TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/11 L525 2168821-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.06.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

11.06.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

L525 2168821-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Johannes ZÖCHLING als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA: Bangladesch, vertreten durch Mag. Nikolaus RAST, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottengasse 10, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 2.6.2017, Zl. XXXX in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 3.8.2017, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 FPG 2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein bengalischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise am 27.8.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde am gleichen Tag einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer an, er sei der Älteste und sei für die Familie verantwortlich und wolle er hier bleiben. Befragt, was er im Falle seiner Rückkehr zu befürchten hätte, führte der Beschwerdeführer weiters aus, seine Eltern würden Selbstmord begehen, denn sie hätten sehr viele Schulden.

Der Beschwerdeführer wurde am 21.4.2017 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer legte zunächst eine Anzeigebestätigung aus Bangladesch vor, einen Überweisungsschein vom 16.11.2015 an die HNO Ambulanz in Wiener Neustadt, einen Ambulanzbrief des Landesklinikums Wiener Neustadt vom 17.11.2015, ein Informationsblatt über die stationäre Aufnahme des LKH Graz vom 25.4.2016, eine präoperative Information des LKH Graz vom 21.9.2016, einen ärztlichen Entlassungsbrief des LKH Graz vom 20.9.2016, eine Aufenthaltsbestätigung des LKH Graz vom 23.9.2016 über einen stationären Aufenthalt im LKH Graz vom 20.9.2016 bis zum 23.9.2016, einen Antrag auf Anstaltspflege vom 19.4.2017 von Dr. Hubert Noe, FA für HNO Krankheiten, eine Bestätigung des eben erwähnten Arztes vom 19.4.2017, dass der Beschwerdeführer am selben Tag in seiner Ordination war, eine undatierte Teilnahmebestätigung des Österreichischen Integrationsfonds, dass der Beschwerdeführer an einem Werte- und Orientierungskurs am 1.9.2016 teilgenommen hat sowie eine Bestätigung der Landwirtschaftlichen Fachschule Güssing vom 19.4.2017, dass der Beschwerdeführer im Schuljahr 2016/2017 die Fachschule Güssing als außerordentlicher Schüler besucht. Befragt gab der Beschwerdeführer an, er verstehe den Dolmetsch gut und fühle er sich psychisch und physisch in der Lage die Befragung durchzuführen. Zu seiner Erstbefragung befragt, führte der Beschwerdeführer aus, er sei damals mit sechs anderen Bengalen gekommen und er sei der Letzte gewesen, der befragt worden sei. Alle anderen vor ihm hätten gesagt, sie würden nach Frankreich wollen. Als der Beschwerdeführer gemeint hätte, er wolle in Österreich bleiben, hätte ein Freund gesagt, dass er auch hier bleiben wolle. In diesem Moment hätte der Polizist gesagt, er solle auf gehen. Dann hätten beide Angst bekommen, jedoch hätten sie da bleiben wollen. Die anderen fünf seien dann in ein anderes Zimmer gebracht worden und der Beschwerdeführer und sein Freund seien von einer Dame befragt worden. Nachdem der Freund befragt worden sei, sei der Beschwerdeführer befragt worden und hätte er gesagt, dass er aus finanziellen Gründen ausgereist sei, er hätte Angst gehabt und habe nicht sagen wollen, dass eine Anzeige gegen ihn in seinem Heimatland bestünde. Er hätte nicht wollen, dass jemand was Schlechtes von ihm denke. Es sei eine Anzeige gegen ihn erstattet worden, als er in Griechenland gewesen sei wegen einem Vorfall, bei dem er gar nicht dabei gewesen sei. Die Anzeige sei am 17.4.2014 erstattet worden, da sei er bereits in Griechenland gewesen. Die Awami-League hätte ihm das angehängt. In Bangladesch sei er geschlagen worden, man hätte ihn unauffindbar machen wollen, er sei dann aber in