Entscheidungsdatum
12.09.2018Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W205 2111479-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SCHNIZER-BLASCHKA über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch Deserteurs- und Flüchtlingsberatung, 1010 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.07.2015, IFA: 1051224005, VZ: 150130047 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehörige Nigerias und gelangte von Italien kommend in das österreichische Bundesgebiet, wo er am 03.02.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Eine EURODAC Abfrage ergab, dass der Beschwerdeführer am 30.07.2014 in Italien einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Im Verlauf seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 05.02.2015 brachte der Beschwerdeführer vor, an keinen Beschwerden oder Krankheiten zu leiden, die ihn an der Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen könnten und in Österreich oder einem anderen EU Staat keine Familienangehörigen oder sonstige Verwandten zu haben. Er sei im Sommer 2014 von Nigeria ausgereist und sei über Niger und Libyen nach Italien gereist, wo er Ende Juli 2014 angekommen sei. In Italien habe er um Asyl angesucht und habe einen negativen Asylbescheid erhalten, gegen den er Einspruch eingelegt habe. Im Jänner 2015 habe er schließlich das Lager verlassen, er habe in Italien keine Unterstützung erhalten. Nigeria habe er wegen der islamistischen Gruppe Boko Haram verlassen.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA") richtete am 13.02.2015 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Italien, welches in der Folge unbeantwortet blieb. Mit Schreiben vom 05.03.2015 wies das BFA die italienischen Behörden auf das Verstreichen der Antwortfrist und die sich daraus ergebende Verpflichtung zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 25 Dublin III-VO hin.
Am 23.04.2015 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA im Beisein einer Rechtsberaterin nach durchgeführter Rechtsberatung. Hierbei gab er im Wesentlichen an, dass seine bisher getätigten Angaben der Wahrheit entsprochen hätten und er diesbezüglich nichts ändern wolle. Zu seinem Gesundheitszustand führte er an, dass er im Februar 2014 von Mitgliedern der Boko Haram auf den Kopf geschlagen worden sei und seither unter Kopfschmerzen leide, außerdem sei er von ihnen an der linken Hand verletzt worden, er könne einen ärztlichen Befund vorlegen. Wenn er an diesen Übergriff denke, zittere sein ganzer Körper. Er habe keine Familienangehörigen in Österreich oder der restlichen EU. Der Beschwerdeführer spiele gelegentlich Fußball und habe vor, einem Fußballverein beizutreten, er wolle außerdem die deutsche Sprache lernen. Zu seinem Aufenthalt in Italien führte er an, dass er dort beinahe gestorben wäre, weil man ihn nicht zum Arzt gebracht habe. Er habe unter psychischen Problemen gelitten und habe gedacht, er müsse sterben. Als er im Camp gewesen sei, habe er gefragt, ob er einen Arzt konsultieren könne, er sei allerdings immer wieder vertröstet worden. Er habe nur ein einziges Mal in Italien einen Arzt gesehen, als er von der Küstenwache gerettet worden sei, da sei er untersucht worden. In Italien habe man keine Rücksicht auf seine Kopfverletzung genommen, er sei im Winter aus dem Lager geworfen worden. Wenn man ein Interview gehabt und folglich eine negative Entscheidung erhalten habe, sei man des Lagers verwiesen worden. Italien sei für ihn kein sicheres Land, weil man ihn dort nicht ärztlich versorgen würde. Wenn er Österreich verlassen müsste, wäre es die zweite schmerzhafte Attacke. Er leide nach wie vor unter psychischen Problemen und nehme Antidepressiva, er suche deshalb auch regelmäßig einen Psychologen auf. Auch wegen seiner Handverletzung sei er nach wie vor in Behandlung.
Einem Schreiben eines österreichischen Diagnosezentrums vom 01.04.2015 zu Folge liegt nach einer Röntgenuntersuchung des Schädels und der linken Hand des Beschwerdeführers ein unaufälliger Befund vor.
Weiters legte der Beschwerdeführer einige Unterstützungsschreiben vor.
Zu den ausgehändigten Länderfeststellungen bezog der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 22.04.2015 Stellung und führte aus, dass der EGMR im Fall Tarakhel v. Switzerland zuletzt entschieden habe, dass eine Abschiebung nach Italien ohne individuelle Garantien auf eine menschenwürdige Behandlung Art. 3 EMRK verletze. Beim Beschwerdeführer handle es sich zwar um einen alleinstehenden Mann, allerdings sei er durch die diagnostizierte PTBS eine schutzbedürftige Person. Es gebe in Italien keine Garantie, dass der Beschwerdeführer dort als rechtskräftig negativ beschiedener Asylwerber eine menschenwürdige Behandlung seiner Erkrankung erfahre. Der Beschwerdeführer beziehe sich auf ein Gutachten, wonach es in Italien keine ausreichende psychosoziale Versorgung mental Kranker und Traumatisierter gebe. Die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Italien sei daher nicht rechtmäßig.
Mit einem weiteren Schreiben vom 28.04.2015 führte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers aus, dass im italienischen Asylverfahren systemische Mängel vorliegen würden. Die Mehrheit der Asylwerber werde gezwungen, in besetzten Häusern zu leben, oder wären obdachlos. Da der Beschwerdeführer unter PTBS und physischen Verletzungen leide, sei das Verfahren in Österreich zuzulassen, um einer Verletzung seiner Rechte im Sinne von Art. 3 EMRK vorzubeugen. Es werde auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wiesbaden verwiesen, wonach es in Italien keine Behandlungsmöglichkeiten für psychisch kranke und traumatisierte Personen gebe. Durch die fehlenden Unterbringungsmöglichkeiten, der fehlenden medizinischen Versorgung und dem Mangel an Perspektiven im Rahmen des Asylverfahrens in Italien, sei von einer Überstellung nach Italien abzusehen.
