TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/20 W233 1222337-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.09.2018
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Entscheidungsdatum

20.09.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9

Spruch

W233 1222337-4/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. XXXX FELLNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Bangladesch, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.03.2018, Zl. 218918809-150312374, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.06.2018 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang:

1.1. Verfahrensgang zu den Anträgen auf internationalen Schutz vom 07.02.2001 und vom 30.08.2011:

1.1.1. Am 07.02.2001 stellte der Beschwerdeführer nach illegaler Einreise in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.04.2001 abgewiesen wurde und unter einem ausgesprochen wurde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Bangladesch zulässig sei. Die am 10.05.2001 eingebrachte Berufung wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 04.01.2011 rechtskräftig abgewiesen.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 02.07.2004 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 2 StGB und wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 28 StGB (Zusammentreffen strafbarer Handlungen) und des § 36 StGB (Verhängung von Freiheitsstrafen über Personen unter einundzwanzig Jahren) zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt, wobei ihm ein Strafteil von 12 Monaten unter der Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde.

In Folge dieser gerichtlichen Verurteilung hat die Bundespolizeidirektion Wien mit Bescheid vom 30.08.2004 gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Mit Urteil des LG für Strafsachen Wien vom 09.12.2004 wurde der Beschwerdeführer abermals wegen des Verbrechens der Vergewaltigung und zusätzlich auch wegen des Vergehens des Betruges und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, wobei der bedingt nachgesehene Teil der Strafe vom 02.07.2004 widerrufen wurde.

Die Bundespolizeidirektion Wien hat mit Bescheid vom 24.10.2011, aufgrund einer Änderung des Fremdenpolizeigesetzes, das gegen den Beschwerdeführer ursprünglich unbefristet erlassene Aufenthaltsverbot gemäß §§ 53 Abs. 3 FPG iVm § 68 Abs. 2 AVG in ein mit 03.03.2015 befristetes zehnjähriges Rückkehrverbot bzw. Einreiseverbot umgewandelt.

Mit Bescheid vom 26.02.2011 ordnete die Bundespolizeidirektion Wien die Ausweisung des Beschwerdeführers an. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 16.03.2011 Berufung und stellte einen Antrag auf Durchsetzungsaufschub. Der Unabhängigen Verwaltungssenat Wien hat in seiner Entscheidung vom 23.07.2012 der Berufung keine Folge gegeben und die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen festgelegt.

1.1.2. Der Beschwerdeführer brachte am 30.08.2011 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz ein. Dieser Folgeantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.09.2011 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 18.10.2011 wegen entschiedener Sache abgewiesen bzw. erwuchs dieses Erkenntnis - den Ausspruch dieser Ausweisung betreffend - mit 19.10.2011 in Rechtskraft.

1.2. Zum gegenständlichen Verfahren:

1.2.1. Mit Schreiben vom 18.11.2014, eingegangen bei der Magistratsabteilung 35 am 20.11.2014 und unter gleichzeitiger Vollmachtsbekanntgabe, bzw. mit Schreiben vom 01.12.2014, eingegangen beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (nachfolgend kurz: "BFA") am 03.12.2014, stellte der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen Vertreter einen "Antrag auf humanitäres Bleiberecht gemäß §§ 72 Abs. 1 iVm 73 NAG und Verweis auf Art. 8 Abs. 2 EMRK".

Daraufhin erteilte das BFA dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 26.03.2015 eine Verfahrensanordnung gemäß § 37 AVG und räumte ihm zur Nachholung der persönlichen Antragstellung, der Vorlage von entsprechenden Identitätsdokumenten und weiterer in dieser Verfahrensanordnung aufgezählter Mängel eine Frist von drei Wochen zur Behebung dieser Mängel ein.

Daraufhin stellte der Beschwerdeführer persönlich mit Datum 16.04.2015 und unter Verwendung eines Formulars des BFA einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen" gemäß § 56 Abs. 2 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung).

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 21.07.2016, Zl. 218918809-150312374 den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 56 AsylG 2005 ab, erließ ihm gegenüber nach § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs. 3 FPG eine Rückkehrentscheidung und stellte gemäß § 52 Abs. 3 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Bangladesch zulässig ist und gewährte ihm dafür eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Auf Grund der dagegen eingebrachten Beschwerde wurde der angefochtene Bescheid mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.05.2017, Zahl: L525 1222337-3/6 ersatzlos behoben und wurde beschlossen, den Antrag in der Beschwerde, dem Beschwerdeführer möge ein Aufenthaltstitel erteilt werden, als unzulässig zurückzuweisen.

1.2.2. Im fortgesetzten Verfahren wurde der Beschwerdeführer am 31.08.2017 von Organwaltern des Bundesamtes zu seinem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK befragt, wobei er im Wesentlichen vorgebracht hat, dass er sich seit 2001 durchgängig im österreichischen Bundesgebiet aufhalte und seinen Lebensunterhalt aus seiner Erwerbstätigkeit als Koch und Kellner bzw. aus Erträgen seines eigenen Restaurants finanziere. In seinem Herkunftsstaat Bangladesch habe er eine High School besucht, die einem Gymnasium vergleichbar sei, und diese Schule mit Matura abgeschlossen. In Österreich habe er die Hauptschule besucht und danach eine Lehre begonnen. Nach seinem Familienstand befragt, führte er aus, dass er ledig sei und keine Sorgepflichten habe.

Mit Schriftsatz vom 12.09.2017 legte der Beschwerdeführer den von einer Steuerberatungs- und Wirtschaftstreuhand GesmbH erstellten Jahresabschluss 2015 für die Firma " XXXX " mit Sitz in Wien, eine Umsatzsteuererklärung für 2015 und eine Einkommenssteuererklärung für 2015 vor.

Mit Schreiben vom 16.10.2017 verständigte das Bundesamt den Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme und führte - soweit hier Wesentlich -aus, dass ihm eine Rückkehr in seinen Herkunftsstaat zumutbar sei, um dort einen Einwanderungsantrag zu stellen. Er sei gesund und im erwerbsfähigen Alter und verfügte in seinem Herkunftsstaat über Familie und somit über ein soziales Netzwerk. Unter einem wurde dem Beschwerdeführer mit dieser Verständigung auch ein Auszug aus der Staatendokumentation über die allgemeine Lage in seinem Herkunftsstaat übermittelt.

Mit dem nunmehr gegenständlichen Bescheid vom 28.03.2018 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.) und erließ gegen ihn gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs. 3 FPG eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Bangladesch zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Begründend führte das BFA dazu aus, dass der Beschwerdeführer ein Staatsangehöriger von Bangladesch, ledig, ohne Sorgepflichten und gesund sei. Er verfüge in Österreich über keine Familienangehörigen und befände sich seine Familie in Bangladesch. Er spräche Deutsch, Englisch, Hindi und Bengali. Der Beschwerdeführer halte sich seit der rechtskräftigen negativen Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 18.10.2011 über seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet auf und gehe keiner erlaubten Erwerbstätigkeit mehr nach. Der Beschwerdeführer sei ein gesunder, erwachsener und selbständiger Mann, der den prägenden Teil seines Lebens in seinem Herkunftsstaat Bangladesch verbracht habe, dort sozialisiert worden sei und dort zur Schule gegangen sei, weshalb davon auszugehen sei, dass anhaltende Bindungen zu seinem Herkunftsstaat bestünden, zumal er dort über familiäre Anknüpfungspunkte in Form seiner Eltern und Schwestern habe und er die Sprache seines Herkunftsstaates beherrsche, sodass ihm eine Rückkehr und eine neuerliche Eingliederung in die dortige Gesellschaft möglich und gewährleistet sei, dass er dort Fuß fassen werden könne. In Bezug auf seine privaten und sozialen Kontakte in Österreich führte das BFA aus, dass es ihm nach einer Ausreise aus Österreich auf elektronischem, brieflichem oder auch telefonischem Weg weiterhin möglich sei, seine privaten und sozialen Kontakte in Österreich aufrecht zu erhalten. Somit könne kein schützenswertes Familien- oder Privatleben festgestellt werden. Mit dieser Abweisung sei auch eine Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 52 Abs. 3 FPG verbunden. Die Abschiebung des Beschwerdeführers sei auch nach §§ 52 Abs. 9 iVm 46 Abs. 1 FPG und nach Prüfung des § 50 FPG zulässig: Weder aus den Feststellungen zur Lage im Zielstaat noch aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers ergebe sich eine derartige Gefährdung. Es sei auch die Länderfeststellung zu Bangladesch hinzugezogen worden. Auch eine Empfehlung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte für eine vorläufige Maßnahme liege nicht vor.

Mit Schriftsatz vom 27.04.2018, eingegangen beim BFA am 02.05.2018, erhob der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Vertreterin gegen den oben angeführten Bescheid Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Zur Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts fand am 18.06.2018 vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertreterin eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in welcher der Beschwerdeführer zu seinen Beschwerdegründen und seinen Lebensumständen in Österreich befragt wurde. Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Bangladesch, Stand 23.03.2018, in das Verfahren eingebracht und mit dem vertretenen Beschwerdeführer erörtert.

Mit Schriftsatz vom 02.07.2018 legte der Beschwerdeführer weitere Unterlagen vor.

Am 10.08.2018 wurde der Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und wurde ihm Parteiengehör erteilt. Dem Beschwerdeführer wurde eine Frist von zwei Wochen gewährt, um zum Ergebnis der Beweisaufnahme schriftlich Stellung zu nehmen.

Am 23.08.2018 ging seitens des vertretenen Beschwerdeführers ein Antrag auf Fristerstreckung um zwei Wochen ein.

1.2.3. Der Beschwerdeführer legte im gegenständlichen Verfahren seit der Antragstellung folgende Unterlagen/Dokumente vor:

* Hauptmietvertrag Wohnung Objekt XXXX , vom 13.05.2013 (AS 463 ff);

* Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 63 vom 23.09.2013, mit dem festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer die individuelle Befähigung für das Gastgewerbe der Betriebsart Restaurant besitzt (AS 466);

* Im Wesentlichen gleichlautende Bezugsbestätigungen der XXXX vom 08.10.2010, 22.09.2014, 30.04.2016, 06.08.2015, 04.08.2013 (AS 467 f, 484, 507, Konvolut AS 548);

* Kopie e-Card (AS 469);

* Kopie Schülerausweis der Berufsschule für Gastgewerbe Wien für das Schuljahr 2007/2008 (AS 470);

* Jahreszeugnis des Schuljahres 2007/08 der ersten Fachklasse für den Lehrberuf Koch (AS 471);

* Schulbesuchsbestätigung der Berufsschule für Gastgewerbe für das Schuljahr 2006/2007 mit handschriftlicher Empfehlung des Kochlehrers (AS 472);

* Kopie Schülerausweis einer öffentlichen Hauptschule für das Schuljahr 2001/02 (AS 474);

* Visitenkarte der XXXX (AS 479);

* Dienstzeugnis der XXXX vom 18.02.2013 (AS 480);

* Dienstzeugnis der XXXX vom 22.03.2008 (AS 481);

* Geburtsurkunde und "Family Certificate" der Republik Bangladesch (AS 432);

* Passkopien der Eltern des Beschwerdeführers (AS 485 f);

* Mietvertrag Wohnung Objekt XXXX vom 28.05.2015 (AS 490 ff);

* Mietvertrag Lokal Objekt XXXX ab 01.08.2015 (AS 503 ff);

* Auszug aus dem Firmenbuch der Republik Österreich, Stichtag 12.06.2016 (AS 508);

* Versicherungsbestätigung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 18.09.2015 (AS 522);

* KSV Selbstauskunft vom 25.09.2015 (AS 523 ff);

* Einkommensteuerbescheid 2012 vom 22.10.2014 (AS 529 f.);

* Einkommensteuerbescheid 2013 vom 29.09.2014 (AS 530 f);

* Einkommensteuerbescheid 2014 vom 21.09.2015 (AS 531 ff);

* Psychotherapiebestätigung des XXXX vom 10.06.2015 (AS 547);

* Bestätigung über die Mitgliedschaft in der XXXX vom 08.10.2014 (Konvolut AS 548);

* Vereinsregisterauszug zum Stichtag 15.01.2015 (Konvolut AS 548);

* Jahresabschluss 2014 der Firma XXXX (Konvolut AS 548);

* Diverse Fotos (Konvolut AS 548);

* Empfehlungsschreiben XXXX vom 11.07.2015 (Konvolut AS 548);

* Empfehlungsschreiben XXXX vom 23.06.2015 (Konvolut AS 548);

* Empfehlungsschreiben XXXX vom 23.06.2015 (Konvolut AS 548);

* Empfehlungsschreiben XXXX vom 22.06.2015 (Konvolut AS 548);

* Empfehlungsschreiben XXXX vom 22.06.2015 (Konvolut AS 548);

* Empfehlungsschreiben XXXX vom 23.06.2015 (Konvolut AS 548);

* Ausgefülltes Empfehlungsformular XXXX vom 21.05.2015 (Konvolut AS 548);

* Ausgefülltes Empfehlungsformular XXXX vom 21.04.2015 (Konvolut AS 548);

* Handschriftliches Empfehlungsschreiben XXXX vom 22.06.2015 (Konvolut AS 548);

* Schulbesuchsbestätigung der Berufsschule für Gastgewerbe für das Schuljahr 2007/08 (AS 682);

* Bestätigung von XXXX vom 25.06.2015 darüber, dass der Beschwerdeführer vom 04.09.2006 bis zum 09.02.2007 über Zuweisung durch das AMS die "Facharbeiter-Intensiv-Ausbildung" für "KöchInnen" beim Verein XXXX besucht hat (AS 683);

* Zeugnis des XXXX vom August 2007 (AS 684);

* Bescheid des Arbeitsmarktservice vom 15.03.2007, mit welchem dem Lehrberechtigten des Beschwerdeführers eine Beschäftigungsbewilligung für den Beschwerdeführer als Koch (Lehrling/Auszubildender) für die Zeit vom 15.03.2007 bis 11.12.2007 erteilt wird (AS 685 ff);

* Bescheid des Arbeitsmarktservice vom 30.03.2007, mit welchem dem Lehrberechtigten des Beschwerdeführers eine Beschäftigungsbewilligung für den Beschwerdeführer als Koch (Lehrling/Auszubildender) für die Zeit vom 04.04.2007 bis 12.05.2010 erteilt wird (AS 688 ff);

* Zeugnis der XXXX vom 30.08.2017 (AS 749);

* Konzert- und Theatertickets (AS 750 f);

* Jahresvorschau 2017 der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (AS 752);

* Jahresabschluss 2015 der XXXX (AS 763 ff);

* Ausgefülltes Formular Einkommensteuererklärung 2011;

* Sozialversicherungsauszug, Stand 09.07.2012;

* Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 63 vom 12.06.2015, mit welchem dem Beschwerdeführer die Nachsicht vom Ausschluss von der Ausübung der Gewerbe "Gastgewerbe der Betriebsart Restaurant" und "Gastgewerbe der Betriebsart Cafe" erteilt wird;

* Bestätigung von XXXX vom 15.03.2007 darüber, dass der Beschwerdeführer in einem Lehrgang nach dem Jugendausbildungsgesetz beschäftigt ist;

* Bestätigung des AMS vom 04.09.2006 darüber, dass der Beschwerdeführer die Kursmaßnahme Vorbereitung zur Lehrabschlussprüfung zum Koch/Köchin besucht;

* Bestätigung von XXXX vom 08.03.2007 darüber, dass der Beschwerdeführer seit 12.02.2007 über Zuweisung durch das AMS den einen Berufslehrgang für Koch/Köchin besucht;

* Bestätigung der XXXX vom 26.06.2018 darüber, dass zwischen ihr und der XXXX eine jahrelange Geschäftsverbindung besteht;

* Jahresabschluss der XXXX zum 31.12.2016;

* Auszug aus dem Firmenbuch der Republik Österreich, Stichtag 21.06.2018;

* Mietvertrag Geschäftsraum Objekt XXXX vom 31.07.2015;

* Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes für den 21. Bezirk vom 02.05.2017 über die Erteilung einer Erlaubnis zur Aufstellung von Tischen und Stühlen auf dem Gehsteig;

* Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 04.01.2017 über die Bewilligung baulicher Änderungen für ein Geschäftslokal;

* Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes für den 21. Bezirk vom 24.10.2016 über die Genehmigung einer Betriebsanlage zur Ausübung des Gewerbes Gastgewerbe in der Betriebsart Restaurant;

* Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 36, vom 12.10.2017 über die Bewilligung eines Leuchtkastens;

* Schreiben des Magistratischen Bezirksamtes für den 2./20. Bezirk vom 13.04.2018 über die Anmeldung eines Gewerbes der XXXX , in welchem dem Beschwerdeführer aufgetragen wird, einen gültigen Reisepass oder Personalausweis sowie einen gültigen Aufenthaltstitel vorzulegen;

* Vereinsregisterauszug zum Stichtag 20.06.2018;

* Bestätigung der Moscheengemeinde XXXX vom 25.06.2018 über die Eheschließung des Beschwerdeführers mit Frau XXXX am XXXX ;

* Mietzinsvorschreibung XXXX für Juni 2018;

* Prüfungszeugnis der Lehrabschlussprüfung vom 03.09.2008 ("nicht bestanden").

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch Einvernahme des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 18.06.2018; durch Einsichtnahme in die vorliegenden Verwaltungsakte des Beschwerdeführers und in die im Verlauf des Verfahrens vorgelegten Unterlagen und Stellungnahmen des Beschwerdeführers und seiner Vertretung, sowie durch Einsichtnahme in aktuelle Auszüge aus Strafregister, GVS, IZR, GISA und ZMR.

Demnach steht folgender Sachverhalt fest:

2. Feststellungen:

2.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Bangladesch, der Volksgruppe der Bengalen zugehörig und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam.

2.2. Der Beschwerdeführer reiste im Jahr 2001 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und hält sich seit diesem Zeitpunkt auf Basis zweier Verfahren über Anträge auf internationalen Schutz im österreichischen Bundesgebiet auf.

Der erste Antrag auf internationalen Schutz vom 07.02.2001 wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.05.2001 abgewiesen. Die dagegen eingebrachte Berufung wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 04.01.2011, Zl. C5 222337-0/2008/41E rechtskräftig abgewiesen.

Der zweite Antrag auf internationalen Schutz vom 30.08.2011 wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.09.2011 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 18.10.2011, Zl. C2 222337-2/2011/7E abgewiesen.

Gegen den Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der BPD Wien vom 30.08.2004 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt. Die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 08.09.2005, Zl. 2005/18/0193 als unbegründet abgewiesen. Mit Bescheid der BPD Wien vom 24.10.2011 wurde das unbefristete Aufenthaltsverbot in ein auf zehn Jahre, also bis 03.03.2015, befristetes Einreise- bzw. Rückkehrverbot umgewandelt.

Der Beschwerdeführer erhob mehrfach Anträge auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes. Ein dahingehender Antrag vom 27.06.208 wurde mit Bescheid der BPD abgewiesen. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Berufungsbescheid des UVS vom 14.05.2012, Zl. UVS-FRG/56/9265/2011-15 nicht Folge gegeben. Ein weiterer Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes vom 31.05.2013 wurde mit Bescheid des BFA vom 26.03.2015 zurückgewiesen.

Mit Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 20.01.2011 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 43 Abs. 2 NAG abgewiesen. Der Bescheid erwuchs am 17.02.2011 in Rechtskraft.

Mit Bescheid der BPD Wien vom 26.02.2011 wurde der Beschwerdeführer aus dem Österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Berufungsbescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 23.07.2012, Zl. UVS-FRG/23/14654/2011-3 abgewiesen.

Der Beschwerdeführer verblieb trotz der rechtskräftigen Rückkehrentscheidungen sowie trotz des Aufenthalts- bzw. Einreise-/Rückkehrverbotes im Bundesgebiet.

2.3. Zu den Lebensumständen des Beschwerdeführers in Österreich:

2.3.1. Der Beschwerdeführer war - außer in den Zeiträumen 08.08.2003 bis 13.08.2003, 15.06.2006 bis 03.07.2006 und 24.09.2010 bis 29.09.2010 - seit 08.02.2001 durchgehend im österreichischen Bundesgebiet gemeldet.

2.3.2. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer und XXXX nach muslimischem Ritus geheiratet und in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben. Eine standesamtliche Hochzeit fand jedenfalls nicht statt. Festgestellt wird, dass keine aufrechte Lebensgemeinschaft besteht und der Beschwerdeführerin derzeit nicht mit XXXX in Kontakt steht.

2.3.3. Der Beschwerdeführer verfügt im österreichischen Bundesgebiet über keine Familienangehörigen.

Er hat sich - bedingt durch seinen langjährigen Aufenthalt - einen Bekanntenkreis aufgebaut und verfügt über soziale und berufliche Kontakte.

Das Bestehen eines finanziellen oder wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnisses zu einer anderen im Bundesgebiet lebenden Person kann nicht festgestellt werden.

2.3.4. Der Beschwerdeführer hat im Schuljahr 2001/02 die Hauptschule und im Schuljahr 2006/07 und 2007/08 die Berufsschule für Gastgewerbe besucht. Seine Lehrabschlussprüfung am 03.09.2008 hat er nicht bestanden.

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice vom 15.03.2007, wurde dem Lehrberechtigten des Beschwerdeführers eine Beschäftigungsbewilligung für den Beschwerdeführer als Koch (Lehrling/Auszubildender) für die Zeit vom 15.03.2007 bis 11.12.2007 erteilt.

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice vom 30.03.2007, wurde dem Lehrberechtigten des Beschwerdeführers eine Beschäftigungsbewilligung für den Beschwerdeführer als Koch (Lehrling/Auszubildender) für die Zeit vom 04.04.2007 bis 12.05.2010 erteilt.

Weitere Beschäftigungsbewilligungen wurden vom Beschwerdeführer nicht vorgelegt.

Der Beschwerdeführer war vom 12.02.2007 bis zum 11.04.2007 als Lehrling bei Jugend am Werk beschäftigt. Vom 08.05.2007 bis zum 21.03.2008 war der Beschwerdeführer als Arbeiter bei der XXXX tätig.

Vom 04.09.2006 bis zum 09.02.2007 besuchte der Beschwerdeführer die "Facharbeiter-Intensiv-Ausbildung" für "KöchInnen" beim Verein XXXX

.

Der Beschwerdeführer bezog im Kalenderjahr 2012 EUR 11.776,32 an Einkünften aus Gewerbebetrieb. Sein steuerpflichtiges Einkommen betrug insgesamt EUR 11.716,32.

Der Beschwerdeführer bezog im Kalenderjahr 2013 EUR 11.776,32 an Einkünften aus Gewerbebetrieb. Sein steuerpflichtiges Einkommen betrug insgesamt EUR 11.716,32.

Der Beschwerdeführer bezog im Kalenderjahr 2014 EUR 12.026,19 an Einkünften aus Gewerbebetrieb. Sein steuerpflichtiges Einkommen betrug insgesamt EUR 11.966,19.

Der Beschwerdeführer ist seit 11.06.2015 handelsrechtlicher Geschäftsführer der XXXX . Er ist gleichfalls als Gesellschafter an der XXXX beteiligt.

Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 63, vom 23.09.2013 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer die individuelle Befähigung für das Gastgewerbe der Betriebsart Restaurant besitzt.

Der Beschwerdeführer selbst verfügt über keine aufrechte Gewerbeberechtigung.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer durchgehend einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist bzw. einer solchen nachgeht.

Weiters kann nicht festgestellt werden, ob und in welcher Höhe der Beschwerdeführer in den Kalenderjahren 2015, 2016 und 2017 Einkünfte bezogen hat. Auch zu seinen derzeitigen Einkünften können keine Feststellungen getroffen werden.

2.3.5. Der Beschwerdeführer verfügt über keine Sprachzertifikate. Er hat auch keinen Werte- und Orientierungskurs besucht.

Die Befragung des Beschwerdeführers in der mündlichen Beschwerdeverhandlung fand überwiegend in deutscher Sprache statt.

2.3.6. Der Beschwerdeführer war von 24.04.2016 bis 23.04.2018 Obmann des Vereins XXXX Austria. Er ist außerdem Mitglied im Verein XXXX .

2.4. Zu den Lebensumständen des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat:

2.4.1. Der Beschwerdeführer wurde in Bangladesch geboren und ist dort aufgewachsen. Er schloss eine Secondary High School ab.

2.4.2. In Bangladesch leben weiterhin seine Eltern und drei Schwestern. Der Beschwerdeführer steht mit seinen Eltern und seinen Schwestern in Kontakt, wobei der Kontakt zu den Eltern häufiger ist als der zu den Schwestern.

2.5. Der Beschwerdeführer ist gesund.

2.6. Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht strafgerichtlich unbescholten.

Mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 11.12.2003, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführers wegen des Verbrechens der Vergewaltigung gemäß § 201 Abs. 2 StGB und des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen gemäß § 206 Abs. 1 StGB gemäß § 206 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB sowie des § 36 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 15 Monaten (davon 12 Monate bedingt nachgesehen) verurteilt.

Mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 09.12.2004, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der Vergewaltigung gemäß § 201 Abs. 1 StGB, des Vergehens des Betruges gemäß § 146 StGB und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtmitteln gemäß § 27 Abs. 1 SMG unter Anwendung der §§ 28 Abs. 1 und 36 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 2 Jahren verurteilt. Die Strafnachsicht, die dem Beschwerdeführer hinsichtlich eines Strafteils von 12 Monaten mit dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 11.03.2003, Zl. XXXX gewährt wurde, wurde widderrufen.

Der Beschwerdeführer befand sich vom 03.01.2004 bis zum 09.12.2004 in Untersuchungshaft. Vom 09.12.2004 bis zum 14.06.2006 befand er sich in Strafhaft, bis er bedingt aus dem Strafvollzug entlassen wurde.

Der Beschwerdeführer wurde im Jahr 2007 bei der Schwarzarbeit betreten.

Mit Straferkenntnis des Magistratischen Bezirksamtes für den 18./19. Bezirk vom 09.12.2016, Zl. XXXX wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer § 28 Abs. 1 Z 1 lit a iVm § 3 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) verletzt hat, indem er eine namentlich genannte Ausländerin beschäftigt hat, obwohl für diese weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt, noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder diese keine für diese Beschäftigung gültige "Rot-Weiß-Rot - Karte", "Blaue Karte EU" oder "Aufenthaltsbewilligung Künstler" oder eine "Rot-Weiß-Rot - Karte plus", eine "Aufenthaltsberechtigung plus", einen Befreiungsschein oder einen Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" oder "Daueraufenthalt - EU" besaß. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe von EUR 1.200,- (im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzstrafe von einem Tag und sechs Stunden) verhängt.

Mit Strafverfügung des Finanzamts Wien 9/18/19 Klosterneuburg als Finanzstrafbehörde vom 21.11.2017, Zl. XXXX wurde gemäß § 143 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) festgestellt, dass der Beschwerdeführer als Einzelunternehmer die Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit a FinStrG begangen hat, in dem er vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen sind, nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abgeführt und auch der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt nicht die Höhe des geschuldeten Betrages bekannt gegeben hat. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe von EUR 600.- (im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen) verhängt.

Der Beschwerdeführer wurde mehrfach wegen seines unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet angezeigt.

Ein Wohlverhalten des Beschwerdeführers seit der Entlassung aus dem Strafvollzug kann nicht festgestellt werden.

2.7. Das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen konnte nicht festgestellt werden.

2.8. Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:

Aufgrund der in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen werden folgende Feststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers getroffen:

(Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Bangladesch, Stand 23.03.2018; gekürzt und bereinigt):

2.8.1. Sicherheitslage

Es gibt in Bangladesch keine Bürgerkriegsgebiete (AA 3.2017a).

Die Opposition organisierte Proteste und Straßenblockaden, unter denen die Wirtschaft leidet. Die Regierung reagiert mit Verhaftungen und mit Einschränkungen von Grundrechten. Sie will die öffentliche Ruhe mit allen Mitteln wiederherstellen. Die internationale Gemeinschaft verurteilte die Gewalt scharf und hat die Beteiligten zum Dialog aufgerufen (GIZ 5.2017).

Extremistische Gruppen, wie Jamaat-ul-Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansar al-Islam, die ihre Zugehörigkeit zu Daesh und Al Qaida auf dem indischen Subkontinent (AQIS) erklärten, haben Angriffe auf Angehörige religiöser Minderheiten, Akademiker, Ausländer, Menschenrechtsaktivisten und LGBTI-Personen, sowie weitere Gruppen durchgeführt (USDOS 3.3.2017; vgl. AI 22.2.2017). Medienberichten zufolge hat die Terrororganisation IS 2016 für 39 Morde die Verantwortung übernommen, der bengalische Al-Kaida-Ableger soll sich zu acht Taten bekannt haben (GIZ 5.2017). Die Sicherheitsbehörden waren zunächst nicht bereit, angemessene Schutzmaßnahmen zu veranlassen, gewährt aber in vielen Fällen inzwischen Personenschutz (AA 14.1.2016). Darüber hinaus kommt es regelmäßig zu intra- und interreligiöser Gewalt (AA 3.2017a; vgl. AI 22.2.2017). die Polizei tötete laut eigenen Angaben mindestens 45 mutmaßliche Terroristen in Schießereien (AI 22.2.2017).

2.8.2 Sicherheitsbehörden

Die Polizei ist beim Ministerium für Inneres angesiedelt und hat das Mandat die innere Sicherheit und Recht und Ordnung aufrecht zu erhalten. Die Armee, die dem Büro des Ministerpräsidenten untersteht, ist für die äußere Sicherheit zuständig, kann aber auch für innerstaatliche Sicherheitsaufgaben herangezogen werden. Zivile Stellen hatten weiterhin effektive Kontrolle über die Streitkräfte und die Regierung verfügt über Mechanismen, Missbrauch und Korruption zu untersuchen und zu bestrafen. Diese Mechanismen werden aber nicht immer angewandt (USDOS 3.3.2017). Das Wirken der Polizei ist gekennzeichnet durch einen Mangel an Ressourcen inklusive mangelhafter Infrastruktur, Mangel an Personal, Ausbildung und Arbeitsmaterialien, Ineffizienz und Korruption (AA 14.1.2016). Die Regierung unternahm Schritte, um in der Polizei Professionalität, Disziplin, Ausbildung und Reaktionsfähigkeit zu verbessern und die Korruption zu verringern. Die Polizei hat Regeln für angemessene Gewaltausübung in ihre Grundausbildung einbezogen, um bürgernahe Polizeiarbeit umsetzen zu können (USDOS 3.3.2017).

Bangladeschs Sicherheitskräfte haben eine lange Geschichte von willkürlichen Verhaftungen, erzwungenem Verschwinden Lassen und außergerichtlichen Tötungen (HRW 12.1.2017). Obwohl gesetzlich verboten, gibt es Hinweise auf willkürliche Festnahmen, sowie auf die willkürliche Anwendung der gesetzlich erlaubten präventiven Festnahmen gemäß den Spezialgesetzen "Special Powers Act" und "Public Safety Act". Diese erlauben die 30-tägige Inhaftierung ohne Angabe von Gründen, um Taten zu verhindern, welche die nationale Sicherheit, Verteidigung, Souveränität, öffentliche Ordnung oder auch wirtschaftliche Interessen des Landes gefährden. Nach 30 Tagen sind dem Angehaltenen die Haftgründe zu nennen, oder er muss entlassen werden. Die Praxis weicht davon ab. Die Arretierten haben keinen Anspruch auf einen Rechtsbeistand. Die davon hauptsächlich betroffenen sind Aktivisten der politischen Parteien und NGO-Vertreter, die Kritik an der Regierung üben (ÖB New Delhi 12.2016). Des Weiteren gibt es Berichte von Folter und anderen Missbräuchlichen Handlungen in Polizeigewahrsam. Der "Torture and Custodial Death (Prevention) Act" von 2013 wird nur schleppend umgesetzt (AI 22.2.2017). Betroffene sehen aus Angst vor Vergeltung in der Regel davon ab, Mitglieder der Sicherheitsbehörden wegen Menschenrechtsvergehen anzuzeigen, so dass diese straflos bleiben (AA 14.1.2016).

Die Sicherheitsbehörden bestehen zum Hauptteil aus der dem Innenministerium unterstellten "Bangladesch Police", die ca. 116.000 Mann zählt. Zur Unterstützung der Polizei stehen weitere Einheiten zur Verfügung:

Rapid Action Bataillons (RABs): Das Rapid Action Bataillon (RAB), gegründet 2004, untersteht dem Innenministerium. Es unterhält 14 Standorte in Bangladesch (RAB-1 bis RAB-14) (AA 14.1.2016) mit insgesamt ca. 8.500 Mann. Ihre Aufgabe ist der Kampf gegen bewaffnete kriminelle Organisationen und die Terrorabwehr (ÖB New Delhi 12.2016; vgl. AA 14.1.2016). Die gut ausgebildeten und modern ausgerüsteten RABs sind hauptsächlich in den urbanen Zentren des Landes stationiert und verfolgen eine aggressive Strategie gegen bewaffnete "Gang"-Mitglieder, was zu zahlreichen Tötungen während Schusswechseln führt. Auch im Zuge von Demonstrationen setzten die RABs neben Gummigeschossen scharfe Munition ein, was auch hier zu Todesopfern führte. Insgesamt starben seit der Gründung 2004 laut Schätzungen über 800 Personen entweder durch Schusswechsel oder in RAB-Gewahrsam, es kam jedoch bisher zu keinen Verurteilungen (ÖB New Delhi 12.2016).

Bangladesch Ansar: Gegründet im Jahr 1948 und ebenfalls dem Innenministerium unterstellt, gibt es aktuell ca. 23.000 leichtbewaffnete Ansars, die zur Unterstützung der Polizei im ländlichen Raum eingesetzt werden und auch Zivilschutz-Aufgaben übernehmen (ÖB New Delhi 12.2016).

Bangladesch Rifles (BDRs): Diese ca. 40.000 Mann starke paramilitärische Truppe untersteht dem Innenministerium, wird aber hauptsächlich von Armee-Offizieren geführt und dient in erster Linie dem Grenzschutz. Die BDRs sind auch für die Verhinderung von Schmuggel und Menschenhandel zuständig (ÖB New Delhi 12.2016).

Village Defence Parties (VDP): Gegründet 1976, sollte es in jedem Dorf des Landes je ein männliches und weibliches "Platoon" (32 Personen) geben, die der Unterstützung der Polizei bei der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung sowie der Unterstützung der zivilen Behörden bei sozialen und wirtschaftlichen Wiederaufbauprogrammen und bei Naturkatastrophen dienen sollen. In Städten gibt es analog dazu sogenannte "Town Defence Parties" (ÖB New Delhi 12.2016).

Special Branch of Police (SB) ist beauftragt, die nationale Sicherheit zu gewährleisten, erfüllt die Funktion, nachrichtendienstliche Informationen zu sammeln und ist mit der Spionageabwehr betraut. Die SB ist überall in Bangladesch vertreten und besitzt die Fähigkeit, innerhalb und außerhalb des Landes zu agieren (AA 14.1.2016).

2.8.3. Wehrdienst und Rekrutierung

Bangladesch verfügt über eine Berufsarmee aus 260.000 aktiven und ca. 472.000 Reservesoldaten (AA 14.1.2016). Seit seiner Unabhängigkeit hat das Land keinen verpflichtenden Wehrdienst mehr, ein solcher ist allerdings im Bedarfsfall gesetzlich vorgesehen (ÖB New Delhi 12.2016). Staatsangehörige können im Alter von 16-19 Jahren einen freiwilligen Militärdienst ableisten, sofern der Abschluss der 10. Klasse nachgewiesen wird (AI 14.1.2016). Aufgrund der obligatorischen Ausbildungszeit kommen aber Unterachtzehnjährige jedoch nicht zu Kampfeinsätzen (ÖB New Delhi 12.2016). Seit 2013 können auch Frauen Wehrdienst leisten. Der erste weibliche Lehrgang graduierte 2015 (AI 14.1.2016).

Es gibt eigene Straftatbestände für Meuterei und Desertion, die im Kriegsfall nach dem "Army Act 1952" mit der Todesstrafe belegt werden können (ÖB New Delhi 12.2016; vgl. AA 14.1.2016).

Es gibt keine Hinweise zu Zwangsrekrutierungen (ÖB New Delhi 12.2016).

2.8.4. Allgemeine Menschenrechtslage

Bangladesch hat bisher zahlreiche UN Menschenrechtskonventionen ratifiziert, ist diesen beigetreten oder hat sie akzeptiert, u.a.:

* CAT - Convention against Torture and Other Cruel Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (ratifiziert 5.10.1998)

* CCPR - International Covenant on Civil and Political Rights (ratifiziert 6.9.2000)

* CEDAW - Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women (ratifiziert 6.11.1984)

* CERD - International Convention on the Elimination of All Forms of Racial Discrimination (ratifiziert 11.6.1979)

* CESCR - International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights (ratifiziert 5.10.1998)

* CMW - International Convention on the Protection of the Rights of All Migrant Workers and Members of Their Families (unterzeichnet 7.10.1998, beigetreten 24.8.2011)

* CRC - Convention on the Rights of the Child (unterzeichnet 26.1.1990, ratifiziert 3.8.1990)

* CRC-OP-AC - Optional Protocol to the Convention on the Rights of the Child on the involvement of children in armed conflict (unterzeichnet 6.9.2000, ratifiziert 6.9.2000)

* CRC-OP-SC - Optional Protocol to the Convention on the Rights of the Child on the sale of children child prostitution and child pornography (unterzeichnet 6.9.2000, ratifiziert 6.9.2000)

* CRPD - Convention on the Rights of Persons with Disabilities (unterzeichnet 9.5.2007, ratifiziert 30.11.2007)

* CRPD-OP - Optional protocol to the Convention on the Rights of Persons with Disabilities (akzeptiert 12.5.2008)

* CAT, Art.20 - Inquiry procedure under the Convention against Torture (akzeptiert 5.10.1998)

* CRPD-OP, Art.6-7 - Inquiry procedure under the Convention on the Rights of Persons with Disabilities (akzeptiert 12.5.2008) (UNHROHC 2017).

Die Verfassung von Bangladesch in der seit 17. Mai 2004 geltenden Fassung listet in ihrem Teil III, Artikel 26 bis 47A, einen umfassenden Katalog an Grundrechten auf. Artikel 102 aus Teil VI, Kapitel 1 der Verfassung regelt die Durchsetzung der Grundrechte durch die High Court Abteilung des Obersten Gerichtshofes. Jeder Person, die sich in ihren verfassungsmäßigen Grundrechten verletzt fühlt, steht der direkte Weg zum High Court offen. Die "National Human Rights Commission" wurde im Dezember 2007 unter dem "National Human Rights Commission Ordinance" von 2007 eingerichtet, hat aber noch keine nennenswerte Aktivität entfaltet (ÖB New Delhi 12.2016).

Zu den bedeutendsten Menschenrechtsproblemen zählen Einschränkungen der Meinungsfreiheit im Internet und in der Presse, weitverbreitete Korruption, geringe justizielle Kapazitäten, geringe Unabhängigkeit der Justiz sowie langwierige Untersuchungshaft. Behörden haben wiederholt Persönlichkeitsrechte der Bürger verletzt (USDOS 3.3.2017).

Menschenrechtsverletzungen finden auch unter Duldung und aktiver Mitwirkung der Polizei und der RABs statt (GIZ 5.2017). Dazu zählen außergerichtliche Hinrichtungen, Verschwinden lassen von Personen, willkürliche Festnahmen und Verhaftungen, Folter und weitere Gewaltausübungen durch Sicherheitskräfte, (USDOS 3.3.2017). In den ersten neun Monaten 2016 sollen nach Angaben der bengalischen Menschenrechtsorganisation Odhikar allein 118 Personen durch Strafverfolgungsbehörden getötet, acht Personen dabei zu Tode gefoltert bzw. geprügelt worden sein (GIZ 5.2017). Die Regierung verhaftete laut neuesten Berichten bis zu 2000 Mitglieder der RABs wegen diverser Vergehen (ÖB New Delhi 12.2016).

Einige NGOs sind rechtlichen und informellen Einschränkungen ihrer Tätigkeiten ausgesetzt (USDOS 3.3.2017). Am 5. Oktober 2016 verabschiedete das Parlament den "Foreign Donation (Voluntary Activities) Regulation Act 2016", das die Arbeit von Organisation des Bürger- und politischen Rechts erschwert (UNHCR 15.5.2017). Das neue Gesetz verlangt die vorherige Zustimmung des Büros für NGO Angelegenheiten im Büro des Premierministers im Fall der Finanzierung durch ausländische Spenden (HRW 12.1.2017). Aufgrund von als abwertend angesehenen Meldungen oder Berichten über Regierungskörperschaften ist es nun möglich NGOs die Registrierung wieder zu entziehen. Kritischen Gruppen wurden Genehmigungen für Projekte nicht erteilt und sie sind Belästigung und Überwachung ausgesetzt (FH 1.2017). Die Kontrolle der Regierung über die Arbeit der NGOs ist dadurch signifikant gestiegen (AI 22.2.2017).

Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen bleibt ein Problem, vor allem für Kinder, die den Eintritt in eine öffentliche Schule anstreben. Fälle von gesellschaftlicher Gewalt gegen religiöse und ethnische Minderheiten bestehen fort. Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung hat zugenommen (USDOS 3.3.2017).

Der "Information and Communication Technology Act 2006" (geändert 2009, 2013)" und der "Special Powers Act 1974" werden weiterhin als Instrumente der juristischen Belästigung von Regierungskritikern verwendet, die für ihre Kritik wegen Volksverhetzung inhaftiert werden können (UNHCR 15.5.2017).

Die Regierung unternimmt Anstrengungen den "Prevention and Suppression of Human Trafficking Act (PSHTA)" von 2012 umzusetzen, erreicht aber noch nicht die Minimalstandards zur Verhinderung von Menschenhandel. Für 2016 hat die Regierung 355 Opfer von Menschenhandel gemeldet (im Vergleich zu 1.815 bzw. 2.899 in den Jahren 2015 und 2014). Davon waren 212 Männer, 138 Frauen und fünf Kinder. 2016 wurden außerdem 122 Fälle von Sex- und 168 Fälle von Arbeitskräftehandel untersucht, sowie drei Menschenhändler zu 14 jährigen Haftstrafen verurteilt. Aufgrund kurzer und mangelhafter Untersuchungsdauern bleiben Verurteilungen jedoch selten (USDOS 27.6.2017).

Für Frauen und Kinder, die Opfer von Menschenhandel waren stellt die Regierung Zugang zu neun Mehrzweckunterkünften und Safe Häusern, die durch das Ministerium für soziale Wohlfahrt (MSW) verwaltet werden, zur Verfügung. NGOs kritisieren, dass die Unterstützung nicht ausreichend ist und die Gefahr neuerlich Opfer zu werden hoch ist. NGOs unterstützen männliche Opfer, bieten jedoch keine Unterkunft an (USDOS 27.6.2017).

Es sind Fälle bekannt geworden, in denen Kinder von ihren Eltern zur Ableistung von Schulden an Menschenhändler übergeben wurden (AA 14.1.2016).

2.8.5. Bewegungsfreiheit

Artikel 36 der Verfassung garantiert die Freizügigkeit. Bürger ist es somit gestattet sich auch in anderen Landesteilen niederzulassen (AA 14.1.2016; vgl. Freedom House 1.2017). Es liegen auch keine Einschränkungen hinsichtlich der Ein- oder Ausreise vor (ÖB New Delhi 12.2016; vgl. Freedom House 1.2017). Personen, die in der Vergangenheit bereits ihren Pass verloren haben, bekommen allerdings oft nur Reisepässe, die nur wenige Monate gültig sind, ausgestellt. Generell kommt es zu teils enormen Verzögerung bei der Reisepassausstellung (ÖB New Delhi 12.2016). Auch manche Oppositionspolitiker berichten von langen Verzögerungen bei der Erneuerung von Reisepässen, zusätzlich von Belästigungen und Verzögerungen an Flughäfen (USDOS 3.3.2017).

Frauen brauchen keine Erlaubnis ihrer Väter oder Ehemänner um zu reisen. Minderjährige über 12 Jahre brauchen keinen gesetzlichen Vertreter um einen Pass zu beantragen. Sie dürfen auch alleine reisen, bedürfen dazu aber eines speziellen, von einem Elternteil unterschriebenen Formulars (ÖB New Delhi 12.2016).

Grundsätzlich respektiert die Regierung die Rechte der inländischen und ausländischen Bewegungsfreiheit und Emigration und Rückkehr von Bürgern, mit Ausnahme der zwei sensiblen Regionen, Chittagong Hill Tracts und Cox's Bazar (USDOS 3.3.2017). Die Regierung hat 2015 Restriktionen für ausländische Reisende in diese Gebiete, in denen viele nichtregistrierte Rohingyas außerhalb der zwei offiziellen Flüchtlingscamps in den Städten und Dörfern leben, angekündigt, allerdings war die Art der Umsetzung zum damaligen Zeitpunkt noch unklar (ÖB New Delhi 12.2016).

Ein Ausreiseverbot besteht für Verdächtige an den Kriegsverbrechen während des Unabhängigkeitskriegs 1971 (ÖB New Delhi 12.2016).

2.8.5.1. Meldewesen

Es existiert kein staatliches Meldewesen oder Staatsangehörigkeitsregister in Bangladesch (ÖB New Delhi 12.2016).

2.8.6. Grundversorgung und Wirtschaft

Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln hat sich in den vergangenen Jahren wesentlich verbessert. Bei regionaler Nahrungsmittelknappheit werden von der Regierung Bezugsscheine für staatliche Nothilferationen ausgegeben. Sonstige staatliche Hilfe für bedürftige Personen gibt es nicht. Nichtstaatliche Unterstützung durch religiös ausgerichtete Wohltätigkeitsvereine und andere NGOs kann in Anbetracht der hohen Bevölkerungszahl nur einem kleinen Teil der Bedürftigen geleistet werden. Eine flächendeckende soziale Absicherung besteht nicht (AA 14.1.2016). Obwohl die Armutsquote in den letzten zwei Dekaden zurückging, leben weiterhin fast 26,5% der Bevölkerung (ca. 44 Millionen) unterhalb der Armutsgrenze von 1,25 USD. Unter- sowie Fehlernährung bleiben weit verbreitete Phänomene. Das Bevölkerungswachstum liegt bei 1,34%, die Geburtenziffer je Frau bei 2,24 (AA 3.2017).

Die Volkswirtschaft Bangladeschs hat sich - zumindest in monetärer Hinsicht - in den Jahren seit der Unabhängigkeit von einer vorwiegend landwirtschaftlich geprägten Ökonomie zu einer Industrie- und Dienstleistungsökonomie gewandelt. Der traditionell stark entwickelte Sektor der Landwirtschaft trägt heute nur noch knapp ein Sechstel zum BIP bei (GIZ 6.2017). Allerdings ist etwa die Hälfte der Bevölkerung in der Landwirtschaft beschäftigt - mit Reis als allerwichtigstem Erzeugnis (CIA 26.7.2017). Demgegenüber steht ein erheblicher Bedeutungsgewinn des industriellen Sektors und des Dienstleistungsbereichs (GIZ 6.2017), auf den 2016 geschätzt 56,3% des BIP gefallen sind (CIA 26.7.2017).

Bangladeschs Wirtschaft ist seit 1996 jährlich um rund 6% gewachsen, trotz politischer Instabilität, schlechter Infrastruktur, Korruption, unzureichender Stromversorgung, langsamer Umsetzung der Wirtschaftsreformen (CIA 26.7.2017).

Der Export von Kleidungsstücken, das Rückgrat des Industriesektors Bangladeschs, der 80% der Exporte ausmacht, hat im Jahr 2016 über 25 Milliarden USD überstiegen.

Der Sektor wächst trotz einer Reihe von Fabriksunfällen, bei denen mehr als 1.000 Arbeiter getötet wurden, sowie lähmenden Streiks wie beispielsweise einer landesweiten, mehrere Monate dauernden Transportblockade, die Anfang 2015 durch die Opposition veranlasst wurde, weiterhin (CIA 26.7.2017).

Ein verlässliches Wachstum des Exports von Kleidungsstücken kombiniert mit Überweisungen von Bangladeschi aus Übersee, die sich 2016 auf etwa 15 Milliarden USD und 8% des BIP beliefen, machen den größten Anteil an Bangladeschs Leistungsbilanz und steigenden Devisenreserven aus (CIA 26.7.2017). Ungeachtet des Wachstums der Textilindustrie ist die Struktur des industriellen Sektors nach wie vor durch die Be- und Verarbeitung von Agrarprodukten, eine geringe Diversifizierung, viele Betriebe der Klein- und Heimindustrie und nur wenige große und mittlere Betriebe gekennzeichnet. Die Schlüsselindustrien sind in den Großräumen Dhaka und Chittagong konzentriert. Im Dienstleistungssektor arbeiten etwa 30% der Erwerbsbevölkerung Bangladeschs, die mehr als die Hälfte des BIP durch Dienstleistungen erwirtschaften (GIZ 6.2017).

Arbeitsmigration, vornehmlich in die Golfstaaten und Malaysia, ist stark ausgeprägt und wird von der Regierung gefördert. Ca. 8,6 Mio. bangladeschische Staatsangehörige arbeiten im Ausland. Die Migration wird durch das "Bureau of Manpower, Employment and Training" (BMET) gesteuert. Daneben existieren weitere Organisationen, die sich der Bedürfnisse der Wanderarbeiter vor Ausreise und nach Rückkehr annehmen. (z.B. "BRAC", "Welfare Association of Bangladeshi Returnee Employees", "Bangladesh Migrant Centre", "Bangladesh Women Migrants Association"). Dachverband ist das "Bangladesh Migration Development Forum" (BMDF). Diese Organisationen werden aber auch bei zurückgeführten Personen aktiv (AA 14.1.2016).

Die Vergabe von Mikrokrediten gehört zu den am meisten eingesetzten Instrumenten der Armutsbekämpfung in Bangladesch. Maßgeblich zu ihrer Verbreitung in Bangladesch beigetragen hat die Grameen Bank. Mittlerweile hat sie bei den zahlreich vertretenden NGOs im Land Nachahmer gefunden. Auch diese geben nun Kredite an die jeweiligen Zielgruppen und helfen dabei, Klein- und Kleinstunternehmen zu starten. Ende 2006 wurde dem Gründer der Bank, Muhammad Yunus, und der Grameen Bank der Friedensnobelpreis verliehen (GIZ 6.2017).

2.8.7. Rückkehr

Die Rückkehr bangladeschischer Staatsangehöriger unterliegt keinen rechtlichen Beschränkungen (AA 14.1.2016). Es gibt keine Hinweise darauf, dass Abgeschobene bei ihrer Rückkehr nach Bangladesch mit staatlichen Sanktionen oder Repressionen zu rechnen haben. Sofern es sich um Opfer von Schlepperei handelt, können sie allerdings auch nicht mit staatlicher Unterstützung rechnen. Es gibt einige NGOs, die sich um Menschenhandelsopfer kümmern. Problematisch ist, dass "erfolglose Rückkehrer" von ihren Familien und lokalen Gemeinschaften als Schandfleck betrachtet werden (ÖB New Delhi 12.2016).

Staatliche Repressionen nach Rückkehr wegen oppositioneller Tätigkeiten im Ausland (z.B. Demonstrationen und Presseartikel in Deutschland) sind nicht bekannt. Der International Organization for Migration (IOM) ist kein Fall bekannt, in dem eine rückgeführte Person misshandelt wurde. In einigen seltenen Fällen wurden die Rückkehrer zu einem so genannten "General Diary" gebeten. Nach IOM Angaben handelt es sich dabei um ein ca. halbstündiges Gespräch mit der Immigrationsbehörde, die die Daten des Rückkehrers aufnimmt und ihn zum Auslandsaufenthalt befragt. IOM sind bislang keine Fälle bekannt geworden, in denen dem Rückkehrer ein Nachteil entstanden ist. Besondere Vorkommnisse sind anlässlich der Durchführung der Einreisekontrollen nicht bekannt geworden (AA 14.1.2016).

IOM betreut nur Personen, die freiwillig zurückkehren und ist am Flughafen Dhaka mit einem Büro und Mitarbeitern präsent und kann im Rahmen von Betreuungs- und Integrationsvereinbarungen die Betreuung vor Ort übernehmen. Diese Hilfe umfasst die Betreuung und Begleitung anlässlich der Ankunft, soweit erforderlich die Vermittlung von Kontakten zur Familie des Rückkehrers und die Vermittlung von Kontakten zu anderen Organisationen, die weiterführende Hilfe leisten können. Ferner leistet IOM praktische Reintegrationsbetreuung und -begleitung. IOM Dhaka betreute im vergangenen Jahr abgelehnte Asylbewerber oder andere zurückgekehrte Personen u. a. aus Großbritannien, der Schweiz, Australien und Belgien. IOM bestätigt, dass in Bangladesch familiäre und verwandtschaftliche Unterstützung letztendlich für die Rückkehrer maßgeblich sind und dem Rückkehrer als Auffangnetz in einer kritischen Lebensphase dienen. Rückkehrer sind, auch ohne die oben genannten Institutionen, aufgrund der großen Familien, enger, weit verzweigter Verwandtschaftsverhältnisse und noch intakter nachbarschaftlicher bzw. dörflicher Strukturen regelmäßig nicht auf sich allein gestellt (AA 14.1.2016).

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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