medizinischer Behandlung gewesen. Die Einvernahme sei ihm rückübersetzt worden, aber die Dolmetscherin sei sehr alt gewesen, deshalb habe er nicht so viel verstanden. Eine Kopie habe er sich nicht geholt. Er sei zweieinhalb Jahre in Griechenland gewesen, er sei dort unrechtmäßig gewesen und dort kontrolliert worden. Bangladesch habe er im Jänner 2010 verlassen. Er sei durch Dubai gereist, dort habe er zwei Jahre als Elektriker gearbeitet. Dann seien aber viele Arbeiter weggeschickt worden und er habe wegen seinen Problemen nicht nach Bangladesch zurück können und sei er dann nach Griechenland gereist. Er habe weder in Österreich noch in Bangladesch jemals etwas Unrechtmäßiges getan. Er sei in Bangladesch geschlagen worden, sodass er nunmehr Probleme mit dem Ohr hätte. Er habe in Österreich auch eine Operation gemacht. Er sei kein Kriegsverbrecher, er sei Mitglied der BNP. Er gehe in Österreich in den Unterricht und lebe von der Grundversorgung. Er habe in Bangladesch zuletzt als Elektriker gearbeitet. Er habe in Österreich einen guten Freund namens Hanif Kazi und eine österreichische Dame, die ihm hilft in die Schule zu gehen. Sie sei Lehrerin. Befragt, ob er verheiratet sei, verneinte der Beschwerdeführer die Frage zunächst und führte dann aus, er habe telefonisch geheiratet, aber nichts unterschrieben. Er habe am 25.2.2016 geheiratet und lebe seine Frau in Jordanien. Er habe seine Frau wegen einer falschen Telefonnummer kennengelernt, dann hätten sie begonnen zu plaudern und sei eine Beziehung entstanden. Er habe sie jedoch noch nie gesehen. Sie habe auch Probleme mit der Awami League. Er habe keine Kinder und lebe in keiner eheähnlichen Beziehung. Er habe in Österreich eine Nasenoperation gehabt und habe er am 20.7. (gemeint: 2016) eine Operation am Ohr. Er sei acht Jahre in Bangladesch zur Schule gegangen. Seine Eltern würden manchmal in seinem Heimatdorf leben, die meiste Zeit jedoch bei den Großeltern mütterlicherseits. Seit 2014 sei die Awami League in dem Dorf und würden diese die Eltern verhöhnen. Auch die Polizei mache Probleme. Seit 2009 sei die Awami League an der Macht und seit 2014 sei sie unrechtmäßig an der Macht. Er habe drei Brüder, die in Bangladesch leben würden. Er stehe mit seinem Vater in Kontakt. Die Situation der Familie sei nicht so gut, der Vater müsse für eine andere Familie arbeiten, die Mutter habe hohe Blutdruck und eine Operation am Blinddarm. Zu seinen Brüdern habe er keinen Kontakt. Er hätte in Bangladesch ein Visum für drei Jahre, aber nach zwei Jahren hätte die Firma ihre Tätigkeit eingestellt. Der Reisepass sei ihm in Dubai von der Firma abgenommen worden. Zu seinen Fluchtgründen befragt, führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, sein Hauptgrund sei, weil er Mitglied der BNP gewesen sei. Er sei oft bei Freunden gewesen und habe er immer Angst gehabt, dass die Awami League ihm eine falsche Anzeige anhänge. Er sei bei Freunden gewesen, da er immer bedroht worden sei. Eines Nachts sei er von sieben bis acht Personen zusammengeschlagen worden. Leute aus der Umgebung hätten ihn ins Krankenhaus gebracht. Er sei sieben Tage im Spital gewesen und habe Medikamente bekommen. Nach der Behandlung sei er bei Bekannten, zu denen er Bruder sage, in einem Dorf gewesen. Wäre er zu Hause geblieben, dann wären wieder Anhänger der Awami League gekommen. Sein Vater hätte ihm dann gesagt, er könne nicht ewig auf der Flucht sein, er solle ins Ausland gehen. Ein Grundstück sei dann an einen "Onkel" verpachtet worden. Mit dem Geld sei er nach Dubai gegangen. Nachdem die Firma die Arbeitstätigkeit eingestellt habe, sei er nach Griechenland gegangen. Er sei dort eine Woche im Park gewesen und dann einen Monat in einer Wohngemeinschaft. Wenn er nach Bangladesch zurückmüsse, könnte es sein, dass seine Gegner ihn umbringen würden. Er würde gerne seine Frau aus Jordanien nach Österreich holen. Der Beschwerdeführer legte eine Anzeige aus Bangladesch gegen ihn vor.

