TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/14 W207 1426296-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.09.2018
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Entscheidungsdatum

14.09.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs4

Spruch

W207 1426296-3/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von Mohammad XXXX , geb. XXXX 1994, StA. Afghanistan, vertreten durch Dipl.-Ing. Peter MARHOLD MBA, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.08.2018, Zahl: IFA:

811394407/180650948, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der (zum damaligen Zeitpunkt unbegleitete minderjährige) Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise am 17.11.2011 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des (damals zuständigen) Bundesasylamtes vom 13.04.2012, Zl. 1113.944-BAG, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.) und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den (damals zuständigen) Asylgerichtshof. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 28.05.2013, Zl.: C10 426296-1/2012/4E, wurde die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt II. des Bescheides wurde hingegen stattgegeben und dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 28.05.2014 erteilt.

Der Asylgerichtshof legte diesem Erkenntnis folgende Feststellungen zu Grunde: Der Beschwerdeführer sei Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan. Er sei zugehörig zur Volksgruppe der Hazara und bekenne sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Identität des Beschwerdeführers könne mangels Vorlage von identitätsbezeugenden Dokumenten nicht festgestellt werden. Die Muttersprache des Beschwerdeführers sei Dari. Der Beschwerdeführer sei gesund und arbeitsfähig. Er sei verlobt und habe keine Kinder. Der Beschwerdeführer sei in Afghanistan geboren, habe seinen Herkunftsstaat im Alter von vier Jahren verlassen, habe fortan bei seiner Tante in einer näher genannten Stadt in Pakistan gelebt und dort im Wesentlichen sein gesamtes bisheriges Leben bis zu seiner Ausreise im Jahr 2010 verbracht. Der Beschwerdeführer habe in Pakistan zuletzt als Schuherzeuger gearbeitet. Die Tante des Beschwerdeführers lebe nach wie vor in Pakistan. Der Beschwerdeführer verfüge in Afghanistan über keine sozialen oder familiären Anknüpfungspunkte. Der Beschwerdeführer sei in seinem Herkunftsstaat weder vorbestraft noch sei er jemals inhaftiert worden und habe auch mit den Behörden des Herkunftsstaates weder auf Grund seines Religionsbekenntnisses oder seiner Volksgruppenzugehörigkeit noch sonst irgendwelche Probleme gehabt. Der sei nie politisch tätig gewesen und habe nie einer politischen Partei angehört. Grund für die Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Herkunftsstaat sei der Umstand gewesen, dass der Beschwerdeführer, als er vier Jahre alt gewesen sei, aufgrund der damaligen Kriegssituation und der schlechten Wirtschafts- und Sicherheitslage nach dem Tod seiner Eltern von seiner Tante nach Pakistan gebracht worden sei. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer individuellen Verfolgungsgefahr ausgesetzt sei. Die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde in diesem Erkenntnis mit der angespannten allgemeinen Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan begründet, weshalb nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden könne, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr nach Afghanistan einer realen Gefahr im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre.

Mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 25.06.2014, 064 Hv 21/2014f, wurde der Beschwerdeführer rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren wegen des begangenen Verbrechens der Vergewaltigung mit schwerer Körperverletzung nach § 201 Abs. 1 und Abs. 2 (erster Fall) StGB verurteilt.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA; in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) vom 02.05.2016 wurde der dem Beschwerdeführer mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 28.05.2013, Zl. C10 426296-1/2012/4E, zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.). Die mit Erkenntnis 28.05.2013, Zl. C10 426296-1/2012/4E, erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen (Spruchpunkt II.). Ferner wurde gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ausgesprochen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan unzulässig ist (Spruchpunkt III.). Schließlich wurde ausgesprochen, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG 2005 ein "Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen" nicht erteilt wird (Spruchpunkt IV.). In der Begründung dieses Bescheides wurde zudem ausgeführt, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 2 FPG geduldet ist.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, in der seitens des Beschwerdeführers zugestanden wurde, dass er mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt gemäß § 201 Abs. 1 und Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren rechtskräftig verurteilt worden war, wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.06.2016, GZ.: W123 1426296-2/3E, gemäß § 9 AsylG abgewiesen.

Am 12.06.2017 wurde dem Beschwerdeführer auf dessen Antrag von der belangten Behörde eine Karte für Geduldete iSd § 46a Abs. 4 FPG mit Gültigkeit bis 31.05.2018 ausgefolgt.

Am 03.05.2018 stellte der Beschwerdeführer gemäß § 46a Abs. 5 FPG einen Antrag auf Verlängerung dieser Duldungskarte.

Am 26.07.2018 wurde der Beschwerdeführer durch die belangte Behörde im Beisein eines Dolmetschers der Sprache Dari niederschriftlich einvernommen. Dabei brachte der Beschwerdeführer - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - Folgendes vor:

" [...]

F: Sind Sie derzeit in ärztlicher Behandlung?

A: Ja.

F: Ist die Behandlung abgeschlossen?

A: Nein, ich muss 3 Jahre lang eine psychotherapeutische Therapie machen.

F: Nehmen Sie Medikamente, wenn ja welche?

A: Nein.

F: Können Sie Beweismittel, bzw. Dokumente wie z.B. den Reisepass, einen Führerschein oder sonstiges vorlegen?

A:. Ja.

Der Antragsteller legt folgende Beweismittel vor:

- Arztbrief vom 23.7.2018

AW gibt an, dass er die B1 Prüfung letzte Woche abgelegt hat und noch keine Bestätigung bekommen hat.

Anmerkung: Die soeben genannten, vom AW vorgelegten Dokumente, werden in Kopie zum Akt genommen und nach der niederschriftlichen Einvernahme dem AW retourniert. Der AW bestätigt die Übernahme der oben genannten Dokumente mit seiner Unterschrift am Ende der Niederschrift.

F: Stimmen die Angaben, die Sie in der Erstbefragung sowie in der Einvernahme des bereits rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens gemacht haben?

A: Ja.

F: Wie heißen Sie, wann und wo sind Sie geboren?

A: Ich heiße X. und bin am 01.01.1994 in der Provinz Ghazni, Distrikt Y., Dorf Z. geboren.

F: Wo waren Sie zuletzt wohnhaft im Herkunftsstaat?

A: Im oa. Dorf bis zu meinem 3-4 Lebensjahr habe ich dort gewohnt. Dann habe ich in Pakistan, in U. bis zu meiner Ausreise gewohnt. Vor der Ausreise war ich 6 Monate im

Iran aufhältig.

F: Machen Sie Angaben zu Ihren Familienangehörigen in Ihrem Herkunftsstaat.

