TE Vwgh Erkenntnis 1999/9/29 99/11/0190

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Veröffentlicht am 29.09.1999
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal;

Norm

ÄrzteG 1984 §2 Abs6;
ÄrzteG 1984 §22 Abs2;
ÄrzteG 1998 §204 Z6;
ÄrzteG 1998 §49 Abs2;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art18 Abs1;
MTF-SHD-G 1997 §37 Abs1;
MTF-SHD-G 1997 §44 lith;
MTF-SHD-G 1997 §51 lith;
MTF-SHD-G 1997 §60 Abs1 Z1;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard und Dr. Graf, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde der M H in Wien, vertreten durch Dr. Renate Steiner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Weihburggasse 18-20, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien, vom 22. März 1999, Zl. UVS-06/13/599/98, betreffend Übertretung des MTF-SHD-Gesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe in der Zeit vom 15. März 1993 bis 22. September 1997 in einer näher bezeichneten in der Betriebsform eines selbstständigen Ambulatoriums geführten privaten Krankenanstalt "Tätigkeiten des medizinisch-technischen Fachdienstes zur Ausführung einfacher physiotherapeutischer Behandlungen, und zwar Elektrotherapien und Ultraschallbehandlungen durchgeführt, obwohl sie dazu nicht berechtigt sei, da sie nur eine Ausbildung zum Heilbademeister und Heilmasseur besitze". Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 60 Abs. 1 Z. 1 des Bundesgesetzes über die Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und des Sanitätshilfsdienstes (MTF-SHD-G), BGBl. Nr. 102/1961 in der Fassung BGBl. Nr. 872/1992, begangen. Über sie wurde eine Geldstrafe von S 2.500,-- (ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

In ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, mitgeteilt, dass sie von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand nimmt, und den Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Einleitend kann auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. August 1999, Zl. 99/11/0063, verwiesen werden. Mit diesem Erkenntnis war ein Bescheid der belangten Behörde vom 17. November 1998 insoweit wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden, als der Arbeitgeber der Beschwerdeführerin (der Rechtsträger der Krankenanstalt, in der die Beschwerdeführerin beschäftigt war) im Zusammenhang mit der Heranziehung von Heilbademeistern und -masseuren - darunter der Beschwerdeführerin - zu Elektrotherapien und Ultraschallbehandlungen wegen Übertretungen des MTF-SHD-G für schuldig erkannt worden ist. Soweit die vorliegende Beschwerde gleich lautende Beschwerdegründe anführt, nämlich in Ansehung des behaupteten Verstoßes gegen § 44 a Z. 1 VStG, der Zulässigkeit der inkriminierten Beschäftigung nach dem Ärztegesetz und der Verfassungswidrigkeit des § 37 Abs. 1 MTF-SHD-G, kann diesen aus den dort genannten Überlegungen nicht gefolgt werden.

Im Vorerkenntnis wird auch ausgeführt, dass der Arbeitgeber der Beschwerdeführerin auf Grund der ihm seitens der Ärztekammer für Wien zugekommenen Unterlagen nicht ohne Verschulden von der Zulässigkeit der Heranziehung von Heilbademeistern und -masseuren zu Elektrotherapien und Ultraschallbehandlungen (zumindest bis zum Zeitpunkt der behaupteten ihm gegenüber abgegebenen behördlichen Erklärung, die in Rede stehende Beschäftigung werde vorerst toleriert) hätte ausgehen dürfen. Diese Verschuldensproblematik stellt sich für die Person der Beschwerdeführerin anders dar. Der Beschwerdeführerin war von ihrem Arbeitgeber und offenbar auch von der ärztlichen Leitung der Krankenanstalt unter Hinweis auf die erwähnte Information durch die Ärztekammer und die sie stützenden Gutachten mitgeteilt worden, es sei rechtlich zulässig, sie zu Elektrotherapien und Ultraschallbehandlungen heranzuziehen. Aus ihrer Sicht konnte sie von der Richtigkeit dieser Mitteilungen ausgehen. Es bestand für sie kein Anlass für Zweifel. Für den Verwaltungsgerichtshof ist nicht erkennbar, worin das von der belangten Behörde angenommene "nicht bloß geringfügige" Verschulden liegen soll. Es stellte eine Überspannung der Verpflichtung zur Vorsorge, nicht rechtswidrig zu handeln, dar, wollte man von der Beschwerdeführerin im gegebenen Zusammenhang verlangen, weitere "Schritte zu unternehmen, sich über ihre rechtliche Situation und ihre Befugnisse zu vergewissern".

Der angefochtene Bescheid ist inhaltlich rechtswidrig. Er war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 29. September 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999110190.X00

Im RIS seit

22.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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