Mit dem nunmehr gegenständlichen Bescheid vom 2.6.2017 wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.), sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Bangladesch zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Der Beschwerdeführer erhob mit Schriftsatz vom 19.6.2017 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und führte im Wesentlichen aus, die belangte Behörde den maßgeblichen Sachverhalt nicht ermittelt, zumal sie verpflichtet gewesen wäre über die Echtheit der Mitgliedschaft des Beschwerdeführers bzw. der Anzeige Ermittlungen vor Ort durchführen zu lassen. Der Beschwerdeführer habe detailliert angegeben, dass gegen ihn eine politisch motivierte Anzeige eingebracht worden sei, obwohl er im angeblichen Tatzeitpunkt gar nicht in Bangladesch aufhältig gewesen sei. Die Einschaltung des Vertrauensanwaltes sei zu Unrecht unterlassen worden. Auch seien die politische Lage angespannt und die Haftbedingungen in Bangladesch katastrophal, sodass der Beschwerdeführer womöglich jahrelang in Untersuchungshaft angehalten werde.

Der Beschwerdeführer wurde am 6.7.2017 abermals durch das BFA niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer führte aus, er halte seine Angaben vom 21.4.2016 aufrecht. Befragt führte der Beschwerdeführer aus, er habe die Anzeige erhalten, als er schon in Österreich gewesen sei, sie sei aber erstattet worden, als er in Griechenland gewesen sei. Er habe einen Onkel gebeten ihm die Anzeige zu schicken, dies sei nicht sein wirklicher Onkel sondern eine Onkel vom Dorf. Dieser Onkel sei von Südafrika nach Bangladesch gegangen und habe der Beschwerdeführer vor einiger Zeit mit ihm auf facebook gechattet. Er habe den Onkel gebeten die Papiere der Anzeige zu besorgen. Er kenne ihn nur unter dem Namen Onkel Jewel. Derzeit wohne er in Südafrika und er sei nur für eine kurze Zeit nach Bangladesch gegangen. Er habe ihn nicht detailliert zu seiner Adresse gefragt und sie hätten nur ab und zu miteinander gesprochen. Von der Anzeige habe er von seinem Vater erfahren, er habe aber den Onkel Jewel gebeten die Anzeige zu organisieren. Onkel Jewel habe ihm dann gesagt, er dürfe nicht nach Bangladesch zurück, denn die Awami League Leute seien hinter ihm her. Damit meine er als er 2010 das Land verlassen habe und es diese Probleme gegeben habe. Er habe Kontakt zu seinen Eltern. Seit 15 bis 20 Tage habe er nicht mehr mit dem Onkel gesprochen. Er habe sich eine Parteibestätigung und die Anzeige schicken lassen. Der Onkel sei im Jahr 2016 für einen Monat auf Urlaub nach Bangladesch gefahren und habe bei der Polizei die Papiere besorgt. Er habe keinen Kontakt mehr mit seiner Frau, er glaube sie sei in Jordanien. In Österreich habe er keine Ehe oder eheähnliche Partnerschaft. Er wohne jetzt in Wien und habe sich für einen A1 Kurs angemeldet. Am 20.7.2017 werde er am Ohr operiert. Zu seinen Fluchtgründen wolle er nichts hinzufügen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 3.8.2017 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 2.6.2017 vollinhaltlich abgewiesen. Begründend stellte die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer aus Bangladesch stammt, er gesund und arbeitsfähig sei und die Identität nicht feststehe. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer verheiratet sei, er habe keine Verwandten oder sonstigen Angehörigen in Österreich und er sei unbescholten. Er verfüge über keine schützenswerten privaten oder sozialen Anknüpfungspunkte in Österreich und lebe seine Familie in Bangladesch. Der Beschwerdeführer befinde sich in Grundversorgung und gehe keiner Beschäftigung nach. Das vorgebrachte Fluchtvorbringen sei die Glaubhaftigkeit abzusprechen. Fluchtgründe iSd GFK oder Gründe, die zur Gewährung von subsidiärem Schutz führen würden, hätte das Verfahren nicht ergeben. Alle seine Angehörigen würden sich in Bangladesch befinden und seien die privaten Bindungen des Beschwerdeführers nach Bangladesch weit stärker als zu Österreich. Dafür beherrsche er die Sprache seines Heimatstaates und die kulturellen Gepflogenheiten. Die Abschiebung würde nicht gegen Art. 8 EMRK verstoßen.

Mit Schriftsatz vom 21.8.2017 beantragte der Beschwerdeführer, dass die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt werde und führte der Beschwerdeführer ergänzend aus, er habe sich im LKH Graz behandeln lassen und legte der Beschwerdeführer eine Behandlungsbestätigung vor. Der Beschwerdeführer sei stationär aufgenommen worden und habe der Beschwerdeführer während des gesamten Verfahrens vorgebracht, er sei am Ohr verletzt worden. Der Beschwerdeführer legte einen ärztlichen Entlassungsbrief vom 20.7.2017, ein Schreiben über Verhaltensmaßnahmen nach Ohroperationen, sowie eine Aufenthaltsbestätigung am LKH Graz vom 29.7.2017 vor.

Mit Schreiben vom 22.5.2018 wurde dem Beschwerdeführer die Länderinformation der Staatendokumentation zu Bangladesch, Stand:

8.1.2018 zur Stellungnahme binnen einer Woche übermittelt. Mit Schriftsatz vom 29.5.2018 führte der Beschwerdeführer aus, er habe die Deutschprüfung A1 erfolgreich bestanden und besuche derzeit den Deutschkurs A2 und werde am 20.6.2018 zur Prüfung antreten. Änderungen im Familienleben seien keine vorhanden. Dem Schriftsatz angehängt war auch ein persönliches Schreibend es Beschwerdeführers vom 28.5.2018, wonach der Beschwerdeführer ausführte, er sei seit dem 28.8.2015 in Österreich. Seine bisherige und die jetzige Lebenssituation sei erfolgreich, er besuche regelmäßig den Deutschkurs und sei zuverlässig, flexibel und jung. Nach dem Deutschkurs wolle er einen entsprechenden Beruf absolviere. Er liebe sein neues Heimatland Österreich. Er brauche Hilfe und Unterstützung für sein neues Leben in Österreich.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist bengalischer Staatsbürger, gehört der Volksgruppe der Bengalen an und bekennt sich zum sunnitischen Islam. Der Beschwerdeführer führt den im Spruch angeführten Namen und ist an dem dort angeführten Datum geboren. Die Identität steht nicht fest. Der Beschwerdeführer hat bereits als Elektriker, Installateur und Maler gearbeitet. Der Beschwerdeführer hat auch in Dubai gelebt. Der Beschwerdeführer ist ledig. Seine Familie, Eltern und drei Brüder, befinden sich in Bangladesch und hat der Beschwerdeführer die Schule besucht.

Der Beschwerdeführer reiste illegal nach Österreich ein und befindet sich spätestens seit dem 27.8.2015 in Österreich. Der Beschwerdeführer bezieht Leistungen aus der Grundversorgung und ist strafrechtlich unbescholten. Der Beschwerdeführer nahm am 1.9.2016 an einem Werte- und Orientierungskurs des Österreichischen Integrationsfonds teil, sowie besuchte er im Schuljahr 2016/2017 den ersten Jahrgang der Landwirtschaftlichen Fachschule Güssing als außerordentlicher Schüler. Der Beschwerdeführer leidet an chronischer Mittelohnentzündung und wurde bereits zwei Mal stationär behandelt. Am 24.7.2017 wurde der Beschwerdeführer im LKH Graz operiert und am 29.7.2017 in gutem Allgemeinzustand nach Hause entlassen. Der Beschwerdeführer hat einen A1 Deutschkurs abgeschlossen und besucht derzeit den A2 Kurs.