-Vater: X, er ist verstorben als ich 2 oder 3 Jahre alt war,

-Mutter: F., sie ist verstorben als ich 2 oder 3 Jahre alt war, ich bin bei meiner Tante väterlicherseits aufgewachsen, zuerst in Afghanistan, dann in Pakistan. Ich habe keine Geschwister.

F: Haben Sie Kontakt mit Ihrer Familie?

A: Ja, ich habe über Facebook Kontakt mit meiner Tante, sie ist in U., Pakistan.

F: Haben Ihre Eltern Geschwister?

A: Ja, eine Tante väterlicherseits, bei der ich aufgewachsen bin, einen Onkel

väterlicherseits, der lebt in Afghanistan, sonst weiß ich von niemanden.

F: Wie gestaltet Ihre Familie ihren Alltag?

A: Meine Tante ist Schneiderin in Pakistan, sie hat 2 Söhne, einer ist 15, der andere 13. Zu meinem Onkel habe ich keinen Kontakt.

F: Wie ist das Verhältnis zu Ihrer Familie?

A: Zu meiner Tante ein gutes Verhältnis, zu meinem Onkel ein schlechtes.

F: Haben Sie bislang eine Ehe geschlossen?

A: Nein. Ich war verlobt, habe aber nicht geheiratet.

F: Haben Sie Kinder? Falls ja, wann und wo sind Ihre Kinder geboren, wie sind die vollständigen Namen und Geburtsdaten Ihrer Kinder?

A: Nein.

F: Haben Sie in Ihrem Heimatland derzeit noch sonstige Angehörige, wenn ja, geben Sie eine Erklärung dazu ab, in welchem Verwandtschaftsgrad Sie zu diesen Personen stehen?

A: Vielleicht habe ich Cousins und Cousinen, ich habe diese noch nie gesehen.

F: Haben Sie noch Freunde oder Bekannte in der Heimat?

A: Ich kann mich an Afghanistan nicht erinnern, ich habe keine.

F: Haben Sie Verwandte bzw. Familienangehörige in Österreich?

A: Nein.

F: Besitzen Sie ein Mobiltelefon? Nutzen Sie die sozialen Medien wie zB

Whatsapp,Facebook?

A: Ja. Ich nutze Facebook, Whatsapp.

F: Welcher Volksgruppe gehören Sie an?

A: Ich bin Hazara.

F: Welche Religion haben Sie?

A: Ich bin Muslim Schiit.

F: Welche Sprachen sprechen Sie?

A: Meine Muttersprache ist Dari in Wort und Schrift. Ich spreche auch noch Urdu, etwas Deutsch.

F: Machen Sie Angaben zu Ihrer schulischen und beruflichen Ausbildung.

A: Ich habe nie eine Schule besucht. Mein Arbeitgeber hat einen Sohn, ich habe mit diesem die Schrift gelernt.

F: Machen Sie Angaben zu ihrem beruflichen Werdegang!

A: Ich bin gelernter Schuhmacher, ich habe 5,5 Jahre in Pakistan als Angestellter gearbeitet.

F: Wie haben Sie bislang Ihren Lebensunterhalt finanziert?

A: Ich habe gearbeitet, sonst hat meine Tante für mich gesorgt.

F: Bis zu welchem Zeitpunkt haben Sie gearbeitet?

A: Bis zu meiner Ausreise.

F: Sind Sie in Ihrer Heimat vorbestraft?

A: Nein.

F: Sind Sie in einem anderen Land vorbestraft?

A: Nein.

F: Was befürchten Sie im Falle Ihrer Rückkehr nach Afghanistan bzw. in die afghanische Hauptstadt Kabul? Was würde passieren, wenn Sie morgen zurück nach Afghanistan bzw.

Kabul zurückkehren müssten?

A: Ich möchte nicht Afghanistan zurück, ich weiß nicht was mit mir passieren wird, ich werde mit dem Tod konfrontiert.

F: Sind Sie seit Ihrer Einreise nach Österreich einer legalen Beschäftigung nachgegangen? A: Nein.

F: Von welchen finanziellen Mitteln leben Sie hier in Österreich?

A: Ich bekomme Unterstützung vom AMS.

F: Sind Sie gegenüber jemandem unterhaltspflichtig?

A: Nein.

F: In welcher Unterkunft leben Sie, wer kommt für die Miete auf?

A: Sandwirtgasse, eine Einrichtung der Integrationshilfe, ich bezahle selbst die Miete mit dem Geld vom AMS.

F: Wo sehen Sie sich in 5 Jahren? (Frage auf Deutsch)

A: Wenn ich dürfen bleiben hier in Österreich, vielleicht mache ich Ausbildung.

F: Beschreiben Sie wie Sie Ihren Alltag verbringen! (Frage auf Deutsch)

A: Ich war im Deutschkurs, nachher Arbeit gesucht, momentan habe ich keinen Ausweis, oft bleibe ich zuhause. Wenn ich draußen bin, kommt die Kontrolle.

F: Haben Sie in Österreich eine Schule, Kurse oder sonstige Ausbildungen absolviert?

A: Ich habe einen Deutschkurs besucht.

F: Sind Sie in einem Verein oder in einer Organisation als Mitglied tätig?

A: Nein.

F: Sie sind in Österreich straffällig geworden und sind wegen § 201 StGB Vergewaltigung bereits rechtskräftig verurteilt worden. Was sagen Sie dazu?

A: Ich schäme mich dafür, ich bin schuldig. Ich habe einen großen Fehler gemacht.

F: Im Falle einer negativen Asylentscheidung ist aufgrund Ihrer strafrechtlichen Verurteilung von ha. Behörde beabsichtigt bzw. wäre es möglich, gegen Sie ein Einreiseverbot zu verhängen. Was sagen Sie dazu?

A: Ich möchte Sie bitten, dass Sie das nicht tun.

F: Wie sind Sie bei Ihrer Tante in Pakistan aufgewachsen?

A: Ich habe bis zu meinem 3-4 Lebensjahr in Afghanistan mit meinen Eltern gelebt. Die sind dann verstorben, meine Tante erzählte mir, dass Sie wegen Grundstücksstreitigkeiten von meinem Onkel väterlicherseits getötet wurden, dann hat meine Tante für mich gesorgt, wir sind dann nach Pakistan, ich bin mit den afghanischen Sitten und Gebräuchen vertraut, meine Tante hat mich so erzogen.

F: Haben Sie bedeutende wichtige soziale Kontakte in Österreich?

A: Ich habe österreichische Freunde, sie leben im gleichen Haus wie ich.

F: Die Befragung wird hiermit beendet. Wollen Sie zu Ihrem Asylverfahren sonst noch etwas vorbringen, was Ihnen von Bedeutung erscheint?

