Index
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal;Norm
ÄrzteG 1984 §40 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des Dr. H in A, vertreten durch Mag. Gerlach Bachinger, Rechtsanwalt in Neuhofen a. d. Krems, Kirchengasse 4a, gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses der Wohlfahrtskasse der Ärztekammer für Oberösterreich vom 23. April 1998, Zl. BA 1/98, betreffend Leistungen aus der Wohlfahrtskasse, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Ärztekammer für Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer begehrte mit Eingabe an die Ärztekammer für Oberösterreich vom 18. Oktober 1995 die Zuerkennung einer Invaliditätspension und eventuell anderer ihm zustehender Leistungen. Zur Begründung verwies er darauf, dass er sich aufgrund einer Vereinbarung vom 23. März 1990 mit der Ärztekammer für Oberösterreich einer Ausbildung zum Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde an der Universitätszahnklinik Innsbruck unterzogen und während der Ausbildungszeit zwei schwere Verkehrsunfälle erlitten habe (am 28. April 1992 und am 1. Oktober 1992), die dazu geführt hätten, dass er nunmehr praktisch arbeitsunfähig sei.
Der Antrag wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 17. Oktober 1996 abgewiesen. Dieser Bescheid wurde mit hg. Erkenntnis vom 18. November 1997, Zl. 97/11/0161, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben. Der Grund dafür war die Mitwirkung einer nicht zum Kreis der Kammerangehörigen zählenden Person als Vorsitzender der belangten Behörde.
Mit dem im fortgesetzten Verfahren ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag vom 18. Oktober 1995 neuerlich abgewiesen.
In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend; er beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt. Beide Parteien haben im Sinne des § 36 Abs. 8 zweiter Satz VwGG noch weitere Schriftsätze erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer macht als Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend, deren Mitglieder seien nicht rechtswirksam und entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen von der Vollversammlung der Ärztekammer für Oberösterreich in diese Funktion gewählt worden. Dabei handelt es sich um eine bloße Behauptung ohne nähere Begründung. Das Vorbringen, es sei infolge Austausches eines Mitgliedes des Beschwerdeausschusses dessen "Zusammenstellung in Bezug auf die Gegenschrift vom 16. September 1997 in unzulässiger Weise geändert" worden, ist unverständlich. Der Beschwerdeausschuss hat - vom neu gewählten Vorsitzenden abgesehen - in derselben Zusammensetzung entschieden wie bei Erlassung des seinerzeit angefochtenen Bescheides vom 17. Oktober 1996.
Nicht zielführend ist auch das Vorbringen, es sei davon auszugehen, dass der erstinstanzliche Bescheid vom 16. November 1995 mangels Mitwirkung aller Mitglieder des Verwaltungsausschusses an der Beschlussfassung von einer unzuständigen Behörde erlassen worden sei, da die Ausfertigung dieses Bescheides lediglich drei Unterschriften (der Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses, des Präsidenten und des Finanzreferenten der Ärztekammer für Oberösterreich) aufweise. Die Fertigung durch (lediglich) diese drei Personen entspricht offensichtlich dem § 10 Abs. 11 der Satzung der Wohlfahrtseinrichtungen der Ärztekammer für Oberösterreich (im Folgenden: Satzung), wonach für die verbindliche Fertigung in finanziellen Angelegenheiten der Wohlfahrtskasse jeweils die Unterschrift des Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses sowie des Präsidenten und des Finanzreferenten erforderlich ist. Die Zahl der Unterschriften sagt über die Anzahl der an der Beschlussfassung Mitwirkenden nichts aus.
Die Tatsache der Fertigung der Vereinbarung vom 23. März 1990 durch den nunmehrigen Vorsitzenden der belangten Behörde bewirkt entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers schon deshalb keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde wegen Teilnahme eines ausgeschlossenen Mitgliedes, weil (wie noch dargetan werden wird) es sich bei dieser Vereinbarung nicht um einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsvertrag, sondern lediglich um eine Verwendungszusage seitens der genannten Institutionen handelt. Im Übrigen ist die unter anderem durch den nunmehrigen Vorsitzenden der belangten Behörde gefertigte Verwendungszusage nicht geeignet, Zweifel an dessen voller Unbefangenheit hervorzurufen.
Die Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist vom Vorsitzenden der belangten Behörde gefertigt. Dass diese Ausfertigung die Unterschrift sämtlicher Mitglieder des Kollegialorgans Beschwerdeausschuss aufweisen müsse, ergibt sich entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers aus der Vorschrift des § 18 Abs. 4 erster Satz AVG (wonach schriftliche Ausfertigungen der Behörde mit der Unterschrift des Genehmigenden versehen sein müssen) nicht. Vielmehr genügt bei Kollegialorganen, sofern nicht ausdrücklich anderes vorgesehen ist (was hier nicht der Fall ist - s. § 8 der Satzung), die Unterfertigung durch den Vorsitzenden; damit wird beurkundet, dass das Kollegialorgan die ausgefertigte Erledigung genehmigt hat (vgl. die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E 9 bis 13 angeführte Rechtsprechung zu § 18 AVG).
