TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/18 W261 1425162-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.09.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

18.09.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z4
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W261 1425162-2/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin Gastinger, MAS als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich vom 13.06.2018, Zahl XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.08.2018, zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis V. und VII. als unbegründet abgewiesen.

II. Der Spruchpunkt VI. wird insoweit abgeändert, als dieser zu lauten hat:

Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für Ihre freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Ihrer Haftentlassung.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Gang des Verfahrens:

Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein afghanischer Staatsbürger, reiste nach eigenen Angaben am 28.01.2012 irregulär in Österreich ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am 28.01.2012 erfolgte die Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Anwesenheit eines Dolmetschers in der Sprache Paschtu. Dabei gab der BF an, afghanischer Staatsangehöriger und sunnitischer Moslem zu sein und der Volksgruppe der Paschtunen anzugehören. Er sei am XXXX in XXXX geboren. Seinen Fluchtgrund betreffend führte er aus, dass er Soldat gewesen sei und als solcher von den Taliban festgenommen worden sei. Ihm sei die die Flucht mit Hilfe eines Nachbarn, der auch ein Taliban gewesen sei, geglückt. Sein Vater sei mitgenommen worden, und die Polizei würde nach ihm suchen.

Am 03.02.2012 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesasylamt, im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der BF im Wesentlichen das aus, was er bereits bei seiner Erstbefragung angab.

Das Bundesasylamt wies in weiterer Folge den Antrag des BF auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 14.02.2012 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten im Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab. Im Spruchpunkt II. erkannte das Bundesasylamt dem BF gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu. Im Spruchpunkt II. erteilte das Bundesasylamt dem BF gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 die befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 14.02.2013.

Mit Verfahrensanordnung vom 15.02.2012 stellte die belangte Behörde dem BF die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater amtswegig zur Seite.

Mit Eingabe vom 23.02.2012 erhob der BF Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes I. (Internationaler Schutz).

Mit Bescheid vom 21.01.2013 erteilte das Bundesasylamt dem BF gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 14.02.2014. Der BF stellte am 05.02.2014 einen weiteren Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung. Mit Bescheid vom 10.03.2014 erteilte das Bundesasylamt dem BF gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 14.02.2016.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (in der Folge BVwG) vom 16.03.2015 gab dieses der Beschwerde des BF statt und erkannte dem BF gemäß § 3 AsylG 2005 den Status des Asylberechtigten zu.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Passcenter informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich (in der Folge belangte Behörde) mit Emailnachricht vom 22.06.2016 darüber, dass der BF bereits mit Urteil des LG für Strafsachen XXXX vom 17.06.2015 zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt worden sei. Mit gleicher Nachricht übermittelte diese einen Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX , wonach über den BF wegen des Verdachtes des Verbrechens der Schlepperei die Untersuchungshaft verhängt worden sei. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Passcenter regte an, wegen der genannten schwerwiegenden Übertretungen der österreichischen Rechtsordnung die Einleitung eines Aberkennungsverfahrens des Asylstatus zu überprüfen.

Mit Emailnachricht vom 10.10.2016 informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, Team 08 Justiz, die belangte Behörde darüber, dass der BF mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 15.09.2016 wegen des Verbrechens der Schlepperei rechtskräftig zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 21 Monaten verurteilt worden sei, und regte neuerlich an, das Asylaberkennungsverfahren zu prüfen.

Die belangte Behörde ersuchte in weiterer Folge mit Schreiben vom 23.01.2017 das Landesgericht für Strafsachen XXXX das Gerichtsurteil vom 15.09.2016 zu übermitteln, was dieses am 26.01.2017 auch vornahm.

Mit Schreiben vom 08.09.2017 übermittelte das Landesgericht für Strafsachen XXXX über Ersuchen der belangten Behörde die gekürzte Urteilsausfertigung vom 17.05.2015, wonach der BF wegen Suchtgiftmittelhandels zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, wovon acht Monate bedingt unter Setzung einer Probezeit in der Dauer von drei Jahren nachgesehen wurden, rechtskräftig verurteilt worden sei.

Mit Schreiben vom 28.03.2018 teilte die belangte Behörde dem BF mit, dass beabsichtigt sei, ihm aufgrund seiner Verurteilungen den Status des Asylberechtigten abzuerkennen. Gleichzeitig übermittelte die belangte Behörde dem BF Auszüge aus dem Länderinformationsblatt Afghanistan, Stand 30.01.2018, und räumte diesem die Möglichkeit ein, sich hierzu innerhalb einer Frist von zwei Wochen zu äußern.

Mit Eingabe vom 06.04.2018 gab der BF eine schriftliche Stellungnahme ab, wonach er im Falle einer Rückkehr einer großen Gefahr ausgesetzt sei, da die Taliban ihn sofort töten würden. Er lebe seit sechs Jahren in Österreich und fühle sich gut integriert. Er habe einen B1 Sprachkurs absolviert und sei sehr motiviert, in Österreich zu arbeiten. Er wolle Koch oder Tischler werden und eine Lehre absolvieren. Er könne sich nicht vorstellen, nach Afghanistan zurückzukehren und bereue seine Straftaten sehr. Er habe aus seiner Vergangenheit gelernt und wolle nicht mehr straffällig werden. Er werde seit seiner Entlassung vom Verein XXXX unterstützt und betreut.

Der Verein XXXX gab mit Eingabe vom 11.04.2018 eine Stellungnahme ab, wonach der BF von diesem betreut werde. Er wohne gemeinsam mit Freunden in einer Wohnung und beziehe Arbeitslosengeld und bedarfsorientierte Mindestsicherung in der Höhe von rund € 840,-. Er sei sehr motiviert und wolle unbedingt eine Arbeit finden. Der BF zeige sich sehr verlässlich, kooperativ und offen und wolle seine Situation in Österreich stabilisieren. Aus Sicht der Bewährungshilfe würden neben den guten Deutschkenntnissen und der gut gelungenen Integration in Österreich, das aufrichtige Bereuen der bisherigen Straffälligkeit vor allem die große Gefahr, welcher der BF im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan ausgesetzt sei, gegen eine Aberkennung des Asylstatus sprechen.

Mit Emailnachricht vom 27.04.2018 informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, Team 08 Justiz, die belangte Behörde darüber, dass gegen den BF am 17.04.2018 wegen des Verdachtes des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften die Untersuchungshaft verhängt worden sei. Aus der von der belangten Behörde eingeholten Meldeauskunft aus dem Zentralen Melderegister vom 05.06.2018 ist ersichtlich, dass sich der BF seit 15.04.2018 in Haft in der Justizanstalt XXXX befindet.

Mit dem angefochtenen Bescheid erkannte die belangte Behörde im Spruchpunkt I den ihm gewährten Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 ab, und stellte gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 fest, dass dem BF die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Im Spruchpunkt II. erkannte die belangte Behörde dem BF gemäß § 8 Abs. 1 Z. 2 AsylG 2005 dem BF den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zu. Weiters erteilte die belangte Behörde dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 leg. cit. (Spruchpunkt III.), erließ ihm gegenüber gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 leg. cit. iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 3 FPG (Spruchpunkt IV.) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 leg. cit. fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 leg. cit. zulässig sei (Spruchpunkt V.). Schließlich sprach die belangte Behörde aus, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 leg. cit. die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z. 1 FPG erließ die belangte Behörde im Spruchpunkt VII. gegen den BF ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot.

Mit Verfahrensanordnung vom 14.06.2018 stellte die belangte Behörde dem BF für das Beschwerdeverfahren die juristische Person ARGE-Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater amtswegig zur Seite. Mit Verfahrensanordnung vom selben Tag informierte die belangte Behörde den BF über die Verpflichtung zur Ausreise.

Der BF erhob gegen diesen Bescheid, bevollmächtigt vertreten durch die Diakonie-Flüchtlingsdienst gem. GmbH, fristgerecht mit Eingabe vom 11.07.2018 das Rechtsmittel der Beschwerde in vollem Umfang.

Die belangte Behörde legte den Aktenvorgang mit Schreiben vom 17.07.2018 dem BVwG vor, wo dieser am 19.07.2018 einlangte.

Das BVwG führte am 20.07.2018 eine Abfrage im Zentralen Melderegister durch.

Am 22.08.2018 fand vor dem BVwG eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu statt, zu der der BF persönlich, vorgeführt aus der Justizanstalt XXXX , gemeinsam mit seinem Rechtsvertreter erschien. Die belangte Behörde verzichtete auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung.

Der BF führte in dieser mündlichen Beschwerdeverhandlung zu seinen persönlichen Verhältnissen, sowohl in Afghanistan als auch in Österreich aus. Er legte ausführlich dar, wie es zu seinen Verurteilungen gekommen sei, und weswegen er nicht nach Afghanistan zurückkehren könne.

In der mündlichen Beschwerdeverhandlung legte das erkennende Gericht eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu "Epilepsie in Herat" vom 06.06.2018 und einen Auszug aus den UNHCR Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, Interne Schutzalternative, vom 19.04.2016 vor. Bereits mit der Ladung übermittelte das BVwG dem BF das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 29.06.2018. Dem BF wurde die Bedeutung dieser Berichte erklärt, insbesondere, dass auf Grund dieser Berichte die Feststellungen zu seinem Herkunftsstaat getroffen werden, sowie deren Zustandekommen. Dem BF und auch der belangten Behörde wurde eine Frist von zwei Wochen zur schriftlichen Stellungnahme eingeräumt.

Das BVwG führte am 21.08.2018 eine Auskunft im Strafregister durch, wonach der BF bereits zwei Mal vom Landesgericht für Strafsachen XXXX rechtskräftig zu mehrmonatigen Haftstrafen verurteilt wurde.

Das BVwG führte am 22.08.2018 eine Abfrage AJ-WEB Auskunftsverfahren durch, wonach der BF seit 2012 einige Monate als Arbeiter sozialversicherungsrechtlich gemeldet war. Er bezog den Rest seines bisher ca. sechseinhalb Jahre dauernden Aufenthaltes in Österreich entweder vorübergehende Grundversorgung, bedarfsorientierte Mindestsicherung bzw. Arbeitslosengeld.

Am 23.08.2018 führte das BVwG Abfragen im Zentralen Melderegister und im Betreuungsinformationssystem zum jüngeren Bruder des BF durch, der sich ebenfalls seit dem Jahr 2014 als Asylwerber bzw. subsidiär Schutzberechtigter in Österreich aufhält.

Der BF gab mit Eingabe vom 04.09.2018, durch seine bevollmächtigte Vertretung eine Stellungnahme zu den Länderberichten ab. Darin führte er unter Hinweis auf die aktuellen UNHCR Richtlinien vom 30.08.2018 und auf weitere Länderinformationen aus, dass ihm eine innerstaatliche Flucht- und Schutzalternative in den Städten Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif aufgrund der Sicherheits- und Versorgungslage nicht zur Verfügung stehe. Er sei nach wie vor in Gefahr, von den Taliban verfolgt zu werden. Die Taliban würden über ein innerstaatliches Netzwerk verfügen, und der BF zähle zu jenem Personenkreis, der Gefahr laufe, von den Taliban verfolgt zu werden. Die afghanischen Behörden seien weder schutzfähig- noch schutzwillig. Der BF leide an Epilepsie und müsse Medikamente nehmen. Aus den vom BVwG vorgelegten Unterlagen sei nicht zu entnehmen, dass das Medikament, welches dem BG verschrieben worden sei, auch in Afghanistan erhältlich sei. Zum Beweis dafür, dass der BF an dieser Krankheit leide, werde die Einholung eines fachärztlichen Gutachtens beantragt. Zusammenfassend sei nach ausführlicher Zitierung verschiedenster Länderinformationen davon auszugehen, dass die äußerst mangelhafte Versorgungs- und die lebensgefährliche Sicherheitslage das Überleben als Rückkehrer in Afghanistan unmöglich mache.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

o Zur Person des Beschwerdeführers:

Der BF trägt den Namen XXXX und ist am XXXX im Dorf XXXX , im Distrikt XXXX in der Provinz Laghman geboren. Er ist Staatsangehöriger von Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen und sunnitischer Muslim.

Die Muttersprache des BF ist Paschtu. Der BF spricht auch Dari, Urdu, etwas Englisch und Deutsch.

Die Familie des BF besteht aus seinem im Jahr 2014 verstorbenen Vater XXXX und seiner Mutter XXXX .

Der BF hat einen jüngeren Bruder, XXXX , geb. XXXX (IFA Zahl: XXXX), und drei jüngeren Schwestern, XXXX , die ca. 18 Jahre alt ist, und XXXX und XXXX , die beide ca. 15 Jahre alt sind. Der BF ist der älteste Sohn der Familie.

Der Bruder des BF lebt als subsidiär Schutzberechtigter in Vorarlberg. Die ältere Schwester des BF ist bereits verheiratet und lebt als Hausfrau in der Provinz Laghman.

Die Mutter und die beiden jüngeren Schwestern des BF leben nach wie vor im Heimatdorf des BF im eigenen Haus. Die Familie des BF besitzt Grundstücke im Ausmaß von ca. 3 Jirib, welche verpachtet sind. Die Mutter und die beiden Zwillingsschwestern des BF leben von der Pension des Vaters des BF, der als Oberst bei der afghanischen Nationalpolizei tätig war, und aus den Pachterträgen der Grundstücke. Die finanzielle Lage der Familie des BF ist im Verhältnis zu den in der Provinz Laghman lebenden Menschen mittelmäßig.

Der BF steht in regelmäßigem Kontakt zu seiner Familie.

Der BF hat einen Onkel väterlicherseits in Afghanistan, der früher ebenfalls bei der afghanischen Nationalpolizei tätig war. Zuletzt besaß er ein Geschäft in der Distrikthauptstadt der Provinz Laghman. Es kann nicht festgestellt werden, ob der BF nach wie vor Kontakt zu seinem Onkel hat, oder nicht.

Der BF besuchte vier Jahre lang die Schule und war als Polizist tätig.

Der BF ist in seinem Herkunftsstaat nicht straffällig geworden.

Der BF ist ledig und hat keine Kinder.

Der BF reiste Ende 2011 aus Afghanistan aus und stellte am 28.01.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Der BF hat seit 16.03.2015 den Status des International Schutzberechtigten.

Es ist nicht durch ärztliche Befunde belegt, dass der BF an Epilepsie leidet und das Medikament Trileptal, 300 mg (Wirkstoff Oxcarbazepine) drei Mal täglich einnimmt.

o Zu den strafrechtlichen Verurteilungen des BF in Österreich

Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 17.06.2015 wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28 a Abs. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 12 (zwölf) Monaten verurteilt, wobei ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe, nämlich 8 (acht) Monate, unter Setzung einer Probezeit in der Dauer von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 15.09.2016 wurde der BF wegen des Verbrechens der Schlepperei nach § 114 Abs. 1 und 3, Z. 2 und 3, Absatz 4, zweiter Fall FPG zu einer Zusatzstrafe von 21 (einundzwanzig) Monaten unbedingter Freiheitsstrafe unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 17.06.2015 verurteilt.

Der BF verbrachte seit seiner Einreise in Österreich folgende Zeiten in Untersuchungs- bzw. Strafhaft:

21.02.2015 bis 15.04.2015 - Justizanstalt XXXX

15.04.2015 bis 02.11.2016 - Justizanstalt XXXX

02.11.2016 bis 20.09.2017 - Justizanstalt XXXX

Seit 15.04.2018 - laufend - Justizanstalt XXXX

Aktuell ist gegen den BF beim Landesgericht für Strafsachen XXXX ein Strafverfahren wegen des Verdachtes des unrechtmäßigen Umgangs mit Suchtgiften (§§ 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall, 27 Abs. 3, 28 Abs. 1 1. Fall, 28 Abs. 1 2. Fall, 27 Abs. 1 Z 1 1. Fall, 27 Abs. 1 Z 1, 2. Fall und 27 Abs. 2 SMG) anhängig. Die Hauptverhandlung findet am 20.09.2018 statt.

Die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten liegen vor.

o Zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

Der BF befindet sich seit seiner Antragstellung im Jänner 2012 durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet.

Er bezog in der Zeit vom 28.01.2012 bis 30.11.2014 Leistungen aus der vorübergehenden Grundversorgung. Er war in der Zeit vom 23.10.2012 bis 31.10.2012 und vom 19.12.2012 bis 31.12.2012 als Arbeiter angemeldet, vom 02.04.2013 bis 06.07.2013 als geringfügig beschäftigter Arbeiter angestellt, und in der Zeit vom 20.01.2015 bis 28.02.2015 als Arbeiter beschäftigt. In der Zeit vom 13.04.2018 bis zum 31.05.2018 war er als Arbeiter angemeldet, obwohl er in dieser Zeit bereits in U-Haft war. Er bezog in der Zeit vom 01.06.2015 bis 31.01.2016 und vom 12.05.2016 bis 30.04.2017 bedarfsorientierte Mindestsicherung, und in der Zeit vom 21.09.2017 bis 04.03.2018 und vom 06.03.2018 bis 12.04.2016 Arbeitslosengeld.

Der BF besuchte Deutschkurse und verfügt über Kenntnisse der deutschen Sprache auf Niveau B1. In seiner Freizeit geht der BF mit seinen Freunden spazieren und besucht das Fitnessstudio. Darüberhinausgehende Aktivitäten zur Integration brachte der BF nicht vor. Der BF war und ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig und lebt primär von staatlicher Unterstützung.

Der Bruder des BF, XXXX , lebt aktuell in Vorarlberg. Er stellte am 25.11.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz und ist seit 16.03.2016 subsidiär Schutzberechtigter. Der BF und sein Bruder waren in der Zeit vom 09.07.2015 bis 03.07.2018 an der selben Adresse mit Hauptwohnsitz gemeldet. Nachdem der BF in der Zeit von 21.02.2015 bis 20.09.2017 und sodann seit 15.04.2018 in Haft war, lebten die beiden Brüder de facto in der Zeit zwischen Mitte September 2017 und Mitte April 2018 in einem gemeinsamen Haushalt. Der BF steht in regelmäßigen Kontakt zu seinem Bruder, der ihn auch regelmäßig in der Justizanstalt besucht.

o Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Es kann nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass dem BF bei einer Überstellung in seine Herkunftsprovinz Laghman ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen würde.

Dem BF steht als interstaatliche Flucht- und Schutzalternative eine Rückkehr in eine der von der afghanischen Regierung kontrollierten Städte Mazar-e Sharif oder Herat zur Verfügung, wo es ihm möglich ist, ohne Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können bzw. in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten, zu leben.

Der vom BF als Fluchtgrund vorgebrachte Grund für seine Ausreise aus Afghanistan, dass er von den Taliban verfolgt wird, liegt bereits mehr als sechseinhalb Jahre zurück. Der BF war in keiner exponierten Position bei der afghanischen Nationalpolizei tätig, die es mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit erwarten ließe, dass er auch nach diesem langen Zeitraum nach wie vor von den Taliban gesucht wird. Es ist daher mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass dem BF nach seiner Rückkehr nach Afghanistan von Seiten der Taliban keine Bedrohung zu befürchten hat. Dem BF wird daher bei seiner Rückkehr in eine dieser zwei Städte weder von den Taliban, noch von anderer Seite ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen.

Der BF ist jung und arbeitsfähig. Seine Existenz kann in einer dieser zwei Städte - zumindest anfänglich - mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern. Er ist auch in der Lage, eine einfache Unterkunft zu finden. Der BF hat grundsätzlich auch die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung in Form der Rückkehrhilfe im Falle der freiwilligen Ausreise in Anspruch zu nehmen. Er hat bereits Berufserfahrung als Polizist in Afghanistan und als Arbeiter in Österreich gesammelt, die er auch in Mazar- e Sharif oder Herat wird nutzen können. Zudem spricht er beide Landessprachen Afghanistans, Urdu, Deutsch und etwas Englisch, was ihm die Arbeitsfindung, allenfalls als Dolmetscher, erleichtern wird.

Der BF läuft in keiner der zwei Städte Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können, und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Die Städte Mazar-e Sharif und Herat sind von Österreich aus sicher mit dem Flugzeug zu erreichen.

Auch wenn der BF tatsächlich an Epilepsie leiden sollte, kann nicht festgestellt werden, dass er im Falle der Rückkehr in eine der Städte Mazar-e Sharif oder Herat Gefahr liefe, aufgrund seines derzeitigen Gesundheitszustandes in einen unmittelbar lebensbedrohlichen Zustand zu geraten, oder sich eine Erkrankung in einem lebensbedrohlichen Ausmaß verschlechtern würde. Es sind auch sonst keine objektivierten Hinweise hervorgekommen, dass allenfalls andere schwerwiegende körperliche oder psychische Erkrankungen einer Rückführung des BF in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:

Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation,

Afghanistan in der Fassung vom 29.06.2018:

"...

3. Sicherheitslage

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (UNGASC 27.2.2018).

Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (INSO o.D.).

...

Für das Jahr 2017 registrierte die UN insgesamt 23.744 sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan (UNGASC 27.2.2018); für das gesamte Jahr 2016 waren es 23.712 (UNGASC 9.3.2017). Landesweit wurden für das Jahr 2015 insgesamt 22.634 sicherheitsrelevanter Vorfälle registriert (UNGASC 15.3.2016).

...

Im Jahr 2017 waren auch weiterhin bewaffnete Zusammenstöße Hauptursache (63%) aller registrierten sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und Luftangriffen. Für das gesamte Jahr 2017 wurden 14.998 bewaffnete Zusammenstöße registriert (2016: 14.977 bewaffnete Zusammenstöße) (USDOD 12.2017). Im August 2017 stuften die Vereinten Nationen (UN) Afghanistan, das bisher als "Post-Konflikt-Land" galt, wieder als "Konfliktland" ein; dies bedeute nicht, dass kein Fortschritt stattgefunden habe, jedoch bedrohe der aktuelle Konflikt die Nachhaltigkeit der erreichten Leistungen (UNGASC 10.8.2017).

Die Zahl der Luftangriffe hat sich im Vergleich zum Jahr 2016 um 67% erhöht, die gezielter Tötungen um 6%. Ferner hat sich die Zahl der Selbstmordattentate um 50% erhöht.Östlichen Regionen hatten die höchste Anzahl an Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von südlichen Regionen. Diese beiden Regionen zusammen waren von 55% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle betroffen (UNGASC 27.2.2018). Für den Berichtszeitraum 15.12.2017 - 15.2.2018 kann im Vergleich zum selben Berichtszeitraum des Jahres 2016, ein Rückgang (-6%) an sicherheitsrelevanten Vorfällen verzeichnet werden (UNGASC 27.2.2018).

...

Im Jahr 2017 waren auch weiterhin bewaffnete Zusammenstöße Hauptursache (63%) aller registrierten sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und Luftangriffen. Für das gesamte Jahr 2017 wurden 14.998 bewaffnete Zusammenstöße registriert (2016: 14.977 bewaffnete Zusammenstöße) (USDOD 12.2017). Im August 2017 stuften die Vereinten Nationen (UN) Afghanistan, das bisher als "Post-Konflikt-Land" galt, wieder als "Konfliktland" ein; dies bedeute nicht, dass kein Fortschritt stattgefunden habe, jedoch bedrohe der aktuelle Konflikt die Nachhaltigkeit der erreichten Leistungen (UNGASC 10.8.2017).

Die Zahl der Luftangriffe hat sich im Vergleich zum Jahr 2016 um 67% erhöht, die gezielter Tötungen um 6%. Ferner hat sich die Zahl der Selbstmordattentate um 50% erhöht. Östlichen Regionen hatten die höchste Anzahl an Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von südlichen Regionen. Diese beiden Regionen zusammen waren von 55% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle betroffen (UNGASC 27.2.2018). Für den Berichtszeitraum 15.12.2017 - 15.2.2018 kann im Vergleich zum selben Berichtszeitraum des Jahres 2016, ein Rückgang (-6%) an sicherheitsrelevanten Vorfällen verzeichnet werden (UNGASC 27.2.2018).

...

Im Jahr 2017 registrierte die UNAMA 10.453 zivile Opfer (3.438 Tote und 7.015 Verletzte) - damit wurde ein Rückgang von 9% gegenüber dem Vergleichswert des Vorjahres 2016 (11.434 zivile Opfer mit 3.510 Toten und 7.924 Verletzen) festgestellt. Seit 2012 wurde zum ersten Mal ein Rückgang verzeichnet: im Vergleich zum Jahr 2016 ist die Anzahl ziviler Toter um 2% zurückgegangen, während die Anzahl der Verletzten um 11% gesunken ist. Seit 1.1.2009-31.12.2017 wurden insgesamt 28.291 Tote und 52.366 Verletzte von der UNAMA registriert. Regierungsfeindliche Gruppierungen waren für 65% aller zivilen Opfer im Jahr 2017 verantwortlich; Hauptursache dabei waren IEDs, gefolgt von Selbstmordangriffen und komplexen Attacken (UNAMA 2.2018). Im Zeitraum 1.1.2018 - 31.3.2018 registriert die UNAMA

2.258 zivile Opfer (763 Tote und 1.495 Verletzte). Die Zahlen reflektieren ähnliche Werte wie in den Vergleichsquartalen für die Jahre 2016 und 2017. Für das Jahr 2018 wird ein neuer Trend beobachtet: Die häufigste Ursache für zivile Opfer waren IEDs und komplexe Angriffe. An zweiter Stelle waren Bodenoffensiven, gefolgt von gezielten Tötungen, Blindgängern (Engl. UXO, "Unexploded Ordnance") und Lufteinsätzen. Die Bewohner der Provinzen Kabul, Helmand, Nangarhar, Faryab und Kandahar waren am häufigsten vom Konflikt betroffen (UNAMA 12.4.2018).

Regierungsfeindlichen Gruppierungen wurden landesweit für das Jahr 2017 6.768 zivile Opfer (2.303 Tote und 4.465 Verletzte) zugeschrieben - dies deutet auf einen Rückgang von 3% im Vergleich zum Vorjahreswert von 7.003 zivilen Opfern (2.138 Tote und 4.865 Verletzte). Der Rückgang ziviler Opfer, die regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben werden, ist auf einen Rückgang ziviler Opfer, die durch Bodenkonfrontation, IED und ferngezündete Bomben zu Schaden gekommen sind, zurückzuführen. Im Gegenzug dazu hat sich die Anzahl ziviler Opfer aufgrund von Selbstmordangriffen und komplexen Attacken erhöht. Die Anzahl ziviler und nicht-ziviler Opfer, die aufgrund gezielter Tötungen durch regierungsfeindliche Elemente zu Schaden gekommen sind, ist ähnlich jener aus dem Jahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Im Jänner 2018 waren 56.3% der Distrikte unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung, während Aufständische 14.5% der Distrikte kontrollierten bzw. unter ihrem Einfluss hatten. Die übriggebliebenen 29.2% der Distrikte waren umkämpft. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten, die von Aufständischen kontrolliert werden, waren mit Stand Jänner 2018 Uruzgan, Kunduz und Helmand. Alle Provinzhauptstädte befanden sich unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung (SIGAR 30.4.2018).

...

Zu den regierungsfreundlichen Kräften zählten: ANDSF, Internationale Truppen, regierungsfreundliche bewaffnete Gruppierungen sowie nicht näher identifizierte regierungsfreundliche Kräfte. Für das Jahr 2017 wurden 2.108 zivile Opfer (745 Tote und 1.363 Verletzte) regierungsfreundlichen Kräften zugeschrieben, dies deutet einen Rückgang von 23% gegenüber dem Vorjahreswert 2016 (2.731 zivile Opfer, 905 Tote und 1.826 Verletzte) an (UNAMA 2.2018; vgl. HRW 26.1.2018). Insgesamt waren regierungsfreundliche Kräfte für 20% aller zivilen Opfer verantwortlich. Hauptursache (53%) waren Bodenkonfrontation zwischen ihnen und regierungsfeindlichen Elementen - diesen fielen 1.120 Zivilist/innen (274 Tote und 846 Verletzte) zum Opfer; ein Rückgang von 37% Gegenüber dem Vorjahreswert 2016 (UNAMA 2.2018). Luftangriffe wurden zahlenmäßig als zweite Ursache für zivile Opfer registriert (UNAMA 2.2018; vgl. HRW 26.1.2018); diese waren für 6% ziviler Opfer verantwortlich - hierbei war im Gegensatz zum Vorjahreswert eine Zunahme von 7% zu verzeichnen gewesen. Die restlichen Opferzahlen 125 (67 Tote und 58 Verletzte) waren auf Situationen zurückzuführen, in denen Zivilist/innen fälschlicherweise für regierungsfeindliche Elemente gehalten wurden. Suchaktionen forderten 123 zivile Opfer (79 Tote und 44 Verletzte), Gewalteskalationen 52 zivile Opfer (18 Tote und 34 Verletzte), und Bedrohungen und Einschüchterungen forderten 17 verletzte Zivilist/innen (UNAMA 2.2018).

Ein besonderes Anliegen der ANDSF, der afghanischen Regierung und internationaler Kräfte ist das Verhindern ziviler Opfer. Internationale Berater/innen der US-amerikanischen und Koalitionskräfte arbeiten eng mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Anzahl ziviler Opfer zu reduzieren und ein Bewusstsein für die Wichtigkeit der Reduzierung der Anzahl von zivilen Opfern zu schaffen. Die afghanische Regierung hält auch weiterhin ihre vierteljährliche Vorstandssitzung zur Vermeidung ziviler Opfer (Civilian Casualty Avoidance and Mitigation Board) ab, um u. a. Präventivmethoden zu besprechen (USDOD 12.2017). Die UNAMA bemerkte den Einsatz und die positiven Schritte der afghanischen Regierung, zivile Opfer im Jahr 2017 zu reduzieren (UNAMA 2.2018).

Im gesamten Jahr 2017 wurden 3.484 zivile Opfer (823 Tote und 2.661 Verletzte) im Rahmen von 1.845 Bodenoffensiven registriert - ein Rückgang von 19% gegenüber dem Vorjahreswert aus 2016 (4.300 zivile Opfer, 1.072 Tote und 3.228 Verletzte in 2.008 Bodenoffensiven). Zivile Opfer, die aufgrund bewaffneter Zusammenstöße zwischen regierungsfreundlichen und regierungsfeindlichen Kräften zu beklagen waren, sind zum ersten Mal seit 2012 zurückgegangen (UNAMA 2.2018).

Im Jahr 2017 forderten explosive Kampfmittelrückstände (Engl. "explosive remnants of war", Anm.) 639 zivile Opfer (164 Tote und 475 Verletzte) - ein Rückgang von 12% gegenüber dem Jahr 2016. 2017 war überhaupt das erste Jahr seit 2009, in welchem ein Rückgang verzeichnet werden konnte. Der Rückgang ziviler Opfer ist möglicherweise u.a. auf eine Verminderung des indirekten Beschusses durch Mörser, Raketen und Granaten in bevölkerten Gegenden von regierungsfreundlichen Kräfte zurückzuführen (UNAMA 2.2018).

...

Regierungsfeindliche Gruppierungen:

Terroristische und aufständische Gruppierungen stellen Afghanistan und die Koalitionskräfte vor erhebliche Herausforderungen. Derzeit sind rund 20 terroristische Organisationen in Afghanistan zu finden:

das von außen unterstützte Haqqani-Netzwerk stellt nach wie vor die größte Gefährdung für afghanische und internationale Kräfte dar. Die Verflechtung von Taliban und Haqqani-Netzwerk ist so intensiv, dass diese beiden Gruppierungen als Fraktionen ein und derselben Gruppe angesehen werden. Wenn auch die Taliban öffentlich verkündet haben, sie würden zivile Opfer einschränken, so führt das Haqqani-Netzwerk auch weiterhin Angriffe in bevölkerungsreichen Gegenden aus (USDOD 12.2017).

Im August 2017 wurde berichtet, dass regierungsfeindliche bewaffnete Gruppierungen - insbesondere die Taliban - ihre Aktivitäten landesweit verstärkt haben, trotz des Drucks der afghanischen Sicherheitskräfte und der internationalen Gemeinschaft, ihren Aktivitäten ein Ende zu setzen (Khaama Press 13.8.2017). Auch sind die Kämpfe mit den Taliban eskaliert, da sich der Aufstand vom Süden in den sonst friedlichen Norden des Landes verlagert hat, wo die Taliban auch Jugendliche rekrutieren (Xinhua 18.3.2018). Ab dem Jahr 2008 expandierten die Taliban im Norden des Landes. Diese neue Phase ihrer Kampfgeschichte war die Folge des Regierungsaufbaus und Konsolidierungsprozess in den südlichen Regionen des Landes. Darüber hinaus haben die Taliban hauptsächlich in Faryab und Sar-i-Pul, wo die Mehrheit der Bevölkerung usbekischer Abstammung ist, ihre Reihen für nicht-paschtunische Kämpfer geöffnet (AAN 17.3.2017).

Teil der neuen Strategie der Regierung und der internationalen Kräfte im Kampf gegen die Taliban ist es, die Luftangriffe der afghanischen und internationalen Kräfte in jenen Gegenden zu verstärken, die am stärksten von Vorfällen betroffen sind. Dazu gehören u.a. die östlichen und südlichen Regionen, in denen ein Großteil der Vorfälle registriert wurde. Eine weitere Strategie der Behörden, um gegen Taliban und das Haqqani-Netzwerk vorzugehen, ist die Reduzierung des Einkommens selbiger, indem mit Luftangriffen gegen ihre Opium-Produktion vorgegangen wird (SIGAR 1.2018).

Außerdem haben Militäroperationen der pakistanischen Regierung einige Zufluchtsorte Aufständischer zerstört. Jedoch genießen bestimmte Gruppierungen, wie die Taliban und das Haqqani-Netzwerk Bewegungsfreiheit in Pakistan (USDOD 12.2017). Die Gründe dafür sind verschiedene: das Fehlen einer Regierung, das permissive Verhalten der pakistanischen Sicherheitsbehörden, die gemeinsamen kommunalen Bindungen über die Grenze und die zahlreichen illegalen Netzwerke, die den Aufständischen Schutz bieten (AAN 17.10.2017).

Taliban

Die Taliban führten auch ihre Offensive "Mansouri" weiter; diese Offensive konzentrierte sich auf den Aufbau einer "Regierungsführung" der Taliban (Engl. "governance") bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Gewalt gegen die afghanische Regierung, die ANDSF und ausländische Streitkräfte. Nichtsdestotrotz erreichten die Taliban, die Hauptziele dieser "Kampfsaison" laut US-Verteidigungsministerium nicht (USDOD 12.2017). Operation Mansouri sollte eine Mischung aus konventioneller Kriegsführung, Guerilla-Angriffen und Selbstmordattentaten auf afghanische und ausländische Streitkräfte werden (Reuters 28.4.2017). Auch wollten sich die Taliban auf jene Gegenden konzentrieren, die vom Feind befreit worden waren (LWJ 28.4.2017). Laut NATO Mission Resolute Support kann das Scheitern der Taliban-Pläne für 2017 auf aggressive ANDSF-Operationen zurückgeführt, aber auch auf den Umstand, dass die Taliban den IS und die ANDSF gleichzeitig bekämpfen müssen (USDOD 12.2017).

Im Jahr 2017 wurden den Taliban insgesamt 4.385 zivile Opfer (1.574 Tote und 2.811 Verletzte zugeschrieben. Die Taliban bekannten sich nur zu 1.166 zivilen Opfern. Im Vergleich zum Vorjahreswert bedeutet dies einen Rückgang um 12% bei der Anzahl ziviler Opfer, die den Taliban zugeschrieben werden. Aufgrund der Komplexität der in Selbstmord- und komplexen Anschlägen involvierten Akteure hat die UNAMA oft Schwierigkeiten, die daraus resultierenden zivilen Opfer spezifischen regierungsfreundlichen Gruppierungen zuzuschreiben, wenn keine Erklärungen zur Verantwortungsübernahme abgegeben wurde. Im Jahr 2017 haben sich die Taliban zu 67 willkürlichen Angriffen auf Zivilist/innen bekannt; dies führte zu 214 zivilen Opfern (113 Toten und 101 Verletzten). Auch wenn sich die Taliban insgesamt zu weniger Angriffen gegen Zivilist/innen bekannten, so haben sie dennoch die Angriffe gegen zivile Regierungsmitarbeiter/innen erhöht - es entspricht der Linie der Taliban, Regierungsinstitutionen anzugreifen (UNAMA 2.2018).

Schätzungen von SIGAR zufolge kontrollierten im Oktober 2017 und im Jänner 2018 die Taliban 14% der Distrikte Afghanistans (SIGAR 30.4.2018). Die Taliban selbst verlautbarten im März 2017, dass sie beinahe 10% der afghanischen Distrikte kontrollierten (ODI 6.2018). Die Taliban halten auch weiterhin großes Territorium in den nördlichen und südlichen Gegenden der Provinz Helmand (JD News 12.3.2018; vgl. LWJ 20.4.2018). Die ANDSF haben, unterstützt durch US-amerikanische Truppen, in den ersten Monaten des Jahres 2018 an Boden gewonnen, wenngleich die Taliban nach wie vor die Hälfte der Provinz Helmand unter Kontrolle halten (JD News 12.3.2018; vgl. LWJ 20.4.2018). Helmand war lange Zeit ein Hauptschlachtfeld - insbesondere in der Gegend rund um den Distrikt Sangin, der als Kernstück des Taliban-Aufstands erachtet wird (JD News 12.3.2018; vgl. Reuters 30.3.2018). Die Taliban haben unerwarteten Druck aus ihrer eigenen Hochburg in Helmand erhalten: Parallel zu der Ende März 2018 abgehaltenen Friedens-Konferenz in Uzbekistan sind hunderte Menschen auf die Straße gegangen, haben eine Sitzblockade abgehalten und geschworen, einen langen Marsch in der von den Taliban kontrollierten Stadt Musa Qala zu abzuhalten, um die Friedensgespräche einzufordern. Unter den protestierenden Menschen befanden sich auch Frauen, die in dieser konservativen Region Afghanistans selten außer Hauses gesehen werden (NYT 27.3.2018).

Die Taliban geben im Kurznachrichtendienst Twitter Angaben zu ihren Opfern oder Angriffen (FAZ 19.10.2017; vgl. Pajhwok 13.3.2018). Ihre Angaben sind allerdings oft übertrieben (FAZ 19.10.2017). Auch ist es sehr schwierig Ansprüche und Bekennermeldungen zu verifizieren - dies gilt sowohl für Taliban als auch für den IS (AAN 5.2.2018).

IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh

Höchst umstritten ist von Expert/innen die Größe und die Gefahr, die vom IS ausgeht. So wird von US-amerikanischen Sicherheitsbeamten und weiteren Länderexpert/innen die Anzahl der IS-Kämpfer in Afghanistan mit zwischen 500 und 5.000 Kämpfern beziffert. Jeglicher Versuch die tatsächliche Stärke einzuschätzen, wird durch den Umstand erschwert, dass sich die Loyalität der bewaffneten radikalen Islamisten oftmals monatlich oder gar wöchentlich ändert, je nach ideologischer Wende, Finanzierung und Kampfsituation (WSJ 21.3.2018). Auch wurde die afghanische Regierung bezichtigt, die Anzahl der IS-Kämpfer in Afghanistan aufzublasen (Tolonews 10.1.2018). Zusätzlich ist wenig über die Gruppierung und deren Kapazität, komplexe Angriffe auszuführen, bekannt. Viele afghanische und westliche Sicherheitsbeamte bezweifeln, dass die Gruppierung alleine arbeitet (Reuters 9.3.2018).

Die Fähigkeiten und der Einfluss des IS sind seit seiner Erscheinung im Jahr 2015 zurückgegangen. Operationen durch die ANDSF und die US-Amerikaner, Druck durch die Taliban und Schwierigkeiten die Unterstützung der lokalen Bevölkerung zu gewinnen, störten das Wachstum des IS und verringerten dessen Operationskapazitäten. Trotz erheblicher Verluste von Territorium, Kämpfern und hochrangigen Führern, bleibt der IS nach wie vor eine Gefährdung für die Sicherheit in Afghanistan und in der Region. Er ist dazu in der Lage, öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen (HPA) in städtischen Zentren zu verüben (USDOD 12.2017). Der IS hat sich nämlich in den vergangenen Monaten zu einer Anzahl tödlicher Angriffe in unterschiedlichen Teilen des Landes bekannt - inklusive der Hauptstadt. Dies schürte die Angst, der IS könne an Kraft gewinnen (VoA 10.1.2018; vgl. AJ 30.4.2018). Auch haben örtliche IS-Gruppen die Verantwortung für Angriffe auf Schiiten im ganzen Land übernommen (USDOD 12.2017).

Im Jahr 2017 wurden dem IS 1.000 zivile Opfer (399 Tote und 601 Verletzte) zugeschrieben sowie die Entführung von 81 Personen; er war damit laut UNAMA für 10% aller zivilen Opfer im Jahr 2017 verantwortlich - eine Zunahme von insgesamt 11% im Vergleich zum Jahr 2016. Im Jahr 2017 hat sich der IS zu insgesamt 18 willkürlichen Angriffen auf Zivilist/innen oder zivile Objekte bekannt (UNAMA 2.2018); er agiert wahllos - greift Einrichtungen der afghanischen Regierung und der Koalitionskräfte an (AAN 5.2.2018), aber auch ausländische Botschaften (UNAMA 2.2.018). Fast ein Drittel der Angriffe des IS zielen auf schiitische Muslime ab (UNAMA 2.2018; vgl. AAN 5.2.2018) - sechs Angriffe waren auf schiitische Glaubensstätten (UNAMA 2.2018). Der IS begründet seine Angriffe auf die schiitische Gemeinschaft damit, dass deren Mitglieder im Kampf gegen den IS im Mittleren Osten involviert sind (AAN 5.2.2018).

Zusätzlich dokumentierte die UNAMA im Jahr 2017 27 zivile Opfer (24 Tote und drei Verletzte) sowie die Entführung von 41 Zivilist/innen, die von selbsternannten IS-Anhängern in Ghor, Jawzjan und Sar-e Pul ausgeführt wurden. Diese Anhänger haben keine offensichtliche Verbindung zu dem IS in der Provinz Nangarhar (UNAMA 2.2018).

Der IS rekrutierte auf niedriger Ebene und verteilte Propagandamaterial in vielen Provinzen Afghanistans. Führung, Kontrolle und Finanzierung des Kern-IS aus dem Irak und Syrien ist eingeschränkt, wenngleich der IS in Afghanistan nachhaltig auf externe Finanzierung angewiesen ist, sowie Schwierigkeiten hat, Finanzierungsströme in Afghanistan zu finden. Dieses Ressourcenproblem hat den IS in einen Konflikt mit den Taliban und anderen Gruppierungen gebracht, die um den Gewinn von illegalen Kontrollpunkten und den Handel mit illegalen Waren wetteifern. Der IS bezieht auch weiterhin seine Mitglieder aus unzufriedenen TTP-Kämpfern (Tehreek-e Taliban in Pakistan - TTP), ehemaligen afghanischen Taliban und anderen Aufständischen, die meinen, der Anschluss an den IS und ihm die Treue zu schwören, würde ihre Interessen vorantreiben (USDOD 12.2017).

Auch ist der IS nicht länger der wirtschaftliche Magnet für arbeitslose und arme Jugendliche in Ostafghanistan, der er einst war. Die Tötungen von IS-Führern im letzten Jahr (2017) durch die afghanischen und internationalen Kräfte haben dem IS einen harten Schlag versetzt, auch um Zugang zu finanziellen Mitteln im Mittleren Osten zu erhalten. Finanziell angeschlagen und mit wenigen Ressourcen, ist der IS in Afghanistan nun auf der Suche nach anderen Möglichkeiten des finanziellen Überlebens (AN 6.3.2018).

Haqqani-Netzwerk

Der Gründer des Haqqani-Netzwerkes - Jalaluddin Haqqani - hat aufgrund schlechter Gesundheit die operationale Kontrolle über das Netzwerk an seinen Sohn Sirajuddin Haqqani übergeben, der gleichzeitig der stellvertretende Führer der Taliban ist (VoA 1.7.2017). Als Stellvertreter der Taliban wurde die Rolle von Sirajuddin Haqqani innerhalb der Taliban verfestigt. Diese Rolle erlaubte dem Haqqani-Netzwerk seinen Operationsbereich in Afghanistan zu erweitern und lieferte den Taliban zusätzliche Fähigkeiten in den Bereichen Planung und Operation (USDOD 12.2017).

Von dem Netzwerk wird angenommen, aus den FATA-Gebieten (Federally Administered Tribal Areas) in Pakistan zu operieren. Unterschiedlichen Schätzungen zufolge soll das Netzwerk zwischen 3.000 und 10.000 Mitglieder haben. Dem Netzwerk wird nachgesagt finanziell von unterschiedlichen Quellen unterstützt zu werden - inklusive reichen Personen aus den arabischen Golfstaaten (VoA 1.7.2017).

Zusätzlich zu der Verbindung mit den Taliban, hat das Netzwerk mit mehreren anderen Aufständischen Gruppierungen, inklusive al-Qaida, der Tehreek-e Taliban in Pakistan (TTP), der Islamic Movement of Uzbekistan (IMU) und der ebenso in Pakistan ansässigen Lashkar-e-Taiba (VoA 1.7.2017).

Sowohl die afghanische, als auch die US-amerikanische Regierung haben Pakistan in der Vergangenheit wiederholt kritisiert, keine eindeutigen Maßnahmen gegen terroristische Elemente zu ergreifen, die darauf abzielen, die Region zu destabilisieren - zu diesen Elementen zählen auch die Taliban und das Haqqani-Netzwerk (RFE/RL 23.3.2018; vgl. AJ 8.3.2018, UNGASC 27.2.2018).

Al-Qaida

Al-Qaida konzentriert sich hauptsächlich auf das eigene Überleben und seine Bemühungen sich selbst zu erneuern. Die Organisation hat eine nachhaltige Präsenz in Ost- und Nordostafghanistan, mit kleineren Elementen im Südosten. Manche Taliban in den unteren und mittleren Rängen unterstützen die Organisation eingeschränkt. Nichtsdestotrotz konnte zwischen 1.6.-20.11.2017 keine Intensivierung der Beziehung zu den Taliban auf einem strategischen Niveau registriert werden (USDOD 12.2017).

...

3.5 Balkh

Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Die Hauptstadt Mazar-e Sharif, liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.:

Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.: Provinzhauptstadt Baghlan]. Sie hat folgende administrative Einheiten: Hairatan Port, Nahra-i-Shahi, Dihdadi, Balkh, Daulatabad, Chamtal, Sholgar, Chaharbolak, Kashanda, Zari, Charkont, Shortipa, Kaldar, Marmal, und Khalm. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich. Die Provinz Kunduz lieg im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden (Pajhwok o.D.y). Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten an: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan (RFE/RL 9.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.353.626 geschätzt (CSO 2016).

...

Im Zeitraum 1.1. - 31.8.2015 wurden in der Provinz Balkh 226 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 21.1.2016).

Die zentral gelegene Provinz Balkh - mit ihrer friedlichen Umgebung, historischen Denkmälern und wunderschönen Landschaft - wird als einer der friedlichsten und sichersten Orte Afghanistans geschätzt (Xinhua 12.12.2016; DW 4.8.2016). Obwohl Balkh zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan zählt, versuchen dennoch bewaffnete Aufständische die Provinz zu destabilisieren. In den letzten Monaten kam es zu Vorfällen in Schlüsselbezirken der Provinz (Khaama Press 17.1.2017; vgl. auch: Khaama Press 14.12.2016; Xinhua 11.11.2016; Xinhua 1.10.2016). Laut dem Gouverneur Noor würden Aufständische versuchen, in abgelegenen Gegenden Stützpunkte zu errichten (Khaama Press 30.3.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Khaama Press 30.3.2016; vgl. auch: Tolonews 26.5.2016; Tolonews 18.4.2016). In der Provinz wurden militärische Operationen durchgeführt (Kabul Tribune 5.1.2017). Dabei hatten die Taliban Verluste zu verzeichnen (Khaama Press 14.12.2016; Tolonews 26.5.2016). Auf Veranlassung des Provinzgouverneur Atta Noor wurden auch in abgelegenen Gegenden großangelegte militärische Operationen durchgeführt (Khaama Press 17.1.2017; vgl. auch: Khaama Press 14.12.2016; Khaama Press 7.3.2016).