1.2 Länderberichte:

Das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Bangladesch, Stand 8.1.2018, lautet auszugsweise:

1. Politische Lage

Bangladesch ist eine Volksrepublik (People' s Republic of Bangladesh) mit einer seit 1991 wieder geltenden parlamentarischen Demokratie als Regierungsform (GIZ 5.2017).

Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird, eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt Großteils zeremonielle Funktionen aus, die Macht liegt in den Händen des Premierministers als Regierungschef, der von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt wird. Der Premierminister, ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der 5-jährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige "Caretaker"-Regierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB New Delhi 12.2016; vgl. GIZ 5.2017). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 5.2017). Aktuell hat Sheikh Hasina von der Awami League (AL) das Amt der Premierministerin inne (ÖB New Delhi 12.2016)

Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300 in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten Abgeordneten (ÖB New Delhi 12.2016) mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (AA 14.1.2016). Das Parlament tagt nicht während der Amtszeit der "Caretaker"-Regierung. Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB New Delhi 12.2016).

Das politische Leben wird seit 1991 durch die beiden größten Parteien, die "Awami League" (AL) und "Bangladesh Nationalist Party" (BNP) bestimmt. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind stark politisiert und parteipolitisch durchdrungen (AA 3.2017a). AL und BNP werden quasi-dynastisch von Sheikh Hasina und Begum Khaleda Zia geführt, die das politische Vermächtnis ihrer ermordeten Männer fortführen und eine unangefochtene Machtstellung in ihrer jeweiligen Partei genießen. Sie beeinflussen den Kandidatenauswahlprozess für Partei- und Staatsämter und geben den Takt für die politischen Auseinandersetzungen vor. Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potential, durch Generalstreiks (Hartals) großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 5.2017). Nennenswerte parlamentarische Stärke haben in der Vergangenheit sonst nur die Jatiya Party (JP) und die JI erzielt (GIZ 5.2017).

Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteiischen Demokratie hat de facto jedoch die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei nach ihrem Wahlboykott am 5.1.2014 überhaupt nicht mehr im Parlament vertreten ist. Wie schon die Vorgängerregierungen, so baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in der Verwaltung, im Rechtswesen und im Militär aus. Auch im Regierungskabinett folgen Ernennungen und Umbesetzungen meist dem Prinzip der Patronage (GIZ 5.2017).

Bereits am 30.7.2011 hat das Parlament bei nur einer Gegenstimme, die BNP und ihre Verbündeten haben der Parlamentssitzung nicht beigewohnt, in der 15. Verfassungsänderung den Islam als Staatsreligion bestätigt, jedoch den Zusatz "Absolutes Vertrauen und der Glauben an den Allmächtigen Allah soll die Basis allen Handelns sein" aus der Verfassung gestrichen. Ungeachtet der ausgeprägten Leistungsdefizite staatlicher Institutionen, der undemokratischen innerparteilichen? Entscheidungsstrukturen und der in der letzten Dekade verstärkt gewalttätig ausgetragenen Parteienrivalität ist der Glauben an die Demokratie innerhalb der Bevölkerung ungebrochen (GIZ 5.2017; vgl. AA 3.2017a).

Am 5.1.2014 boykottierte die BNP die 10. Parlamentswahlen wodurch die AL eine verfassungsändernde Mehrheit erreichen konnte. Weitere Sitze gingen an Koalitionspartner der AL. Die sehr geringe Wahlbeteiligung von nur ca. 30% bei den Parlamentswahlen 2014 ist auf den Wahlboykott der Opposition zurückzuführen. Es gab Berichte über massive Einschüchterungsversuche wahlbereiter Bürger seitens oppositioneller Gruppen (GIZ 5.2017; vgl. AA 3.2017a). Am Wahltag wurden mindestens 21 Menschen getötet und über 130 Wahllokale in Brand gesetzt. Die Opposition reagierte bereits einen Tag nach den Wahlen mit Generalstreiks und in vielen Distrikten wurde über Attacken gegen ethnische und religiöse Minderheiten, v.a. Hindus, berichtet. Die AL versuchte mit gezielten Verhaftungen von Oppositionspolitikern den Druck auf das Regime zu schwächen (GIZ 5.2017).

Die verfassungsändernde Mehrheit im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration in den Händen der AL respektive der Regierung. Mit neuen Gesetzen zu Medien, Äußerungen im Internet, Absetzung von obersten Richtern und Förderung von NGOs aus dem Ausland wird diese Konzentration noch weiter verstärkt. Die derzeitige Regierung hat es sich zum Ziel gemacht, Verbrechen des Unabhängigkeitskrieges von 1971 juristisch aufzuarbeiten. Angeklagt sind damalige Kollaborateure der pakistanischen Streitkräfte, von denen viele bis zur letzten innerparteilichen Wahl in führenden Positionen der islamistischen JI waren (AA 3.2017a). Auch die BNP ist dadurch in der Defensive (GIZ 5.2017). Die Prozesse und (häufig Todes-) Urteile öffnen alte Wunden und führen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen säkularen und islamistischen Kräften (AA 3.2017a). Mittlerweile wurden acht Todesurteile und mehrere lebenslange Haftstrafen ausgesprochen, sechs Hinrichtungen wurden vollstreckt. Dabei hat sich innerhalb der säkularen Zivilgesellschaft mit Blick auf das Kriegsverbrechertribunal ein grundlegender Dissens entwickelt: Während die einen auf rechtstaatliche Standards pochen und die Todesstrafe ablehnen, ist für andere, v.a. aus der urbanen Protestbewegung Shabagh, jedes Urteil unterhalb der Todesstrafe inakzeptabel (GIZ 5.2017).