Ein Hinweis im Bescheid auf die Niederschrift über die Beratung und Beschlussfassung des Beschwerdeausschusses ist nicht vorgeschrieben. Das Fehlen eines derartigen Hinweises lässt entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nicht den Schluss zu, der Beschwerdeausschuss habe ohne Beschlussfassung entschieden.
Die belangte Behörde begründete die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers damit, dieser sei nicht Mitglied der Ärztekammer für Oberösterreich und damit ihrer Wohlfahrtskasse. Sie stellte dazu fest, der Beschwerdeführer sei vom 1. Februar 1989 bis zum 30. September 1990 Mitglied der Ärztekammer für Oberösterreich gewesen (ordentliches Mitglied als Turnusarzt vom 1. 2. 1989 bis 22. 2. 1989, vom 1. 4. 1989 bis 5. 7. 1989 und vom 1. 9. 1989 bis 30. 1. 1990; außerordentliches Mitglied wegen Arbeitslosigkeit vom 22. 2. 1989 bis 1. 4 1989, vom 5. 7. 1989 bis 1. 9. 1989 und vom 30. 1. 1990 bis 30. 9. 1990). Anschließend sei er auf Grund seiner Ausbildung zum Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde vom 1. Oktober 1990 bis zum 30. September 1992 ordentliches Mitglied der Ärztekammer für Tirol gewesen. Mit Wirkung vom 31. Oktober 1992 sei er mangels Ausübung einer ärztlichen Tätigkeit in Tirol und eines Wohnsitzes im Bereich der Ärztekammer für Tirol aus der Ärzteliste gestrichen worden. In der Folge sei weder eine ordentliche noch eine außerordentliche Mitgliedschaft des Beschwerdeführers zur Ärztekammer für Oberösterreich begründet worden. Entgegen seiner Meinung habe auch die von ihm ins Treffen geführte Vereinbarung vom 23. März 1990 nicht dazu geführt, dass er Mitglied der Ärztekammer für Oberösterreich geblieben sei.
Der Beschwerdeführer steht auf dem Standpunkt, seine Mitgliedschaft zur Ärztekammer für Oberösterreich sei mit dem Beginn seiner Ausbildung zum Facharzt an der Universitätszahnklinik Innsbruck nicht erloschen, da er seinen Berufssitz bzw. Dienstort nicht im Sinne des § 40 Abs. 3 Z. 1 Ärztegesetz 1984 aus Oberösterreich "dauernd verlegt" habe. Dies ergebe sich aus dem mit der Ärztekammer für Oberösterreich und der OÖ Gebietskrankenkasse abgeschlossenen Vertrag vom 23. März 1990, in welchem er sich verpflichtet habe, nach beendeter Facharztausbildung eine Kassenplanstelle in einem zahnärztlich unterversorgten Gebiet in Oberösterreich zu übernehmen. Dabei handle es sich um einen weiterhin aufrechten, zeitlich unlimitierten sozialversicherungspflichtigen Arbeitsvertrag. Aufgrund dieses Vertrages und der Tatsache, dass er seit 11. August 1960 ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz in Asten habe, sei davon auszugehen, dass er zum Zeitpunkt der zur Berufsunfähigkeit führenden Verkehrsunfälle Mitglied der Ärztekammer für Oberösterreich gewesen und auch in der Folge geblieben sei.
Voraussetzung für den strittigen Anpruch ist die Mitgliedschaft des Beschwerdeführers zur Ärztekammer für Oberösterreich (§§ 42 Abs. 4, 62 Abs. 3 Ärztegesetz 1984). Mit dem Entstehen/Erlöschen der Mitgliedschaft zu einer Ärztekammer entsteht/erlischt auch die Mitgliedschaft zu deren Wohlfahrtseinrichtungen (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Jänner 1994, Zl. 93/11/0135).
Nach § 40 Abs. 1 Ärztegesetz 1984 idF vor der Novelle BGBl. Nr. 100/1994 gehören einer Ärztkammer als ordentliche Kammerangehörige alle Ärzte an, die ihren Beruf im Bereich dieser Ärztekammer tatsächlich ausüben (§ 2 Abs. 3, § 19 Abs. 2 und 4, § 20 und § 20a) und in der bei der Österreichischen Ärztekammer geführten Ärzteliste (§ 11) eingetragen sind. Nach § 40 Abs. 3 Ärztegesetz 1984 erlischt die Zugehörigkeit zu einer Ärztekammer, wenn der Arzt (Z. 1) seinen Berufssitz (§ 19 Abs. 2), seinen Dienstort (§ 20) oder seinen Wohnsitz (§ 20a) in den Bereich einer anderen Ärztekammer dauernd verlegt hat, (Z. 2) die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes verloren hat oder (Z. 3) die Berufsausübung eingestellt hat.
Die Zugehörigkeit eines Arztes zu einer bestimmten Ärztekammer als ordentliches Mitglied richtet sich somit danach, wo er den ärztlichen Beruf tatsächlich ausübt. Dies ist bei noch in Ausbildung stehenden Ärzten am Ort der jeweiligen Ausbildungsstätte der Fall; auf den Wohnsitz kommt es hiebei nicht an. Sie gehören daher jener Ärztekammer an, in deren Bereich sich die Ausbildungsstätte befindet. Der Beschwerdeführer war somit ab Beginn seiner Facharztausbildung im Rahmen des zahnärztlichen Lehrganges an der Universitätszahnklinik Innsbruck Mitglied der Ärztekammer für Tirol; gleichzeitig endete damit seine Mitgliedschaft zur Ärztekammer für Oberösterreich. Daran vermag das Vorbringen nichts zu ändern, es habe sich dabei nicht um eine "dauernde Verlegung" des Berufssitzes oder Dienstortes im Sinne des § 40 Abs. 3 Z. 1 Ärztegesetz 1984 gehandelt, weshalb seine Mitgliedschaft zur Ärztekammer für Oberösterreich nicht geendet habe. Die gänzliche Aufgabe der bisherigen Tätigkeit als Turnusarzt in Oberösterreich zum Zweck der Teilnahme am zweijährigen (§ 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 184/1986) zahnärztlichen Lehrgang in Innsbruck ist jedenfalls als "dauernde Verlegung" des Ortes der ärztlichen Tätigkeit des Beschwerdeführers im Sinne dieser Bestimmung anzusehen. Dies gilt ungeachtet der von ihm ins Treffen geführten Vereinbarung vom 23. März 1990. Bei dieser Vereinbarung handelt es sich entgegen seiner Meinung keineswegs um einen "sozialversicherungsrechtlichen Arbeitsvertrag". Sie besteht zum einen aus der unwiderruflichen Erklärung des Beschwerdeführers, im Falle seiner Vorreihung im Rahmen der zahnärztlichen Ausbildung nach deren Abschluss jedenfalls für die Dauer von fünf Jahren eine Vertragsstelle in einem zahnärztlich unterversorgten Gebiet zu übernehmen, und zum anderen aus der gemeinsamen Zusage der OÖ Gebietskrankenkasse und der Ärztekammer für Oberösterreich gegenüber dem Beschwerdeführer, im Hinblick auf seine Erklärung ein Befürwortungsschreiben betreffend seine Vorreihung im Rahmen der zahnärztlichen Ausbildung an näher genannte Stellen weiterzuleiten. Inhalt der Erklärung des Beschwerdeführers ist ausschließlich ein bestimmtes Verhalten in Bezug auf einen erst nach Abschluss der Facharztausbildung abzuschließenden Einzelvertrag im Sinne des § 343 ASVG, nicht jedoch eine Verpflichtung zur Erbringung wie immer gearteter Arbeitsleistungen. Die Erklärung der Ärztekammer für Oberösterreich und der OÖ Gebietskrankenkasse erschöpft sich in der Zusage, die Vorreihung des Beschwerdeführers im Rahmen der Facharztausbildung zu befürworten.
Der Vorwurf, die belangte Behörde habe dem Beschwerdeführer keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und damit das Parteiengehör verletzt, lässt nicht erkennen, zu welchen dem Beschwerdeführer nicht bekannten Ermittlungsergebnissen oder Fakten Parteiengehör hätte gewährt werden müssen. Das in diesem Zusammenhang erwähnte Schreiben der Ärztekammer für Oberösterreich vom 4. Dezember 1995 war dem Beschwerdeführer ebenso bekannt wie die Möglichkeit, dieser Ärztekammer als außerordentliches Mitglied anzugehören. Im Übrigen ergibt sich aus dem besagten Schreiben entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht, dass die Ärztekammer für Oberösterreich von der Beendigung seiner Mitgliedschaft zur Wohlfahrtskasse erst mit Wirkung vom 4. Dezember 1995 ausgegangen wäre. Darin ist vielmehr von der Beendigung seiner Mitgliedschaft zu den Wohlfahrtseinrichtungen der Ärztekammer für Oberösterreich "aufgrund (seiner) beruflichen Veränderung in den Kammerbereich der Ärztekammer für Tirol" (im Oktober 1990) die Rede.
Entgegen der (in den Äußerungen vom 30.April und vom 2. Juli 1999 aufgestellten) gegenteiligen Behauptung des Beschwerdeführers steht die Feststellung, er sei nach dem 30. September 1990 auch nicht außerordentliches Mitglied der Ärztekammer gewesen, nicht im Widerspruch zur Aktenlage. Dieser zufolge wurde dem Beschwerdeführer auf Grund seines Antrages vom 20. April 1990 die (gemäß § 12 Abs. 2 der Satzung erforderliche) Bewilligung der außerordentlichen Mitgliedschaft wegen Arbeitslosigkeit für die Zeit vom 1. Februar 1990 bis "30.7.1990" (richtig wohl: 30. 6. 1990) erteilt. Über den Antrag vom 21. November 1990 betreffend außerordentliche Mitgliedschaft für die Zeit vom 1. Juli bis 30. September 1990 erging keine Entscheidung. Ein Vorgang, der eine Mitgliedschaft des Beschwerdeführers zur Ärztekammer für Oberösterreich für die Zeit nach dem 30. September 1990 begründet hätte, ist nicht ersichtlich.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 29. September 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998110169.X00Im RIS seit
22.05.2001