Am 18.05.2015 wurde der Beschwerdeführer einer gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren nach Untersuchung von einer Ärztin für Allgemeinmedizin, psychosomatische und psychotherapeutische Medizin und Psychotherapeutin unterzogen. Dem Bericht ist zu entnehmen, dass beim Beschwerdeführer Symptome einer Anpassungsstörung vorliegen, Sorge, Gefühl der Sinnlosigkeit und Schlafstörungen, F 43.2, vegetative Symptome wie Schwitzen und Zittern. Es wären jedoch keine therapeutischen und medizinischen Maßnahmen anzuraten. Eine Verschlechterung seines psychischen Zustands sei bei einer Überstellung nicht sicher auszuschließen, eine akute Suizidalität sei zum Zeitpunkt der Befundaufnahme nicht gegeben.
Mit Schreiben vom 25.05.2015 bezog sich der Rechtsvertreter auf die gutachterliche Stellungnahme und legte einen weiteren klinisch-psychologischen Befund einer Traumapsychologin bei, laut welcher eine weiterführende therapeutische Behandlung für den Beschwerdeführer essentiell sei.
Aus dem angeschlossenen klinisch - psychologischen Befund geht hervor, dass zum Untersuchungszeitpunkt die Symptomatik nach IDC-10 als eine posttraumatische Belastungsstörung eingeordnet werden könne. Die Ergebnisse der psychologischen Untersuchung würden deutliche Zeichen einer Traumafolgestörung zeigen, vordergründig Intrusionen in Form von Albträumen, welche physiologische Stressreaktionen wie Schwitzen, Herzrasen oder Zittern auslöse. Weiters zeige sich Vermeidungsverhalten und starke Übererregung in Form von Schlafstörungen. Es bestehe eine depressive Symptomatik, was als Reaktion auf das traumatische Ereignis und die aktuelle schwierige psychosoziale Situation gesehen werden könne. Als prognostisch günstig erweise sich, dass es keine Hinweise auf psychiatrische Vorerkrankungen oder auf eine Störung der Ich-Struktur gebe. In Kombination mit einer fachärztlichen Versorgung sei die Weiterführung der traumaspezifischen Behandlung anzuraten. Eine Beschäftigung in Form eines Kurses, Schulbesuches etc. zum Aufbau einer Tagesstruktur sei anzuraten.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 18 Abs. 1 lit.b iVm Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.). Das BFA traf Länderfeststellungen zur Lage in Italien und führte aus, dass kein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen, betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung der beschwerdeführenden Partei ernstlich für möglich erscheinen lassen würden, im Verfahren erstattet worden sei. Der Antrag auf internationalen Schutz sei zurückzuweisen, weil Italien einer Rückübernahme des Beschwerdeführers zugestimmt und sich dazu verpflichtet habe. Der Beschwerdeführer leide unter psychischen Problemen, es sei eine Anpassungsstörung und eine posttraumatische Belastungsstörung bei verschiedenen Ärzten festgestellt worden. Das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend unzureichender medizinischer Versorgung in Italien werde als nicht glaubhaft erachtet, die Länderberichte stehen seinen Aussagen diametral gegenüber. In Italien trete mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht die Gefahr einer EMRK Verletzung ein. Es treffe die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG zu. Hinsichtlich des psychischen Zustandes des Beschwerdeführers sei auf ähnlich gelagerte Entscheidungen des EGMR zu verweisen. Nur unter außerordentlichen Umständen könne die Entscheidung, einen Antragssteller außer Landes zu schaffen, einer Verletzung des Art. 3 EMRk gleichkommen. Es hätten sich beim Beschwerdeführer keine Hinweise ergeben, dass es sich bei ihm um einen lebensgefährlich Erkrankten handle und eine Überstellung nach Italien von vornherein als unzulässig angesehen werden müsse. Eine Verletzung von Art. 3 EMRK sei nur dann gegeben, wenn bei Vorliegen einer lebensbedrohlichen Erkrankung ein reales Risiko eines Sterbens unter qualvollen Umständen bestehen würde. In Italien gebe es zumutbare Behandlungsmöglichkeiten, die für den Beschwerdeführer vorhanden und zugänglich wären, weshalb eine Abschiebung nach Italien zulässig sei.
Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 22.07.2015 durch Hinterlegung zugestellt.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer zusammengefasst vorbrachte, in Italien keine medizinische Versorgung erhalten zu haben. Im konkreten Fall wäre eine Einzelfallprüfung zur Beurteilung der Frage, ob dem Beschwerdeführer in Italien eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohe, erforderlich gewesen. Die Behörde habe nicht abschließend geklärt, unter welchen psychischen Störungen er im Detail leide und insbesondere welche Therapiemaßnahmen getroffen werden müssten. Die herangezogenen Länderfeststellungen wären unvollständig, einseitig und teilweise nicht mehr aktuell. Die Situation habe sich im letzten Jahr aufgrund der hohen Zahlen von neu- ankommenden Asylsuchenden drastisch geändert. Es sei wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer bei einer Überstellung nach Italien weder über eine Unterkunft, noch über eine angemessene medizinische Versorgung verfügen werde.