Bei den am 30.12.2015 in 234 Stadtbezirken durchgeführten Kommunalwahlen in Bangladesch ist die regierende AL als Siegerin hervorgegangen (NETZ 2.1.2016).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch

-

AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Bangladesch, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.6.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (5.2017): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/#c14332, Zugriff 9.6.2017

-

HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/334685/476437_de.html, Zugriff 9.6.2017

-

NETZ - Partnerschaft für Entwicklung und Gerechtigkeit e.V. (2.1.2016): Bangladesch Aktuell, http://bangladesch.org/bangladesch/aktuell/detailansicht/news/detail/News/kommunalwahlen/cHash/781fa29261a9302cfb84107680f22794.html, Zugriff 9.6.2017

-

ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht

2. Sicherheitslage

Es gibt in Bangladesch keine Bürgerkriegsgebiete (AA 3.2017a).

Die Opposition organisierte Proteste und Straßenblockaden, unter denen die Wirtschaft leidet. Die Regierung reagiert mit Verhaftungen und mit Einschränkungen von Grundrechten. Sie will die öffentliche Ruhe mit allen Mitteln wiederherstellen. Die internationale Gemeinschaft verurteilte die Gewalt scharf und hat die Beteiligten zum Dialog aufgerufen (GIZ 5.2017).

Extremistische Gruppen, wie Jamaat-ul-Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansar al-Islam, die ihre Zugehörigkeit zu Daesh und Al Qaida auf dem indischen Subkontinent (AQIS) erklärten, haben Angriffe auf Angehörige religiöser Minderheiten, Akademiker, Ausländer, Menschenrechtsaktivisten und LGBTI-Personen, sowie weitere Gruppen durchgeführt (USDOS 3.3.2017; vgl. AI 22.2.2017). Medienberichten zufolge hat die Terrororganisation IS 2016 für 39 Morde die Verantwortung übernommen, der bengalische Al-Kaida-Ableger soll sich zu acht Taten bekannt haben (GIZ 5.2017). Die Sicherheitsbehörden waren zunächst nicht bereit, angemessene Schutzmaßnahmen zu veranlassen, gewährt aber in vielen Fällen inzwischen Personenschutz (AA 14.1.2016). Darüber hinaus kommt es regelmäßig zu intra- und interreligiöser Gewalt (AA 3.2017a; vgl. AI 22.2.2017). die Polizei tötete laut eigenen Angaben mindestens 45 mutmaßliche Terroristen in Schießereien (AI 22.2.2017).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch

-

AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Bangladesch, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.6.2017

-

AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/336450/479091_de.html, Zugriff 28.6.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (5.2017): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/#c14332, Zugriff 9.6.2017

-

USDOS (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 12.6.2017

3. Rechtsschutz/Justizwesen

Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof. Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen Common Law. Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem High Court, der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem Appellate Court, dessen Entscheidungen für alle übrigen Gerichte bindend sind. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt (ÖB New Delhi 12.2016).

Die Gerichtsbarkeit ist überlastet und sieht sich von vielen Seiten Versuchen der Einflussnahme ausgesetzt. (AA 3.2017a). Zusätzlich behindern Korruption und ein erheblicher Verfahrensrückstand das Gerichtssystem. Gerichtsverfahren sind durch eine überlange Verfahrensdauer geprägt, was viele Angeklagten bei der Inanspruchnahme ihres Rechts auf ein faires Verfahren hindert. Weiters kommt es zu Zeugenbeeinflussung und Einschüchterung von Opfern (USDOS 3.3.2017; vgl. FH 1.2017). Straffälle gegen Mitglieder der regierenden Partei werden regelmäßig zurückgezogen (FH 1.2017). Richter des Obersten Gerichtshofs haben des Öfteren ihre Unabhängigkeit demonstriert und gegen die Regierung entschieden (ÖB New Delhi 12.2016). Durch eine kürzlich erfolgte Verfassungsänderung hat nunmehr das Parlament das Recht, oberste Richter abzusetzen (AA 3.2017a).

Auf Grundlage mehrerer Gesetze ("Public Safety Act", "Law and Order Disruption Crimes Speedy Trial Act", "Women and Children Repression Prevention Act", "Special Powers Act") wurden Sondertribunale errichtet, die Fälle innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens erledigen müssen. Es fehlen allerdings Vorschriften für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Diese "Speedy Trial" Tribunale haben Medienberichten zufolge in den vergangenen Jahren ca. 200 Personen zum Tode verurteilt (ÖB New Delhi 12.2016).

Die islamische Scharia ist zwar nicht formell als Gesetz eingeführt, spielt aber insbesondere in den Bereichen des Zivilrechts (Erbschaft, Grunderwerb, Heirat und Scheidung etc.) eine große Rolle (ÖB New Delhi 12.2016).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Bangladesch, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.6.2017

-

FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/341770/485095_de.html, Zugriff 28.6.2017

-

ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht

-

USDOS (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 12.6.2017

4. Sicherheitsbehörden

Die Polizei ist beim Ministerium für Inneres angesiedelt und hat das Mandat die innere Sicherheit und Recht und Ordnung aufrecht zu erhalten. Die Armee, die dem Büro des Ministerpräsidenten untersteht, ist für die äußere Sicherheit zuständig, kann aber auch für innerstaatliche Sicherheitsaufgaben herangezogen werden. Zivile Stellen hatten weiterhin effektive Kontrolle über die Streitkräfte und die Regierung verfügt über Mechanismen, Missbrauch und Korruption zu untersuchen und zu bestrafen. Diese Mechanismen werden aber nicht immer angewandt (USDOS 3.3.2017). Das Wirken der Polizei ist gekennzeichnet durch einen Mangel an Ressourcen inklusive mangelhafter Infrastruktur, Mangel an Personal, Ausbildung und Arbeitsmaterialien, Ineffizienz und Korruption (AA 14.1.2016). Die Regierung unternahm Schritte, um in der Polizei Professionalität, Disziplin, Ausbildung und Reaktionsfähigkeit zu verbessern und die Korruption zu verringern. Die Polizei hat Regeln für angemessene Gewaltausübung in ihre Grundausbildung einbezogen, um bürgernahe Polizeiarbeit umsetzen zu können (USDOS 3.3.2017).

Bangladeschs Sicherheitskräfte haben eine lange Geschichte von willkürlichen Verhaftungen, erzwungenem Verschwinden Lassen und außergerichtlichen Tötungen (HRW 12.1.2017). Obwohl gesetzlich verboten, gibt es Hinweise auf willkürliche Festnahmen, sowie auf die willkürliche Anwendung der gesetzlich erlaubten präventiven Festnahmen gemäß den Spezialgesetzen "Special Powers Act" und "Public Safety Act". Diese erlauben die 30-tägige Inhaftierung ohne Angabe von Gründen, um Taten zu verhindern, welche die nationale Sicherheit, Verteidigung, Souveränität, öffentliche Ordnung oder auch wirtschaftliche Interessen des Landes gefährden. Nach 30 Tagen sind dem Angehaltenen die Haftgründe zu nennen, oder er muss entlassen werden. Die Praxis weicht davon ab. Die Arretierten haben keinen Anspruch auf einen Rechtsbeistand. Die davon hauptsächlich betroffenen sind Aktivisten der politischen Parteien und NGO-Vertreter, die Kritik an der Regierung üben (ÖB New Delhi 12.2016). Des Weiteren gibt es Berichte von Folter und anderen Missbräuchlichen Handlungen in Polizeigewahrsam. Der "Torture and Custodial Death (Prevention) Act" von 2013 wird nur schleppend umgesetzt (AI 22.2.2017). Betroffene sehen aus Angst vor Vergeltung in der Regel davon ab, Mitglieder der Sicherheitsbehörden wegen Menschenrechtsvergehen anzuzeigen, so dass diese straflos bleiben (AA 14.1.2016).

Die Sicherheitsbehörden bestehen zum Hauptteil aus der dem Innenministerium unterstellten "Bangladesch Police", die ca. 116.000 Mann zählt. Zur Unterstützung der Polizei stehen weitere Einheiten zur Verfügung:

Rapid Action Bataillons (RABs): Das Rapid Action Bataillon (RAB), gegründet 2004, untersteht dem Innenministerium. Es unterhält 14 Standorte in Bangladesch (RAB-1 bis RAB-14) (AA 14.1.2016) mit insgesamt ca. 8.500 Mann. Ihre Aufgabe ist der Kampf gegen bewaffnete kriminelle Organisationen und die Terrorabwehr (ÖB New Delhi 12.2016; vgl. AA 14.1.2016). Die gut ausgebildeten und modern ausgerüsteten RABs sind hauptsächlich in den urbanen Zentren des Landes stationiert und verfolgen eine aggressive Strategie gegen bewaffnete "Gang"-Mitglieder, was zu zahlreichen Tötungen während Schusswechseln führt. Auch im Zuge von Demonstrationen setzten die RABs neben Gummigeschossen scharfe Munition ein, was auch hier zu Todesopfern führte. Insgesamt starben seit der Gründung 2004 laut Schätzungen über 800 Personen entweder durch Schusswechsel oder in RAB-Gewahrsam, es kam jedoch bisher zu keinen Verurteilungen (ÖB New Delhi 12.2016).

Bangladesch Ansar: Gegründet im Jahr 1948 und ebenfalls dem Innenministerium unterstellt, gibt es aktuell ca. 23.000 leichtbewaffnete Ansars, die zur Unterstützung der Polizei im ländlichen Raum eingesetzt werden und auch Zivilschutz-Aufgaben übernehmen (ÖB New Delhi 12.2016).

Bangladesch Rifles (BDRs): Diese ca. 40.000 Mann starke paramilitärische Truppe untersteht dem Innenministerium, wird aber hauptsächlich von Armee-Offizieren geführt und dient in erster Linie dem Grenzschutz. Die BDRs sind auch für die Verhinderung von Schmuggel und Menschenhandel zuständig (ÖB New Delhi 12.2016).

Village Defence Parties (VDP): Gegründet 1976, sollte es in jedem Dorf des Landes je ein männliches und weibliches "Platoon" (32 Personen) geben, die der Unterstützung der Polizei bei der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung sowie der Unterstützung der zivilen Behörden bei sozialen und wirtschaftlichen Wiederaufbauprogrammen und bei Naturkatastrophen dienen sollen. In Städten gibt es analog dazu sogenannte "Town Defence Parties" (ÖB New Delhi 12.2016).

Special Branch of Police (SB) ist beauftragt, die nationale Sicherheit zu gewährleisten, erfüllt die Funktion, nachrichtendienstliche Informationen zu sammeln und ist mit der Spionageabwehr betraut. Die SB ist überall in Bangladesch vertreten und besitzt die Fähigkeit, innerhalb und außerhalb des Landes zu agieren (AA 14.1.2016).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch

-

AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/336450/479091_de.html, Zugriff

-

HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/334685/476437_de.html, Zugriff 12.6.2017

-

ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht

-

USDOS (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 12.6.2017

5. Allgemeine Menschenrechtslage

Bangladesch hat bisher zahlreiche UN Menschenrechtskonventionen ratifiziert, ist diesen beigetreten oder hat sie akzeptiert, u.a.:

• CAT - Convention against Torture and Other Cruel Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (ratifiziert 5.10.1998)

• CCPR - International Covenant on Civil and Political Rights (ratifiziert 6.9.2000)

• CEDAW - Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women (ratifiziert 6.11.1984)

• CERD - International Convention on the Elimination of All Forms of Racial Discrimination (ratifiziert 11.6.1979)

• CESCR - International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights (ratifiziert 5.10.1998)

• CMW - International Convention on the Protection of the Rights of All Migrant Workers and Members of Their Families (unterzeichnet 7.10.1998, beigetreten 24.8.2011)

• CRC - Convention on the Rights of the Child (unterzeichnet 26.1.1990, ratifiziert 3.8.1990)

• CRC-OP-AC - Optional Protocol to the Convention on the Rights of the Child on the involvement of children in armed conflict (unterzeichnet 6.9.2000, ratifiziert 6.9.2000)

• CRC-OP-SC - Optional Protocol to the Convention on the Rights of the Child on the sale of children child prostitution and child pornography (unterzeichnet 6.9.2000, ratifiziert 6.9.2000)

• CRPD - Convention on the Rights of Persons with Disabilities (unterzeichnet 9.5.2007, ratifiziert 30.11.2007)

• CRPD-OP - Optional protocol to the Convention on the Rights of Persons with Disabilities (akzeptiert 12.5.2008)

• CAT, Art.20 - Inquiry procedure under the Convention against Torture (akzeptiert 5.10.1998)

• CRPD-OP, Art.6-7 - Inquiry procedure under the Convention on the Rights of Persons with Disabilities (akzeptiert 12.5.2008) (UNHROHC 2017).

Die Verfassung von Bangladesch in der seit 17. Mai 2004 geltenden Fassung listet in ihrem Teil III, Artikel 26 bis 47A, einen umfassenden Katalog an Grundrechten auf. Artikel 102 aus Teil VI, Kapitel 1 der Verfassung regelt die Durchsetzung der Grundrechte durch die High Court Abteilung des Obersten Gerichtshofes. Jeder Person, die sich in ihren verfassungsmäßigen Grundrechten verletzt fühlt, steht der direkte Weg zum High Court offen. Die "National Human Rights Commission" wurde im Dezember 2007 unter dem "National Human Rights Commission Ordinance" von 2007 eingerichtet, hat aber noch keine nennenswerte Aktivität entfaltet (ÖB New Delhi 12.2016).

Zu den bedeutendsten Menschenrechtsproblemen zählen Einschränkungen der Meinungsfreiheit im Internet und in der Presse, weitverbreitete Korruption, geringe justizielle Kapazitäten, geringe Unabhängigkeit der Justiz sowie langwierige Untersuchungshaft. Behörden haben wiederholt Persönlichkeitsrechte der Bürger verletzt (USDOS 3.3.2017).

Menschenrechtsverletzungen finden auch unter Duldung und aktiver Mitwirkung der Polizei und der RABs statt (GIZ 5.2017). Dazu zählen außergerichtliche Hinrichtungen, Verschwinden lassen von Personen, willkürliche Festnahmen und Verhaftungen, Folter und weitere Gewaltausübungen durch Sicherheitskräfte, (USDOS 3.3.2017). In den ersten neun Monaten 2016 sollen nach Angaben der bengalischen Menschenrechtsorganisation Odhikar allein 118 Personen durch Strafverfolgungsbehörden getötet, acht Personen dabei zu Tode gefoltert bzw. geprügelt worden sein (GIZ 5.2017). Die Regierung verhaftete laut neuesten Berichten bis zu 2000 Mitglieder der RABs wegen diverser Vergehen (ÖB New Delhi 12.2016).

Einige NGOs sind rechtlichen und informellen Einschränkungen ihrer Tätigkeiten ausgesetzt (USDOS 3.3.2017). Am 5. Oktober 2016 verabschiedete das Parlament den "Foreign Donation (Voluntary Activities) Regulation Act 2016", das die Arbeit von Organisation des Bürger- und politischen Rechts erschwert (UNHCR 15.5.2017). Das neue Gesetz verlangt die vorherige Zustimmung des Büros für NGO Angelegenheiten im Büro des Premierministers im Fall der Finanzierung durch ausländische Spenden (HRW 12.1.2017). Aufgrund von als abwertend angesehenen Meldungen oder Berichten über Regierungskörperschaften ist es nun möglich NGOs die Registrierung wieder zu entziehen. Kritischen Gruppen wurden Genehmigungen für Projekte nicht erteilt und sie sind Belästigung und Überwachung ausgesetzt (FH 1.2017). Die Kontrolle der Regierung über die Arbeit der NGOs ist dadurch signifikant gestiegen (AI 22.2.2017).

Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen bleibt ein Problem, vor allem für Kinder, die den Eintritt in eine öffentliche Schule anstreben. Fälle von gesellschaftlicher Gewalt gegen religiöse und ethnische Minderheiten bestehen fort. Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung hat zugenommen (USDOS 3.3.2017).

Der "Information and Communication Technology Act 2006" (geändert 2009, 2013)" und der "Special Powers Act 1974" werden weiterhin als Instrumente der juristischen Belästigung von Regierungskritikern verwendet, die für ihre Kritik wegen Volksverhetzung inhaftiert werden können (UNHCR 15.5.2017).

Die Regierung unternimmt Anstrengungen den "Prevention and Suppression of Human Trafficking Act (PSHTA)" von 2012 umzusetzen, erreicht aber noch nicht die Minimalstandards zur Verhinderung von Menschenhandel. Für 2016 hat die Regierung 355 Opfer von Menschenhandel gemeldet (im Vergleich zu 1.815 bzw. 2.899 in den Jahren 2015 und 2014). Davon waren 212 Männer, 138 Frauen und fünf Kinder. 2016 wurden außerdem 122 Fälle von Sex- und 168 Fälle von Arbeitskräftehandel untersucht, sowie drei Menschenhändler zu 14-jährigen Haftstrafen verurteilt. Aufgrund kurzer und mangelhafter Untersuchungsdauern bleiben Verurteilungen jedoch selten (USDOS 27.6.2017).

Für Frauen und Kinder, die Opfer von Menschenhandel waren stellt die Regierung Zugang zu neun Mehrzweckunterkünften und Safe Häusern, die durch das Ministerium für soziale Wohlfahrt (MSW) verwaltet werden, zur Verfügung. NGOs kritisieren, dass die Unterstützung nicht ausreichend ist und die Gefahr neuerlich Opfer zu werden hoch ist. NGOs unterstützen männliche Opfer, bieten jedoch keine Unterkunft an (USDOS 27.6.2017).

Es sind Fälle bekannt geworden, in denen Kinder von ihren Eltern zur Ableistung von Schulden an Menschenhändler übergeben wurden (AA 14.1.2016).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch

-

AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/336450/479091_de.html, Zugriff 28.6.2017

-

FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/341770/485095_de.html, Zugriff 28.6.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (5.2017): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/#c14332, Zugriff 9.6.2017

-

HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/334685/476437_de.html, Zugriff 27.6.2017

-

UNHCR - UN General Assembly - Human Rights Council (15.5.2017):

Joint written statement* submitted by World Organisation Against Torture, ODHIKAR - Coalition for Human Rights, non-governmental organizations in special consultative status, http://1dgy051vgyxh41o8cj16kk7s19f2.wpengine.netdna-cdn.com/wp-content/uploads/2017/06/Joint-written-statement-Odhikar_OMCT.pdf, Zugriff 12.6.2017

-

UNHROHC- United Nations Human Rights Office of the High Commissioner (2017): View the ratification status by country or by treaty - Bangladesh,

http://tbinternet.ohchr.org/_layouts/TreatyBodyExternal/Treaty.aspx?CountryID=37&Lang=EN, Zugriff 27.6.2017

-

USDOS - US Department of State (27.6.2017): Trafficking in Persons Report 2017 - Country Narratives - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/342465/485841_de.html, Zugriff 27.7.2017

6. Meinungs- und Pressefreiheit

Die laut Verfassung garantierte Meinungs- und Pressefreiheit wird von der Regierung nicht immer respektiert (USDOS 3.3.2017). Bangladesch verfügt über eine lebhafte Medienlandschaft, vor allem im Bereich der Printpresse. Der einzige terrestrische staatliche TV-Sender (BTV) sowie das staatliche Radio berichten hauptsächlich aus Sicht der jeweiligen Regierung (ÖB New Delhi 12.2016). Die unabhängigen Medien waren aktiv und drückten eine Vielzahl von Ansichten aus, waren allerdings Druck seitens der Regierung ausgesetzt, wenn sie diese kritisierten. So wurden durch das Zurückhalten finanziell wichtiger Regierungsaussendungen Pressekanäle beeinflusst. Aus Angst vor Belästigung und Repressalien zensieren sich Journalisten auch selbst (USDOS 3.3.2017).

Mit ihrer bei Regierungsantritt propagierten Zero-Tolerance Against Militancy-Offensive bekämpft die Awami League nicht nur religiöse Extremisten, sondern geht gegen regierungskritische Stimmen jedweder Couleur vor. Proteste werden von der Polizei und paramilitärischen Einheiten gewaltsam eingedämmt. Journalisten, die sich kritisch über Regierungsmitglieder äußern, werden angegriffen, eingeschüchtert und inhaftiert. Allein zwischen Januar und September 2016 wurden laut Odhikar 46 Journalisten verletzt, bedroht oder inhaftiert. Bangladesch rangiert unverändert schlecht (an aktuell 144. Stelle von 180 Staaten) im FPI; im Ranking des FPI gilt das Land mittlerweile (2016) als "not free" (GIZ 5.2017).

Seit der Änderung des Informations- und Kommunikationstechnologiegesetzes (ICT Act) 2013 können Person

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten