umstandes, dass auf unserer Deponie größtenteils immer nur Bodenaushub abgelagert wurde, die teilweise mitabgelagerten Baurestmassen qualitativ infolge der im Bewilligungsbescheid aus dem Jahr 1992 vorgesehenen Beschränkungen einen im Hinblick auf die Schutzgüter des AWG weitestgehend unbedenklichen Charakter aufwiesen und die Mitablagerung von Baurestmassen überdies bereits im Jahr 2010 eingestellt wurde, wäre in diesem Fall aus den schon oben unter Punkt 2.2 angeführten Gründen maximal ein Nachsorgezeitraum von 15 Jahren, gerechnet ab der Beendigung der (Mit-)Ablagerung von Baurestmassen im Jahr 2010, anzunehmen. Somit im Ergebnis ein verbleibender Nachsorgezeitraum von (ab dem heutigen Tag gerechnet) maximal 8 bis 9 Jahren.
Beweis: wie oben unter Punkt 2.2.“
3. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:
Mit Schreiben vom 01. März 2018 wurde im Beschwerdeverfahren
E als Amtssachverständiger für Deponietechnik und Gewässerschutz bestellt und wurde er unter Anschluss des behördlichen Aktes, sowie der Stellungnahme der Amtssachverständigen für Abfallchemie vom 20. November 2016, Zl. ***, sowie der Entscheidungen des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 11. Jänner 2017, Zln. LVwG-AV-3/001-2012 und LVwG-AV-10/001-2013, ersucht, bis längstens
30. April 2018 zu folgenden Fragen Befund und Gutachten zu erstatten:
? Ist das in den Beschwerdeverfahren Zln. LVwG-AV-3/001-2012 und
LVwG-AV-10/001-2013 eingeholte abfallchemische Gutachten insofern aktuell, als es dem gegenständlichen Verfahren zugrunde gelegt werden kann, oder sind Ihnen in Ihrer Tätigkeit als deponietechnischer Amtssachverständiger zwischenzeitlich Anhaltspunkte bekannt geworden, welche eine vorläufige Nachsorgephase von 30 Jahren aus deponietechnischer Sicht notwendig erscheinen lassen?
? Erscheint unter Zugrundelegung dieses abfallchemischen Gutachtens ein Nachsorgezeitraum von 15 Jahren aus deponietechnischer Sicht erforderlich oder kann auch mit einem Nachsorgezeitraum von 5 Jahren entsprechend dem Deponietyp Bodenaushubdeponie – wie von der Beschwerdeführerin begehrt - zum Schutz von Boden und Gewässer das Auslangen gefunden werden?
Mit Schreiben vom 28. Mai 2018, Zl. ***, erstattete der im Beschwerdeverfahren bestellte Deponietechniker wie folgt Befund und Gutachten:
„Mit Erkenntnis des LVwG vom 11.1.2017 (LVwG-AV-3/001-2012) wurde hinsichtlich der Einstufung der Deponie in eine Deponieklasse nach der DVO 2008 in der Zusammenfassung festgestellt:
„Im vorliegenden Fall war davon auszugehen, dass die gegenständliche Deponie bis
zum 7.5.2010 als Inertabfalldeponie betrieben wurde und daher die Frist für die Nachsorge gemäß DVO 2008 mit 15 Jahren ab diesem Tag festzusetzen war. Ab dem 7.5.2010 wurde die Deponie lediglich als Bodenaushubdeponie betrieben. Soweit sich die belangte Behörde darauf berief, dass es aufgrund von konsenslosen Ablagerungen von Material des Typs Baurestmassen zu der verlängerten Nachsorgefrist käme, ist dem entgegen zu halten, dass sich keine Hinweise auf konsenslose Ablagerungen fanden und das Gutachten die abgelagerten Materialen maximal als lnertabfall qualifizierte.
Somit musste für die Berechnung von einem Nachsorgezeitraum von 15 Jahren ab dem 7.5.2010 ausgegangen werden.“
Die Fertigstellung der Deponieoberflächenabdeckung wurde der Behörde formal mit
Schreiben vom 22.12.2014 und schließlich inhaltlich unter Vorlage der Kollaudierungsunterlagen vom 28.4.2016 angezeigt. In diesen sind die geplanten Nachsorgemaßnahmen enthalten; hinsichtlich des jährlichen Abwasseranfalls wurden 1.140m³ angesetzt, der Nachsorgezeitraum wurde mit 30 Jahren gewählt. Die Berechnung wurde mit dem Modell des BMLFUW (nunmehr BMNT) für Baurestmassendeponien durchgeführt.
Die höherklassige Deponieoberflächenabdeckung (HDPE-Folie statt mineralischer Dichtung) wurde berücksichtigt.
Diese Kollaudierungsunterlagen wurden im Zuge der Verhandlung am 18.5.2016 inhaltlich geprüft und hinsichtlich der enthaltenen Nachsorgemaßnahmen in einigen Punkten adaptiert; insbesondere musste der Ansatz für die Drainagewassermenge nach oben korrigiert werden (auf 2.241m³, begründet mit dem erhöhten Anfall im Jahr 2015).
Unberührt blieben die im eingereichten Operat enthaltene gewählte Deponieklasse Baurestmassendeponie und damit auch der rechnerische Sicherstellungszeitraum. Diese beiden Eckdaten wurden von der Konsensträgerin auch nicht nachträglich im Zuge der Verhandlung geändert.
Die Deponie besitzt an der Basis eine Entwässerungsschicht; über einen Schacht muss das anfallende Drainagewasser laufend abgepumpt werden, um einen Einstau des Deponiegutes und damit eine sehr intensive Auslaugung (Schadstofffreisetzung) jedenfalls zu verhindern. Als maximal zulässiges Niveau wurde für den Schachtwasserspiegel eine Höhe von 226,80müA fixiert (Bescheid des BMLFUW vom 13.4.2006, UW2.1.2/0167 VI/1, Auflage 7).
Dieses Maximalniveau wurde laut Deponieaufsichtsbericht im Jahr 2015 eingehalten.
Mit Bescheid der BH Baden vom 11.2.2016 (***) wurde die Genehmigung für die Ableitung der gesammelten Drainagewässer in den *** im Ausmaß von maximal 2.000m³ pro Jahr erteilt.
Mit Bescheid der BH Baden vom 19.4.2017 (***) wurde der Jah-
reskonsens für die Ableitung der gesammelten Drainagewässer von 2.000m³/a auf die beantragten 20.000m³/a erhöht.
Im Zuge der Verhandlung am 15.5.2017 wurde der Jahresbericht des Deponieauf-
sichtsorgans für 2016 bearbeitet; hinsichtlich der Pumpmenge für das Drainagewasser ergab sich, dass sie im Beobachtungszeitraum auf ca. 7.904m³ angewachsen ist; der maximal zulässige Schachtwasserstand wurde laut Jahresbericht eingehalten. Es wurde deponietechnisch festgehalten, dass die Entwicklung der Pumpwassermengen abgewartet werden muss.
Aus dem vom Deponieaufsichtsorgan angeforderten Jahresbericht für 2017 (sh. Beilage 8) zeigt sich zum Drainagewasser, dass im Berichtszeitraum ca. 10.956m³ angefallen sind; der maximal zulässige Schachtwasserstand und der erhöhte Ableitkonsens wurden 2017 laut Bericht quantitativ eingehalten. Die Einleitgrenzwerte für Fließgewässer wurden außer bei den absetzbaren Stoffen eingehalten.
? Die tatsächlichen Drainagewassermengen lagen 2016 und 2017 bereits weit über dem für die Sicherstellungsberechnung i.d.F. vom 18.5.2016 angesetzten Wert;
Hinsichtlich der Wasserhaltungsmaßnahmen ist sowohl bei einer Baurestmassen- als
auch bei einer Inertabfalldeponie nach der DVO 2008 vorgesehen, dass die Deponie
stets frei von zufließendem ober- und unterirdischen Wasser gehalten wird. Dies betrifft sowohl die Betriebs- als auch die Nachsorgephase.
§30 Abs.1 DVO 2008 Wasserhaushalt: „Bei jeder Deponie ist sicherzustellen, dass oberirdisches, von Flächen oder Gebieten außerhalb der Aufstandsfläche zufließendes Wasser vom Deponiekörper ferngehalten wird; dies gilt nicht für Bodenaushubdeponien in der Nachsorgephase. Bei jeder Deponie, ausgenommen einer Bodenaushubdeponie, ist sicherzustellen, dass unterirdisches, von außerhalb der Aufstandsfläche zufließendes Wasser vom Deponiekörper ferngehalten wird.“
Im gegenständlichen Fall ist aufgrund der projektierten und ausgeführten Lage des
Pumpschachts innerhalb der Deponie (genehmigt mit Bescheid des BMLFUW vom
13.4.2006, UW2.1.2/0167 VI/1) keine freie Vorflut für das gesammelte Drainagewasser nach außen möglich, sondern muss das Wasser dauerhaft aus der Deponie abgepumpt werden (konform mit Auflage 7 des BMLFUW), und stellt diese Maßnahme somit ein zentrales Element der Nachsorgemaßnahmen dar.
? Es ist für mich aktuell nicht abschätzbar, welchen weiteren Verlauf die Pumpwassermengen in den kommenden Jahren nehmen werden.
Die Daten von 2015, 2016 und 2017 zeigen ein Ansteigen.
Eine Prognose könnte eventuell von einem ASV für Geohydrolgie erstellt werden.
? Ein Einstau der abgelagerten Abfälle ist nach den Vorgaben der DVO 2008 weder bei einer Inertabfall- noch bei einer Baurestmassendeponie zulässig.
? Die Sicherstellungsberechnung ist aus technischer Sicht aufgrund der gemessenen Anstiege jedenfalls hinsichtlich der Pumpmengen und der daraus resultierenden Stromkosten erneut zu adaptieren.
? Die Sicherstellungsleistung soll die Behörde in die Lage versetzen, falls die Konsensträgerin den Nachsorgeverpflichtungen nicht mehr nachkommt, die erforderlichen Maßnahmen anstelle der Konsensträgerin durch Dritte bestreiten zu lassen.
? Die rechnerische Sicherstellungsdauer für die Nachsorgephase (Berechnungsmodell des BMNT) ist von der tatsächlich erforderlichen Dauer zu unterscheiden. Es ist vorgesehen, dass der Sicherstellungsbetrag über die gesamte Nachsorgedauer in voller Höhe erhalten bleibt.
Für den Fall, dass die Konsensträgerin der Nachsorgeverpflichtung nicht mehr nachkommt, würden die laufenden Kosten den hinterlegten Betrag schließlich aufzehren und kann die Behörde keine weiteren Maßnahmen über die rechnerische Dauer hinaus finanzieren.
Im Folgenden werden in den Beilagen 2, 3 und 4 mögliche Ansätze für die Adaptierung des Betrages „Sonstiges“ in der Sicherstellungsberechnung vom 18.5.2016 (sh. Beilage 1 mit den damaligen Berechnungsgrundlagen; diese wurden in die Beilagen 2 bis 4 integriert) auf Basis der Jahrespumpmengen und der aktuellen Pumpe WEDA 40 (laut Sonderbericht des Deponieaufsichtsorgans vom 2.6.2017) mit einer Leistungsaufnahme von 3,1 kW und ca. 8 l/s Förderrate (laut Sonderbericht des Deponieaufsichtsorgans vom 6.9.2017) angeführt.
In Beilage 3 sind die verschiedenen Kosten für 30 Jahre enthalten, in Beilage 4 für 15 Jahre.
In den Tabellen wurde jeweils auch ein Ansteigen der Pumpwassermenge bis zu der beantragten und aktuell von der BH Baden konsentierten maximalen Jahresableitungsmenge von 20.000m³ berücksichtigt.
Mit diesen Eingangsdaten ist grundsätzlich jede Berechnung mit dem Modell des BMNT möglich. Die mit dem Modell ermittelten Gesamtkosten sind grundsätzlich nicht an die einzelnen Positionen gebunden sondern als begründete Pauschale für den allfälligen finanziellen Handlungsspielraum der Behörde zu sehen.
Anmerkung: Das Berechnungsmodul ist für Baurestmassen- und Inertabfalldeponien ident, die Nachsorgedauer muss fallbezogen angepasst werden.
Auf Basis der Entscheidung des LVwG vom 11.1.2017 (LVwG-AV-3/001-2012) ist die
Deponie formal als Inertabfalldeponie nach der DVO 2008 zu sehen und für die Berechnung ein Nachsorgezeitraum von 15 Jahren anzusetzen.
Es sind mir darüber hinaus keine neuen Sachverhalte hinsichtlich des Ablagerungsmaterials bekannt. Wie die Pumpwasseruntersuchungen (zuletzt im Jahresbericht 2017) zeigen, konnte das Emissionsverhalten der Deponie auf dem Wasserpfad durch die Maßnahmen Oberflächenabdichtung und strikte Wasserhaltung (kein Einstau des Abfalls, keine weitere Auslaugung) soweit limitiert werden, dass ein Abpumpen in den Vorfluter zulässigerweise möglich ist.
Mit den vorstehenden Ausführungen wurde von mir versucht darzulegen, dass die dauerhafte Wasserhaltung nach dem Stand der Technik DVO 2008 sinnvoll und erforderlich ist. Im gegenständlichen Fall geht dies aktuell nur durch Abpumpen des Drainagewassers, da eine Vorflut im freien Gefälle aus der Deponie nicht möglich ist. Es erscheint daher begründet, in diesem Punkt zumindest die laut DVO 2008 offenbar maximal mögliche Dauer von 30 Jahren für die Ermittlung des Betrages „Sonstiges“ (Wasserhaltung) zu wählen. Für die Pumpmengen sollte m.E. zumindest der maximal beantragte Ableitungskonsens angesetzt werden (bzw. ein allfälliger Prognosewert laut ASV für Geohydrologie).
Zwecks Ermittlung der neuen Sicherstellungsleistung für den rechnerischen Nachsorgezeitraum werden somit vorerst zwei Fälle betrachtet; jede weitere gewünschte Berechnung kann ergänzend erfolgen.
Fall 1:
In der Beilage 5 ist der Sicherstellungsbetrag für eine rechnerische Nachsorgedauer
von 15 Jahren inklusive „Sonstiges“ für 15 Jahre enthalten. Als Pumpmenge wurde der tatsächliche Betrag aus dem Jahr 2017 übernommen. Daraus sind Kosten von EUR 72.290,- ersichtlich.
Fall 2:
In der Beilage 6 ist der Sicherstellungsbetrag für eine rechnerische Nachsorgedauer
von 15 Jahren inklusive „Sonstiges“ für 30 Jahre enthalten. Als Pumpmenge wurde der maximale Ableitungskonsens angesetzt. Daraus sind Kosten von EUR 92.600,- ersichtlich.
Die Basiskosten im Berechnungsmodell sind auf April 2010 bezogen; im Rahmen der
Verhandlung am 18.5.2016 wurde die Änderung des „Baukostenindex Straßenbau
insgesamt“ bis März 2016 mit 4,8% berücksichtigt.
Dieser Index hat sich von April 2010 bis April 2018 (aktuell verfügbar) auf 12% erhöht
(sh. Beilage 7