3. Mit hg. Beschluss vom 30.07.2015 wurde der Beschwerde gemäß § 17 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
4. Der Beschwerdeführer verfügt seit 26.09.2015 über keine aufrechte Meldeadresse im Bundesgebiet.
5. Mit hg. Schreiben vom 10.08.2018 wurden dem Beschwerdeführer z.H. seines ausgewiesenen Rechtsvertreters aktualisierte Feststellungen zur Lage in Italien mit Stand vom 06.07.2018, zusammengestellt von der Staatendokumentation, übermittelt und ihm Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen eine Stellungnahme abzugeben. Ausdrücklich wurde auch die Gelegenheit eingeräumt, Zweckdienliches zur Frage der Beurteilung der Zuständigkeit Österreichs zur Behandlung des Antrages auf internationalen Schutz vorzubringen und allfällige damit im Zusammenhang stehende Beweismittel (Dokumente und Unterlagen in Original oder in Kopie) vorzulegen.
Bis zum heutigen Tag langte keine Stellungnahme ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Nigerias, reiste aus einem Drittstaat kommend illegal über Italien in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein, wo er am 30.07.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Nach kurzzeitigem Aufenthalt in Italien begab er sich nach Österreich und suchte am 03.02.2015 um die Gewährung internationalen Schutzes an.
Das BFA richtete am 13.02.2015 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Italien, welches in der Folge unbeantwortet blieb. Mit Schreiben vom 05.03.2015 wies das BFA die italienischen Behörden auf das Verstreichen der Antwortfrist und die sich daraus ergebende Verpflichtung zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 25 Dublin III-VO hin.
Aufgrund der dem Beschwerdeführer vom BVwG zum Parteiengehör übermittelten Länderfeststellungen werden folgende Feststellungen zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Italien getroffen:
Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen
KI vom 06.07.2018, Neuer Circular Letter (Tarakhel); Asylstatistik; Unterbringung (relevant für Abschnitt2/ Allgemeines zum Asylverfahren; Abschnitt 3/Dublin-Rückkehrer und Abschnitt 6/Unterbringung)
Im Sinne des Tarakhel-Urteils stellte Italien im Februar 2015 in einem Rundbrief eine Liste von SPRAR-Einrichtungen zur Verfügung, welche für die Unterbringung von Familien geeignet sind, die als Dublin-Rückkehrer nach Italien zurückkehren. Zuletzt wurde am 4. Juli 2018 ein neuer Rundbrief versendet und die Liste aktualisiert. Diese umfasst nun 19 SPRAR-Projekte mit zusammen 79 Unterbringungsplätzen für Familien mit Kindern (MdI 4.7.2018).
Laut offizieller italienischer Statistik wurden 2018 bis zum 22. Juni 32.558 Asylanträge in Italien gestellt. Mit selbem Datum waren
24.519 Anträge negativ erledigt, 3.105 erhielten Flüchtlingsstatus,
1.896 erhielten subsidiären Schutz, 13.050 erhielten humanitären Schutz. 3.415 Antragsteller waren nicht mehr auffindbar (MdI 22.6.2018).
Mit Stand 31.5.2018 waren 167.739 Migranten in staatlichen italienischen Unterbringungseinrichtungen untergebracht. (VB 26.6.2018).
Quellen:
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MdI - Ministero dell'Interno (4.7.2018): Circular Letter, per E-Mail
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MdI - Ministero dell'Interno (22.6.2018): Commissione Nazionale per il Diritto di Asilo, per E-Mail
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VB des BM.I Italien (26.6.2018): Bericht des VB, per E-Mail
Kl vom 19.01.2018, Asylstatistik und Unterbringung
2018 haben in Italien bis 12. Jänner 2.326 Personen einen Asylantrag gestellt. Mit demselben Datum waren 2.214 Asylverfahren entschieden. Davon erhielten 164 Antragsteller einen Flüchtlingsstatus, 117 einen subsidiären Schutz, 562 humanitären Schutz und 1.267 endeten negativ (einschließlich unzulässiger Anträge). 104 Antragsteller entzogen sich dem Verfahren (Mdl 12.1.2018). Mit Stand 31.12.2017 waren im Land 183.681 Fremde in staatlicher Unterbringung (VB 17.1.2018).
Quellen:
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MdI - Ministero dell Interno (12.1.2018): Statistiken des MdI, per -E-Mail
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VB des BM.I Italien (17.1.2018): Auskunft des VB, per E-Mail
KI vom 13.12.2017, Unterbringung (relevant für Abschnitt 6/Unterbringung)
Mit Stand 30.11.2017 waren in Italien 186.884 Fremde in staatlicher Unterbringung, und zwar in folgender regionaler Verteilung: ...
(VB 12.12.2017)
Quellen:
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VB des BM.I Italien (12.12.2017): Auskunft des VB, per E-Mail
KI vom 30.11.2017, Asylstatistik und Unterbringung (relevant für Abschnitt 2/Allgemeines zum Asylverfahren und Abschnitt 6/Unterbringung)
2017 haben in Italien bis 24.11. des Jahres 123.020 Personen einen Asylantrag gestellt. Mit demselben Datum waren 74.184 Asylverfahren entschieden. Davon erhielten 6.271 Antragsteller einen Flüchtlingsstatus, 6.399 einen subsidiären Schutz, 18.232 humanitären Schutz und 38.813 endeten negativ (einschließlich unzulässiger Anträge). 3.891 Antragsteller entzogen sich dem Verfahren. Mit Stand 18.6.2017 waren im Land 194.809 Fremde in staatlicher Unterbringung (VB 29.11.2017; vgl. MdI 24.11.2017).
Quellen:
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MdI - Ministero dell Interno (24.11.2017): Statistiken des MdI, per -E-Mail
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VB des BM.I Italien (29.11.2017): Auskunft des VB, per E-Mail
KI vom 26.07.2017, Neuer Circular Letter (Tarakhel); Asylstatistik; Unterbringung (relevant für Abschnitt 3/Dublin-Rückkehrer und Abschnitt 6/Unterbringung)
Im Sinne des Tarakhel-Urteils stellte Italien im Juni 2015 in einem Rundbrief eine Liste von SPRAR-Einrichtungen zur Verfügung, welche für die Unterbringung von Familien geeignet sind, die als Dublin-Rückkehrer nach Italien zurückkehren. Zuletzt wurde am 24. Juli 2017 ein neuer Rundbrief versendet und die Liste aktualisiert. Sie umfasst nun 18 SPRAR-Projekte mit zusammen 78 Unterbringungsplätzen für Familien mit Kindern (MdI 24.7.2017).
Aus einer Statistik des UNHCR geht hervor, dass 2017 bis 16. Juli
93.213 Bootsflüchtlinge in Italien gelandet sind. Das sind um 13.373 Personen mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Allerdings ist der Juli 2017 bislang mit 9.461 Migranten etwas schwächer als der Vergleichszeitraum 2016 (9.618). Aus den Statistiken geht hervor, dass mehr Personen in Italien Asylanträge stellen als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, wobei diese Anträge nicht notgedrungen von Neuankünften gestellt worden sein müssen (UNHCR 16.7.2017).
Laut offizieller italienischer Statistik haben 2017 bis zum 14. Juli
80.665 Personen einen Asylantrag gestellt. Mit selben Datum waren
22.406 Anträge negativ erledigt, 3.842 erhielten Flüchtlingsstatus,
4.165 erhielten subsidiären Schutz, 10.632 erhielten humanitären Schutz. 2.118 Antragsteller waren nicht mehr auffindbar (VB 19.7.2017a).
Mit Stand 18. Juni 2017 waren 194.809 Migranten in staatlichen italienischen Unterbringungseinrichtungen untergebracht (VB 19.7.2017b).
Quellen:
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MdI - Ministero dell Interno (24.7.2017): Circular Letter, per -E-Mail
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UNHCR - Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (16.7.2017): Italy weekly snapshot - 16 Jul 2017, per E-Mail
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VB des BM.I Italien (19.7.2017a): Statistiken der ital. Asylbehörde, per E-Mail
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VB des BM.I Italien (19.7.2017b): Auskunft des VB, per E-Mail
Allgemeines zum Asylverfahren
In Italien existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 2.2017; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle).
Aus aktuellen Statistiken des italienischen Innenministeriums geht hervor, dass es im Jahre 2016 insgesamt 123.600 Asylanträge gegeben hat, was einer Steigerung von 47% gegenüber 2015 entspricht (MdI 10.3.2017, vgl. Eurostat 16.3.2017). 4.808 Personen haben 2016 Flüchtlingsstatus zuerkannt bekommen, 12.873 subsidiären Schutz und
18.979 internationalen humanitären Schutz. 54.254 Anträge (60%) wurden abgewiesen (MdI - 10.3.2017).
Die Asylverfahren nehmen je nach Region sechs bis fünfzehn Monate in Anspruch. Wenn Rechtsmittel ergriffen werden, kann sich diese Dauer auf bis zu zwei Jahren erstrecken (USDOS 3.3.2017).
Aus Statistiken des italienischen Innenministeriums geht hervor, dass es in Italien 2017 mit Stand 21. April 46.225 Asylanträge gab. (VB 26.4.2017)
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017
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MdI - Ministero dell'Interno (10.3.2017): Dati e statistiche, http://www.libertaciviliimmigrazione.dlci.interno.gov.it/it/documentazione/statistica/i-numeri-dellasilo; Zugriff 23.3.2017
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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Italy,
http://www.ecoi.net/local_link/337159/479923_de.html, Zugriff 30.3.2017
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VB des BM.I Italien (26.4.2017): Statistik des ital. Innenministeriums, per E-Mail
Dublin-Rückkehrer
Die meisten Dublin-Rückkehrer landen auf den Flughäfen Rom-Fiumicino und Mailand-Malpensa. Ihnen wird am Flughafen von der Polizei eine Einladung (verbale di invito) ausgehändigt, der zu entnehmen ist, welche Quästur für ihr Asylverfahren zuständig ist. Die Situation von Dublin-Rückkehrern hängt vom Stand ihres Verfahrens in Italien ab:
1. Wenn ein Rückkehrer noch keinen Asylantrag in Italien gestellt hat, kann er dies nun tun, so wie jede andere Person auch (AIDA 2.2017).
2. Ist das Verfahren des Rückkehrers noch anhängig, wird es fortgesetzt und er hat dieselben Rechte wie jeder andere Asylwerber auch (AIDA 2.2017).
3. Wenn ein Verfahren vor endgültiger Entscheidung unterbrochen wurde, etwa weil sich der Antragsteller diesem entzogen hat, und der Betreffende wird von Italien im Rahmen von Art. 18(1)(c) zurückgenommen, wird das Verfahren auf Antrag wieder aufgenommen (EASO 12.2015).
4. Bei Rückkehrern, die unter Art. 18(1)(d) und 18(2) fallen und welche Italien verlassen haben, bevor sie über eine negative erstinstanzliche Entscheidung informiert werden konnten, beginnt die Rechtsmittelfrist erst zu laufen, wenn der Rückkehrer von der Entscheidung in Kenntnis gesetzt wurde (EASO 12.2015; vgl. AIDA 2.2017).
5. Wurde der Rückkehrer beim ersten Aufenthalt in Italien von einer negativen Entscheidung in Kenntnis gesetzt und hat dagegen nicht berufen, kann er zur Außerlandesbringung in ein CIE (Schubhaftlager) gebracht werden. Wurde ihm die Entscheidung nicht zur Kenntnis gebracht, steht dem Rückkehrer der Beschwerdeweg offen, sobald er informiert wurde (AIDA 2.2017).
6. Hat sich der Rückkehrer dem persönlichen Interview nicht gestellt und sein Antrag wurde daher negativ beschieden, kann er nach Rückkehr ein neues Interview beantragen (AIDA 2.2017).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017
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EASO - European Asylum Support Office (12.2015): Quality Matrix Report: Dublin procedure, per E-Mail
Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable
Legislativdekret (LD) 142/2015 definiert folgende Personenkreise als vulnerabel: Minderjährige, unbegleitete Minderjährige, Schwangere, alleinstehende Eltern mit minder-jährigen Kindern, Opfer von Menschenhandel, Opfer von Genitalverstümmelung und ernsthaft physisch oder psychisch Kranke sowie Alte, Behinderte, und Opfer von Folter, Vergewaltigung oder anderen Formen physischer, psychischer oder sexueller Gewalt. In Italien ist kein eigener Identifizierungsmechanismus für Vulnerable vorgesehen. Wenn im Zuge des Interviews ein Vertreter der Behörde den Verdacht hat, es mit einer vulnerablen Person zu tun zu haben, kann er diese speziellen Diensten zuweisen. Legislativdekret (LD) 142/2015 sieht auch vor, dass Opfern von Gewalt Zugang zu geeigneter medizinischer und psychologischer Betreuung zu gewähren ist (AIDA 2.2017).
Beim Schutz von Minderjährigen sind Reifegrad und Entwicklung des Minderjährigen zu berücksichtigen und es ist im besten Interesse des Kindes zu handeln. Stellt ein unbegleiteter Minderjähriger einen Asylantrag, wird das Verfahren sofort ausgesetzt und es werden das Jugendgericht und der Vormundschaftsrichter informiert. Letzterer muss binnen 48 Stunden einen Vormund ernennen, der dann bei der Quästur die Wiederaufnahme des Verfahrens bewirkt und die Maßnahmen zu Unterbringung und Versorgung des UMA überwacht (AIDA 2.2017).
Bei Zweifeln bezüglich des Alters eines Antragstellers kann jederzeit eine medizinische Altersfeststellung durchgeführt werden
Zu den Methoden der Altersfeststellung gibt es keine spezifischen Vorgaben, außer dass sie nicht invasiv sein sollen und in öffentlichen Gesundheitseinrichtungen mit pädiatrischen Abteilungen durchzuführen sind. Für medizinische Untersuchungen ist jedenfalls die Zustimmung des Minderjährigen bzw. dessen Vormunds einzuholen. Die Ablehnung einer Altersfeststellung durch den Asylwerber hat keinen Einfluss auf das Asylverfahren. Altersfeststellungen werden oft auch von nicht-spezialisierten Medizinern anhand von Röntgenbildern vorgenommen. Im Zweifel ist jedenfalls die Minderjährigkeit anzunehmen (AIDA 2.2017).
Tatsächlich dauert es bis zur Bestimmung eines Vormunds oftmals bis zu mehreren Monaten. Hierdurch ergibt sich ein Vakuum in Bezug auf den Schutz des Minderjährigen. Ohne Erziehungsberechtigten bzw. Vormund können Verwaltungsverfahren nicht abgeschlossen werden; auch verzögern sich Anträge auf Standortwechsel und Familienzusammenführung. Dies führt dazu, dass viele Minderjährige, die nicht in Italien bleiben wollen, untertauchen und versuchen in andere EU-Länder zu gelangen (CoE 2.3.2017).
In manchen Fällen erschwert das Fehlen eines Vormunds sogar die Möglichkeit, überhaupt um Asyl anzusuchen, da einige Quästuren bei Nichtvorhandensein eines Vormunds das formale Asylverfahren nicht einleiten. Das Gesetz sieht zwar vor, dass Vertreter der Aufnahmeeinrichtungen vorübergehend als Vormund fungieren können; diesen sind die diesbezüglichen rechtlichen Bestimmungen aber oft nicht ausreichend bekannt oder die Quästuren erlauben ihnen unter Verweis auf den vorübergehenden Charakter des Vormundes nicht, Ansuchen von Kindern auf internationalen Schutz zu bestätigen. Das kann zur Folge haben, dass unbegleitete Minderjährige oftmals sogar später ins Asylverfahren eintreten können als Erwachsene (AIDA 2.2017).
Der Vormund kümmert sich während des gesamten Verfahrens um den unbegleiteten Minderjährigen (UMA), im Falle einer negativen Entscheidung auch darüber hinaus. Vor allem während des Interviews ist seine Anwesenheit unerlässlich. Beschwerden gegen negative Entscheidungen sind selten, weil entweder ein anderer Schutztitel oder eine Aufenthaltserlaubnis bis zum 18. Geburtstag gewährt wird. Der Vormund ist für das Wohlergehen des Minderjährigen verantwortlich. In der Praxis wird der Bürgermeister jener Gemeinde, in welcher der UMA untergebracht ist, zum Vormund ernannt. Aufgrund der hohen Anzahl unbegleiteter Minderjähriger delegiert er die Vormundschaft häufig an andere Personen innerhalb der Gemeinde, die meist wiederum selbst zahlreiche andere Personen, wie etwa Behinderte, zu betreuen haben. Daher sind die ernannten Vormunde oft nicht in der Lage, ihren Schützlingen das erforderliche Maß an Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. In der Folge sehen Vormunde ihre Schützlinge daher oft nur bei der formalen Registrierung des Asylantrags und dann beim Interview, wozu sie gesetzlich verpflichtet sind. Auch die Ernennung eines freiwilligen Vormunds ist möglich, wird aber kaum angewendet. Es gibt keine Bestimmungen, die ein spezielles Training oder eine besondere Expertise des Vormunds im Bereich Asyl vorsehen (AIDA 2.2017; vgl. CoE 2.3.2017).
Laut italienischen Gesetzen ist bei der Unterbringung auf spezifische Bedürfnisse der Asylwerber Rücksicht zu nehmen. Dies gilt insbesondere für Vulnerable. LD 142/2015 sieht einen Gesundheitscheck in der Erstaufnahme vor, um auch spezielle Unterbringungsbedürfnisse erkennen zu können. PD 21/2015 führt die speziellen Unterbringungsvorkehrungen für Vulnerable näher aus. Diese speziellen Unterbringungsmöglichkeiten sind auch in den SPRAR-Strukturen sicherzustellen. Die Erhebung spezieller Bedürfnisse wird in den Unterbringungseinrichtungen vorgenommen, allerdings nicht systematisch und je nach Qualität und Finanzlage des jeweiligen Zentrums unterschiedlich. Es kann in der Praxis passieren, dass Folteropfer aus Platzmangel nicht in SPRAR transferiert werden. Bei Familien ist in jeder Unterbringungsstufe die Familieneinheit zu berücksichtigen. In der Praxis kann es vorkommen, dass der Familienvater bei den Männern untergebracht wird und die Mutter mit den Kindern bei den Frauen. Familien können aus temporären Strukturen auf freie Plätze in SPRAR transferiert werden, da diese besser für Familien geeignet sind. Solche Transfers sind abhängig von der Zusammensetzung der Familie, Vorliegen von Vulnerabilität bzw. Gesundheitsproblemen und der Warteliste für SPRAR-Plätze. Bei UMA ist bei der Unterbringung auf das beste Interesse des Kindes Rücksicht zu berücksichtigen. In Erstaufnahmeeinrichtungen dürfen sie nur für begrenzte Zeit untergebracht werden. In dieser Zeit soll die Feststellung des Altes und der individuellen Bedürfnisse geschehen. Danach sind UMA zur Unterbringung in SPRAR-Strukturen berechtigt. Ist dort kein Platz frei, kann der UMA temporär in der zuständigen Gemeinde untergebracht werden. Unbegleitete Minderjährige, die nicht Asyl beantragen, haben ein Recht auf Unterbringung ohne Unterschied zu asylwerbenden UM. UMA dürfen nicht in Zentren für Erwachsene oder Schubhaftzentren untergebracht werden. Ersteres ist im Jahre 2016 jedoch vorgekommen. Für UM gibt es, zum Unterschied von erwachsenen AW, keinen zentralen Verteilungsmechanismus. Der Transfer in SPRAR ist daher in der Verantwortlichkeit der Ankunftsgemeinde. UM konzentrieren sich daher besonders in einigen Grenzregionen. 2016 waren dies vor allem Sizilien usw. 25.772 UM kamen im Jahre 2016 in Italien an (AIDA 2.2017).
Gerade für unbegleitete Minderjährige (UM) bzw. geistig oder körperlich Behinderte gibt es eigene SPRAR-Projekte mit spezialisierten Leistungen. Da die Kosten für die Unterbringung dieses Personenkreises aber weit über die staatlichen Unterstützungszahlungen hinausgehen, bieten nur wenige Gemeinden solche Plätze an. Derzeit beläuft sich das Angebot für unter 18-Jährige auf rund 2.000 Plätze. Aufgrund dieses Mangels an SPRAR-Plätzen verbringen bis dato viele unbegleitete Minderjährige über sechs Monate in den großen Erstaufnahmezentren, die aber nicht auf die speziellen Bedürfnisse von Minderjährigen eingerichtet sind (CoE 2.3.2017).
Am 6.5.2017 trat ein neues Gesetz zum Schutz unbegleiteter Minderjähriger in Kraft, das diesen nunmehr dieselben Rechte und denselben Schutz wie europäischen Minderjährigen zugesteht. Es reduziert u.a. die Aufenthaltsdauer für UM in Erstaufnahmezentren von 60 auf 30 Tage und besagt, dass UM binnen 10 Tagen identifiziert werden müssen. Außerdem sieht das neue Gesetz im Wesentlichen folgende weitere Verbesserungen vor:
* Die unbegleiteten oder getrennten Minderjährigen dürfen - ohne jede Ausnahme - an den Grenzen nicht zurückgewiesen bzw. abgeschoben werden.
* Die Maßnahmen zur Altersfeststellung werden verbessert und vereinheitlicht.
* Es wird ein strukturiertes und gestrafftes nationales Aufnahmesystem aufgebaut, das entsprechenden Mindeststandards für unbegleitete Minderjährige in allen Aufnahmezentren vorsieht.
* Es wird der Einsatz qualifizierter Kulturmediatoren ausgeweitet, um den Bedürfnissen besonders schutzbedürftiger Minderjähriger gerecht zu werden.
* Es werden für die Minderjährigen das Institut der Pflegefamilie und die zeitgerechte Bestellung eines freiwilligen Vormunds gefördert.
* Einige Rechte Minderjähriger werden gestärkt, beispielsweise bezüglich Gesundheitsfürsorge und Ausbildung.
* Es wird im Ministerium für Arbeit und Soziales ein nationales Informationssystem zur Erfassung der unbegleiteten Minderjährigen aufgebaut
(UNICEF 29.3.2017; vgl. PI 30.3.2017; UNHCR 30.3.2017; ECRE 12.5.2017).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf
-
CoE - Council of Europe Secretary General (2.3.2017): Bericht zu Fact-Finding-Mission zur Lage von MigrantInnen und Flüchtlingen von 16. bis 21. Oktober 2016 (Aufnahmebedingungen; unbegleitete Kinder;
internationale Schutzverfahren; MigrantInnen im Transit;
Integration; etc.),
https://search.coe.int/cm/Pages/result_details.aspx?ObjectId=09000016806f9d70, Zugriff 7.4.2017
-
ECRE - European Council on Refugees and Exiles (12.5.2017): ELENA Weekly Legal Update, per E-Mail
-
PI - Parlamento Italiano, Camera dei Deputati (30.3.2017):
Cittadinanza e immigrazione; Minori stranieri non accompagnati, http://www.camera.it/leg17/465?tema=minori_stranieri_non_accompagnati#m, Zugriff 3.4.2017
-
UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (30.3.2017): Approvata legge su accoglienza e protezione dei minori stranieri non accompagnati in Italia,
https://www.unhcr.it/news/aggiornamenti/approvata-legge-accoglienza-protezione-dei-minori-stranieri-non-accompagnati-italia.html, Zugriff 31.3.2017
-
UNICEF - United Nations Children's Fund (29.3.2017): Approvata la "Legge Zampa": più tutele e inclusione per i minori stranieri non accompagnati,
http://www.unicef.it/doc/7324/approvata-la-legge-zampa-per-minori-stranieri-non-accompagnati.htm, Zugriff 3.4.2017
Non-Refoulement
Grundsätzlich bietet Italien Schutz gegen Abschiebung oder Rückkehr von Flüchtlingen in Länder, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit aufgrund Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischer Gesinnung bedroht wäre (USDOS 25.6.2015).
Hinsichtlich unbegleiteter Minderjähriger besteht ein absolutes Rückschiebeverbot an der Grenze (UNICEF 29.3.2017). Das italienische Innenministerium hat ausdrücklich darauf verwiesen, dass der Zugang zu Asylverfahren und Grundrechten Personen nicht verweigert werden kann, für die willkürlich angenommen wird, dass sie des internationalen Schutzes nicht bedürfen. Außerdem wurde explizit bestätigt, dass alle Migranten das Recht haben, vor Refoulement geschützt zu werden. Es würden laut Innenministerium keine Ausweisungsbefehle erlassen, wenn Migranten zuvor nicht korrekt informiert wurden (AIDA 2.2017).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017
-
UNICEF - United Nations Children's Fund (29.3.2017): Approvata la "Legge Zampa": più tutele e inclusione per i minori stranieri non accompagnati,
http://www.unicef.it/doc/7324/approvata-la-legge-zampa-per-minori-stranieri-non-accompagnati.htm, Zugriff 3.4.2017
-
USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Italy, http://www.ecoi.net/local_link/306380/443655_de.html, Zugriff 14.4.2016
Versorgung
Unterbringung
Grundsätzlich sind Fremde zur Unterbringung in Italien berechtigt, sobald sie den Willen erkennbar machen, um Asyl ansuchen zu wollen und eine entsprechende Bedürftigkeit besteht. Das Unterbringungsrecht gilt bis zur erstinstanzlichen Entscheidung bzw. dem Ende der Rechtsmittelfrist. Bei Rechtsmitteln mit automatisch aufschiebender Wirkung besteht dieses Recht auch bis zur Entscheidung des Gerichts. Gemäß der Praxis in den Jahren 2015 und 2016 erfolgt der tatsächliche Zugang zur Unterbringung erst mit der formellen Registrierung des Antrags (verbalizzazione) anstatt sofort nach der erkennungsdienstlichen Behandlung (fotosegnalamento). Zwischen diesen beiden Schritten sind, abhängig von Region und Antragszahlen, Wartezeiten von Wochen oder gar Monaten möglich, in denen Betroffene Probleme beim Zugang zu alternativer Unterbringung haben können. Betroffene Asylwerber ohne ausreichende Geldmittel sind daher auf Freunde oder Notunterkünfte angewiesen, oder es droht ihnen Obdachlosigkeit. Zum Ausmaß dieses Phänomens gibt es allerdings keine statistischen Zahlen. Tatsächlich ist diese Problematik durch die Erweiterung der SPRAR-Kapazitäten und Einführung der temporären Unterbringungsstrukturen (CAS) nur für Personen relevant, die ihren Antrag im Land stellen, nicht für auf See geretteten Asylwerber (AIDA 2.2017).
Wie die untenstehende Statistik des italienischen Innenministeriums zeigt, wurden die Unterbringungskapazitäten in den letzten 3 Jahren massiv gesteigert. (MdI - 31.3.2017)
Mit Stand 31.3.2017 waren in Italien laut offiziellen Statistiken des italienischen Innenministeriums 137.599 Personen in Flüchtlingsunterkünften untergebracht, davon 2.204 in den sogenannten Hotspots (dienen nur der Registrierung der Flüchtlinge; nach max. 72 Stunden Weiterverbringung in Flüchtlingsunterkünfte in ganz Italien), 13.835 in Erstaufnahmezentren, 137.599 in temporären Strukturen (meist durch NGOs und Private mit staatlicher Förderung zur Verfügung gestellt) und 23.867 in staatlicher Betreuung (SPRAR):
(VB 19.4.2017)
CPSA - (Centri di primo soccorso e accoglienza) / Hotspots
Menschen, die - vor allem auf dem Seeweg - illegal nach Italien kommen, erhalten zunächst Unterstützung in den großen Einwanderungszentren bzw. Hotspots (AIDA 2.2017, vgl: MdI 28.7.2015). Die ursprünglichen CPSA in Lampedusa und Pozzallo bilden seit 2016 zusammen mit den Zentren Taranto und Trapani die sogenannten Hotspots. Dieses Hotspot-Konzept wurde von der Europäischen Kommission entwickelt, um jene Mitgliedsstaaten zu unterstützen, die an den EU-Außengrenzen einem besonderen Migrationsdruck ausgesetzt sind. Nähere Informationen sind weiter unten dem Abschnitt "Hotspots" zu entnehmen (AIDA 2.2017, vgl. EC o. D.). Nach dieser Phase der ersten Hilfe unmittelbar nach Ankunft in den CPSA bzw. Hotspots werden die Fremden, je nach Status, entweder rückgeführt oder in andre Unterkünfte verlegt (AIDA 2.2017, vgl. MdI 28.7.2015).
CDA, CARA und CAS
CDA, CARA und CAS sind Erstaufnahmezentren und bieten eine eher grundlegende Versorgung mit Essen, Kleidung, Basisinformation, Rechtsberatung und medizinischer Notversorgung. Es handelt sich um große Erstaufnahmezentren mit sehr vielen Unterbringungsplätzen (AIDA 2.2017).
Die CDA (centri di accoglienza) sind allgemeine Aufnahmezentren, in denen insbesondere die auf dem Staatsgebiet aufgegriffenen Fremden zur Identitätsfeststellung und Statusbestimmung untergebracht werden, während CARA (Centri d'Accoglienza Richiedenti Asilo) Zentren für die Aufnahme von Asylwerbern sind. CDA und CARA umfassen derzeit 15 Erstaufnahmezentren mit ca. 14.694 Plätzen (AIDA 2.2017). Asylwerber sollen dort einige Wochen oder Monate untergebracht werden, bis die administrativen Formalitäten bezüglich eines Asylantrags abgeschlossen und ein neuer Unterkunftspatz gefunden ist. Sprachtraining oder andere Integrationsmaßnahmen finden in diesen Zentren nicht statt (CoE 2.3.2017).
CARA, CDA und CPSA sollen sukzessive in den durch das Gesetz 142/2015 eingeführten sogenannten "hub regionali" aufgehen. Jede Region soll über einen solchen hub verfügen. Migranten, die in den Hotspots um internationalen Schutz ansuchen, sollen dann an diese "hub regionali" als Erstaufnahmezentren weitergeleitet werden. Ziel ist es, die Strukturen zu straffen und die Schutzsuchenden in Zentren unterzubringen, die in der Nähe von Einwanderungsbüros liegen (AIDA 2.2017, vgl. MdI 2016; SFH 8.2016)
Die CAS (Centri di accoglienza straordinaria) sind temporäre Aufnahmezentren, die speziell in Zeiten hoher Migrationsströme andere Zentren entlasten sollen. De facto dienen sie zur Unterbringung von Bootsflüchtlingen. Ihre Zahl wird je nach Bedarf angepasst und ist daher nur schwer festzumachen. Die CAS dienen auch als "Second-Line-Aufnahme" in Vorbereitung auf die Unterbringung in SPRAR. Derzeit sind ca. 130.000 Personen in über 7000 CAS-Unterkünften in ganz Italien untergebracht (AIDA 2.2017, vgl. MdI 28.7.2015). Primär als Notunterkünfte vorgesehen, liegt der Schwerpunkt der CAS nicht auf einer längerfristigen Integration, obwohl viele Asylsuchende während der Bearbeitung ihrer Asylanträge in einem CAS untergebracht sind (CoE 2.3.2017).
Grundsätzlich sollen Asylwerber jedenfalls in allen hier genannten Einrichtungen nur temporär untergebracht werden, bis eine Verlegung in das SPRAR (Sistema di protezione per richiedenti asilo e rifugiati) möglich ist. Da SPRAR aber nicht über ausreichende Kapazitäten verfügt, gibt es einen chronischen Rückstau, der wiederum eine zum Teil massive Überbelegung der CAS-Unterkünfte zur Folge hat. Viele Asylsuchende bleiben bis zum Asylentschied in den CAS. Um eine gewisse Entlastung des Systems herbeizuführen, werden Asylwerber oft sofort nach Erhalt eines positiven Bescheids aus dem Aufnahmesystem genommen (AIDA 2.2017).
Generell variiert die Qualität zwischen den verschiedenen Arten von Flüchtlingsunterkünften und auch innerhalb der jeweiligen Kategorien stark und hängt vom Ausmaß der jeweiligen Überbelegung und dem lokalen Management ab (AIDA 2.2017). Die Bedingungen in einigen Einrichtungen führen zu Bedenken nach den Artikeln 3 und 5 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) (CoE 2.3.2017).
SPRAR - (Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugiati)
Das SPRAR besteht derzeit (Stand 2. Februar 2017) aus 640 kleineren dezentralisierten Zweitaufnahmezentren/Projekten mit einer aktuellen Gesamtkapazität von 25.838 betreuten Personen. Etwa 95 dieser Projekte widmen sich unbegleiteten Minderjährigen (2.007 Personen) und 44 Unterkünfte mit insgesamt 592 Plätzen widmen sich Menschen mit psychischen Problemen (SPRAR 2.2.2017).
Die SPRAR-Projekte der Gemeinden sind hauptsächlich Wohnungen oder kleine Zentren und bieten Übersetzungsleistungen, li