TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/22 L515 2169425-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.08.2018
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Entscheidungsdatum

22.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
VwGVG §28 Abs1

Spruch

L515 2135093-1/34E

L515 2135092-1/15E

L515 2169425-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. der Republik Georgien, vertreten durch RAe Dr. DELLASEGA & Dr. KAPFERER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.08.2016, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 55 Abs. 1 und 2 FPG wird die Frist für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung mit 14 Tagen festgelegt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. der Republik Georgien, vertreten durch RAe Dr. DELLASEGA & Dr. KAPFERER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.08.2016, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 55 Abs. 1 und 2 FPG wird die Frist für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung mit 14 Tagen festgelegt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. der Republik Georgien, gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter, diese vertreten durch die RAe Dr. DELLASEGA & Dr. KAPFERER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.08.2017, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 55 Abs. 1 und 2 FPG wird die Frist für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung mit 14 Tagen festgelegt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

I.1.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als "bP1" bis "bP3" bezeichnet), sind Staatsangehörige der Republik Georgien und brachten nach rechtswidriger Einreise (bP1 und bP2) nach Österreich mittels eines erschlichenen Visums bzw. nach der Geburt im Bundesgebiet (bP3) am 29.4.2016 (bP1) bzw. am 11.7.2016 (bP2) und 21.6.2017 (bP3) bei der belangten Behörde (in weiterer Folge "bB") Anträge auf internationalen Schutz ein.

I.1.2. Die männliche bP1 und die weibliche bP2 sind Ehegatten und die Eltern der minderjährigen bP3.

I.1.3. In Bezug auf das bisherige verfahrensrechtliche Schicksal bzw. das Vorbringen der bP im Verwaltungsverfahren wird auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen, welche wie folgt wiedergegeben werden (Wiedergabe an dem angefochtenen Bescheid in Bezug auf bP1):

"...

Sie haben keine Beschwerden oder Krankheiten, die Sie an der Einvernahme hindern oder beeinträchtigen. Erforderliche Medikamente wurden keine angeführt.

Ihre Schwiegereltern befinden sich in Österreich, Innsbruck.

Ihr Reiseziel war seit Beginn der Reise Österreich.

Am 27.04.2016 verließen Sie Ihren Herkunftsstaat legal mit einem georgischen Reisepass, in welchem sich ein Schengenvisum, ausgestellt von den tschechischen Behörden, befand. Diesen Reisepass haben Sie im Zug von Wien nach XXXX liegenlassen.

Sie waren ein Parteimitglied der Patrioten Allianz. Nach den Wahlen am 31.10.2015 wurden Sie von den Anhängern unterdrückt. Die Anhänger der demokratischen Partei setzten Sie unter Druck, indem sie wollten, dass Sie aus der Patrioten Allianz aussteigen. Falls Sie diesem nicht nachkommen, würden sie Ihnen Drogen unterschrieben und in Haft nehmen.

Laut Visadatenbank vom XXXX hatten Sie in Ihrem georgischen Reisepass Nummer XXXX, gültig bis XXXX2016, ein von den tschechischen Behörden in Tiflis ausgestelltes Schengenvisum, ausgestellt am XXXX2016, gültig für 10 Tage im Zeitraum von XXXX2016 bis XXXX2016, Zahl: XXXX.

...

Am 28.07.2016 wurden Sie bei der Erstaufnahmestelle XXXX in Anwesenheit der Rechtsberaterin im Zulassungsverfahren einvernommen. Die wesentlichen Passagen dieser Einvernahme gestalten sich dabei wie folgt:

...

F: Wie haben Sie sich im Herkunftsstaat den Lebensunterhalt finanzieren können, damit meine ich Miete, Kleidung, Lebensmittel, usw.?

A: Ich habe gearbeitet.

F: Woher hatten Sie das Geld für die Reise von Herkunftsstaat nach Österreich?

A: Ich war Parteimitglied und außerdem habe ich auch an einer Firma meines Vaters gearbeitet. Das war eine Baufirma. Ich hatte Einkommen.

F: Welches Land war Ihr Reiseziel als Sie den Herkunftsstaat verlassen haben?

A: Österreich.

F: Warum wollten Sie unbedingt nach Österreich?

A: Weil Österreich ein demokratisches Land ist und die Menschenrechte hier geachtet werden und nicht verletzt werden. Das war der Grund, weswegen ich nach Österreich kommen wollte.

...

F: Haben Sie Verwandte oder Bekannte in Österreich?

A: Meine Schwiegereltern sind in Österreich. Sie haben eine Arbeitsbewilligung und einen Aufenthaltstitel. Ich habe Kopien mitgebracht, darf ich diese vorlegen. Auch meine Ehefrau ist nun in Österreich und stellte am 11.07.2016 einen Asylantrag.

Bezüglich der vorgelegten Aufenthaltstitel in Kopie der Schwiegereltern wird eine Kopie zum Akt gegeben.

F: Sind Sie standesamtlich mit Fr. XXXX verheiratet?

A: Ja. Am XXXX haben wir standesamtlich geheiratet.

F: Warum reisten Sie getrennt?

A: Als ich ausgereist bin, war meine Frau schwanger und sie durfte die Reise nicht antreten.

F: Seit wann ist Ihnen bekannt, dass Ihre Schwiegereltern in Österreich aufhältig ist?

A: Vor meiner Heirat wusste ich darüber bescheid. Auf Rückfrage gebe ich an, ein Monat vor meiner Heirat habe ich davon erfahren.

F: Wann haben Sie Ihre Schwiegereltern erstmals persönlich gesehen?

A: Am Hochzeitstag.

F: Wann und wo haben Sie geheiratet?

A: Am XXXX in Tiflis.

F: Wurden Sie von Ihren in Österreich aufhältigen Schwiegereltern jemals unterstützt, egal finanziell oder anders?

A: Wir sind noch nicht so lange verheiratet.

F: Wussten Ihre Schwiegereltern, dass Sie nun den Herkunftsstaat verlassen haben?

A: Wir haben miteinander über Skype kommuniziert und sie wussten, dass ich wegen der Parteimitgliedschaft Probleme hatte.

F: Haben Sie jemals versucht ein österreichisches Visum zu erhalten?

A: In Georgien gibt es keine österreichische Botschaft. Ich habe erfahren, dass man bei der tschechischen Botschaft nicht so lange auf das Visum warten muss wie bei anderen Botschaften. Daher habe ich dort das Visum beantragt.

F: Ihre Schwiegereltern haben die Rot-Weiß-Rot Karte Plus und ist deren Aufenthalt bis XXXX2017 befristet. Sollte der Aufenthalt Ihrer Schwiegereltern nicht mehr verlängert werden, würden Sie dann mit Ihren Schwiegereltern in den Herkunftsstaat zurückreisen?

A: Nein.

F: Stellten Sie je in Österreich oder einem anderen Land einen Asylantrag?

A: Nein.

...

F: Wo befindet sich Ihr Reisepass?

A: Als ich nach Österreich gekommen bin, bin ich von Wien nach XXXX mit dem Zug gefahren. Ich hatte eine kleine Handtasche mit Hygieneartikel und Kleidungsstücke gehabt. Darin war auch mein Pass. Diese Tasche habe ich im Zug vergessen. Meinen Personalausweis hatte ich in der Brieftasche, deswegen ist dieser bei mir geblieben.

F: Wie reisten Sie vom Herkunftsstaat nach Österreich ein. Führen Sie Ihre Reiseroute unter Anführung der verwendeten Transportmittel, Zeitangaben, durchreisten Länder, usw. genau an.

A: Ich bin direkt von Tiflis nach Wien geflogen. Von Wien mit dem Zug nach XXXX.

F: Wann sind Sie in Österreich eingereist?

A: Am Vortag vor meiner Asylantragstellung. Ich kam nach XXXX und am nächsten Tag stellte ich den Asylantrag.

...

Die am 28.07.2016 per Fax übermittelte Heiratsurkunde wurde am 30.07.2016 durch den Dolmetscher übersetzt und per Mail der Behörde in Vorlage gebracht.

Nach Rücksprache mit dem Dublinbüro der Erstaufnahmestelle XXXX wurde, wie im Aktenvermerk vom 03.08.2016 angeführt, mitgeteilt, dass Ihre Ehefrau, welche mit einem griechischen Schengenvisum nach Österreich einreiste, und welche am XXXX geboren ist, somit 7 Monate älter ist als Sie, gem. Art. 11 (b) der Dublin III-Verordnung Griechenland zuständig wäre, somit auch auf Grund des Familienlebens für Sie. Daher ist die Zuständigkeit Tschechiens bezüglich Bearbeitung Ihres Asylantrages erloschen.

Da weiters das Asylverfahren Ihrer Ehefrau in Österreich bereits zugelassen wurde, wurde auch Ihr Asylverfahren zugelassen und wurde Ihnen per RSb-Brief die Aufenthaltsberechtigungskarte gem. § 51 übermittelt.

Am 11.08.2016 wurden Sie bei der Erstaufnahmestelle XXXX neuerlich einvernommen. Die wesentlichen Passagen dieser Einvernahme gestalten sich dabei wie folgt:

...

V: Ihnen wird mitgeteilt, dass das Dublinverfahren mit Tschechien eingestellt wurde und Österreich für Ihren Antrag auf internationalen Schutz zuständig ist.

F: Haben Sie das verstanden?

A: Ich verstehe.

...

F: Besitzen Sie hier, zu Hause oder sonst irgendwo Dokumente, welche Ihre Identität bestätigen?

A: Georgischen Personalausweis habe ich vorgelegt.

F: Wann und wo wurde Ihr Reisepass ausgestellt?

A: In Tiflis, das genaue Datum weiß ich nicht, aber vor meiner Ausreise.

F: Gab es Probleme bei der Ausstellung des Reisepasses?

A: Nein, keinerlei Probleme.

F: Wo ist Ihr Reisepass jetzt?

A: Ich weiß es nicht, ich habe ihn verloren.

F: Wann und wo wurde Ihr Führerschein ausgestellt?

A: Ich habe keinen Führerschein.

F: Waren Sie im Herkunftsstaat jemals in medizinischer Behandlung?

A: Nein, ich habe keine gesundheitlichen Probleme.

F: Haben Sie nun aktuelle medizinische Unteralgen?

A: Ich war in Österreich nur ein einziges Mal beim Zahnarzt, und das war alles.

...

A: Sie hat bei mir an der angegebenen Adresse in Tiflis gelebt, aber angemeldet war sie woanders. Wegen meiner Probleme haben wir es nicht geschafft sie bei mir anzumelden, aber sie lebte bei mir.

...

F: Wurden Sie von Ihren in Österreich aufhältigen Schwiegereltern oder Schwägerin jemals unterstützt, egal ob finanziell oder anders?

A: Nein. In Georgien habe ich selbst gearbeitet, daher war das nicht notwendig. Und hier erhalte ich soziale Leistungen. Aber ich wohne bei meinen Schwiegereltern.

F: Welche weitere Verwandte haben Sie im Herkunftsstaat?

A: Verwandte habe ich viele, viele Onkle sowohl mütterlicher-, als auch väterlicherseits.

F: Wo sind diese Verwandten im Herkunftsstaat aufhältig?

A: Manche in Swanetien, manche in Tiflis oder Kutaisi.

F: Haben Ihre Verwandten im Herkunftsstaat irgendwelche Probleme?

A: Das ist mir nicht bekannt. Und jetzt habe ich keinen Kontakt mit meinen Verwandten.

F: Stellten Sie je in Österreich oder einem anderen Land einen Antrag auf internationalen Schutz?

A: Nur in Österreich.

F: Wann und wo haben Sie das tschechische Visum beantragt?

A: In Tiflis, bei einem so genannten Visazentrum. Wann, das weiß ich nicht mehr.

F: Wie viele Tage vor der Ausreise haben Sie das Visum beantragt?

A: Ich glaube das war im April 2016, als ich es beantragt habe.

F: Wie langte mussten Sie auf die Ausstellung des Visums warten?

A: 2 Wochen.

...

F: Welche Unterlagen zur Visumserteilung legten Sie vor, legten Sie eine Hotelreservierung vor oder eine Einladung?

A: Eine Einladung nicht. Reisepass habe ich selbstverständlich vorlegen müssen, 2 Fotos, wenn ich mich nicht irre. Reiseversicherung. Ob ich eine Hotelreservierung vorlegen musste, das weiß ich auch nicht mehr.

F: Haben Sie schon jemals vorher Ihren Herkunftsstaat verlassen?

A: Nein.

F: Wann haben Sie erstmals den Gedanken gehabt Ihren Herkunftsstaat zu verlassen?

A: November 2015. Bis dahin habe ich auch mit dem Gedanken gespielt, aber nicht so intensiv.

F: Reisten Sie jetzt alleine?

A: Ja.

F: Sind Sie legal aus Ihrem Herkunftsstaat ausgereist und wurden Sie bei der Ausreise aus dem Herkunftsstaat von Sicherheitswacheorganen kontrolliert?

A: Ja, ich hatte meinen Pass vorgelegt und habe einen Stempel in den Pass bekommen.

F: Haben Sie im Herkunftsstaat bis zur Ausreise gearbeitet?

A: Ja.

F: Lebten Sie bis zum Verlassen Ihres Herkunftsstaates an Ihrer gemeldeten Adresse?

A: Ja.

F: Geben Sie mir bitte nochmals Ihre Reiseroute, beginnend mit dem Verlassen des Wohnsitzes im Herkunftsstaat bis zur jetzigen Antragstellung auf internationalen Schutz in Österreich bekannt, unter Anführung der Grenzübergänge, durchreisten Länder, verwendete Transportmittel, Aufenthaltszeiten, usw.

A: Am XXXX2016 fuhr ich mit dem Taxi vom Wohnsitz zum Flughafen in Tiflis und von dort, nach der Grenzkontrolle, wo ich meinen Reisepass vorlegen musste, bin ich mit dem Flugzeug direkt nach Wien geflogen. Von Wien bin ich dann weiter mit dem Zug nach XXXX gefahren.

F: Wann und wo haben Sie den Reisepass verloren?

A: Im Zug, am 27.04.2016. Ich benötigte einen Tag für die Reise.

F: Warum verließen Sie Ihren Herkunftsstaat? Erzählen Sie nun unter Anführung aller Fakten, Daten und Ihnen wichtig scheinenden Ereignissen den Sachverhalt.

A: Ich war ein Parteimitglied bei der Patriotenallianz von der Parteivorsitzenden Frau Irma INASHVILI. Ich war ein ziemlich aktives Parteimitglied. Ich habe oft mit der Bevölkerung geredet. Die Menschen sind in Georgien vor dem Gesetz nicht beschützt und haben keine Menschenrechte. Das war meistens unser Gesprächsthema. Am 31. Oktober 2015 fanden in Georgien die lokalen Selbstverwaltungswahlen statt. Ich war als Beobachter dabei und habe viele Fälle der Wahlfälschung mitbekommen. Es gab Auseinandersetzungen mit Parteimitgliedern der Partei des Georgischen Traumes. Daraufhin haben meine Probleme angefangen nach diesen Wahlen. Ein Mal wurde ich auf der Straße von mir unbekannten Personen geschlagen. Sie haben mich mit dem Umbringen bedroht und mit der Verhaftung. Es gab auch telefonische Drohanrufe. Meine Frau war damals schwanger und ich habe versucht sie zu schonen und habe über meine Probleme nicht mit ihr geredet. Ihre Schwangerschaft verlief mit Komplikationen und ich wollte sie nicht zusätzlich belasten. Letztendlich wurde ich gezwungen zu fliehen und in Österreich einen Asylantrag zu stellen. (AW schweigt lange.)

F: Sind das alle Ihre Fluchtgründe?

A: Ja, alles.

F: Gab es ein spezielles fluchtauslösendes Ereignis?

A: Worüber ich berichtet habe, der Vorfall, der war kurz bevor ich den Antrag auf das Visum gestellt habe. Dann gab es häufig Drohanrufe, sodass meine Frau dies auch mitbekam. Und ich konnte nicht mehr alles geheim halten. Ich hatte sogar Angst auf die Straße zu gehen.

F: Was für eine Wahl war am 31.10.2015?

A: In XXXX.

F: Wie viele Personen waren als Wahlbeobachter und Wahlkommission in dem Wahllokal mit Ihnen zusammen?

A: Ca. 4 oder 5 Wahlbeobachter waren anwesend.

F: Wie haben Sie diese Wahlfälschungen erkannt?

A: Wir haben die Gesichter der Wähler gesehen und beobachtet. Wir haben bemerkt, dass manche Personen mehrmals gekommen sind um die Stimme neuerlich abzugeben. Weiters haben wir gesehen, wie man die Wahlzettel in die Wahlurne eingeworfen hat.

F: Die Personen müssen sich mit einem amtlichen Lichtbild ausweisen und pro Namen erhält man nur eine einzige Wahlkarte. Wie können Personen mehrmals wählen gehen?

A: Genau das ist das Problem, dass sie diese Vorschriften verletzt haben. Wie sie das gemacht haben, das weiß ich nicht.

F: Wer hat diesen Vorfall sonst noch beobachtet, Sie sagten immer "wir"?

A: Zwei waren von unserer Partei, der Patriotenallianz und drei waren von der amtierenden Partei. Die haben es alle gesehen.

F: Wo ist der zweite Wahlbeobachter Ihrer Partei, der den Vorfall ebenfalls gesehen hat, nun aufhältig?

A: Nach diesen Wahlen haben wir natürlich Kontakt gehalten. Ich weiß, dass auch er vorhatte Georgien zu verlassen. Als ich nach ihm dann gefragt habe, wurde mir gesagt, dass er nicht mehr in Georgien ist. Aber wohin er gereist ist, das weiß ich nicht.

F: Wer hat die Wahlen gefälscht?

A: Wir haben gemerkt, dass Personen mehrmals Wahlzetteln ausgefüllt und in die Wahlurne eingeschmissen haben. Die Anhänger der amtierenden Partei haben ebenfalls ausgefüllte Wahlzettel in die Urne geschmissen.

F: Haben Sie den Vorfall den Medien gemeldet?

A: Ja, es wurde öffentlich bekannt diese Fälschung, es gab auch Auseinandersetzungen, Streitereien deswegen.

F: Haben Sie den Vorfall der Oberwahlkommission gemeldet?

A: Frau INASHVILI Irma hat das gemacht, sich an die Kommission gewandt.

F: Wenn sowohl die Kommission als auch die Medien informiert sind, somit alles öffentlich gemacht wurde, müsste diese Wahl ungültig geworden sein und eine neue Wahl stattgefunden haben. Wann war diese?

A: Nein, das ist leider nicht passiert. Die Wahlen wurden nicht annulliert, es gab sogar Protestaktionen vor den Parlamentsgebäuden in Tiflis. Wir haben auch Hungerstreik gemacht, das hat aber nichts gebracht.

F: Die Wahl ist abgeschlossen, obwohl die Medien und die Kommission vom Betrug Kenntnis hatten. Warum sollten man Sie noch weiter bedrohen und belästigen, was hat das nun noch für einen Sinn?

A: Wie gesagt, wir haben einen Hungerstreik angekündigt, auch dort übernachtet. Sie wollten uns, bzw. mich unterdrücken und verängstigen, damit wir den Kampf aufgeben und nicht unsere Rechte verteidigen. Sondern schweigsam alles akzeptieren.

F: Sie sind nun im Ausland, können somit nicht mehr gegen die Wahlfälschung vorgehen. Somit ist es egal, ob Sie im Herkunftsstaat sind und nichts mehr machen, oder im Ausland sind und nichts mehr gegen die Wahlfälschung tun. Das Ergebnis ist dasselbe. Wie erklären Sie sich dazu?

A: In Georgien wurde ich mit dem Umbringen bedroht, weil ich damals nicht geschwiegen habe, sondern alles laut gesagt habe was passiert ist.

F: Nochmals. Sie sind im Ausland, können somit nichts mehr gegen die Wahlfälschung ausrichten. Wenn Sie im Herkunftsstaat geblieben wären, und, so wie Sie es jetzt tun, ebenfalls nichts mehr machen, hätten die Verfolger ebenfalls keinen Grund mehr, Sie zu verfolgen oder zu bedrohen. Wie erklären Sie sich dazu?

A: Nach den Wahlen habe ich etwas gegen die Fälschung unternommen und das wurde mir vorgeworfen. Ich bin im Hungerstreik dabei gewesen. Wir haben verlangt, dass neue Wahlen angekündigt werden, dass das Ergebnis der Wahlen annulliert wird.

F: Meinen Sie bei den Wahlen, dass dies Kommunalwahlen waren?

A: Ja.

F: Wann war die Auseinandersetzung mit den Parteimitgliedern des Georgischen Traums?

A: An diesem Wahltag, da hat alles angefangen.

F: Wie schauten diese Bedrohungen aus?

A: Zum Beispiel auf der Straße, sportlich gebaute Männer haben mich verbal beleidigt oder auch geschlagen. Haben versucht mich zu provozieren. Ich möchte noch sagen, dass selbst der Präsident von Georgien hat im Juli 2016 öffentlich seine Meinung geäußert hat, auch sein Entsetzen, denn auch seine Familienmitglieder wurden unterdrückt und belästigt.

F: Wann und wo wurden Sie von wem geschlagen?

A: Erstmals wurde ich am 31.10.2015, am Wahltag, geschlagen bei dieser Auseinandersetzung. Aber ich kenne diese Personen nicht persönlich. Ungefähr ein Monat haben dann diese Protestaktionen gedauert, wo ich ebenfalls immer dabei war. Der nächste Vorfall war kurz vor Neujahr passiert, ich war schon verheiratet. Ich wollte ins Geschäft gehen, habe das Stiegenhaus verlassen und ging Richtung Geschäft. Dann wurde ich an diesem Tag brutal geschlagen. Dann gab es telefonische Drohanrufe und einige Drohsms. Dann habe ich auch immer wieder gespürt, dass ich ausspioniert wurde, zB auf dem Weg zu meiner Arbeit und zurück nach Hause. Zum Schluss war die Situation sehr angespannt und ich war psychisch niedergeschlagen. Ich konnte gar nicht auf die Straße gehen.

F: Wann wurden Sie erstmals, wann letztmals und wie oft in Summe bedroht?

A: 2, 3 Tage nach den Wahlen gab es die ersten telefonischen Drohungen. Und die letzten Drohungen waren 3 Tage vor meiner Ausreise. Ich habe immer gespürt, wenn ich jemanden angerufen habe oder angerufen wurde, dass mein Telefon abgehört wurde. Es gab nämlich so komische Geräusche. Wie oft ich bedroht wurde, das kann ich gar nicht sagen. Es war unzählige Male. Ich wurde leider gezwungen meine Eltern, Bruder und schwangere Frau zu verlassen und zu fliehen.

F: Seit wann sind Sie Parteimitglied?

A: Seit 2012.

F: Welche Arbeiten tätigten Sie für diese Partei?

A: Hauptsächlich habe ich mit der Bevölkerung gearbeitet, habe Gespräche mit den Menschen geführt und über unsere gemeinsamen Probleme in unserem Land geredet.

F: Sie sind somit ein unters Mitglied der Partei. Warum sollten Sie bedroht und verfolgt werden, nicht jedoch führende Parteimitglieder welche immer noch in Georgien aufhältig sind?

A: Auslöser meiner Probleme war die Tatsache, dass ich Wahlbeobachter bei den Wahlen war.

F: Was war der 31.10.2015 für ein Wochentag?

A: Wenn ich mich nicht irre war das ein Donnerstag.

F: Haben Sie einen Parteiausweis?

A: Nein.

F: Wie viele Sitze sind im georgischen Parlament?

A: Genau weiß ich es nicht, aber ich denke so um die 120.

F: 150 Sitze hat das georgische Parlament. Was sagen Sie dazu?

A: Das wusste ich nicht genau.

F: Laut Wahlumfrage bezüglich der Parlamentswahlen 2016 kamen die Patrioten Georgiens am 14.03.2016 auf 5 %. (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Parlamentswahlen_in_Georgien_2016) Was sagen Sie dazu?

A: Das müsste eigentlich noch mehr sein. Solange der Georgische Traum an der Regierungsspitze regiert, bitte ich sie um Unterstützung. Nachher, wenn diese nicht mehr an der Macht sind, bin ich bereits selbst auszureisen.

F: Hatten Sie in Ihrem Herkunftsstaat Probleme mit Privatpersonen?

A: Nein, ich bin ein friedlicher Mensch.

F: Hatten Sie im Herkunftsstaat bei der Ausübung Ihrer Religion Probleme?

A: Nein.

F: Hatten Sie in Ihrem Herkunftsstaat je Probleme mit der Polizei, dem Militär oder den staatlichen Organen?

A: Nein.

F: Wurden Sie im Herkunftsstaat von der Polizei oder anderen staatlichen Organen jemals verfolgt, bedroht, geschlagen, misshandelt, gefoltert oder ähnliches?

A: Nur die erwähnten Probleme, sonst hatte ich keine Probleme.

F: Wer hat Sie geschlagen, ist Ihnen dies bekannt?

A: Es waren Leute in zivil. Ich weiß es nicht.

F: Gab es eine Videoüberwachung im Wahlbüro, somit die Vorfälle aufgezeichnet werden können?

A: Es gab schon eine Videoüberwachung. Aber was mit der Videoaufnahme passiert ist, das ist mir unbekannt.

F: Hatten Sie in Ihrem Herkunftsstaat wegen Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit Probleme?

A: Nein.

F: Sind oder waren Sie jemals politisch tätig?

A: Parteimitglied der Partei von Frau Irma INASHVILI. Jetzt bin ich auch noch Parteimitglied, aber nicht mehr politisch aktiv.

F: Waren Sie jemals in Haft?

A: An dem Tag, als die Auseinandersetzung stattgefunden hat, wurde ich von der Polizei mitgenommen und am nächsten Tag wieder freigelassen. Ich musste allerdings eine Strafe zahlen.

F: Warum wurden Sie mitgenommen und mussten eine Strafe zahlen?

A: Es wurde uns vorgeworfen, dass wir an der Auseinandersetzung teilgenommen haben und die öffentliche Ruhe gestört haben.

F: Wen meinen Sie mit "wir"? Wurden mehrere Personen verhaftet?

A: Ich meine auch die zweite Person meiner Partei, die mit mir zusammen war.

F: Haben oder hatten Sie sonstige Probleme auf Grund eines Naheverhältnisses zu einer Organisation?

A: Nein.

F: Hatten Sie in Ihrem Herkunftsstaat auf Grund Verfolgung durch Dritte Probleme?

A: Nein.

F: Bestehen gegen Sie aktuelle Fahndungsmaßnahmen wie Aufenthaltsermittlung, Haftbefehl, Strafanzeige, Steckbriefe oder ähnliches?

A: Nein.

F: Was würde mit Ihnen passieren, wenn Sie jetzt in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten?

A: Bis diese Regierung amtiert, droht mir dort eine körperliche Vernichtung. Oder es kann sein, dass mir zum Beispiel Rauschgift untergeschoben wird und ich unschuldig im Gefängnis lande.

F: Gibt es konkrete Hinweise, dass Ihnen bei der Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohen? Hätten Sie im Falle Ihrer Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen?

A: Nein. Ich habe weder Dokumente noch Unterlagen. Ich kann nur sagen, dass ich gezwungen wurde zu fliehen Das habe ich gemacht, um mein Leben zu retten.

F: Gibt es Beweismittel für Ihr Vorbringen, können Sie uns jemanden nennen, der uns Ihre Angaben bestätigen kann, zB Ihre Ladung als Wahlbeobachter, Anzeige der Polizei, usw.?

A: Als ich ausgereist bin, habe ich den Wahlbeobachterausweis, das Kärtchen welches ich bekommen habe, als auch den Zahlschein für die Strafe, die ich gezahlt habe, gelassen.

F: Wäre es für Sie möglich gewesen, in einem anderen Teil Ihres Herkunftsstaates Schutz vor Verfolgung zu erlangen?

A: Nein. Um mich zu schützen gab es nur einen Weg, und zwar, Georgien zu verlassen.

F: Verstehe ich Sie richtig, Sie hatten im Herkunftsstaat nur Probleme mit Privatpersonen?

A: Mit Privatpersonen habe ich keine Probleme.

F: Tätigten Sie jemals eine Anzeige bei der Polizei oder bei der Staatsanwaltschaft?

A: Ein Mal war ich bei der Polizei und wollte den Vorfall, als ich geschlagen wurde, anzeigen. Aber es gab keine Reaktion.

F: Wann genau und wo genau wurden Sie geschlagen?

A: Nach drei Tagen, nach den Wahlen, wurde ich geschlagen und ich habe versucht eine Anzeige zu machen.

F: Was war das für ein Wochentag, als Sie geschlagen wurden?

A: Ein Sonntag.

F: Gab es Zeugen bei dem Vorfall?

A: Vielleicht Passanten oder Schaulustige. Aber konkret habe ich keinen gekannt, der das hätte bezeugen können.

F: Haben Sie sich jemals anonym an das Innenministerium gewandt?

A: Nein.

F: Haben Sie jemals um Hilfe und Unterstützung bei Menschenrechtsorganisationen oder beim Ombudsmann angesucht?

A: Nein.

F: Sind Sie mit amtswegigen Erhebungen vor Ort unter Wahrung Ihrer Anonymität, eventuell unter Beiziehung der österreichischen Botschaft und eines Vertrauensanwaltes einverstanden?

A: Ja, ich stimme einer Recherche in meinem Herkunftsstaat zu.

F: Sind Sie je von einer gerichtlichen Untersuchung als Zeuge oder Opfer in Österreich betroffen gewesen?

A: Nein.

F: Sind Sie je von einem zivil- oder strafrechtlichen Gerichtsverfahren oder eine (einstweiligen) gerichtlichen Verfügung in Österreich betroffen gewesen?

A: Nein.

F: Haben Sie in Österreich Kurse besucht, sind Sie Mitglied in einem Verein oder sind Sie ehrenamtlich tätig?

A: Die erste Etappe des Deutschkurses ist vorbei, jetzt fängt die zweite Etappe an.

L.d.A.: Sie werden über die Möglichkeit informiert, dass Sie Einsicht in die Quellen der Berichte zum Staat Georgien nehmen können, aus welchen sich das Amtswissen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zur dortigen Lage ableitet.

F: Möchten Sie Einsicht nehmen?

A: Ja.

Dem AW werden die Länderfeststellungen zu Georgien ausgefolgt und eine Stellungnahmefrist bis 19.08.2016, ha. einlangend, vereinbart.

Der AW gibt dazu an: Das ist in Ordnung.

F: Wollen Sie freiwillig in den Herkunftsstaat zurück?

A: Ich möchte mich wiederholen. Bis die jetzige Regierung amtiert, bitte ich Österreich vorläufig um Asyl. Dann werde ich freiwillig nach Hause zurückkehren.

F: Eine Suche im Internet ergab, dass in Georgien keine einzige Wahl durchgeführt wurde, weder Kommunalwahlen, noch eine Parlaments- oder Präsidentenwahl.

A: In XXXX war eine Wahl 2015.

F: Wie heißt der Gouverneur von XXXX?

A: Ich kann mich nicht mehr daran erinnern.

Es wird die Internetseite von XXXX, welche in georgischer Schrift erstellt ist geöffnet und von der Dolmetscherin übersetzt. (http://www.XXXX)

F: Der Gouverneur von XXXX heißt XXXX. Was sagen Sie dazu?

A: Ich habe mit dieser Person nichts zu tun gehabt ich weiß es nicht.

F: Laut dieser Aufzeichnung ist der Gouverneur bereits seit 2013 im Amt, es steht nichts vermerkt, dass 2015 eine Wahl stattfand. Was sagen Sie dazu?

A: Er hat an den Wahlen nicht teilgenommen, sondern es waren zwei Personen, eine Stichwahl, zwischen XXXX und XXXX.

F: Sie werden nochmals auf das Neuerungsverbot aufmerksam gemacht. Ich frage Sie daher jetzt nochmals ob Sie noch etwas Asylrelevantes angeben möchten oder etwas angeben möchten, was Ihnen wichtig erscheint, ich jedoch nicht gefragt habe?

A: Im Oktober 2016 sind die Wahlen in Georgien geplant und ich hoffe, dass die Partei Georgischer Traum eine Niederlage einstecken wird. Wenn das tatsächlich passiert, bin ich bereits freiwillig nach Georgien zurückzukehren.

F: Haben Sie sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben Ihren Herkunftsstaat zu verlassen, vollständig geschildert?

A: Ja.

..."

I.1.4. bP2 und bP3 beriefen sich auf die Gründe der bP1 und auf den gemeinsamen Familienverband der bP untereinander.

I.2. Die Anträge der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheiden der bB gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgiengemäß § 46 FPG zulässig sei. Der Beschwerde wurde gem. § 18 (1) Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt.

In Bezug auf sämtliche bP wurde ein im Spruch inhaltlich gleichlautender Bescheid erlassen, weshalb sich aus dem Titel des Familienverfahrens gem. § 34 AsylG ebenfalls kein anderslautender Bescheid ergab.

I.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der bP in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft und führte hierzu -unter fallweiser Vermengung mit Elementen der Feststellung- Folgendes aus (Wiedergabe an dem angefochtenen Bescheid in Bezug auf bP1):

Im Verfahren nach dem Asylgesetz ist es unabdingbare Voraussetzung für die Bewertung des Vorbringens eines Asylwerbers zu den Fluchtgründen als glaubhaft, dass der Antragsteller nicht bloß eine "leere" Rahmengeschichte im Zuge der Einvernahme vorbringt, ohne diese durch das Vorbringen von Details, Interaktionen, glaubhaften Emotionen etc. zu substantiieren bzw. "mit Leben zu erfüllen". Da in einem Asylverfahren unzweifelhaft die niederschriftliche Aussage eines Antragstellers vor den Asylbehörden die zentrale Erkenntnisquelle für die Entscheidung darstellt, reicht es keinesfalls aus, dass der Asylwerber lediglich nicht zu widerlegende Behauptungen aufstellt, welche - oftmals aufgrund zu geringer "Öffentlichkeitswirksamkeit" oder "Drittwirkung" - einer Verifizierung nicht zugänglich sind. Vielmehr sind die Aussagen des Antragstellers zu seinen Fluchtgründen und zum Fluchtweg daran zu messen, wie eine durchschnittliche "Maßfigur" über tatsächlich persönlich erlebte Sachverhalte berichten würde. Die Wiedergabe von tatsächlich selbst erlebten Umständen bzw. Ereignissen zeichnet sich jedoch gerade dadurch aus, dass man nicht lediglich objektive Rahmenbedingungen darlegt, sondern entspricht es vielmehr der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Menschen über persönlich Erlebtes detailreich, oft weit schweifend unter Angabe der eigenen Gefühle bzw. unter spontaner Rückerinnerung an auch oft unwesentliche Details oder Nebenumstände berichten. Weiters ist die Darlegung von persönlich erlebten Umständen dadurch gekennzeichnet, dass man beim Vorbringen der eigenen "Lebensgeschichte" vor allem sich selbst in die präsentierte Rahmengeschichte dergestalt einbaut, dass man die eigenen Emotionen bzw. die eigene Erlebniswahrnehmung zu erklären versucht, sich allenfalls selbst beim Erzählen emotionalisiert zeigt, bzw. jedenfalls Handlungsabläufe bzw. die Kommunikation und Interaktion zwischen den handelnden Personen der Geschichte darlegt. Dies gilt insbesonders dann, wenn es sich um wichtige Ereignisse im Leben eines Menschen handelt, die oftmals das eigene Schicksal oder einen Lebensweg dergestalt verändern, dass man sich letztendlich dazu veranlasst sieht, sein Heimatland oder das Land des letzten Aufenthaltes deshalb "fluchtartig" zu verlassen.

Sie wurden eingangs der Einvernahme zu ihren Fluchtgründen aufgefordert, alle Gründe anzuführen, weshalb Sie Ihr Heimatland verlassen hätten und weshalb Sie in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz stellten. Allein diese Aufforderung erfordert wohl ein wie bereits oben angeführtes erwartetes Verhalten und Vorbringen eines Asylwerbers.

Aus vagen und unpräzisen Angaben zum Sachverhalt kann zwar nicht in jedem Fall auf die Unglaubwürdigkeit des Asylwerbers geschlossen werden. Völlig vage und unpräzise Angaben können jedoch als weiteres Indiz für die mangelnde Glaubwürdigkeit des Asylantragstellers herangezogen werden (Erkenntnis des VwGH vom 17.12.1997, Zahl 96/01/1085).

Im konkreten Fall vermochten Sie jedoch diesen Voraussetzungen für die Qualifizierung eines Erlebnisberichtes nicht entsprechen. Vor dem Hintergrund dieser Prämissen und insbesondere durch den persönlichen Eindruck den Sie bei der Einvernahme hinterließen, ist die von ihnen vor der Asylbehörde präsentierte "Fluchtgeschichte" tatsächlich als zu "blass", wenig detailreich und zu oberflächlich und daher in Folge - unter Berücksichtigung der aktuellen Länderfeststellung - als keinesfalls glaubhaft zu qualifizieren.

Im gegenständlichen Fall gaben Sie auf Befragung, warum Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen haben, an, dass Sie von Personen geschlagen wurden und bedroht wurden. Dies geschah, weil Sie Wahlbeobachter waren und eine Wahlfälschung aufdeckten.

Dass Ihrem Vorbringen jedoch die Glaubwürdigkeit gänzlich abgesprochen werden musste, wird wie folgt begründet:

So ist hier auf Ihre Aussage in der Erstbefragung vom 29.04.2016, somit der ersten sich bietenden Gelegenheit Ihre Fluchtgründe aus dem Herkunftsstaat anzuführen, hinzuweisen. Denn hier gaben Sie lediglich an, bei den Wahlen am 31.10.2015 unterdrückt worden zu sein und diese Anhänger der demokratischen Partei Sie unter Druck setzten, dass Sie aus der Patrioten Allianz aussteigen sollen.

Erstmals in der Einvernahme vor dem Bundesamt am 11.08.2016 führten Sie jedoch an, dass Sie am 31.10.2015 Wahlbeobachter waren und eine Wahlfälschung aufdeckten. Deswegen wurden Sie auch geschlagen und bedroht!

So würde man sicherlich sofort anführten, dass man im Herkunftsstaat wegen Aufdeckung einer Wahlfälschung geschlagen und bedroht wird und nicht lediglich anführen, dass man unter Druck gesetzt wird, damit man aus der Partei ausscheidet!

Weiters gaben Sie an, dass Sie am 31.10.2015 Wahlbeobachter bei Wahlen bezüglich der lokalen Selbstverwaltung in XXXX waren.

Auf Befragung, was der 31.10.2015 für ein Wochentag war, gaben Sie an, ein Donnerstag.

Hier ist jedoch anzuführen, dass der 31.10.2015 ein Samstag war.

Letztendlich ist auch auffällig, dass Wahlen unter der Woche stattfinden sollten und nicht am Wochenende.

Ergänzend zum Vorfall am 31.10.2015 führten Sie auch an, dass Sie an diesem Tag erstmals mit Anhängern der Partei Georgischer Traum eine Auseinandersetzung hatten und an diesem Tag Ihre Probleme, weswegen Sie Georgien verlassen mussten, begannen.

So kann man davon ausgehen, dass dies sicherlich ein einschneidendes Erlebnis für eine Person wäre, wenn man erstmals eine Wahlfälschung beobachtet, erstmals geschlagen wurde und erstmals von der Polizei festgenommen wurde.

Jedoch für Sie traf dies nicht zu, denn Sie konnten sich nicht einmal merken, dass diese gesamten Vorfälle an einem Samstag, dem 31.10.2015 geschahen.

Es ist auch logisch nicht nachzuvollziehen, weswegen Sie nun auch bis zu Ihrer Ausreise am 27.04.2016 bedroht worden sein sollten.

So führten Sie an, dass Sie die Wahlfälschung auch der Parteivorsitzenden Irma INASHVILI meldeten, welche dies an die Wahloberkommission weitergab. Auch die Medien berichteten über den Vorfall.

Da somit die Kommission als auch die Öffentlichkeit über den Vorfall unterrichtet wurde, die Partei Georgischer Traum trotzdem gewann und keine Wahlwiederholung stattfand, somit die Partei erreichte was sie wollte, ist nicht nachvollziehbar, warum man Sie immer noch bedrohen und schlagen sollte.

Obwohl Sie auch anführten, dass Sie seit 2012 Parteimitglied der Patrioten Allianz sind, hatten Sie nicht einmal einen Parteiausweis.

So ist hier anzuführen, dass laut Kaukasischer Post, Artikel vom 17.11.2015, Wahl 2016: Ein großes Wähler-Vakuum (http://www.kaukasische-post.com/?p=1971) folgendes angeführt wurde:

... Dazu kommt noch eine Parteien-Neugründung, die Allianz der Patrioten Georgiens (5 % der Wählerstimmen) ...

Auch ist bei den Wahlumfragen zu den Parlamentswahlen in Georgien 2016 (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Parlamentswahlen_in_Georgien_2016) als Hochrechnung bezüglich der Patrioten Georgiens 5 % mit Wählerumfragedatum angeführt.

Zusätzlich ist hier jedoch noch auffallend, dass diese Wählerumfragenstatistik seit 12.12.2012 besteht. So wurden folgende Wählerumfragenzeitangaben angeführt: 12.12.2012, 23.04.2103, 12.07.2013, 23.09.2013, 18.12.2013, 08.05.2014, 25.08.2014, 25.03.2015, 11.05.2015, 13.10.2015, 21.12.2015, 29.01.2016 und 14.03.2016. Hier ist jedoch auffallend, dass die Partei Patrioten Georgiens erstmals bei der Wahlhochrechnung am 25.03.2015 angeführt wurden.

So ist hier auf Grund der beiden Artikel erkennbar, dass zum Zeitpunkt 2012, als Sie bereits Parteimitglied waren, die Partei Patrioten Allianz noch gar nicht existierte!

Weiters wurde, wie auch in den Länderfeststellungen angeführt, Lokalwahlen im Jahr 2014 in Georgien durchgeführt. Bezüglich einer Lokalwahl im Jahr 2015, konkret auch in XXXX, konnte keinerlei Aufzeichnungen erhoben werden.

So wurde auch auf der Internetseite von XXXX, welche zwar in georgischer Schrift erstellt war, jedoch von der anwesenden Dolmetscherin im Zuge der Einvernahme auszugsweise übersetzt wurde und Ihnen die Übersetzung bezüglich Wahlen vorgehalten wurde, keine Wahlen im Jahr 2015 vorgefunden. Der amtierende Gouverneur ist auch laut den Aufzeichnungen seit 2013 im Amt.

Letztendlich ist auch anzuführen, dass Sie keinerlei Grundkenntnisse bezüglich der Politik in Georgien haben.

So konnten Sie zB die Frage, wie viele Sitze das georgische Parlament hat nicht beantworten. Statt der richtigen Antwort 150 gaben Sie an, um die 120.

Sie zeigten auch keinerlei Interesse an den Wahlumfragen bezüglich der Parlamentswahlen 2016 in Georgien. Denn Ihnen war unbekannt, dass die Patrioten-Allianz in Georgien laut Umfrage vom 14.03.206 auf 5 Prozent kam. Denn Sie dachten, dies wäre mehr. Würde man jedoch tatsächlich ein überzeugtes Parteimitglied sein, würde man sicherlich die Hochrechnungen genauestens beobachten und wissen, wie viele Prozent die Partei, welcher man seit mehreren Jahren angehört hat.

Weiters ist anzuführen, dass Sie angaben, dass Sie am Wahltag am 31.10.2015 erstmals geschlagen wurden. Ungefähr ein Monat lang gab es Protestaktionen, bei denen Sie ebenfalls dabei waren. Der nächste Vorfall war kurz vor Neujahr passiert, als Sie bereits verheiratet waren. Sie wurden brutal geschlagen, als Sie das Stiegenhaus verlassen haben und in Richtung Geschäft gingen.

Widersprüchlich gaben Sie jedoch später in derselben Einvernahme vor dem Bundesamt an, dass Sie ein Mal bei der Polizei waren und einen Vorfall, als Sie geschlagen wurden, anzeigen wollten, die Polizei jedoch nichts tat. Dieser Vorfall ereignete sich jedoch bereits 3 Tage nach den Auseinandersetzungen am 31.10.2015.

Somit gaben Sie auch hier unterschiedliche Zeitangaben bezüglich Vorfälle, bei denen Sie geschlagen wurden an, denn nach der ersten Anführung wurden Sie ein zweites Mal kurz vor Neujahr 2015 geschlagen, bei der zweiten Schilderung wurden Sie bereits Anfang November 2015 ein zweites Mal geschlagen.

Ebenso deutet der Umstand, dass Sie mit dem Flugzeug an einer offiziellen Grenze den Herkunftsstaat verlassen haben und offenbar keine Bedenken hatten, sich der Passkontrolle auszusetzen, darauf hin, dass Sie Verfolgungshandlungen seitens der Behörden Ihres Heimatlandes weder selbst befürchteten, noch zu befürchten hatten (vgl. Erk. d. VwGH v. 20.6.1990, Zi. 90/01/0024).

So warteten Sie im Herkunftsstaat auch 2 Wochen bis Sie Ihr Visum erhalten haben, damit Sie legal ausreisen konnten.

Aus den oben genannten Gründen ist es daher für die Behörde ersichtlich, dass es sich bei Ihrem Fluchtvorbringen lediglich um ein Konstrukt handelt, um Ihren Antrag auf internationalen Schutz zu begründen.

Letztendlich ist auch auf Grund des allgemein gehaltenen, widersprüchlichen und gesteigerten Vorbringens die Glaubwürdigkeit gänzlich abzusprechen.

Es konnte somit unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass Sie im Falle Ihrer Rückkehr nach Georgien dort der Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung iSd GFK ausgesetzt wäre.

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betreffend die Feststellung Ihrer Situation im Falle der Rückkehr:

Weiters kann ausgeschlossen werden, dass Ihnen im Heimatland die Lebensgrundlage gänzlich entzogen ist. Auch können Sie sich - wie in der Länderfeststellung bereits ausführlich erörtert - an die Vielzahl von Hilfsorganisationen wenden. Es ist sowohl die Grundversorgung als auch die medizinische Versorgung in Georgien gewährleistet.

Sie haben im Herkunftsstaat bis zur Ausreise gearbeitet.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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