A: Ich möchte nur sagen, dass mir gestattet, dass ich in Österreich bleiben kann und mein Leben führen kann. Ich habe sonst nichts.

F: Hatten Sie die Gelegenheit alles zu sagen, was Sie wollten?

A: Ja, das hatte ich.

Anmerkung: Ihnen wird nun die Möglichkeit eingeräumt, in die Länderfeststellungen des BFA zu Afghanistan Einsicht und Stellung zu nehmen. Die Feststellungsunterlagen werden Ihnen gegebenenfalls vom Dolmetscher vorgelesen! Möchten Sie das?

A: Nein, das benötige ich nicht.

F: Haben Sie den Dolmetscher einwandfrei verstanden?

A: Ja, sehr gut.

[...]"

Wie diesen Ausführungen zu entnehmen ist, verzichtete der Beschwerdeführer auf eine Einsichtnahme in die seitens der Behörde herangezogenen Berichte zur Situation in Afghanistan sowie auf die Abgabe einer diesbezüglichen Stellungnahme.

Ebenfalls am 26.07.2018 wurde dem Beschwerdeführer eine Verfahrensanordnung ausgefolgt, mit der dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG der Verlust des Aufenthaltsrechtes im Bundesgebiet wegen Straffälligkeit (§ 2 Abs. 3 AsylG) mitgeteilt wurde.

Mit dem nunmehrigen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.08.2018 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.), im Sinne des § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 145/2017 (im Folgenden: BFA-VG), eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017 (im Folgenden: FPG) erlassen (Spruchpunkt II.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt III.); die belangte Behörde gewährte gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV.) und erkannte einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde schließlich gegenüber dem Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

Die belangte Behörde führte aus, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen volljährigen Staatsangehörigen Afghanistans handle, welcher der moslemisch-schiitischen Glaubensrichtung sowie der Volksgruppe der Hazara angehöre. Die Identität des Beschwerdeführers könne hingegen nicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer sei in Afghanistan geboren und habe Afghanistan im Alter von vier Jahren verlassen. Er beherrsche die Muttersprache Dari in Wort und Schrift. Er habe eine - wenngleich rudimentäre - Schulbildung genossen und als gelernter Schuhmacher für ca. 5,5 Jahre in Pakistan gearbeitet und verfüge daher über Arbeitserfahrung. Er sei im arbeitsfähigen Alter und leide an keiner lebensbedrohenden Erkrankung. Seine Familie lebe in Afghanistan sowie in Pakistan.

Der in Österreich rechtskräftig strafgerichtlich verurteilte, illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereiste Beschwerdeführer sei seit November 2011 in Österreich aufhältig und habe einen Großteil des Zeitraumes des Aufenthaltes in Österreich in Strafhaft verbracht. Am 25.11.2016 sei er unter Gewährung einer Probezeit von fünf Jahren bedingt aus der Haft entlassen worden. Der Beschwerdeführer sei illegal in das Bundesgebiet eingereist, wo er sich seit einem vergleichsweise kurzen Zeitraum aufhalte, wobei nicht außer Acht gelassen werden dürfe, dass das Aufenthaltsrechtes des Beschwerdeführers ausschließlich auf dem Asylgesetz beruht habe. Seit Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes, mit dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wurde, sohin seit 05.07.2016, sei der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zudem lediglich geduldet und daher nicht rechtmäßig. Der Beschwerdeführer habe in Österreich weder Familienangehörige noch familienähnliche Bindungen und verfüge daher in Österreich nicht über ein entsprechendes Familienleben. Der Beschwerdeführer verfüge über grundlegende Kenntnisse der deutschen Sprache. Er gehöre in Österreich weder einem Verein noch einer sonstigen Organisation an und verbringe eigenen Angaben zufolge seiner Freizeit vornehmlich mit dem Besuch eines Deutschkurses bzw. bleibe oft zu Hause. Der Beschwerdeführer bestreite seinen Lebensunterhalt durch Unterstützung vom AMS. Eine wesentliche integrative Bindung zu Österreich könne nicht festgestellt werden.

Was die Lage im Herkunftsstaat Afghanistan - eine individuelle Verfolgung bzw. Gefährdung habe der Beschwerdeführer bisher weder vorgebracht noch glaubhaft gemacht - betreffe, so sei eine Rückkehr in die Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers, Ghazni, nicht möglich; in einer Gesamtschau sei aber nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nach einer Rückkehr nach Afghanistan landesweit eine Artikel 2, 3 EMRK entsprechende Notlage zu erwarten hätte. Insbesondere im Falle einer Aufenthaltnahme insbesondere in Kabul oder anderen Großstädten sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer dort als arbeitsfähiger Mann mit - wenngleich rudimentärer - Schulbildung und mehrjähriger Berufserfahrung als Schuhmacher Fuß fassen könne; zudem könne der Beschwerdeführer in Kabul im "Auffangbecken" seiner Volksgruppe, den Hazara, landen und entsprechende Unterstützung erwarten. Auch könne er in Kabul oder anderen Großstädten finanzielle Rückkehrhilfe als Startkapital in Anspruch nehmen und bestünde eine Netzwerk von Hilfsorganisationen für rückkehrende Menschen. Trotz der als instabil zu bezeichnenden allgemeinen Sicherheitslage in Afghanistan sei eine Ansiedelung in Afghanistan, insbesondere in Kabul oder in anderen Großstädten im Hinblick auf die regional unterschiedliche Sicherheitslage möglich. Dem Beschwerdeführer sei es zumutbar, sich in Großstädten wie beispielsweise in Kabul durch Aufnahme einer eigenen Arbeitstätigkeit sowie durch Unterstützung seiner in Pakistan aufhältigen Tante, zu der er eigenen Angaben zu Folge regelmäßigen Kontakt habe und die ihn immer unterstützt habe, den Lebensunterhalt (wenn auch auf bescheidenem Niveau) zu sichern, weshalb er nicht in eine ausweglose finanzielle bzw. wirtschaftliche Notlage geraten würde. Der Beschwerdeführer habe bereits in Pakistan unter Beweis stellen können, dass er imstande sei, sich selbstständig als gelernter Schuhmacher ein Einkommen zu sichern, auch die Tante in Pakistan, welche als Schneiderin arbeite, könne den Beschwerdeführer aus Pakistan finanziell unterstützen. Seitens der afghanischen Regierung sei man sich des Problems möglicherweise fehlenden familiären Rückhalts afghanischer Staatsbürger bewusst und bestrebt, diesbezüglich Unterstützung zu leisten. Zudem würden Rückkehrer aus Europa besser versorgt werden als jene aus dem Iran und Pakistan, da die meisten europäischen Staaten eigene Programme haben, um die Rückkehrer zu unterstützen. Im konkreten Fall des Beschwerdeführers seien - unter Berücksichtigung der für alle Einwohner Afghanistans prekären Verhältnisse, insbesondere was den Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung betrifft - keine weitergehenden außergewöhnlichen Umstände festzustellen, vor deren Hintergrund sich eine Rückkehr nach Afghanistan tatsächlich als unmöglich erweisen würde. Es habe auch nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer angesichts seiner langjährigen Abwesenheit aus seinem Herkunftsstaat bei langjährigem Aufenthalt in Pakistan bei einer Wiedereingliederung in die afghanische Gesellschaft mit unüberwindlichen Hindernissen konfrontiert sein würde, zumal er selbst angegeben habe, in Pakistan in einem afghanischen Umfeld aufgewachsen und im Sinne afghanischer Sitten und Traditionen erzogen worden zu sein, weshalb ihm diese auch vertraut seien, und er mit Dari einer der Amtssprachen seines Herkunftsstaates spreche. Der Beschwerdeführer leide an keiner akuten lebensbedrohlichen Erkrankung, zudem gehe aus den zu Grunde gelegten Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat hervor, dass medizinische Versorgung im Bedarfsfall zur Verfügung stehe. Es gebe in Kabul zwei psychiatrische Einrichtungen, darüber hinaus stünden unter anderem auch in Herat und Mazar-e-Sharif Betten für psychiatrische Fälle zur Verfügung.

Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 31.08.2018 fristgerecht Beschwerde ein, die dem Bundesverwaltungsgericht am 05.09.2018 zur Entscheidung vorgelegt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Das bisherige verwaltungsbehördliche und verwaltungsgerichtliche Verfahrensgeschehen wird wie oben im Verfahrensgang dargelegt festgestellt.

Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, gehört der Volksgruppe der Hazara an und ist Muslim schiitischer Ausrichtung. Seine Identität steht nicht fest. Der Beschwerdeführer ist in Afghanistan geboren, hat Afghanistan allerdings im Alter von vier Jahren verlassen und ist in Pakistan in der afghanischen Familie seiner Tante aufgewachsen und wurde in dieser Familie den afghanischen Sitten und Gebräuchen entsprechend erzogen. Er hat in Pakistan bis zu seiner Ausreise im Jahr 2010 gelebt. Die Tante des Beschwerdeführers, die als Schneiderin arbeitet und den Beschwerdeführer immer unterstützt hat, lebt mit ihrer Familie nach wie vor in Pakistan; der Beschwerdeführer steht in regelmäßigem Kontakt mit ihr. In Afghanistan lebt ein Onkel des Beschwerdeführers, zu dem der Beschwerdeführer ein schlechtes Verhältnis hat; weitere Angehörige des Beschwerdeführers sind (eigenen Angaben zu Folge) nicht in Afghanistan aufhältig.

Der Beschwerdeführer ist alleinstehend und kinderlos. Er beherrscht seine Muttersprache Dari in Wort und Schrift; Schreiben hat er gemeinsam mit dem Sohn seines ehemaligen Arbeitgebers in Pakistan gelernt. Der Beschwerdeführer hat in Pakistan ca. fünfeinhalb Jahre als gelernter Schuhmacher gearbeitet und verfügt daher über Berufserfahrung.

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen jungen arbeitsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf. Der Beschwerdeführer leidet an keinen körperlichen und - auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass er nach seiner rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung in Österreich wegen des Verbrechens der Vergewaltigung mit schwerer Körperverletzung eine gerichtlich angeordnete fünfjährige Psychotherapie auferlegt bekommen hat, von der er bisher zwei Jahre absolviert hat - an keinen schweren lebensbedrohlichen psychischen Erkrankungen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich nicht unbescholten. Er wurde mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 25.06.2014, 064 Hv 21/2014f, rechtskräftig gemäß § 201 (1) u (2) 1. Fall StGB wegen des Verbrechens der Vergewaltigung mit schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.

Der Beschwerdeführer war nach seiner illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet seit seiner Antragstellung am 17.11.2011 auf Grund des vorläufigen Aufenthaltsrechts in seinem Asylverfahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig; seit Zuerkennung des subsidiären Schutzes mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 28.05.2013 kam ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 28.052014 zu. Danach ist kein rechtmäßiger Aufenthalt des Beschwerdeführers - etwa auf Grundlage eines allfälligen Antrages auf Verlängerung dieser befristeten Aufenthaltsberechtigung - mehr im österreichischen Bundesgebiet aktenkundig. Seit rechtskräftiger Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.06.2016 verfügt der Beschwerdeführer jedenfalls nur mehr über eine Duldung und damit über keinen rechtmäßigen Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet. Am 22.12.2016 wurde der Beschwerdeführung unter Setzung einer Probezeit von fünf Jahren bedingt aus der Strafhaft entlassen.

Der Beschwerdeführer bestreitet den Lebensunterhalt in Österreich durch Unterstützungen des AMS. Er verbringt eigenen Angaben zufolge seine Zeit vornehmlich mit dem Besuch eines Deutschkurses bzw. bleibt oft zu Hause. Er verfügt über gute Kenntnisse der deutschen Sprache; er hat in Österreich Deutschkurse besucht und verfügt über entsprechende Zertifikate. Er hat in Österreich keine Verwandten und keine sonstigen engen familienähnlichen Bindungen. Für außergewöhnliche Integrationsbestrebungen des Beschwerdeführers gibt es keine Anhaltspunkte.

Zur Lage im Herkunftsstaat wird festgestellt:

...

Sicherheitslage

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (UNGASC

27.2.2018) .

Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (INSO o.D.).

Für das Jahr 2017 registrierte die UN insgesamt 23.744 sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan (UNGASC 27.2.2018); für das gesamte Jahr 2016 waren es 23.712 (UNGASC. Landesweit wurden für das Jahr 2015 insgesamt 22.634 sicherheitsrelevanter Vorfälle registriert (UNGASC 15.3.2016).

Im Jahr 2017 waren auch weiterhin bewaffnete Zusammenstöße Hauptursache (63%) aller registrierten sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und Luftangriffen. Für das gesamte Jahr 2017 wurden 14.998 bewaffnete Zusammenstöße registriert (2016:

14.977 bewaffnete

Zusammenstöße) (USDOD 12.2017). Im August 2017 stuften die Vereinten Nationen (UN) Afghanistan, das bisher als "Post-Konflikt-Land" galt, wieder als "Konfliktland" ein; dies bedeute nicht, dass kein Fortschritt stattgefunden habe, jedoch bedrohe der aktuelle Konflikt die Nachhaltigkeit der erreichten Leistungen (UNGASC 10.8.2017)

Die afghanische Regierung behält auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren (USDOD 12.2017). Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt; vgl. AAN 6.6.2018) bedrohen - ein signifikanter Meilenstein für die ANDSF (USDOD 12.2017; vgl. UNGASC 27.2.2018); diesen Meilenstein schrieben afghanische und internationale Sicherheitsbeamte den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zu (UNGASC 27.2.2018).

Die von den Aufständischen ausgeübten öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe in städtischen Zentren beeinträchtigten die öffentliche Moral und drohten das Vertrauen in die Regierung zu untergraben. Trotz dieser Gewaltserie in städtischen Regionen war im Winter landesweit ein Rückgang an Talibanangriffen zu verzeichnen (UNGASC 27.2.2018). Historisch gesehen gehen die Angriffe der Taliban im Winter jedoch immer zurück, wenngleich sie ihre Angriffe im Herbst und Winter nicht gänzlich einstellen. Mit Einzug des Frühlings beschleunigen die Aufständischen ihr Operationstempo wieder. Der Rückgang der Vorfälle im letzten Quartal 2017 war also im Einklang mit vorangegangenen Schemata (LIGM 15.2.2018).

Anschläge bzw. Angriffe und Anschläge auf hochrangige Ziele

Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) verübten auch weiterhin "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben (USDOD 12.2017; vgl. SBS 28.2.2018, NZZ 21.3.2018, UNGASC 27.2.2018). Möglicherweise sehen Aufständische Angriffe auf die Hauptstadt als einen effektiven Weg, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung zu untergraben, anstatt zu versuchen, Territorium in ländlichen Gebieten zu erobern und zu halten (BBC 21.3.2018).

Die Anzahl der öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe hatte sich von 1.6. - 20.11.2017 im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres erhöht (USDOD 12.2017). In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden verstärkt Angriffe bzw. Anschläge durch die Taliban und den IS in verschiedenen Teilen Kabuls ausgeführt (AJ 24.2.2018; vgl. Slate

22.4.2018) . Als Antwort auf die zunehmenden Angriffe wurden Luftangriffe und Sicherheitsoperationen verstärkt, wodurch Aufständische in einigen Gegenden zurückgedrängt wurden (BBC 21.3.2018); auch wurden in der Hauptstadt verstärkt Spezialoperationen durchgeführt, wie auch die Bemühungen der US-Amerikaner, Terroristen zu identifizieren und zu lokalisieren (WSJ 21.3.2018).

Landesweit haben Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, in den Monaten vor Jänner 2018 ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert (TG 29.1.2018; vgl. BBC 29.1.2018); auch hat die Gewalt Aufständischer gegenüber Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen in den letzten Jahren zugenommen (The Guardian 24.1.2018). Die Taliban verstärken ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht, seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Die Hauptstadt Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant (AP 30.1.2018).

Angriffe auf afghanische Sicherheitskräfte und Zusammenstöße zwischen diesen und den Taliban finden weiterhin statt (AJ 22.5.2018; AD 20.5.2018).

Registriert wurde auch eine Steigerung öffentlichkeitswirksamer gewalttätiger Vorfälle (UNGASC 27.2.2018)

Regierungsfeindlichen Gruppierungen wurden landesweit für das Jahr 2017 6.768 zivile Opfer (2.303 Tote und 4.465 Verletzte) zugeschrieben - dies deutet auf einen Rückgang von 3% im Vergleich zum Vorjahreswert von 7.003 zivilen Opfern (2.138 Tote und 4.865 Verletzte). Der Rückgang ziviler Opfer, die regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben werden, ist auf einen Rückgang ziviler Opfer, die durch Bodenkonfrontation, IED und ferngezündete Bomben zu Schaden gekommen sind, zurückzuführen. Im Gegenzug dazu hat sich die Anzahl ziviler Opfer aufgrund von Selbstmordangriffen und komplexen Attacken erhöht. Die Anzahl ziviler und nicht-ziviler Opfer, die aufgrund gezielter Tötungen durch regierungsfeindliche Elemente zu Schaden gekommen sind, ist ähnlich jener aus dem Jahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Im Jänner 2018 waren 56.3% der Distrikte unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung, während Aufständische 14.5% der Distrikte kontrollierten bzw. unter ihrem Einfluss hatten. Die übriggebliebenen 29.2% der Distrikte waren umkämpft. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten, die von Aufständischen kontrolliert werden, waren mit Stand Jänner 2018 Uruzgan, Kunduz und Helmand. Alle Provinzhauptstädte befanden sich unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung (SIGAR

30.4.2018) .

Ein besonderes Anliegen der ANDSF, der afghanischen Regierung und internationaler Kräfte das Verhindern ziviler Opfer. Internationale Berater/innen der US-amerikanischen und Koalitionskräfte arbeiten eng mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Anzahl ziviler Opfer zu reduzieren und ein Bewusstsein für die Wichtigkeit der Reduzierung der Anzahl von zivilen Opfern zu schaffen. Die afghanische Regierung hält auch weiterhin ihre viertel-jährliche Vorstandssitzung zur Vermeidung ziviler Opfer (Civilian Casualty Avoidance and Mitigation Board) ab, um u. a. Präventivmethoden zu besprechen (USDOD 12.2017). Die UNAMA bemerkte den Einsatz und die positiven Schritte der afghanischen Regierung, zivile Opfer im Jahr 2017 zu reduzieren (UNAMA 2.2018).

Im gesamten Jahr 2017 wurden 3.484 zivile Opfer (823 Tote und 2.661 Verletzte) im Rahmen von 1.845 Bodenoffensiven registriert - ein Rückgang von 19% gegenüber dem Vorjahreswert aus 2016 (4.300 zivile Opfer, 1.072 Tote und 3.228 Verletzte in 2.008 Bodenoffensiven). Zivile Opfer, die aufgrund bewaffneter Zusammenstöße zwischen regierungsfreundlichen und regierungsfeindlichen Kräften zu beklagen waren, sind zum ersten Mal seit 2012 zurückgegangen (UNAMA 2.2018).

Im Jahr 2017 forderten explosive Kampfmittelrückstände (Engl. "explosive remnants of war", Anm.) 639 zivile Opfer (164 Tote und 475 Verletzte) - ein Rückgang von 12% gegenüber dem Jahr 2016. 2017 war überhaupt das erste Jahr seit 2009, in welchem ein Rückgang verzeichnet werden konnte. Der Rückgang ziviler Opfer ist möglicherweise u.a. auf eine Verminderung des indirekten Beschusses durch Mörser, Raketen und Granaten in bevölkerten Gegenden von regierungsfreundlichen Kräfte zurückzuführen (UNAMA 2.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen:

Terroristische und aufständische Gruppierungen stellen Afghanistan und die Koalitionskräfte vor erhebliche Herausforderungen. Derzeit sind rund 20 terroristische Organisationen in Afghanistan zu finden:

das von außen unterstützte Haqqani-Netzwerk stellt nach wie vor die größte Gefährdung für afghanische und internationale Kräfte dar. Die Verflechtung von Taliban und Haqqani-Netzwerk ist so intensiv, dass diese beiden Gruppierungen als Fraktionen ein und derselben Gruppe angesehen werden. Wenn auch die Taliban öffentlich verkündet haben, sie würden zivile Opfer einschränken, so führt das Haqqani-Netzwerk auch weiterhin Angriffe in bevölkerungsreichen Gegenden aus (USDOD 12.2017).

Im August 2017 wurde berichtet, dass regierungsfeindliche bewaffnete Gruppierungen - insbesondere die Taliban - ihre Aktivitäten landesweit verstärkt haben, trotz des Drucks der afghanischen Sicherheitskräfte und der internationalen Gemeinschaft, ihren Aktivitäten ein Ende zu setzen (Khaama Press 13.8.2017). Auch sind die Kämpfe mit den Taliban eskaliert, da sich der Aufstand vom Süden in den sonst friedlichen Norden des Landes verlagert hat, wo die Taliban auch Jugendliche rekrutieren (Xinhua 18.3.2018). Ab dem Jahr 2008 expandierten die Taliban im Norden des Landes. Diese neue Phase ihrer Kampfgeschichte war die Folge des Regierungsaufbaus und Konsolidierungsprozess in den südlichen Regionen des Landes. Darüber hinaus haben die Taliban hauptsächlich in Faryab und Sar-i- Pul, wo die Mehrheit der Bevölkerung usbekischer Abstammung ist, ihre Reihen für nicht- paschtunische Kämpfer geöffnet (AAN 17.3.2017).

Teil der neuen Strategie der Regierung und der internationalen Kräfte im Kampf gegen die Taliban ist es, die Luftangriffe der afghanischen und internationalen Kräfte in jenen Gegenden zu verstärken, die am stärksten von Vorfällen betroffen sind. Dazu gehören u.a. die östlichen und südlichen Regionen, in denen ein Großteil der Vorfälle registriert wurde. Eine weitere Strategie der Behörden, um gegen Taliban und das Haqqani-Netzwerk vorzugehen, ist die Reduzierung des Einkommens selbiger, indem mit Luftangriffen gegen ihre Opium-Produktion vorgegangen wird (SIGAR 1.2018).

Außerdem haben Militäroperationen der pakistanischen Regierung einige Zufluchtsorte Aufständischer zerstört. Jedoch genießen bestimmte Gruppierungen, wie die Taliban und das Haqqani-Netzwerk Bewegungsfreiheit in Pakistan (USDOD 12.2017). Die Gründe dafür sind verschiedene: das Fehlen einer Regierung, das permissive Verhalten der pakistanischen Sicherheitsbehörden, die gemeinsamen kommunalen Bindungen über die Grenze und die zahlreichen illegalen Netzwerke, die den Aufständischen Schutz bieten (AAN

17.10.2017) .

Taliban

Die Taliban führten auch ihre Offensive "Mansouri" weiter; diese Offensive konzentrierte sich auf den Aufbau einer "Regierungsführung" der Taliban (Engl. "governance") bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Gewalt gegen die afghanische Regierung, die ANDSF und ausländische Streitkräfte. Nichtsdestotrotz erreichten die Taliban, die Hauptziele dieser "Kampfsaison" laut US-Verteidigungsministerium nicht (USDOD 12.2017). Operation Mansouri sollte eine Mischung aus konventioneller Kriegsführung, Guerilla-Angriffen und Selbstmordattentaten auf afghanische und ausländische Streitkräfte werden (Reuters

28.4.2017) . Auch wollten sich die Taliban auf jene Gegenden konzentrieren, die vom Feind befreit worden waren (LWJ 28.4.2017). Laut NATO Mission Resolute Support kann das Scheitern der Taliban-Pläne für 2017 auf aggressive ANDSF-Operationen zurückgeführt, aber auch auf den Umstand, dass die Taliban den IS und die ANDSF gleichzeitig bekämpfen müssen (USDOD 12.2017).

Im Jahr 2017 wurden den Taliban insgesamt 4.385 zivile Opfer (1.574 Tote und 2.811 Verletzte zugeschrieben. Die Taliban bekannten sich nur zu 1.166 zivilen Opfern. Im Vergleich zum Vorjahreswert bedeutet dies einen Rückgang um 12% bei der Anzahl ziviler Opfer, die den Taliban zugeschrieben werden. Aufgrund der Komplexität der in Selbstmord- und komplexen Anschlägen involvierten Akteure hat die UNAMA oft Schwierigkeiten, die daraus resultierenden zivilen Opfer spezifischen regierungsfreundlichen Gruppierungen zuzuschreiben, wenn keine Erklärungen zur Verantwortungsübernahme abgegeben wurde. Im Jahr 2017 haben sich die Taliban zu 67 willkürlichen Angriffen auf Zivilist/innen bekannt;

dies führte zu 214 zivilen Opfern (113 Toten und 101 Verletzten). Auch wenn sich die Taliban insgesamt zu weniger Angriffen gegen Zivilist/innen bekannten, so haben sie dennoch die Angriffe gegen zivile Regierungsmitarbeiter/innen erhöht - es entspricht der Linie der Taliban, Regierungsinstitutionen anzugreifen (UNAMA 2.2018).

