TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/6 L526 2202473-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.08.2018
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Entscheidungsdatum

06.08.2018

Norm

BFA-VG §18 Abs1 Z5
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §13 Abs1

Spruch

L526 2202473-1/3Z

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina Schrey LL.M. über die Beschwerde von XXXX, StA. Irak, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH als Mitglied der ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.07.2018, XXXX zu Recht erkannt:

A) In Stattgebung der Beschwerde gegen den Spruchpunkt 7. des Bescheides wird dieser ersatzlos behoben.

Der Beschwerde kommt gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG die aufschiebende Wirkung zu.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

1. Der Beschwerdeführer (im Weiteren kurz "BF" genannt), ein irakischer Staatsbürger, stellte am 11.02.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde am 12.02.2016 einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen. Dort gab er an, dass er wegen einer Autobombe (familiärer Streit) verletzt sei; er habe keine Zukunft im Irak. Er würde sich lieber selber töten wollen, als in den Irak zurückzugehen. Er habe keine Lust mehr in dieses Land zurückzugehen, es gebe dort keine Menschenrechte, da er Sunnite sei.

Am 23.04.2018 wurde der BF durch die belangte Behörde, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Weiteren kurz "bB" genannt) niederschriftlich einvernommen. Anlässlich dieser Einvernahme gab der BF zusammengefasst an, er sei im Mai des Jahres 2015 einmal vom Bürgermeister und anderen namentlich genannten Männern entführt worden, aufgrund der Intervention einer Frau bei einem Wachkommandanten, der von der Entführung nichts gewusst habe und darüber entsetzt gewesen sei, jedoch wieder freigekommen. Danach habe er erfahren, dass sein Stiefsohn Teil einer schiitischen Miliz sei und er habe diesen damit konfrontiert. Dieser habe eine Tonbandaufnahme gemacht und sie weitergeleitet. Im Juni 2015 habe es dann einen Anschlag auf ihn gegeben; eine Autobombe sei detoniert und er sei auch von einer vermummten Person verletzt worden. Im Spital sei er dann mit Glukose übergossen worden. Nach seinem Krankenhausaufenthalt habe er sich bei seinem Onkel versteckt und sei dort von einem privaten Krankenpfleger behandelt worden. Der Beschwerdeführer legte Fotos vor, auf denen ein Mann mit Verbrennungen und ein beschädigtes Auto zu sehen sind. Ferner legte er Fotos von bewaffneten Männer in militärischen und schwarzen Uniformen vor, auf welchen auch sein Stiefsohn zu sehen sei.

7. Mit Bescheid vom 02.07.2018 hat die bB den Antrag der BF auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Außerdem wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG nicht erteilt und gem. § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2. Z 2 FPG erlassen sowie gem. § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gem. § 46 FPG in den Irak zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt. Einer Beschwerde gegen die Entscheidung wurde gem. § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt 7.).

Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftslandes führte die bB aus, es habe nicht erkannt werden können, dass der BF in seiner Heimat staatliche Verfolgungsmaßnahmen zu befürchten habe, weshalb ihm keine wohlbegründete Furcht vor maßgeblich wahrscheinlicher Verfolgung aus einem der Gründe der GFK zusinnbar sei. Begründend legte die bB zusammengefasst dar, dass der BF sein Vorbingen gesteigert habe. Im Rahmen seiner Erstbefragung habe er angegeben, dass er wegen der Autobombe durch einen familiären Streit verletzt worden wäre und im Irak keine Zukunft hätte. Das Vorbringen hinsichtlich der Entführung durch den Bürgermeister und die erfolgte Freilassung widerspreche nicht nur dem Amtswissen und sei für die für die Behörde unglaubwürdig, sondern entspreche dieses Vorgehen auch nicht der üblichen Vorgehensweise durch die Milizen. Die Unglaubwürdigkeit würde auch dadurch unterstrichen, dass der BF, wie er angegeben habe, vom Bürgermeister gefragt worden sei, welcher Konfession er angehöre und es habe auch ein Nachbar nicht glauben können, dass man nach einer Entführung wieder lebend nach Hause kommen könne. Zudem sei es nicht glaubwürdig, dass der BF als einziger seiner Familie von einer schiitischen Miliz verfolgt würde und es könne auch nicht geglaubt werden, dass sein Stiefsohn Mitglied einer solchen sei. Auch der Erklärung des BF, dass der Stiefsohn von den Schiiten gebraucht würde, da er Expertenwissen im Zusammenhang mit Strom und Eisen habe, wurde nicht geglaubt. Dass der BF Brandnarben aufgrund einer Explosion der Autobombe bzw. die Narbe am rechten Unterbauch durch eine Schussverletzung erlitten habe, habe nicht festgestellt werden können, zumal die Angaben des BF zu diesem Vorfall völlig unglaubwürdig seien und der allgemeinen Lebenserfahrung gerade in Bezug auf eine Explosion einer Autobombe in jeder Hinsicht widersprächen.

Auch aus den sonstigen Umständen vermochte die bB keine asylrelevante Verfolgung iSd Genfer Flüchtlingskonvention zu erkennen und konnte auch nicht feststellen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in die Heimat einer realen Gefahr der Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder er als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt sein würde.

Zu Spruchpunkt 7. führte die bB in ihrer rechtlichen Beurteilung lediglich aus, dass der BF keine asylrelevante Verfolgungsgefahr vorgebracht habe und aufgrund seiner unglaubwürdigen und in keiner Weise für die erkennende Behörde nachvollziehbaren Angaben festgestellt habe werden können, dass sein Vorbringen nicht den wahren Tatsachen entspreche.

Gegen den Bescheid wurde binnen offener Frist eine begründete Beschwerde erhoben. Zu Spruchpunkt 7. wurde dargelegt, dass dieser auf den gegenständlichen Fall nicht anwendbar sei. Der Schluss der bB, dass das Vorbringen nicht nachvollziehbar sei, sei auf die mangelhafte Auseinandersetzung der bB mit dem Vorbringen des BF zurückzuführen. So habe sich die bB etwa gar nicht mit den vorgelegten Beweismitteln oder den Verletzungen des BF beschäftigt. Sofern die bB sich auf allgemeine Erfahrungen in Bezug auf die Explosion einer Autobombe beziehe, werde ausdrücklich bestritten, dass sie über derartiges Fachwissen verfügt und könne sie insoferne nicht mit allgemeinen Erfahrungswerten argumentieren.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

Die Feststellungen ergeben sich aus dem beschriebenen Verfahrenshergang.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

3. Rechtliche Beurteilung

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht

II.3.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

II.3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesver-waltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 idgF entscheidet im gegenständlichen Fall der Einzelrichter.

II.3.1.3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft und hat das ho. Gericht im gegenständlichen Fall gem. § 17 leg. cit das AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

II.3.1.4. Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Zu A)

II.3.1.5. § 18 BFA-VG lautet:

"Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde

§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3. der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,

4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn

1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,

2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder

3. Fluchtgefahr besteht.

(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar."

Liegt einer der Gründe des § 18 Abs. 1 Z 1 - 7 BFA-VG vor, wäre im Rahmen der vorzunehmenden Prüfungsschritte festzustellen, ob mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden kann, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der bP in den Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen und keine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würde. Kann diese Prognoseentscheidung nicht getroffen werden, ist gem. § 18 Abs. 5 BFA-VG vorzugehen.

Gem. § 28 Abs. 1 iVm Abs. 5 VwGVG ist das ho. Gericht berechtigt, die Entscheidung der belangten Behörde durch Erkenntnis zu beheben. Die Behörden sind in diesem Fall verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichts entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Aus den genannten Rechtsvorschriften ergibt sich, dass das BFA-VG iVm VwGVG grundsätzlich zwei Möglichkeiten zur Verfügung stellen, um zu erreichen, dass einer Beschwerde, der das Bundesamt die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG aberkannt hat, dennoch aufschiebende Wirkung zukommt:

Das kann einerseits gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuerkennen; es kann aber andererseits auch auf Grund einer Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung - im vorliegenden Verfahren also gegen Spruchpunkt 7. des angefochtenen Bescheides - diesen Teil des Bescheides aufheben.

Die Voraussetzungen für die amtswegige Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sind in § 18 Abs. 5 BFA-VG umschrieben. Die Voraussetzungen dafür hingegen, einen Ausspruch über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG aufgrund der Beschwerde gegen diese Aberkennung gemäß § 28 Abs. 1 iVm Abs. 5 VwGVG- aufzuheben, liegen dann vor, wenn die Voraussetzungen für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach Ansicht des ho. Gerichts per se schon nicht vorliegen. Dies ist dann der Fall, wenn keiner der in § 18 Abs. 1 BFA-VG aufgezählten Tatbestände erfüllt ist

Es ist somit zunächst zu prüfen, ob überhaupt ein Tatbestand des § 18 Abs. 1 BFA-VG erfüllt ist:

Die Behörde berief sich auf § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG:

Die Bestimmung des § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG entspricht § 38 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 aF, diese entspricht wiederum § 6 Abs. 1 Z. 4 AsylG idF AsylG 1997 BGBl. I Nr. 101/2003; diese entspricht letztlich § 6 Z. 3 AsylG 1997 in der Stammfassung des AsylG 1997 (dort allerdings nicht auf Asylwerber eingeschränkt, welche über einen Flugplatz eingereist sind). Aufgrund der nur unmaßgeblich veränderten, im wesentlich aber nahezu wortidenten Formulierungen dieser Bestimmungen ist bei der Prüfung des Vorliegens dieses Tatbestands - somit als Prüfungsmaßstab für die Frage, ob ein Vorbringen offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht - jedenfalls die Judikatur des VwGH zu den Vorgängerbestimmungen heranzuziehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits zu § 6 Z 3 AsylG 1997 in der Stammfassung ausgesprochen, dass bei einem von der Behörde als unglaubwürdig angenommenen Vorbringen noch nichts darüber ausgesagt wird, ob es ein solches Maß an Unglaubwürdigkeit erreicht, dass der Tatbestand des § 6 Z 3 AsylG 1997 in der Stammfassung als erfüllt angesehen werden kann. Letzteres kann nur dann angenommen werden, wenn Umstände vorliegen, die besonders deutlich die Unrichtigkeit der erstatteten Angaben vor Augen führen. Es muss unmittelbar einsichtig ("eindeutig", "offensichtlich") sein, dass die abgegebene Schilderung tatsächlich wahrheitswidrig ist. Dieses Urteil muss sich quasi "aufdrängen", die dazu führenden Gesichtspunkte müssen klar auf der Hand liegen, sei es allenfalls auch deshalb, weil nach einem Ermittlungsverfahren "Hilfstatsachen" (z.B. fehlende Kenntnis der behaupteten Stammessprache) substantiell unbestritten bleiben. Im Ergebnis setzt die im gegebenen Zusammenhang erforderliche "qualifizierte Unglaubwürdigkeit" somit voraus, dass es weder weitwendiger Überlegungen noch einer langen Argumentationskette bedarf, um zu erkennen, dass das Vorbringen eines Asylwerbers nicht den Tatsachen entspricht (VwGH 21.8.2001, 2000/01/0214; 31.1.2002, 2001/20/0381; 11.6.2002, 2001/01/0266). Nur dann, wenn es "unmittelbar einsichtig" ist und sich das Urteil quasi "aufdrängt", die Schilderungen des Asylwerbers, die für die Beurteilung seines Asylansuchens maßgeblich sind, seien tatsächlich wahrheitswidrig, erreicht das Vorbringen ein solches Maß an Unglaubwürdigkeit, dass der Tatbestand des § 6 Z 3 AsylG 1997 erfüllt ist (VwGH 27.9.2001, 2001/20/0393). Bei der Anwendung des § 6 AsylG 1997 kann es typischerweise nur um die Klarstellung einfacher Fragen, aber nicht um diffizile Beweiswürdigungsprobleme gehen (VwGH 19.12.2001, 2001/20/0442). Dem entspricht - bezogen auf die rechtliche Würdigung des Sachverhaltes - die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach das Erfordernis einer Beurteilung komplexer asylrechtlicher Zusammenhänge die Abweisung eines Asylantrages als offensichtlich unbegründet ausschließt (vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0214). Der Verwaltungsgerichtshof führte in seiner Rechtsprechung zu den entsprechenden Vorfassungen dieses Tatbestandes weiters aus, dass § 6 Z 3 AsylG 1997 idF BGBl I Nr. 76/1997 (nunmehr § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG) lediglich dann anwendbar ist, wenn das gesamte Vorbringen zu einer Bedrohungssituation den Tatsachen offensichtlich nicht entspricht; seine Anwendbarkeit scheidet aus, wenn das Vorbringen auch nur in einem Punkt möglicherweise auf eine wahre Tatsache gestützt wird; auf Einzelaspekte gestützte Erwägungen erweisen sich somit für die Anwendung des Tatbestandes der offensichtlichen Tatsachenwidrigkeit des Vorbringens zur Bedrohungssituation als nicht tragfähig (vgl. dazu VwGH 21.08.2001, 2000/01/0214).

Fallbezogen hat sich das BFA im Einzelnen mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und in einer sich über fünf Seiten erstreckenden Argumentationskette ausgeführt, warum das Vorbringen des Beschwerdeführers im Detail für nicht glaubhaft erachtet wird. In dem auf Spruchpunkt 7. des angefochtenen Bescheides bezogenen Abschnitt der rechtlichen Begründung fehlen jedoch Ausführungen darüber, weshalb das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Gänze offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht. Im Lichte der oben zitierten Judikatur reichen die aufgezeigten Unplausibilitäten in der Fluchtgeschichte des BF für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde nicht aus (vgl VwGH 22.10.2003, 2002/01/0086).

Zudem ist dem BF darin zu folgen, dass die medizinischen Auswirkungen einer Autoexplosion nicht der allgemeinen Lebenserfahrung zugerechnet werden können und sich die diesbezüglichen Ausführungen der bB daher als spekulativ darstellen. Ohne weitere Ermittlungen kann deshalb auch nicht davon ausgegangen werden, dass das gesamte Vorbringen zur gegenständlichen Bedrohungssituation im Sinne der oben zitierten Judikatur offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht.

Für den vorliegenden Fall hat die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes daher zur Folge, dass entgegen der Annahme der bB die Voraussetzung für die Ziffer 5 gegenständlich nicht vorlag und damit die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung unzulässig war.

Da weitere Tatbestandsmerkmale des §18 Abs. 1 BFA-VG von der bB nicht zur Anwendung kamen und aus der Aktenlage nicht klar hervorgeht, ob ein solcher weiterer Tatbestand zur Anwendung kommen könnte, scheidet dessen Anwendbarkeit im gegenständlichen Verfahren aus.

Es war daher Spruchpunkt 7. des angefochtenen Bescheides spruchgemäß ersatzlos zu beheben und festzustellen, dass der Beschwerde somit gemäß § 13 Abs 1 VwGVG die aufschiebende Wirkung zukommt.

Im gegenständlichen Verfahren war ein Vorgehen gemäß § 59 Abs 1 letzter Satz AVG zulässig, da die Entscheidung über Spruchpunkt V spruchreif war und die Trennung - auf Grund der Folgen einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung für den Betroffenen - auch zweckmäßig erscheint.

Über die Beschwerde gegen die übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides ergeht eine gesonderte Entscheidung.

Wie bereits erwähnt wurde, ist gem. § 28 Abs. 1 iVm Abs. 5 VwGVG das ho. Gericht berechtigt, die Entscheidung der belangten Behörde durch Erkenntnis zu beheben. Die Behörden sind in diesem Fall verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichts entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Die bB hat somit mit Erlassung des gegenständlichen Erkenntnisses für den BF jenen Rechtsbestand herzustellen, wie er bestanden hätte, wenn der Spruchpunkt 7. nie erlassen worden wäre.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im Hinblick auf die Anwendung des § 18 BFA-VG orientiert sich das ho. Gericht einerseits an der jüngsten, im ho. Erk. zitierten Judikatur des VwGH und auch an der Vorgängerbestimmung des § 38 AsylG aF, im Hinblick auf die Vorgansweise der ersatzlosen Behebung an der hierzu bereits bestehenden einheitlichen Judikatur des VwGH, sowie an der Vorgängerjudikatur zu § 66 Abs. 4 AVG, soweit diese anwendbar erscheint.

Aus dem Umstand, dass sich mit 1.1.2014 die Behördenzuständigkeiten, sowie die asyl- und fremdenrechtliche Diktion änderte und das ho. Gericht seine Arbeit aufnahm, kann im gegenständlichen Fall noch kein unter Art. 133 Abs. 4 B-VG zu subsumierender Sachverhalt abgeleitet werden, weil sich im materiellen Kernbereich der hier anzuwendenden Bestimmungen keine substantielle Änderung ergab.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, aufschiebende Wirkung - Entfall, ersatzlose
Behebung, Feststellungsentscheidung, Spruchpunktbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L526.2202473.1.00

Zuletzt aktualisiert am

26.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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