TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/20 W256 2124656-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.09.2018
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Entscheidungsdatum

20.09.2018

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W256 2124656-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Caroline KIMM als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 4. März 2016, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 1. März 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).

Am selben Tag fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Erstbefragung statt. Dabei gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt (wortwörtlich wiedergegeben) folgendes an: "Ich habe für Ausländer gearbeitet und wurde deshalb von den Taliban mit dem Tode bedroht."

Der Beschwerdeführer wurde am 8. Februar 2016 durch die belangte Behörde einvernommen. Dabei wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan zulässig sei. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft habe machen können. Aus der allgemeinen Lage Afghanistans, insbesondere in Kabul selbst, sei keine Situation ersichtlich, die eine ernsthafte Bedrohung des Lebens annehmen ließe. Auch für die Heimatregion des Beschwerdeführers sei keine dermaßen schlechte Sicherheitslage zu erkennen, sodass eine ernsthafte Bedrohung festzustellen wäre. Als gesunder, erwachsener, arbeitsfähiger Mann könne es dem Beschwerdeführer auch zugemutet werden, durch Gelegenheitsjobs seinen Unterhalt zu bestreiten. Überdies könne er Unterstützung durch Familie und Freunde erwarten. Es seien keine Ansatzpunkte hervorgetreten, die die Vermutung einer besonderen Integration in Österreich rechtfertigen würden, zumal der Beschwerdeführer weder Deutsch spreche, noch über nennenswerte private Kontakte verfüge.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Darin führt der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, er werde durch die Taliban asylrelevant verfolgt und sei die Schutzfähigkeit der afghanischen Behörden diesbezüglich nicht gewährleistet. Auch stehe dem Beschwerdeführer aufgrund der schlechten Sicherheitslage in Kabul auch keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung.

Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurden den Parteien u.a., die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19. April 2016 und das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 2. März 2017, zuletzt aktualisiert am 21. Dezember 2017, durch das Bundesverwaltungsgericht zum Parteiengehör übermittelt.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde durch die erkennende Richterin in der gegenständlichen Rechtssache am 20. Februar 2018 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Dari und im Beisein der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers eine öffentlich mündliche Verhandlung durchgeführt. Dabei brachte der Beschwerdeführer ergänzend allgemeine Probleme als schiitischer Tadschike in Afghanistan vor sowie wurden vom Beschwerdeführer diverse Integrationsunterlagen vorgelegt.

In seiner ebenfalls im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgelegten Stellungnahme regt der Beschwerdeführer zur Frage der Auslegung des Art. 8 Abs. 1 der RL 2011/95/EU (StatusRL) im Hinblick auf die genauen Voraussetzungen der Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 267 AEUV beim Gerichtshof der Europäischen Union an. Weiters wird der Antrag auf Ladung des Sachverständigen XXXX zu einer fortgesetzten mündlichen Verhandlung gestellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person

Der - im Spruch genannte - Beschwerdeführer besitzt die afghanische Staatsangehörigkeit, gehört der Volksgruppe der Tadschiken an und ist schiitischer Moslem (OZ 1 AS 25, AS 237 ff, Verhandlungsschrift Seite 6).

Er wurde in Afghanistan, in der Provinz Badakhshan, im Distrikt XXXX , im Dorf XXXX geboren und ist er dort auch aufgewachsen. Im Jahr 2012 ist der Beschwerdeführer alleine in den Iran - illegal - ausgereist, um in weiterer Folge nach etwa zwei bis zweieinhalb Jahren in Richtung Europa zu flüchten (Verhandlungsschrift Seite 5 f).

Seine Kernfamilie besteht aus seinem Vater, seinen zwei Schwestern und seinen vier Brüdern. Seine Mutter ist zwischenzeitig verstorben. Seine jüngeren Brüder leben nach wie vor gemeinsam mit seinem Vater und seinen beiden Onkeln väterlicherseits, XXXX und XXXX, im Heimatdorf des Beschwerdeführers. Seine älteren Brüder sind derzeit im Iran aufhältig (Verhandlungsschrift Seit 7).

Der Beschwerdeführer steht in telefonischem Kontakt mit seiner Familie. Es geht ihnen (auch finanziell) gut. Die Familie lebt von der familieneigenen Landwirtschaft (Verhandlungsschrift Seite 7 f). Im Falle einer Rückkehr des Beschwerdeführers nach Afghanistan wäre seine Familie in der Lage, diesen finanziell zu unterstützen.

Der Beschwerdeführer spricht Dari, Farsi und ein wenig Deutsch (OZ 1 AS 25, AS 145 und Verhandlungsschrift Seite 6 und 10).

Er hat in Afghanistan bis zur achten Klasse die Schule besucht (OZ 1 AS 148, Verhandlungsschrift Seite 6). Der Beschwerdeführer hat im Lebensmittelgeschäft seines Vaters ausgeholfen und im Iran als Bauarbeiter gearbeitet (Verhandlungsschrift Seite 6 f).

Der Beschwerdeführer ist volljährig, ledig, gesund und arbeitsfähig.

Er ist seit seiner Antragsstellung am 1. März 2015 im Bundesgebiet aufhältig (OZ 1 AS 25). Zudem ist er strafgerichtlich unbescholten (Strafregisterauszug vom 20. September 2018).

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine Familienangehörige oder Verwandte (Verhandlungsschrift Seite 10).

Der Beschwerdeführer verbringt seinen Alltag in Österreich damit, einen Deutschkurs zu besuchen und an Veranstaltungen für Flüchtlinge teilzunehmen, die ein Freund von ihm organisiert (Verhandlungsschrift Seite 10 f). Er arbeitet seit 2017 ehrenamtlich im XXXX (Beilage ./A).

Der Beschwerdeführer wird im Rahmen der Grundversorgung versorgt (Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem vom 20. September 2018).

zur Lage in Afghanistan

zur Sicherheitslage

Die Sicherheitslage ist beeinträchtigt durch eine tief verwurzelte militante Opposition. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädten und den Großteil der Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte zeigten Entschlossenheit und steigerten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand. Die Taliban kämpften weiterhin um Distriktzentren, bedrohten Provinzhauptstädte und eroberten landesweit kurzfristig Hauptkommunikationsrouten.

In den letzten zwei Jahren hatten die Taliban kurzzeitig Fortschritte gemacht, wie z.B. in Helmand und Kunduz, nachdem die ISAF-Truppen die Sicherheitsverantwortung den afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräften (ANDSF) übergeben hatten. Die Taliban nutzen die Schwächen der ANDSF aus, wann immer sie Gelegenheit dazu haben. Der IS (Islamischer Staat) ist eine neue Form des Terrors im Namen des Islam, ähnlich der al-Qaida, auf zahlenmäßig niedrigerem Niveau, aber mit einem deutlich brutaleren Vorgehen. Die Gruppierung operierte ursprünglich im Osten entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze und erscheint, Einzelberichten zufolge, auch im Nordosten und Nordwesten des Landes.

Mit Stand September 2016, schätzen Unterstützungsmission der NATO, dass die Taliban rund 10% der Bevölkerung beeinflussen oder kontrollieren. Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren, und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung, und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben. Berichten zufolge hat sich die Anzahl direkter Schussangriffe der Taliban gegen Mitglieder der afghanischen Nationalarmee (ANA) und der afghanischen Nationalpolizei (ANP) erhöht.

Einem Bericht des U.S. amerikanischen Pentagons zufolge haben die afghanischen Sicherheitskräfte Fortschritte gemacht, wenn auch keine dauerhaften. Laut Innenministerium wurden im Jahr 2016 im Zuge von militärischen Operationen - ausgeführt durch die Polizei und das Militär - landesweit mehr als 18.500 feindliche Kämpfer getötet und weitere 12.000 verletzt. Die afghanischen Sicherheitskräfte versprachen, sie würden auch während des harten Winters gegen die Taliban und den Islamischen Staat vorgehen.

Obwohl die afghanischen Sicherheitskräfte alle Provinzhauptstädte sichern konnten, wurden sie von den Taliban landesweit herausgefordert: intensive bewaffnete Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften verschlechterten die Sicherheitslage im Berichtszeitraum (16.8. - 17.11.2016). Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern.

Die afghanischen Sicherheitskräfte haben zwar im Jahr 2015 die volle Verantwortung für die Sicherheit des Landes übernommen; dennoch werden sie teilweise durch US-amerikanische bzw. Koalitionskräfte unterstützt.

zur Sicherheitslage in Badakhshan

Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden in der Provinz Badakhshan 109 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Badakhshan zählt zu den relativ volatilen Provinzen im Norden Afghanistans, in denen Talibanaufständische und Rebellen in einer Anzahl von Distrikten aktiv sind.

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien und Anführer der Taliban zu töten; ebenso wurden Luftangriffe durchgeführt. Zusammenstößen zwischen den Taliban und den Sicherheitskräften finden statt.

zur Sicherheitslage in Kabul

Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden im Distrikt Kabul 151 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Im Zeitraum 1.9.2015. - 31.5.2016 wurden in der gesamten Provinz Kabul 161 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren. Aufständischengruppen planen oft Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund: afghanische und US-amerikanische Regierungseinrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungsorganisation, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren.

In der Provinz Kabul finden regelmäßig militärische Operationen statt. Taliban Kommandanten der Provinz Kabul wurden getötet. Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt.

Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z.B. Moscheen, an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden.

zur Erreichbarkeit von Kabul

Beispiele für internationale Flughäfen in Afghanistan - Internationaler Flughafen Kabul:

Der Flughafen in Kabul ist ein internationaler Flughafen. Ehemals bekannt als internationaler Flughafen Kabul, wurde er im Jahr 2014 in den internationalen Flughafen Hamid Karzai umbenannt. Dieser liegt 16 km außerhalb des Stadtzentrums von Kabul. In den letzten Jahren wurde der Flughafen erweitert und modernisiert. Ein neuer internationaler Terminal wurde hinzugefügt und der alte Terminal wird nun für nationale Flüge benutzt.

zur Sicherheitslage in Herat

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Provinzhauptstadt ist Herat City, mit etwa

477.452 Einwohner/innen. Herat ist eine vergleichweise entwickelte Provinz im Westen des Landes.

Im Zeitraum 1.9.2015-31.5.2016 wurden in der Provinz Herat 496 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in abgelegenen Distrikten der Provinz aktiv. Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig heilige Orte wie Moscheen an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen die schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden.

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt um manche Gegenden von Aufständischen zu befreien. Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt.

zur Erreichbarkeit von Herat

Beispiele für internationale Flughäfen in Afghanistan - Internationaler Flughafen Herat:

Im Jahre 2012 wurde der neue Terminal des internationalen Flughafens von Herat eröffnet.

zur Sicherheitslage in der Provinz Balkh im Allgemeinen und in der Stadt Mazar-e Sharif im Besonderen

Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten.

Im Zeitraum 1.1. - 31.8.2015 wurden in der Provinz Balkh 226 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Die zentral gelegene Provinz Balkh - mit ihrer friedlichen Umgebung, historischen Denkmälern und wunderschönen Landschaft - wird als einer der friedlichsten und sichersten Orte Afghanistans geschätzt. Dennoch versuchen bewaffnete Aufständische die Provinz zu destabilisieren. In den letzten Monaten kam es zu Vorfällen in Schlüsselbezirken der Provinz. Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt. In der Provinz wurden militärische Operationen durchgeführt. Dabei hatten die Taliban Verluste zu verzeichnen.

Die Stadt Mazar-e Sharif ist eine Art "Vorzeigeprojekt" Afghanistans für wichtige ausländische Gäste. Balkh ist, in Bezug auf Angriffe der Taliban, zentralasiatischer Aufständischer oder IS-Kämpfer die sicherste Provinz in Nordafghanistan. Grund dafür ist das Machtmonopol, das der tadschikisch-stämmige Gouverneur und ehemalige Warlord Atta Mohammed Noor bis in die abgelegensten Winkel der Provinz ausübt. Nichtsdestotrotz ist die Stabilität stark abhängig von den Beziehungen des Gouverneurs zum ehemaligen Warlord und nunmehrigen ersten Vizepräsidenten Abdul Rashid Dostum. Im Juni 2015 haben sich die beiden Rivalen darauf geeinigt, miteinander zu arbeiten, um die Sicherheit in Nordafghanistan wiederherzustellen. Die Stabilität der Provinz Balkh war ein Hauptfokus der NATO-Kräfte. Im Distrikt Balkh wird die Reduzierung von Rebellenaktivitäten der Leistungsfähigkeit der ANSF und des neuen Distriktpolizeichefs zugeschrieben.

zur Erreichbarkeit von Mazar-e Sharif

Im Jahr 2013 wurde der internationale Maulana Jalaluddin Balkhi Flughafen in Mazar-e Sharif, der Hauptstadt der Provinz Balkh eröffnet.

zur Situation der Schiiten

Die Bevölkerung schiitischer Muslime wird auf 10-19% geschätzt.

Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten sind in Afghanistan selten. Sowohl im Rat der Religionsgelehrten (Ulema), als auch im Hohen Friedensrat sind Schiiten vertreten; beide Gremien betonen, dass die Glaubensausrichtung keinen Einfluss auf ihre Zusammenarbeit habe.

Die Situation der afghanisch schiitisch-muslimischen Gemeinde hat sich seit dem Ende des Taliban-Regimes wesentlich gebessert. Beobachtern zufolge ist die Diskriminierung gegen die schiitische Minderheit durch die sunnitische Mehrheit zurückgegangen; dennoch gab es Berichte zu lokalen Vorfällen.

Afghanischen Schiiten ist es möglich, ihre Feste öffentlich zu feiern - manche Paschtunen sind über die öffentlichen Feierlichkeiten verbittert, was gelegentlich in Auseinandersetzungen resultiert. Im November 2016, hat ein Kämpfer der IS-Terrormiliz, während einer religiösen Zeremonie in der Bakir-al-Olum-Moschee - einer schiitischen Moschee in Kabul - am schiitischen Feiertag Arbain, einen Sprengstoffanschlag verübt. Bei diesem Selbstmordanschlag sind mindestens 32 Menschen getötet und 80 weitere verletzt worden. In Kabul sind die meisten Moscheen trotz Anschlagsgefahr nicht besonders geschützt. Am 23. Juli 2016 wurde beim schwersten Selbstmordanschlag in der afghanischen Geschichte die zweite Großdemonstration der Enlightenment-Bewegung durch den ISKP angegriffen. Es dabei starben über 85 Menschen, rund 240 wurden verletzt. Dieser Schlag richtete sich fast ausschließlich gegen Schiiten.

Einige Schiiten bekleiden höhere Ämter; sowie andere Regierungsposten. Schiiten verlautbarten, dass die Verteilung von Posten in der Regierung die Demographie des Landes nicht adäquat berücksichtigte. Das Gesetz schränkt sie bei der Beteiligung am öffentlichen Leben nicht ein - dennoch verlautbarten Schiiten - dass die Regierung die Sicherheit in den Gebieten, in denen die Schiiten die Mehrheit stellten, vernachlässigte.

zu den ethnischen Minderheiten

In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2016 mehr als 33.3 Millionen Menschen. Schätzungen zufolge, sind: 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara, 9% Usbeken.

zur Situation der Tadschiken

Die dari-sprachige Minderheit der Tadschiken ist die zweitgrößte und zweitmächtigste Gemeinschaft in Afghanistan. Die Tadschiken machen etwa 30% der afghanischen Gesellschaft aus. Der Name tajik (Tadschike) bezeichnete sesshafte persischsprachige Bauern oder Stadtbewohner sunnitischer Konfession.

Der Hauptführer der "Nordallianz", eine politisch-militärische Koalition, ist Dr. Abdullah Abdullah - dessen Mutter Tadschikin und dessen Vater Pashtune ist. Er selbst identifiziert sich politisch gesehen als Tadschike, da er ein hochrangiger Berater von Ahmad Shah Masoud, war. Mittlerweile ist er "Chief Executive Officer" in Afghanistan.

Die Tadschiken sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 25% in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert.

zur Versorgungslage allgemein

Im Jahr 2015 belegte Afghanistan im "Human Development Index" (HDI) den 171. von 188 Plätzen. Afghanistan bleibt trotz eines gewaltigen Fortschritts innerhalb einer Dekade, eines der ärmsten Länder. Die Sicherheit und politische Ungewissheit, sowie die Reduzierung internationaler Truppen, gemeinsam mit einer schwachen Regierung und Institutionen, haben Wachstum und Beschäftigung gehemmt und seit kurzem zu einer erhöhten Migration geführt.

Trotz eines guten Wirtschaftswachstums von 2007 bis 2011, stagnierte die Armutsrate bei 36%. Am häufigsten tritt Armut in ländlichen Gebieten auf, wo die Existenzgrundlage von der Landwirtschaft abhängig ist. Die Regierung hat die landwirtschaftliche Entwicklung zur Priorität erhoben. Dadurch sollen auch gering qualifizierte Afghaninnen und Afghanen bessere Chancen auf einen Arbeitsplatz bekommen. Insbesondere sollen die landwirtschaftlichen Erzeugnisse Afghanistans wieder eine stärkere Rolle auf den Weltmärkten spielen. Gerade im ländlichen Raum bleiben die Herausforderungen für eine selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung angesichts mangelnder Infrastruktur, fehlender Erwerbsmöglichkeiten außerhalb der Landwirtschaft und geringem Ausbildungsstand der Bevölkerung (Analphabetenquote auf dem Land von rund 90%) aber groß. Sicher ist, dass die jährlich rund 400.000 neu auf den Arbeitsmarkt drängenden jungen Menschen nicht vollständig vom landwirtschaftlichen Sektor absorbiert werden können.

Das BIP-Wachstum im Jahr 2015 wurde auf 1,5% geschätzt, als Faktoren zählten die sich verschlechternde Sicherheitslage, welche Privatinvestitionen schwächte; verspätete Vollstreckung des Haushaltsplanes und unvorteilhafte Wetterbedingungen, die zu einem niedrigeren landwirtschaftlichen Ertrag führten. Die wirtschaftliche Entwicklung Afghanistans wird trotz positiver Wachstumsraten in der letzten Dekade weiterhin nicht durch ein selbsttragendes Wirtschaftswachstum, sondern durch die Zuschüsse der internationalen Gebergemeinschaft stimuliert. Den größten Anteil am BIP hat der Dienstleistungssektor mit 55%, gefolgt von der Landwirtschaft mit 22,6%. Industrieproduktion ist kaum vorhanden. Trotz einer großen Bedeutung des Außenhandels - Afghanistan ist in hohem Maße von Importen abhängig - sind afghanische Produkte bisher auf internationalen sowie regionalen Märkten kaum wettbewerbsfähig. Das Wirtschaftswachstum ist in den Jahren 2014 und 2015 stark auf 1.5 - 2% gesunken; internationale Entwicklungshilfe führte zu Wachstum und Jobs in Konfliktregionen, dennoch steuerte es nicht zu einer gesteigerten Produktivität bei. Ungleichheit stieg parallel zur ungleichen Wachstumsverteilung - Regionen im Nordosten, Osten, sowie im Westen des Zentralgebietes scheinen aufgrund ihrer geografischen Abgelegenheit, starken Klimaveränderungen, niedriger Hilfe und Unsicherheit, nachzuhinken. Arbeitslosigkeit, Naturgefahren, fehlender Zugang zu Dienstleistungen, sowie Gewalt, sind Hauptfaktoren für die hohe Armutsrate in Afghanistan. Entwicklungsschwierigkeiten verstärkten die wachsende Unsicherheit, Verunsicherung und schrumpfende Hilfe.

Wichtige Erfolge wurden im Bereich des Ausbaus der Infrastruktur erzielt. Durch den Bau von Straßen und Flughäfen konnte die infrastrukturelle Anbindung des Landes verbessert werden. Große wirtschaftliche Erwartungen werden an die zunehmende Erschließung der afghanischen Rohstoffressourcen geknüpft. In Afghanistan lagern die weltweit größten Kupfervorkommen sowie Erdöl, Erdgas, Kohle, Lithium, Gold, Edelsteine und seltene Erden.

Mit dem 2014 verabschiedeten Rohstoffgesetz wurden die rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen für privatwirtschaftliche Investitionen in diesem Bereich verbessert. Entscheidend für Wachstum, Arbeitsplätze und Einnahmen aus dem Rohstoffabbau ist die Umsetzung des Gesetzes. Darüber hinaus müssen Mechanismen zum Einnahmenmanagement etabliert werden. Der Abbau der Rohstoffe erfordert große und langfristige Investitionen in die Exploration und Infrastruktur durch internationale Unternehmen. Bisher sind diese noch kaum im Abbau von Rohstoffen im Land aktiv. Derzeit niedrige Weltmarktpreise lassen die Investitionsbereitschaft zusätzlich sinken.

Im September 2016 fiel der Startschuss für das "Citizens' Charter National Priority Program"; dieses Projekt zielt darauf ab, die Armut zu reduzieren und den Lebensstandard zu erhöhen, indem die Kerninfrastruktur und soziale Dienstleistungen der betroffenen Gemeinschaften verbessert werden. Die erste Phase des Projektes hat ein Drittel der 34 Provinzen zum Ziel; die vier Städte Balkh, Herat, Kandahar und Nangarhar sind Schwerpunkt des städtischen Entwicklungsprogrammes, welche als erste behandelt werden sollen. In der ersten Phase sollen 8,5 Millionen Menschen erreicht werden, mit dem Ziel 3,4 Millionen Menschen sauberes Trinkwasser zur Verfügung zu stellen, die Gesundheitsdienstleistungen zu verbessern, Bildung, Landstraßen, Elektrizität, sowie Zufriedenheit zu steigern und Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung zu erhöhen. Des Weiteren zielt das Projekt darauf ab, Binnenvertriebene, Menschen mit Behinderung, arme Menschen und Frauen besser zu integrieren.

zur medizinischen Versorgung

Medikamente sind auf jedem Markt in Afghanistan erwerblich, Preise variieren je nach Marke und Qualität des Produktes. Eine begrenzte Zahl staatlicher Krankenhäuser in Afghanistan bietet kostenfreie medizinische Versorgung. Die Kosten für Medikamente in diesen Einrichtungen weichen vom lokalen Marktpreis ab. Privatkrankenhäuser gibt es zumeist in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Mazar e Sharif, Herat und Kandahar. Die Behandlungskosten in diesen Einrichtungen variieren. Um Zugang zu erhalten, benötigt man die afghanische Nationalität (Ausweis/Tazkira).

zur Versorgung mit Wohnraum

In Kabul sowie im Umland und auch anderen Städten stehen eine große Anzahl an Häusern und Wohnungen zur Verfügung. Die Haus- oder Wohnungsmiete hängt von der Lage ab. Die Unterbringung im Zentrum der Stadt beträgt für eine Ein-Zimmer Wohnung (Bad und Küche) beginnend von 6.000 AFA (88 USD) bis zu 10.000 AFD (146 USD) pro Monat. Die Kosten in Kabul City sind jedoch höher als in den Vororten oder auch anderen Provinzen. Private Immobilienhändler bieten Informationen zu Mietpreisen für Häuser, Apartments etc. an. Rückkehrer können bis zur 2 Wochen im IOM Empfangszentrum in Jangalak untergebracht werden.

zu den Erhaltungskosten

Die monatlichen Lebenshaltungskosten in Kabul, für eine Person sind abhängig von den Ausgaben und liegen durchschnittlich zwischen 150-250 USD pro Person. Diese Zahlen beziehen sich nur auf Kleidung, Nahrung und Transport, die Unterbringung (Miete) ist dabei nicht berücksichtigt.

zum Bankensystem in Afghanistan

Nach einer Zeit mit begrenzten Bankdienstleistungen, entstehen im Finanzsektor in Afghanistan schnell mehr und mehr kommerzielle Banken und Leistungen. Die kommerziellen Angebote der Zentralbank gehen mit steigender Kapazität des Finanzsektors zurück. Es ist einfach in Afghanistan ein Bankkonto zu eröffnen. Die Bank wird nach folgendem fragen: Tazkira/ (Personalausweis/Pass); 2 Passfotos und AFA 1,000 bis 5,000 als Mindestkapital für das Bankkonto.

Bis heute sind mehr als ein Dutzend Banken im Land aktiv:

Afghanistan International Bank, Azizi Bank, Arian Bank, Alfalah Bank Ltd., Bank-E-Millie Afghan, BRAC Afghanistan Bank, Development Bank of Afghanistan, Export Promotion Bank, Habib Bank of Pakistan, Kabul Bank, National Bank of Pakistan, Pashtany Bank, Punjab National Bank - India, The First Microfinance Bank, Ghazanfar Bank, Maiwand Bank, Bakhtar Bank. Zu deren Leistungen zählen: Internationaler Geldtransfer via SWIFT (Society For World Wide Interbank Funds Transfer), inländische Geldtransfers in Afghanistan, diverse Kreditprodukte und andere Handelsleistungen, sowie Sparen und Girokonten.

Internationaler Geldtransfer via SWIFT ist seit 2003 über die Zentralbank verfügbar. Auch kommerzielle Banken bieten derzeit internationalen Geldtransfer an, manche nutzen eigene Möglichkeiten, andere greifen auf die Ressourcen der Zentralbank zurück. Die Zentralbank kann die Nachfrage des Bankensektors nach Bargeld in afghanischer Währung sowie in US Dollar bedienen. Um Geld nach Afghanistan zu überweisen, müssen die Betroffenen ein Konto in Afghanistan haben. Die Zentralbank beabsichtigt, sich vom kommerziellen Bankgeschäft zurückzuziehen, da die kommerziellen Banken ihre Tätigkeiten in Afghanistan ausbauen. Die Zentralbank kann Überweisungen und andere Bankdienstleistungen in den Provinzen in ganz Afghanistan gewährleisten. Geldtransferanbieter wie Western Union sind ebenfalls weit verbreitet.

zur Situation im Falle einer Rückkehr

Einem Bericht des Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge, verkomplizieren rückkehrende Flüchtlinge die Situation der bereits mehr als eine Million Binnenvertriebenen, deren Anzahl sich aufgrund des Aufstandes im Jahr 2016 erhöht hat. Nach Meinung des IWF wird dies die Kapazitäten des Landes überfordern.

Im Rahmen von humanitärer Hilfe wurden Binnenvertriebene, je nach Region und Wetterbedingungen, unterschiedlich unterstützt: Bargeld, Paket für Familien, winterliche Ausrüstung, Nahrungspakete, Hygienepakete, Decken, Zelte, und andere Pakete, die keine Nahrungsmittel enthielten usw. Auch wurde Aufklärung in Bereichen wie Hygiene betrieben.

Unterschiedliche Organisationen, wie z.B. das Internationale Rote Kreuz (IRC) oder das Welternährungsprogramm (WFP) usw. sind je nach Verantwortungsbereichen für die Verteilung von Gütern zuständig.

Dazu zählten: Nahrung, Zelte, sowie andere Güter, die keine Nahrungsmittel waren.

UNHCR unterstützt Rückkehrer/innen mit finanziellen Beihilfen in vier Geldausgabezentren, außerdem mit Transiteinrichtungen und elementaren Gesundheitsleistungen. Zusätzlich wurden sie in anderen Bereichen aufgeklärt, wie z.B. Schuleinschreibungen, Gefahren von Minen etc.

Im Jänner 2017 wurde ein humanitärer Plan für US$ 550 Millionen aufgestellt, mit dem Ziel im Jahr 2017 die vulnerabelste und marginalisierteste Bevölkerung des Landes zu unterstützen. Ziel sind strategische und lebensnotwendige Interventionen: Nahrung, Unterkunft, Gesundheitsvorsorge, Ernährung, sauberes Wasser und Hygiene. Im Rahmen des "Afghanistan 2017 Humanitarian Response Plan" sollen etwa 5,7 Millionen Menschen erreicht werden.

Im September 2016 suchten die Vereinten Nationen um 152 Millionen US Dollar an, um lebensnotwendige Hilfe für Internvertriebenen, nicht-dokumentierten Rückkehrer/innen und registrierten Flüchtlingen bieten zu können. Von den zugesagten 42 Millionen US Dollar wurden 40,2 Millionen US Dollar bereits entgegengenommen. Somit stand die gesamte humanitäre Unterstützung für Afghanistan im November 2016 bei 401 Millionen US Dollar.

zu Zivilisten, die von regierungsfeindlichen Kräften bedroht werden:

Regierungsfeindliche Kräfte (AGEs) greifen Berichten zufolge systematisch und gezielt Zivilisten an, die tatsächlich oder vermeintlich die afghanische Regierung, die afghanische Zivilgesellschaft und die internationale Gemeinschaft in Afghanistan, einschließlich der internationalen Streitkräfte und der internationalen humanitären Hilfs- und Entwicklungsakteure, unterstützen bzw. mit diesen verbunden sind. Regierungsfeindliche Kräfte haben Berichten zufolge Familienangehörige von Personen mit den oben angeführten Profilen als Vergeltungsmaßnahme und gemäß dem Prinzip der Sippenhaft angegriffen. Insbesondere wurden Verwandte, darunter Frauen und Kinder, von Regierungsmitarbeitern und Mitgliedern der afghanischen nationalen Sicherheitskräfte Opfer von Schikanen, Entführungen, Gewalt und Tötungen.

2. Beweiswürdigung:

1. zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die einzelnen Feststellungen beruhen jeweils auf den in der Klammer angeführten Beweismitteln.

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben vor der belangten Behörde, in der Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers (Name und Geburtsdatum) getroffen werden, gelten diese ausschließlich für die Identifizierung der Person des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen zu seiner Staatsangehörigkeit, seiner Herkunft, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seinen Sprachkenntnissen und seinen Aufenthalten in Afghanistan und im Iran ergeben sich aus seinen diesbezüglich weitestgehend gleichbleibenden und glaubhaften Angaben; das Bundesverwaltungsgericht sieht keine Veranlassung, an diesen Angaben zu zweifeln.

Die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem schulischen Werdegang und seiner beruflichen Tätigkeit als Aushilfskraft und als Bauarbeiter stützen sich auf seine glaubhaften Aussagen im Rahmen der mündlichen Verhandlung (Verhandlungsschrift Seite 6 f).

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand ergeben sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren, wonach er gesund sei (OZ 1 AS 144 und Verhandlungsschrift Seite 4).

Die Feststellungen zu seiner Familie ergeben sich aus den eigenen im Wesentlichen übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren; das Bundesverwaltungsgericht sieht keine Veranlassung, an diesen Angaben zu zweifeln (OZ 1 AS 29, AS 146 und Verhandlungsschrift Seite 7). Dass er mit diesen in telefonischem Kontakt steht und es ihnen gut geht, führte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung selbst aus (Verhandlungsschrift Seite 7) und deckt sich dies im Übrigen auch mit seinem Vorbringen im Rahmen seiner Einvernahme vor der belangten Behörde (OZ 1 AS 147), wonach er mit seiner Familie in Kontakt stehe.

Die Feststellung, dass die Familie den Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr finanziell unterstützen kann, ergibt sich aus einer Zusammenschau der eigenen Angaben des Beschwerdeführers im behördlichen und gerichtlichen Verfahren zur finanziellen Situation seiner Familie. In Bezug auf die finanzielle Lage seiner Familie führte der Beschwerdeführer in seiner Erstbefragung zwar aus, dass diese schlecht sei (OZ 1 AS 31). Im Rahmen der Einvernahme vor der belangten Behörde gab der Beschwerdeführer jedoch an, dass er immer Geld bekommen habe (OZ 1 AS 148) und seine Ausreise vom Vater finanziert worden sei (OZ 1 AS 149). Auch in der mündlichen Verhandlung führte der Beschwerdeführer aus, dass er die finanzielle Situation seiner Familie als gut einschätze (Verhandlungsschrift Seite 8). So sei es seinem Vater möglich, durch den Verkauf von landwirtschaftlichen Produkten den Lebensunterhalt der Familie zu sichern (Verhandlungsschrift Seite 7). Gründe, die dafürsprechen würden, dass seine Familie über die landwirtschaftlichen Erzeugnisse nicht mehr verfügen würde, liegen nicht vor und wurden solche vom Beschwerdeführer auch gar nicht behauptet. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die Familie des Beschwerdeführers diesen im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan unterstützen kann und auch wird.

Die Feststellungen zu seinen übrigen Familienangehörigen und deren Aufenthaltsorten stützen sich auf seine glaubhaften Aussagen im Rahmen der mündlichen Verhandlung (Verhandlungsschrift Seite 8 f).

Die Feststellung seiner strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.

Die Feststellungen zu seinem Leben und seiner Integration in Österreich ergeben sich aus seinem diesbezüglichen Vorbringen in Zusammenhalt mit den vorgelegten Bestätigungen.

2. zu den Nichtfeststellungen in Bezug auf individuelle gegen den Beschwerdeführer gerichtete Bedrohungen in Afghanistan:

Die vom Beschwerdeführer behauptete Verfolgung durch die Taliban aufgrund seiner Arbeitstätigkeit für eine amerikanische Organisation konnte nicht plausibel und damit auch nicht glaubhaft gemacht werden.

Nach seinem eigenen Vorbringen habe sein Onkel XXXX eine amerikanische Organisation dabei unterstützt, einen Englischkurs im Heimatdistrikt des Beschwerdeführers zu organisieren und habe der Beschwerdeführer bei diesem Englischkurs und damit bei der amerikanischen Organisation durch z.B. Erledigung von Einkäufen oder Reinigungsarbeiten mitgearbeitet (Verhandlungsschrift 32: "R: Vor der belangten Behörde haben Sie angegeben, dass Ihr Onkel XXXX und Ihr Cousin mit Ihnen einen Englischkurs in XXXX organisieren konnten. Ist das richtig? BF: Mein Cousin war in dieser Organisation nur Dolmetscher. Mein Onkel hat über diesen Cousin Kontakt zur Organisation hergestellt und den Kurs in XXXX organisiert."; Seite 9: "R: Welcher Onkel hat Sie bei Ihrer Tätigkeit bei einer ausländischen Organisation unterstützt? BF: Mein Cousin XXXX war für diese Firma als Dolmetscher tätig. Mein Onkel XXXX war Lehrer und diese beiden haben mich dabei unterstützt eine Arbeit bei der ausländischen Organisation zu finden.").

Da die Taliban mit diesem Englischkurs nicht einverstanden gewesen

wären, seien sowohl der Beschwerdeführer, als auch sein Onkel von

diesen bedroht worden. Konkret seien Drohbriefe an den Onkel

geschickt und letztendlich das Kursgebäude sowie auch das gemeinsame

Haus des Beschwerdeführers und des Onkels angegriffen worden

(Verhandlungsschrift Seite 11: "BF: .... Nachdem die Taliban davon

erfahren haben, haben sie meinem Onkel XXXX mehrere Warnschreiben

zukommen lassen. Die Taliban waren der Meinung, dass in diesem Kurs

christliche Werte unterrichtet werden. ... Am Abend wurde das

Kursgebäude sowie auch das Gebäude der Sicherheitskommandatur, welches benachbart war, von den Taliban angegriffen. Ich bin von dort nachhause gegangen. Nach 2 Tagen wurde unser Haus angegriffen.", Seite 12: "R: Sie haben vorher angegeben, dass Ihr Onkel XXXX viele Drohbriefe erhalten hat. Weshalb hat Ihr Onkel diese Drohbriefe erhalten? BF: Bevor dieser Englischkurs dort abgehalten wurde, hatten Mitarbeiter der Organisation über meinen Cousin Kontakt zu meinem Onkel XXXX aufgenommen. Die Taliban haben meinem Onkel vorgeworfen, weshalb er diese Leute dabei unterstützt hat, den Englischkurs dort zu organisieren. Die Taliban waren der Meinung, dass nicht nur Englisch in den Kursen unterrichtet wird, sondern auch Kurse über das Christentum abgehalten werden. Sie waren

auch dagegen, dass vor allem Mädchen diesen Kurs besuchen. ... Zwei

Tage nach dem Angriff auf das Kursgebäude, haben die Taliban unser Haus angegriffen. Dieser Angriff galt mir und meinem Onkel.").

Schon allein aufgrund des Umstandes, dass der aus den gleichen Erwägungen wie der Beschwerdeführer von den Taliban bedrohte Onkel des Beschwerdeführers nach wie vor in Afghanistan und zwar sogar unverändert im Heimatdorf lebt, kann die behauptete Bedrohung des Beschwerdeführers nicht nachvollzogen werden. Dass sein Onkel (erst über ausdrückliches Befragen der erkennenden Richterin) plötzlich nicht mehr gefährdet (gewesen) sein soll (Verhandlungsschrift Seite 16: "R: Sie haben vorhin angegeben, dass Ihr Onkel XXXX noch im Heimatdorf lebt, wie erklären Sie sich das? BF: Er hatte nicht für diese Organisation aktiv gearbeitet und war auch nicht bei dieser Organisation angestellt. Er hat nur mitgeholfen den Amtswegen nachzugehen. In jener Nacht, als unser Haus angegriffen wurde, haben sie ihn für diese Tat bestraft, indem sie ihn geschlagen haben."), überzeugt jedenfalls nicht und könnte dies im Übrigen auch mit seinem gesamten bisherigen oben wiedergegebenen, aber auch in weiterer Folge im Rahmen der mündlichen Verhandlung erstatteten Vorbringen nicht in Einklang gebracht werden (Verhandlungsschrift Seite 17: "R: Sie haben vorhin gesagt, dass 1 Woche nach Ihrer Flucht die Taliban nachhause gekommen sind, können sie mir das genauer schildern. BF: Sie sind zu unserem Haus gekommen und wollten wissen, wo ich mich befinde und weshalb ich für die Amerikaner gearbeitet habe. Sie haben erneut meinem Onkel unterstellt die Amerikaner gewarnt zu haben, weil sich beim Angriff auf das Haus niemand darin befunden hat).

Hinzu kommt, dass auch seine übrige Familie teilweise nach wie vor

unverändert im Heimatdorf lebt und das obwohl laut dem Vorbringen

des Beschwerdeführers auch diesen eine Mitarbeit für die Ausländer

unterstellt und diese insofern von den Taliban bedroht worden sein

sollen (Verhandlungsschrift Seite 14: "BF: .... Mein Vater hat mir

im Nachhinein erzählt, dass 6 oder 7 Taliban ins Haus gekommen sind

und ihn sowie meine Mutter, meine Brüder und meinen Onkel XXXX

geschlagen haben. ... Der gesamten Familie nämlich auch meinem Vater

und meinen Brüdern wurde die Mitarbeit bzw. die Unterstützung mit den Ausländern unterstellt."). Dass diese - wie vom Beschwerdeführer (damit konkret konfrontiert) ausgeführt - plötzlich nicht mehr gefährdet (gewesen) sein sollen, ist (erneut) nicht überzeugend (Verhandlungsschrift Seite 17ff), zumal selbst nach den Länderfeststellungen, Familienangehörige von Personen, die ua. mit der internationalen Gemeinschaft verbunden sind, gemäß dem Prinzip der Sippenhaft gefährdet sein sollen.

Auch ist der Vollständigkeit halber anzumerken, dass es selbst dem Beschwerdeführer nach dem Vorfall auf das Kursgebäude und sein zu Hause - wenn auch nur für kurze Zeit - möglich gewesen sein soll, in Afghanistan im eigenen Haus und zwar unbehelligt zu verbleiben. Dass er in dieser Zeit - wie von ihm zunächst behauptet - bei den Nachbarn versteckt gelebt habe, wurde von ihm in weiterer Folge jedenfalls nicht weiter aufrechterhalten (Verhandlungsschrift Seite 14: "R: Können Sie mir den Vorfall, als die Taliban zu Ihnen nach Hause kamen, bitte näher schildern! BF: Es war mitten in der Nacht gegen 0.00 oder 0.30 Uhr als ich aus dem Fenster mehrere Leute auf unser Haus zukommen sah. Meine Mutter ist gemeinsam mit mir ins Nachbarhaus geflüchtet, wo ich mich versteckt gehalten habe. ..."; Seite 15: "R: Warum sind die Taliban Ihnen nicht zu den Nachbarn gefolgt? BF: Sie haben nicht mitbekommen, dass ich zu den Nachbarn geflüchtet bin. Meine Familie hat ihnen gesagt, dass ich seit dem Angriff auf das Kursgebäude nicht mehr nachhause gekommen bin. R:

Wie lange haben Sie dann bei den Nachbarn gelebt? BF: Ich glaube 2 Tage. R: Kam es in dieser Zeit zu Bedrohungen? BF: Nein. Ich war dort versteckt und niemandem war das bekannt. R: Sie haben aber vorher angegeben, dass Sie nur über Nacht bei den Nachbarn waren, untertags waren Sie aber zuhause, ist das richtig? BF: Das ist richtig. Ich bin tagsüber nachhause gekommen. ...").

Letztlich dürfen aber auch die sonstigen Widersprüchlichkeiten des Vorbringens in Bezug auf die Kernaussagen seines Fluchtvorbringens nicht unerwähnt bleiben. Dabei ist (beispielhaft) anzuführen, dass laut dem Vorbringen des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde ausschließlich die amerikanische Organisation in den Drohbriefen erwähnt worden sein soll (OZ 1 AS 153), laut seinem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung hingegen auch der Onkel und er selbst (Verhandlungsschrift Seite 13). Während der Beschwerdeführer laut der Einvernahme vor dem erkennenden Gericht den Vorfall im Kursgebäude selbst miterlebt habe (Verhandlungsschrift Seite 13), sei er darüber laut der Einvernahme vor der belangten Behörde erst einen Tag später von seinem Cousin informiert worden (OZ 1 AS 150). Bei dem Angriff bei ihm zu Hause sei laut seiner Angaben vor der belangten Behörde zunächst nur sein Vater und sein Onkel (AS 150), im Rahmen der weiteren Befragung auch sein älterer Bruder (AS 154) und schließlich im Rahmen der Befragung vor dem erkennenden Gericht auch seine Mutter und seine anderen Brüder (Verhandlungsschrift Seite 14) von den Taliban geschlagen worden.

Es kann daher aufgrund der obigen Erwägungen das geschilderte Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers insgesamt als nicht schlüssig und damit glaubhaft bewertet werden. Dabei wird nicht verkannt, dass - aufgrund der Minderjährigkeit des Beschwerdeführers im Zeitpunkt des fluchtauslösenden Ereignisses - Unstimmigkeiten im Aussageverhalten bzw. Lücken und Unschärfen des Erinnerungsvermögens vorliegen können und auch hinzunehmen sind (siehe dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. September 2014, Zl. 2014/19/0020.). Diesem Umstand Rechnung tragend wurde in der vorliegenden Beweiswürdigung auf bestehende Widersprüchlichkeiten in der Erzählung in Bezug auf Detailfragen des Beschwerdeführers nicht eingegangen, sondern alleine die Plausibilität und Glaubhaftigkeit des Kerninhaltes seiner Erzählung herangezogen.

Es konnten daher insgesamt keine Feststellungen in Bezug auf diese vom Beschwerdeführer behauptete konkret ihn treffende Verfolgung getroffen werden.

zu den Feststellungen zur Lage in Afghanistan

Die Feststellungen zur Lage in Afghanistan ergeben sich aus dem den Parteien übermittelten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 2. März 2017 (LIB), zuletzt am 21. Dezember 2017 aktualisiert. Die Feststellungen zur Sicherheitslage in Afghanistan allgemein, und zu Herat, Kabul, Balkh und Badakhshan, sowie zur Erreichbarkeit von Kabul, Herat und Mazar-e-Sharif ergeben sich auszugsweise aus den im LIB enthaltenen Kapiteln 1. (neueste Ereignisse), 3. (Sicherheitslage), 3.1. (Kabul), 3.2. (Badakhshan),

3.5. (Balkh), 3.13. (Herat), 3.2. Erreichbarkeit, 5. (Sicherheitsbehörden), 15. (Schiiten) und 16. (ethnische Minderheiten und Tadschiken). Die Feststellungen zur allgemeinen Versorgungslage, zur medizinischen Versorgung und zur Versorgung mit Wohnraum sowie zum Bankensystem in Afghanistan, zu den Erhaltungskosten und zu der Situation von Rückkehrern wurden aufgrund der in den Kapiteln 20. (Binnenflüchtlinge und Flüchtlinge), 21. (Grundversorgung und Wirtschaft), 22. (Medizinische Versorgung), und 23. (Rückkehr) enthaltenen Ausführungen im LIB getroffen. Die Feststellungen zur Situation der Zivilisten, die von regierungsfeindlichen Kräften bedroht werden, gründen auf den den Parteien übermittelten UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19. April 2016. Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, zumal der Beschwerdeführer diesbezüglich auch nichts Gegenteiliges vorgebracht hat.

Dass sich seither in Afghanistan allgemein und für den gegenständlichen Fall relevant eine entscheidende Lageveränderung ergeben hätte, ist nicht hervorgekommen und kann dies im Übrigen unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichten aktuelleren Datums in diesem Fall verneint werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

zu Spruchpunkt A.

zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist.

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Unter "Verfolgung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (vgl. bspw. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. September 2016, Ra 2016/19/0074 u.v.a).

§ 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005 umschreibt "Verfolgung" als jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 der Richtlinie 2011/95/EU (Statusrichtlinie), worunter - unter anderem - Handlungen fallen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist. Dazu gehören insbesondere das durch Art. 2 EMRK geschützte Recht auf Leben und das in Art. 3 EMRK niedergelegte Verbot der Folter (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 2016, Ra 2016/18/0083).

In Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan konnte der Beschwerdeführer allerdings - wie bereits in der Beweiswürdigung näher dargestellt - keine konkrete individuelle, gegen ihn gerichtete Bedrohung, aus welcher möglicherweise eine aktuelle asylrelevante Verfolgung der Person des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat ableitbar wäre, festgestellt werden. Dem Beschwerdeführer ist es entgegen dem Beschwerdevorbringen insgesamt nicht gelungen, die von ihm behauptete Verfolgung glaubhaft zu machen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Gefahr der Verfolgung allerdings nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Sie kann auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten (siehe dazu zuletzt das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Februar 2017, Ra 2016/20/0089 u.v.m.).

In Bezug auf die Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers ist auszuführen, dass - wie den Feststellungen zu entnehmen ist - Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten selten sind und deren Lage sich insgesamt verbessert hat, auch wenn gezielte Anschläge auf Schiiten durch regierungsfeindliche Gruppen durchgeführt werden. Dabei ist im Hinblick auf die derzeitige Sicherheitslage in Afghanistan insbesondere auch festzuhalten, dass vereinzelte Angriffe, Entführungen oder Tötungen von Zivilpersonen sowie Terroranschläge in Afghanistan grundsätzlich jederzeit und überall möglich sind. Die Gründe für diese Gewalthandlungen sind dabei aber ebenso vielfältig, wie die beteiligten Konfliktgruppen.

Von einer systematischen Vertreibung oder massiv diskriminierenden Benachteiligung sämtlicher Schiiten und damit von einer asylrechtlichen (Gruppen)Verfolgung im oben beschriebenen Sinn kann daher nicht ausgegangen werden (siehe dazu auch die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in Bezug auf die dem schiitischen Glauben angehörige Volksgruppe der Hazara in Afghanistan: EGMR 05. Juli 2016, 29.094/09, A.M./Niederlande).

Aus diesen Gründen ist das Vorliegen einer Gruppenverfolgung im Hinblick auf die Religionszugehörigkeit von Schiiten in Afghanistan im Ergebnis zu verneinen.

Anhaltspunkte dafür, dass sämtliche Angehörige der Volksgruppe der Tadschiken von einer systematischen Vertreibung oder massiv diskriminierenden Benachteiligung - wie oben dargestellt - in Afghanistan betroffen sind, liegen ebenfalls nicht vor, und wurden solche vom Beschwerdeführer im Übrigen auch nicht bescheinigt, weshalb das Vorliegen einer Gruppenverfolgung im Hinblick auf diese Volksgruppe in Afghanistan ebenfalls im Ergebnis zu verneinen ist.

Sonstige Anhaltspunkte für eine asylrelevante gegen den Beschwerdeführer gerichtete Bedrohung sind nicht hervorgekommen und wurden solche vom Beschwerdeführer auch gar nicht behauptet. Sohin kann insgesamt nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG 2005 droht, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, und wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (siehe dazu u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 2004, 99/20/0573). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen (siehe dazu u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 1997, 95/21/0294, uvm.)

Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. August 2001, 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB. Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK in Verbindung mit § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bzw. § 50 Abs. 1 FPG bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (vgl. u.a. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. August 2001, 2000/01/0443; vom 13. November 2001, 2000/01/0453; vom 9. Juli 2002, 2001/01/0164; vgl. dazu auch die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Dezember 2009, 2008/19/0809 bis 0812, und vom 28. April 2010, 2008/19/0139, wonach im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland (einer Abschiebung oder Überstellung) nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaats gibt

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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