Schätzungen von SIGAR zufolge kontrollierten im Oktober 2017 und im Jänner 2018 die Taliban 14% der Distrikte Afghanistans (SIGAR 30.4.2018). Die Taliban selbst verlautbarten im März 2017, dass sie beinahe 10% der afghanischen Distrikte kontrollierten (ODI 6.2018). Die Taliban halten auch weiterhin großes Territorium in den nördlichen und südlichen Gegenden der Provinz Helmand (JD News 12.3.2018; vgl. LWJ 20.4.2018). Die ANDSF haben, unterstützt durch US-amerikanische Truppen, in den ersten Monaten des Jahres 2018 an Boden gewonnen, wenngleich die Taliban nach wie vor die Hälfte der Provinz Helmand unter Kontrolle halten (JD News 12.3.2018; vgl. LWJ 20.4.2018). Helmand war lange Zeit ein Hauptschlachtfeld - insbesondere in der Gegend rund um den Distrikt Sangin, der als Kernstück des Taliban-Aufstands erachtet wird (JD News 12.3.2018; vgl. Reuters

30.3.2018) . Die Taliban haben unerwarteten Druck aus ihrer eigenen Hochburg in Helmand erhalten: Parallel zu der Ende März 2018 abgehaltenen Friendens-Konferenz in Uzbekistan sind hunderte Menschen auf die Straße gegangen, haben eine Sitzblockade abgehalten und geschworen, einen langen Marsch in der von den Taliban kontrollierten Stadt Musa Qala zu abzuhalten, um die Friedensgespräche einzufordern. Unter den protestierenden Menschen befanden sich auch Frauen, die in dieser konservativen Region Afghanistans selten außer Hauses gesehen werden (NYT 27.3.2018).

Die Taliban geben im Kurznachrichtendienst Twitter Angaben zu ihren Opfern oder Angriffen (FAZ 19.10.2017; vgl. Pajhwok 13.3.2018). Ihre Angaben sind allerdings oft übertrieben (FAZ

19.10.2017) . Auch ist es sehr schwierig Ansprüche und Bekennermeldungen zu verifizieren - dies gilt sowohl für Taliban als auch für den IS (AAN 5.2.2018).

IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh

Höchst umstritten ist von Expert/innen die Größe und die Gefahr, die vom IS ausgeht. So wird von US-amerikanischen Sicherheitsbeamten und weiteren Länderexpert/innen die Anzahl der IS-Kämpfer in Afghanistan mit zwischen 500 und 5.000 Kämpfern beziffert. Jeglicher Versuch die tatsächliche Stärke einzuschätzen, wird durch den Umstand erschwert, dass sich die Loyalität der bewaffneten radikalen Islamisten oftmals monatlich oder gar wöchentlich ändert, je nach ideologischer Wende, Finanzierung und Kampfsituation (WSJ 21.3.2018). Auch wurde die afghanische Regierung bezichtigt, die Anzahl der IS- Kämpfer in Afghanistan aufzublasen (Tolonews 10.1.2018). Zusätzlich ist wenig über die

Gruppierung und deren Kapazität, komplexe Angriffe auszuführen, bekannt. Viele afghanische und westliche Sicherheitsbeamte bezweifeln, dass die Gruppierung alleine arbeitet (Reuters 9.3.2018).

Die Fähigkeiten und der Einfluss des IS sind seit seiner Erscheinung im Jahr 2015 zurückgegangen. Operationen durch die ANDSF und die US-Amerikaner, Druck durch die Taliban und Schwierigkeiten die Unterstützung der lokalen Bevölkerung zu gewinnen, störten das Wachstum des IS und verringerten dessen Operationskapazitäten. Trotz erheblicher Verluste von Territorium, Kämpfern und hochrangigen Führern, bleibt der IS nach wie vor eine Gefährdung für die Sicherheit in Afghanistan und in der Region. Er ist dazu in der Lage, öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen (HPA) in städtischen Zentren zu verüben (USDOD 12.2017). Der IS hat sich nämlich in den vergangenen Monaten zu einer Anzahl tödlicher Angriffe in unterschiedlichen Teilen des Landes bekannt - inklusive der Hauptstadt. Dies schürte die Angst, der IS könne an Kraft gewinnen (VoA 10.1.2018; vgl. AJ 30.4.2018). Auch haben örtliche IS-Gruppen die Verantwortung für Angriffe auf Schiiten im ganzen Land übernommen (USDOD 12.2017).

Im Jahr 2017 wurden dem IS 1.000 zivile Opfer (399 Tote und 601 Verletzte) zugeschrieben sowie die Entführung von 81 Personen; er war damit laut UNAMA für 10% aller zivilen Opfer im Jahr 2017 verantwortlich - eine Zunahme von insgesamt 11% im Vergleich zum Jahr 2016. Im Jahr 2017 hat sich der IS zu insgesamt 18 willkürlichen Angriffen auf Zivilist/innen oder zivile Objekte bekannt (UNAMA 2.2018); er agiert wahllos - greift Einrichtungen der afghanischen Regierung und der Koalitionskräfte an (AAN 5.2.2018), aber auch ausländische Botschaften (UNAMA 2.2.018). Fast ein Drittel der Angriffe des IS zielen auf schiitische Muslime ab (UNAMA 2.2018; vgl. AAN 5.2.2018) - sechs Angriffe waren auf schiitische Glaubensstätten (UNAMA 2.2018). Der IS begründet seine Angriffe auf die schiitische Gemeinschaft damit, dass deren Mitglieder im Kampf gegen den IS im Mittleren Osten involviert sind (AAN 5.2.2018).

Zusätzlich dokumentierte die UNAMA im Jahr 2017 27 zivile Opfer (24 Tote und drei Verletzte) sowie die Entführung von 41 Zivilist/innen, die von selbsternannten IS-Anhängern in Ghor, Jawzjan und Sar-e Pul ausgeführt wurden. Diese Anhänger haben keine offensichtliche Verbindung zu dem IS in der Provinz Nangarhar (UNAMA 2.2018).

Der IS rekrutierte auf niedriger Ebene und verteilte Propagandamaterial in vielen Provinzen Afghanistans. Führung, Kontrolle und Finanzierung des Kern-IS aus dem Irak und Syrien ist eingeschränkt, wenngleich der IS in Afghanistan nachhaltig auf externe Finanzierung angewiesen ist, sowie Schwierigkeiten hat, Finanzierungsströme in Afghanistan zu finden. Dieses Ressourcenproblem hat den IS in einen Konflikt mit den Taliban und anderen Gruppierungen gebracht, die um den Gewinn von illegalen Kontrollpunkten und den Handel mit illegalen Waren wetteifern. Der IS bezieht auch weiterhin seine Mitglieder aus unzufriedenen TTP-Kämpfern (Tehreek-e Taliban in Pakistan - TTP), ehemaligen afghanischen Taliban und anderen Aufständischen, die meinen, der Anschluss an den IS und ihm die Treue zu schwören, würde ihre Interessen vorantreiben (USDOD 12.2017).

Auch ist der IS nicht länger der wirtschaftliche Magnet für arbeitslose und arme Jugendliche in Ostafghanistan, der er einst war. Die Tötungen von IS-Führern im letzten Jahr (2017) durch die afghanischen und internationalen Kräfte haben dem IS einen harten Schlag versetzt, auch um Zugang zu finanziellen Mitteln im Mittleren Osten zu erhalten. Finanziell angeschlagen und mit wenigen Ressourcen, ist der IS in Afghanistan nun auf der Suche nach anderen Möglichkeiten des finanziellen Überlebens (AN 6.3.2018).

Kabul

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist KabulStadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, an Nangarhar im Südosten, an Logar im Süden und an (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Provinz Kabul besteht aus folgenden Einheiten (Pajhwok o.D.z): Bagrami, Chaharasyab/Char Asiab, Dehsabz/Deh sabz, Estalef/Istalif, Farza, Guldara, Kabul Stadt, Kalakan, Khak-e Jabbar/Khak-i-Jabar, Mirbachakot/Mir Bacha Kot, Musayi/Mussahi, Paghman, Qarabagh, Shakardara, Surobi/Sorubi (UN OCHA 4-2014; vgl. Pajhwok o.D.z).

Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.679.648 geschätzt (CSO 4.2017).

In der Hauptstadt Kabul leben unterschiedliche Ethnien: Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Sikhs und Hindus. Ein Großteil der Bevölkerung gehört dem sunnitischen Glauben an, dennoch lebt eine Anzahl von Schiiten, Sikhs und Hindus nebeneinander in Kabul Stadt (Pajhwok o.D.z). Menschen aus unsicheren Provinzen, auf der Suche nach Sicherheit und Jobs, kommen nach Kabul - beispielsweise in die Region Shuhada-e Saliheen (LAT 26.3.2018). In der Hauptstadt Kabul existieren etwa 60 anerkannte informelle Siedlungen, in denen 65.000 registrierte Rückkehrer/innen und IDPs wohnen (TG 15.3.2018).

Kabul verfügt über einen internationalen Flughafen: den Hamid Karzai International Airport (HKIR) (Tolonews 25.2.2018; vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35). Auch soll die vierspurige "Ring Road", die Kabul mit angrenzenden Provinzen verbindet, verlängert werden (Tolonews 10.9.2017; vgl. Kapitel 3.35.).

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

Einst als relativ sicher erachtet, ist die Hauptstadt Kabul von öffentlichkeitswirksamen (highprofile) Angriffen der Taliban betroffen (Reuters 14.3.2018), die darauf abzielen, die Autorität der afghanischen Regierung zu untergraben (Reuters 14.3.2018; vgl. UNGASC 27.2.2018). Regierungsfeindliche, bewaffnete Gruppierungen inklusive des IS versuchen in Schlüsselprovinzen und -distrikten, wie auch in der Hauptstadt Kabul, Angriffe auszuführen (Khaama Press 26.3.2018; vgl. FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018). Im Jahr 2017 und in den ersten Monaten des Jahres 2018 kam es zu mehreren "high-profile"-Angriffen in der Stadt Kabul; dadurch zeigte sich die Angreifbarkeit/Vulnerabilität der afghanischen und ausländischen Sicherheitskräfte (DW 27.3.2018; vgl. VoA 19.3.2018 SCR 3.2018, FAZ

22.4.2018, AJ 30.4.2018).

Informationen und Beispiele zu öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen (HPA) können dem Kapitel 3. "Sicherheitslage (allgemeiner Teil)" entnommen werden; Anmerkung der Staatendokumentation.

Im Zeitraum 1.1.2017- 30.4.2018 wurden in der Provinz 410 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Für Kabul-Stadt wurden insgesamt 1.612 zivile Opfer registriert; dies bedeutet eine Steigerung von 17% im Gegensatz zum Vorjahr 2016 (440 getötete Zivilisten und 1.172 Verletzte) (UNAMA 2.2018).

Im Jahr 2017 war die höchste Anzahl ziviler Opfer Afghanistans in der Provinz Kabul zu verzeichnen, die hauptsächlich auf willkürliche Angriffe in der Stadt Kabul zurückzuführen waren; 16% aller zivilen Opfer in Afghanistan sind in Kabul zu verzeichnen.

Selbstmordangriffe und komplexe Attacken, aber auch andere Vorfallsarten, in denen auch IEDs verwendet wurden, erhöhten die Anzahl ziviler Opfer in Kabul. Dieser öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriff im Mai 2017 war alleine für ein Drittel ziviler Opfer in der Stadt Kabul im Jahr 2017 verantwortlich (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen und Maßnahmen der afghanischen Regierung in der Provinz Kabul

Regelmäßig werden in der Hauptstadt Sicherheitsoperationen durch die Regierung in unterschiedlichen Gebieten ausgeführt (Tolonews 31.1.2018; vgl. AT 18.3.2018, RS 28.2.2018; vgl. MF 18.3.2018). Im Rahmen des neuen Sicherheitsplanes sollen außerdem Hausdurchsuchungen ausgeführt werden (MF 18.3.2018). Um die Sicherheitslage in KabulStadt zu verbessern, wurden im Rahmen eines neuen Sicherheitsplanes mit dem Namen "Zarghun Belt" (der grüne Gürtel), der Mitte August 2017 bekannt gegeben wurde, mindestens 90 Kontrollpunkte in den zentralen Teilen der Stadt Kabul errichtet. Die afghanische Regierung deklarierte einen Schlüsselbereich der afghanischen Hauptstadt zur "Green Zone" - dies ist die Region, in der wichtige Regierungsinstitutionen, ausländische Vertretungen und einige Betriebe verortet sind (Tolonews 7.2.2018). Kabul hatte zwar niemals eine formelle "Green Zone"; dennoch hat sich das Zentrum der afghanischen Hauptstadt, gekennzeichnet von bewaffneten Kontrollpunkten und Sicherheitswänden, immer mehr in eine militärische Zone verwandelt (Reuters 6.8.2017). Die neue Strategie beinhaltet auch die Schließung der Seitenstraßen, welche die Hauptstadt Kabul mit den angrenzenden Vorstädten verbinden; des Weiteren, werden die Sicherheitskräfte ihre Präsenz, Personenkontrollen und geheimdienstlichen Aktivitäten erhöhen (Tolonews

7.2.2018) . Damit soll innerhalb der Sicherheitszone der Personenverkehr kontrolliert werden. Die engmaschigen Sicherheitsmaßnahmen beinhalten auch eine erhöhte Anzahl an Sicherheitskräften und eine Verbesserung der Infrastruktur rund um Schlüsselbereiche der Stadt (Tolonews 1.3.2018). Insgesamt beinhaltet dieser neue Sicherheitsplan 52 Maßnahmen, von denen die meisten nicht veröffentlicht werden (RFE/RL 7.2.2018). Auch übernimmt die ANA einige der porösen Kontrollpunkte innerhalb der Stadt und bildet

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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