Entscheidungsdatum
05.09.2018Norm
AVG §38Spruch
W208 2204483-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt XXXX , gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes ST. PÖLTEN vom 14.05.2018, Zl. Jv 2234/18i-33, betreffend Gerichtsgebühren zu Recht erkannt:
A) I. Der Beschwerde gegen die Aufhebung des Zahlungsauftrages wird
stattgegeben und die Aufhebung des Zahlungsauftrages aufgehoben.
II. Die Beschwerde gegen die Aussetzung des Verfahrens XXXX bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das Verfahren des Bezirksgerichtes
XXXX zur Zahl XXXX anhängige Verfahren zur Überprüfung der Notwendigkeit eines Erwachsenenschutzvertreters, wird abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Zahlungsauftrag/Mandatsbescheid vom 18.03.2015, Zl. 4 Cg 85/14x - VNR 2, zugestellt am 24.03.2015, schrieb die Kostenbeamtin des Landesgerichtes ST. PÖLTEN (im Folgenden: LG) für den Präsidenten des LG der Verlassenschaft nach XXXX , vertreten durch die beschwerdeführende Partei (im Folgenden: bP), als klagende Partei in einem Zivilverfahren (Amtshaftung) eine Pauschalgebühr (1/4 der Gebühr nach TP 1) in Höhe von € 176,75 zuzüglich einer Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs 1 Gerichtliches Einbringungsgesetz (GEG) in Höhe von € 8,--, in Summe € 184,75, vor.
Mit Beschluss des LG vom 14.04.2015, Zl. 4 Cg 85/14x - 6, wurde die Bezeichnung der klagenden Partei in dem genannten Zivilverfahren auf die bP berichtigt.
2. Mit als "Vorstellung" bezeichnetem Schreiben, datiert mit 03.04.2015 (Art der Einbringung sowie allfälliges Postaufgabedatum unbekannt), eingelangt beim LG am 08.04.2015, wandte sich die zu jenem Zeitpunkt unvertretene bP einerseits gegen die Vorschreibung der Gebühr (diese sei nicht rechtskonform) und andererseits bat sie darin (in eventu) um Nachsicht.
Mit Schreiben vom 15.04.2015 wurde dem Präsidenten des LG der Akt zur Entscheidung über die Vorstellung übermittelt.
Mit Aktenvermerk des Präsidenten des LG vom 07.05.2015 wurde die Vorstellung an das LG mit dem Ersuchen rückübermittelt, die gegenständliche als "Vorstellung" bezeichnete Eingabe an die Einbringungsstelle WIEN zu übermitteln, und angeführt, das Schreiben sei aufgrund seines "durchaus schwer nachvollziehbaren" Inhalts wohl eher als Nachlassgesuch zu werten.
3. Mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes WIEN vom 03.11.2015 wurde das genannte Schreiben - ausschließlich - als Nachlassantrag behandelt und dieser abgewiesen.
4. Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.08.2016, W188 2123048-1/3E, wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde abgewiesen.
5. Am 13.11.2017 wurde der beschwerdegegenständliche Bescheid erlassen, dessen Spruch wie folgt lautet:
"Der Zahlungsauftrag des Landesgerichtes St. Pölten vom 18.03.2015, GZ. 4 Cg 85/14x - VNR 2, wird aufgehoben.
Das Verfahren über die Einbringung der Gerichtsgebühren wird bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das beim Bezirksgericht XXXX [S.] zur Zahl 10 P 35/11g anhängige Verfahren zur Überprüfung der Notwendigkeit der Bestellung eines Sachwalters ausgesetzt."
6. Gegen diesen Bescheid (zugestellt am 22.05.2018) richtet sich die am 15.06.2018 eingelangte Beschwerde der inzwischen rechtfreundlich vertretenen bP. In dieser wird die Abänderung des Bescheides dahingehend, dass dem Antrag der bP auf "Nachlass der gegenständlichen Gerichtsgebühren gemäß § 9 Abs 2 GEG" stattgegeben werde, in eventu die Aufhebung des Bescheides begehrt. Weiters wird die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
7. Mit Schreiben vom 23.08.2018 legte die belangte Behörde die Beschwerde und den gegenständlichen Verwaltungsakt - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - dem BVwG zu Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der im Punkt I. angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt wird festgestellt.
Weiters wird festgestellt, dass beim Bezirksgericht S. zur Zahl 10 P 35/11g ein Verfahren zur Überprüfung der Notwendigkeit zur Bestellung eines Erwachsenenvertreters (vormals: Sachwalters) für die bP anhängig ist. Das Verfahren wurde am 07.04.2015 eingeleitet und ist noch nicht rechtskräftig beendet.
Innerhalb der Frist von zwei Wochen gemäß § 57 Abs 3 AVG wurde kein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Über die Vorstellung wurde nicht entschieden, sondern nur über den Nachlassantrag.
Dennoch liegt im Akt eine den Mandatsbescheid/Zahlungsauftrag betreffende Vollstreckbarkeitserklärung der Kostenbeamtin vom 10.07.2017 ein.
Weiters wird festgestellt, dass beim Bezirksgericht S. zur Zahl 10 P 35/11g ein Verfahren zur Überprüfung der Notwendigkeit zur Bestellung eines Erwachsenenvertreters für die bP anhängig ist. Das Verfahren wurde am 07.04.2015 eingeleitet und ist noch nicht rechtskräftig beendet.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Verfahrensgang und zum rechtserheblichen Sachverhalt konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage erfolgen und sind unbestritten.
Die Deutung des als "Vorstellung" bezeichneten Schreibens (eingelangt am 08.04.2015) als ausschließlichen Nachlassantrag ist erfolgt, obwohl dessen Inhalt vom Präsidenten des LG als "durchaus schwer nachvollziehbar" erkannt wurde und ohne gemäß § 13 Abs 3 AVG einen Verbesserungsauftrag zu erteilen. Da sich die bP in jenem Schreiben einerseits gegen die Vorschreibung der Gebühr (diese sei nicht rechtskonform) und darin andererseits (in eventu) um Nachsicht bat, ist dieses sowohl als Vorstellung als auch als Nachlassantrag anzusehen.
Ein Ermittlungsverfahren wurde nicht eingeleitet, das geht aus dem Datum eines Aktenvermerkes der belangten Behörde vom 07.05.2015 hervor, der als nächste Urkunde nach der Übermittlung der Vorstellung im Akt einliegt und wo lediglich angeführt ist, dass die Vorstellung als Nachlassgesuch zu werten sei und der Einbringungsstelle zu übermitteln.
Zur Rechtzeitigkeit der Vorstellung wird festgehalten, dass der Zahlungsauftrag der bP am 24.03.2015 zugestellt wurde und die vierzehntägige Vorstellungsfrist somit am 07.04.2015 endete. Die Art der Einbringung sowie ein allfälliges Postaufgabedatum des mit 03.04.2015 datierten Schreibens gehen aus dem Akt nicht hervor. Im Zweifel ist von der Rechtzeitigkeit der Vorstellung auszugehen; dies ist auch nicht unplausibel, zumal das Schreiben einen Eingangsstempel des LG vom 08.04.2015 aufweist.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zulässigkeit und Verfahren
Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs 4 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) innerhalb der Frist von vier Wochen bei der belangten Behörde eingebracht. Es liegen auch sonst keine Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit der Beschwerde vor.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels entsprechender Sonderregelung im GEG bzw. im GGG liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 28 Abs 2 VwGVG über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1).
Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausführte ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung und Einbringung von Gerichtsgebühren mangels Vorliegens von "civil rights" unter dem Blickwinkel des Art 6 EMRK nicht erforderlich (VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305; 11.01.2016, Ra 2015/16/0132). Auch ist nicht ersichtlich, warum nach Art 47 der EU Grundrechte-Charta eine Verhandlung erforderlich sein soll. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG entfallen und ist auch die Rechtsfrage nicht derart komplex, dass es zu deren Erörterung einer mündlichen Verhandlung bedürfte.
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.2. Gesetzliche Grundlagen
Die einschlägigen Vorschriften des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) lauten (Auszug):
"Rechts- und Handlungsfähigkeit
§ 9. Insoweit die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit von Beteiligten in Frage kommt, ist sie von der Behörde, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen.
§ 38. Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, ist die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.
§ 57. (1) Wenn es sich um die Vorschreibung von Geldleistungen nach einem gesetzlich, statutarisch oder tarifmäßig feststehenden Maßstab oder bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, ist die Behörde berechtigt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen.
(2) Gegen einen nach Abs 1 erlassenen Bescheid kann bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist.
(3) Die Behörde hat binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung das Ermittlungsverfahren einzuleiten, widrigenfalls der angefochtene Bescheid von Gesetzes wegen außer Kraft tritt. Auf Verlangen der Partei ist das Außerkrafttreten des Bescheides schriftlich zu bestätigen."
Die relevanten Bestimmungen des Gerichtlichen Einbringungsgesetzes (GEG) StF: BGBl. Nr. 288/1962 (WV) idF BGBl. I Nr. 19/2015, lauteten (Auszug):
"Zuständigkeit
§ 6. (1) Zuständige Behörde für die Vorschreibung der nach § 1 einzubringenden Beträge aus Verfahren, die im Zeitpunkt der Vorschreibung der Beträge in erster Instanz anhängig sind oder zuletzt in erster Instanz anhängig waren (Grundverfahren), sowie für die Entscheidung über sonstige mit deren Einbringung zusammenhängende Anträge, einschließlich Rückzahlungsanträge (§ 30 GGG) und Einwendungen nach § 35 EO ist
1. der Präsident des Gerichtshofs erster Instanz für Beträge aus Grundverfahren bei seinem Gericht oder den ihm unterstellten Bezirksgerichten;
[...]
(2) Die nach Abs. 1 zuständige Behörde kann die Leiter der Geschäftsabteilungen oder andere geeignete Bedienstete der eigenen oder der das Grundverfahren führenden Dienststelle ermächtigen, Entscheidungen (Mandatsbescheide) auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren im Namen der Behörde zu erlassen (Kostenbeamte). Insoweit sind sie auch unmittelbar der Dienst- und Fachaufsicht der Behörde unterstellt. Gegen einen vom Kostenbeamten erlassenen Bescheid ist nur das Rechtsmittel der Vorstellung (§ 7 Abs. 1) zulässig; eine Belehrung darüber und über die Tatsache, dass der Bescheid vom Kostenbeamten im Namen der Behörde erlassen wurde, muss dem Bescheid zu entnehmen sein.
Vorschreibung der einzubringenden Beträge
§ 6a. (1) Werden die nach § 1 einzubringenden Beträge nicht sogleich entrichtet (§ 4 GGG) oder ist die Einziehung erfolglos geblieben, so sind sie durch Bescheid zu bestimmen (Zahlungsauftrag). Der Zahlungsauftrag hat eine Aufstellung der geschuldeten Beträge und die Aufforderung zu enthalten, den Betrag binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu zahlen. Gleichzeitig ist dem Zahlungspflichtigen eine Einhebungsgebühr in Höhe von 8 Euro vorzuschreiben. Der Zahlungsauftrag ist ein Exekutionstitel im Sinne der Exekutionsordnung.
[...]
Verfahren
§ 6b. (1) Soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes vorgesehen ist, sind für das Verfahren zur Einbringung die Bestimmungen des GOG mit Ausnahme des § 91, und subsidiär des AVG anzuwenden. [...]
Vorstellung und Berichtigung
§ 7. (1) Wer sich durch den Inhalt eines Mandatsbescheids, der von einem Kostenbeamten (§ 6 Abs. 2) namens der Behörde erlassen wurde, beschwert erachtet, kann binnen zwei Wochen Vorstellung bei der Behörde (§ 6 Abs. 1) erheben. In der Rechtsmittelbelehrung des Mandatsbescheids kann auch angeordnet werden, dass die Vorstellung bei der das Grundverfahren führender Dienststelle einzubringen ist; auch in diesem Fall gilt aber die Einbringung bei der Behörde nach § 6 Abs. 1 als rechtzeitig.
[...]"
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat dazu ausgeführt (Hervorhebungen durch das BVwG):
"Die Frage der Handlungsfähigkeit und somit auch jene der Prozessfähigkeit ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von der Behörde als Vorfrage (iSd § 38 AVG) zu beurteilen. Einen Mangel der Prozessfähigkeit hat sie in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen. Mangelt es einem Adressaten einer Verfahrenshandlung (insbesondere auch eines Bescheides) in Bezug auf den Verfahrensgegenstand an der Prozessfähigkeit, so geht die Verfahrenshandlung insofern ins Leere, als sie diesem Adressaten gegenüber keinerlei Rechtswirkungen entfaltet. Die Behörde kann diesfalls Verfahrenshandlungen rechtswirksam nur gegenüber dem gesetzlichen Vertreter setzen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 25. Feber 2016, Ra 2016/19/0007, mwN sowie die in Hengstschläger/Leeb, AVG I2, unter Rz 5 f zu § 9 AVG wiedergegebene weitere Judikatur)" (VwGH 12.09.2017, Ra 2017/16/0078).
Zur Darstellung der im Revisionsfall maßgebenden Rechtslage wird zunächst gem. § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das Erkenntnis vom 16.12.2014, Ro 2014/16/0075 verwiesen. Dem Verwaltungsgericht kann nicht entgegentreten werden, wenn es mangels Ermittlungen von einem Außer-Kraft-Treten des Zahlungsauftrages (Mandatsbescheides) der Kostenbeamtin nach § 6b Abs. 1 GEG iVm § 57 Abs. 3 AVG und damit von einer Unzuständigkeit des Präsidenten des Landesgerichtes zu einer Entscheidung über die Vorstellung ausging (vgl. auch das Erkenntnis vom 16.12.2014, Ro 2014/16/0076; VwGH 29.01.2015, Ro 2014/16/0073).
Eine besondere Form für die Einleitung des Ermittlungsverfahrens ist nicht vorgesehen, doch muss die Behörde eindeutig zu erkennen geben, dass sie sich durch die Anordnung von Ermittlungen mit der Angelegenheit befasst (VwGH 01.10.1991, 91/11/0058; 23.01.2007, 2006/11/0159; Hengstschläger/Leeb, AVG, § 57 Rz 40 mwN).
Es muss sich dabei um ein aktenkundiges Verhalten handeln (VwGH 11.02.1992, 92/11/0006).
Nach § 57 Abs 3 AVG hat die Nichteinhaltung der Zweiwochenfrist dieser Gesetzesstelle lediglich die Folge, dass der Mandatsbescheid von Gesetzes wegen außer Kraft tritt. Die [B]ehörde ist in einem solchen Fall aber keineswegs daran gehindert, nachträglich ein Ermittlungsverfahren einzuleiten und sodann in der Sache neuerlich zu entscheiden (Hinweis E 14.10.1983, 83/02/0051; VwGH 12.04.1999, 98/11/0071).
Die Unzuständigkeit der belangten Behörde führt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch dann, wenn sie vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht wurde, zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides (VwGH 25.04.1991, 91/06/0010)."
3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes
3.3.1. Wenn, wie festgestellt, über die fristgerecht eingebrachte Vorstellung nicht binnen 2 Wochen ab Einlangen vom Präsidenten des LG entschieden oder zumindest nach der damaligen Rechtslage ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, dann ist der Mandatsbescheid/Zahlungsauftrag ex lege gemäß § 57 Abs 3 AVG außer Kraft getreten und folglich rechtlich nicht mehr existent.
Der Präsident des LG hätte folglich nicht mehr über die Vorstellung gegen den Mandatsbescheid entscheiden dürfen, sondern allenfalls selbst die Gebühr nach TP 7 lit b GGG gemäß § 6 Abs 1 GEG mittels (Voll-)Bescheid vorzuschreiben gehabt. Was er - in Verkennung der Rechtslage, er beurteilte das Schreiben ausschließlich als Nachlassantrag - jedoch nicht getan hat.
Anders gewendet, mangels rechtskräftigem Zahlungsauftrag bestand und besteht derzeit gar keine Zahlungsverpflichtung der bP in diesem Zusammenhang.
Die Vollstreckbarkeitserklärung der Kostenbeamtin hat demnach einen Mandatsbescheid betroffen, der rechtlich nicht mehr existent war und geht damit ebenfalls ins Leere.
Diese Unzuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung "als Vorstellungsbehörde" ist vom Bundesverwaltungsgericht aufzugreifen, und zwar auch dann, wenn sie in der Beschwerde nicht gerügt wird (vgl VwGH 25.04.1991, Zahl: 91/06/0010).
Somit ist daher die Aufhebung im ersten Spruchpunkt des bekämpften Bescheides ihrerseits aufzuheben, weil der Präsident des LG zum Entscheidungszeitpunkt für die Erlassung des angefochtenen Bescheides, mit dem über die Vorstellung abgesprochen wurde, unzuständig war.
3.3.2. Der Umstand, dass der Mandatsbescheid außer Kraft getreten ist, hat nicht zur Folge, dass in dieser Angelegenheit res iudicata (entschiedene Sache) vorliegt. Die Behörde ist somit nicht gehindert, in der Sache neuerlich zu entscheiden (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 57 Rz 44 mwN) und die Gebühr vorzuschreiben, da gemäß § 1 Abs 1 GGG das für das Grundverfahren zuständige Gericht zweifellos "in Anspruch genommen wurde".
Derzeit ist ein bezirksgerichtliches Verfahren zur Überprüfung der Notwendigkeit zur Bestellung eines Erwachsenenvertreters für die bP anhängig. Daher ist fraglich, ob die bP als Adressat eines von der belangten Behörde zu erlassenden Zahlungsauftrags (als Vollbescheid) die erforderliche Prozessfähigkeit in Bezug auf den Verfahrensgegenstand besitzt. Das Vorhandensein der Prozessfähigkeit der bP ist jedoch Voraussetzung für die Wirksamkeit einer diese betreffende Verfahrenshandlung. Der Zeitpunkt der Entstehung der verfahrensgegenständlichen Gebühren ist hierbei ohne Bedeutung.
Somit stellt die Frage der Prozessfähigkeit der bP im gegenständlichen Verfahren eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG dar. Da diese Vorfrage schon den Gegenstand des Verfahrens zur Überprüfung der Notwendigkeit zur Bestellung eines Erwachsenenvertreters bildet, war die belangte Behörde berechtigt, das Verfahren bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung in dem genannten Verfahren auszusetzen.
Die Ausführungen in der Beschwerde betreffen ausschließlich den Nachlassantrag der bP, über den allerdings bereits mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.08.2016, W188 2123048-1/3E, entschieden wurde.
Der im gegenständlichen Verfahren angefochtene Bescheid hingegen hat ausschließlich die Vorschreibung von Gerichtsgebühren zum Gegenstand, sodass die bP durch die Aussetzung des behördlichen Verfahrens im Übrigen auch keinen Rechtsnachteil zu befürchten hat.
Die Aussetzung des Verfahrens ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden und die Beschwerde in diesem Punkt abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die oben dargestellte Judikatur des VwGH wird verwiesen.
Schlagworte
Aufhebung, Aussetzung, Bezirksgericht, Ermittlungsmangel,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W208.2204483.1.00Zuletzt aktualisiert am
26.11.2018