Die Stadt Mazar-e Sharif ist eine Art "Vorzeigeprojekt" Afghanistans für wichtige ausländische Gäste (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014). Balkh ist, in Bezug auf Angriffe der Taliban, zentralasiatischer Aufständischer oder IS-Kämpfer die sicherste Provinz in Nordafghanistan. Grund dafür ist das Machtmonopol, das der tadschikisch-stämmige Gouverneur und ehemalige Warlord Atta Mohammed Noor bis in die abgelegensten Winkel der Provinz ausübt. Nichtsdestotrotz ist die Stabilität stark abhängig von den Beziehungen des Gouverneurs zum ehemaligen Warlord und nunmehrigen ersten Vizepräsidenten Abdul Rashid Dostum. Im Juni 2015 haben sich die beiden Rivalen darauf geeinigt, miteinander zu arbeiten, um die Sicherheit in Nordafghanistan wiederherzustellen. Die Stabilität der Provinz Balkh war ein Hauptfokus der NATO-Kräfte (RFE/RL 8.7.2015). Im Distrikt Balkh wird die Reduzierung von Rebellenaktivitäten der Leistungsfähigkeit der ANSF und des neuen Distriktpolizeichefs zugeschrieben (APPRO 1.2015)

High-profile Angriff:

Bei einem Angriff auf das deutsche Konsulat in Mazar-e Sharif waren am 10.11.2016 sechs Menschen getötet und fast 130 weitere verletzt worden (Die Zeit 20.11.2016). Nach Polizeiangaben attackierte am späten Abend ein Selbstmordattentäter mit seinem Auto das Gelände des deutschen Generalkonsulats in Mazar-e Sharif. Die Autobombe sei gegen 23:10 Uhr Ortszeit am Tor der diplomatischen Einrichtung explodiert, sagte der Sicherheitschef der Provinz Balkh. Bei den Toten soll es sich um Afghanen handeln. Alle deutschen Mitarbeiter des Generalkonsulats seien bei dem Angriff unversehrt geblieben (Die Zeit 10.11.2016). Das Gebäude selbst wurde in Teilen zerstört. Der überlebende Attentäter wurde dem Bericht zufolge wenige Stunden später von afghanischen Sicherheitskräften festgenommen (Die Zeit 20.11.2016).

Außerhalb von Mazar-e Sharif, in der Provinz Balkh, existiert ein Flüchtlingscamp - auch für Afghan/innen -, die Schutz in der Provinz Balkh suchen. Mehr als 300 Familien haben dieses Camp zu ihrem temporären Heim gemacht (RFE/RL 8.7.2015).

...

3.13 Herat

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel, Ghorian, Guzra und Pashtoon Zarghoon, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba, Kurkh, Kushk, Gulran, Kuhsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirker zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna, Farsi, und Chisht-i-Sharif als Bezirke dritter Stufe (o.D.q). Provinzhauptstadt ist Herat City, mit etwa 477.452 Einwohner/innen (UN OCHA 26.8.2015; vgl. auch: Pajhwok 30.11.2016). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.928.327 geschätzt (CSO 2016).

Herat ist eine vergleichsweise entwickelte Provinz im Westen des Landes. Sie ist auch ein Hauptkorridor menschlichen Schmuggels in den Iran - speziell was Kinder betrifft (Pajhwok 21.1.2017).

...

Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden in der Provinz Herat 496 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in abgelegenen Distrikten der Provinz aktiv (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: RFE/RL 6.10.2016; Press TV 30.7.2016; IWPR 14.6.2014). Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig heilige Orte wie Moscheen an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017).

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt um manche Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AAN 11.1.2017).

Das afghanische Institut für strategische Studien (AISS) hat die alljährliche Konferenz "Herat Sicherheitsdialog" (Herat Security Dialogue - HSD) zum fünften Mal in Herat abgehalten. Die zweitägige Konferenz wurde von hochrangigen Regierungsbeamten, Botschafter/innen, Wissenschaftlern, Geschäftsleuten und Repräsentanten verschiedener internationaler Organisationen, sowie Mitgliedern der Presse und der Zivilgesellschaft besucht (ASIS 17.10.2016).

...

3.20 Laghman

Die Provinz Laghman liegt inmitten des Hindukush-Gebirges. Sie besteht aus folgenden Distrikten: Alishing/Alishang, Alingar, Dawlat Shah/Dawlatshah, Qargayi/Qarghayi und Mehtar Lam/Bad Pash (Pajhwok o. D.f). Laghman grenzt an die Provinzen Nangarhar im Süden, Kunar im Osten, Nuristan und Panjshir im Norden und Kapisa und Kabul im Westen. Mehtar Lam/Mehtarlam ist die Provinzhauptstadt (NPS o.D.; vgl. UN OCHA 4.2014, Pajhwok o.D.b). In der Provinz leben mehrheitlich Paschtunen, gefolgt von Tadschiken, Nuristani, Paschai (Pajhwok o.D.a; vgl. NPS o.D.). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 460.352 geschätzt (CSO 4.2017).

Zahlreiche Projekte werden in der Provinz Laghman implementiert (Pajhwok 21.8.2017; vgl. Tolonews 15.10.2017): der Bau eines Flughafens, der die vier östlichen Provinzen verbinden soll, Dämme, ein Solarenergieplan, Parks, Straßen, ein Wasserversorgungssystem, der Campus der Universität Laghman sowie die Errichtung eines Kricket-Stadiums usw. (MENAFN 28.1.2018). Ein Abschnitt der Kabul-Jalalabad Autobahn geht durch die Provinz Laghman (Pajhwok 29.3.2018; vgl. Pajhwok 3.3.2017). Auch wurde Ende 2013 eine 14 km lange Straße gebaut, welche die Provinzhauptstadt Mehtarlam mit dem Distrikt Qarghayi verbindet (Pajhwok 7.11.2013). Mitte April 2017 wurde in Mehtarlam der Bau einer Tangente in der Provinz Laghman angekündigt (Khaama Press 17.4.2017).

2017 stieg die Opium-Produktion in der Provinz Laghman um 64% im Vergleich zu 2016. Alle Distrikte der Provinz, in denen Mohn angebaut wird, waren davon betroffen. Im Laufe des Jahres 2017 wurden 23 Hektar Mohnfelder umgewidmet (UNODC 11.2017).

Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage

Laghman zählte seit dem Fall der Taliban im Jahr 2001 zu den relativ friedlichen Provinzen; Angriffe regierungsfeindlicher Gruppierungen nahmen jedoch in den letzten Jahren zu (Khaama Press 26.2.2018; vgl. Khaama Press 19.2.2018, ToI 6.1.2018, Khaama Press 19.12.2017, Khaama Press 11.4.2017). Im Juli 2017 waren die Distrikte Alingar, Alishing und Dawlatshah von Sicherheitsproblemen betroffen, während sich die Sicherheitslage in der Provinzhauptstadt und ihren Vororten verbesserte (Tolonews 18.7.2017).

In Laghman befindet sich eine internationale Militärbasis (Forward Operating Base Gamberi) (U.S. DoD 21.3.2018; vgl. U.S. DoD 22.3.2018, Reuters 10.2.2017).

Im Jahr 2017 wurden aufgrund von Bedrohungen durch regierungsfeindliche Gruppierungen u.a. in der Provinz Laghman vorübergehend Gesundheitseinrichtungen geschlossen (UNAMA 2.2018).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 147 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

...

Im gesamten Jahr 2017 wurden in Laghman 354 zivile Opfer (84 getötete Zivilisten und 270 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Bodenoffensiven, gefolgt von IEDs und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 14% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Laghman

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten