TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/21 W138 2147439-2

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Veröffentlicht am 21.09.2018
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Entscheidungsdatum

21.09.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2

Spruch

W138 2147439-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Klaus HOCHSTEINER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA.: Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.07.2018, Zahl: XXXX zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II., III. und IV. wird gemäß den § 10 Abs. 2, § 57 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 1 Z 1 und Abs. 9, § 46 FPG 2005 und § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG 2005 jeweils idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer ("BF"), ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 01.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Das Asylverfahren wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 20.03.2018, Zl. W251 2147439-1/14E, rechtskräftig abgeschlossen, wobei im Ergebnis der Antrag des BF wegen Unglaubwürdigkeit seines Fluchtvorbringens abgewiesen und gegen ihn eine Ausweisung ausgesprochen wurde.

2. Der Beschwerdeführer verblieb in der Folge irregulär in Österreich. 3. Mit dem nunmehr angefochtenen oben angeführten Bescheid des Bundesamtes wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) amtswegig nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gegen den BF wurde gemäß § 53 Abs 1 FPG ein befristetes Einreiseverbot auf die Dauer von 18 Monaten erlassen. (Spruchpunkt IV.) Unter Spruchpunkt V. und VI. wurde einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG, die aufschiebende Wirkung aberkannt und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt werde.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass sich der BF unrechtmäßig in Österreich aufhalte. Der BF sei seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen und halte sich wissentlich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Der BF sei nicht bereit seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen. Der BF habe im Rückkehrberatungsgespräch beim Verein Menschenrechte Österreich angegeben nicht rückkehrwillig zu sein. Der BF sei daher nicht gewillt sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Der Aufenthalt des BF stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.

4. Mit Verfahrensanordnung vom 25.07.2018 wurde dem BF für ein allfälliges Beschwerdeverfahren vor dem BVwG der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater zur Seite gestellt.

5. Gegen den im Spruch genannten Bescheid wurde binnen offener Frist Beschwerde gegen alle Spruchpunkte erhoben und ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt. Zu Spruchpunkt IV. wurde ausgeführt, dass nicht ersichtlich sei, wieso der BF eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen solle.

6. Das BVwG hat mit Teilerkenntnis vom 17.09.2018 zur Zahl W138 2147439-2/3E die Spruchpunkte V. und VI. ersatzlos behoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist ein junger, gesunder arbeitsfähiger afghanischer Staatsbürger. Nicht festgestellt werden kann zum Entscheidungszeitpunkt, dass der Beschwerdeführer in Österreich über eine Aufenthaltsgenehmigung oder legale Arbeitsmöglichkeit verfügt.

Der strafrechtlich unbescholtene Beschwerdeführer hat in Österreich keine familiären Anknüpfungspunkte. Es kann nicht festgestellt werden, dass er während gegenständlichen Verfahrens eine auf Dauer ausgerichtete Lebensgemeinschaft in Österreich geführt hat.

Er verfügt über keine engen Anknüpfungspunkte wirtschaftlicher Natur, war im Bundesgebiet nicht langfristig selbsterhaltungsfähig und hat keine besonderen Deutschkenntnisse vorzuweisen.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass sich die Lage in Afghanistan seit dem Erkenntnis des BVwG vom 20.03.2018, Zl. W251 2147439-1/14E, dramatisch verschlechtert hätte. Die in dem genannten Verfahren eingebrachten Länderberichte sind nach wie vor aktuell.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem zur im Spruch genannten Verfahrenszahl vorgelegten erstinstanzlichen Akt sowie der Beschwerdeschrift.

Die Feststellung betreffend die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan beruht darauf, dass der Beschwerdeführer weder vor der belangten Behörde noch in der Beschwerde konkrete Angaben dahingehend getätigt hat, denen zufolge eine rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung anzunehmen gewesen wäre. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung gemäß § 46 aus vom Beschwerdeführer zu vertretenden Gründen nicht möglich wäre (§ 52 Abs. 9 FPG).

Dass der Beschwerdeführer das Bundesgebiet nach rechtskräftig negativen Abschluss seines Asylverfahrens nicht verlassen hat, ergibt sich unzweifelhaft aus dem Akteninhalt, insbesondere aus dem noch andauernden unrechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers.

3. Rechtliche Beurteilung:

Verfahrensbestimmungen

Das Bundesverwaltungsgericht stützt sich in seiner Entscheidung verfahrensrechtlich insbesondere auf §§ 1, 7 Abs. 1 Z 1, 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG, § 6 BVwGG sowie §§ 1, 17, 27, 28, 58 Abs. 2 VwGVG.

Da gegenständlich der maßgebliche Sachverhalt vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vollständig erhoben worden ist und somit feststeht, lagen gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG die Voraussetzungen für eine Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vor.

Zu A)

Mit der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bekämpft und richtet sich daher gegenständliche gegen die Spruchpunkte I. bis IV. des angefochtenen Bescheides. Über Spruchpunkt V. und VI. wurde bereits mit Teilerkenntnis vom 17.09.2018, zur Zl. W138 2147439-2/3E abgesprochen.

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Da der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG nicht seit mindestens einem Jahr geduldet ist, sein Aufenthalt nicht zur Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder Geltendmachung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist und der Beschwerdeführer nicht Opfer von Gewalt wurde oder eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO erlassen wurde oder erlassen hätte werden können, war eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 nicht von Amts wegen zu erteilen.

Weiters ist eingangs auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach, wenn in einem Verfahren betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung ein substantiiertes Vorbringen zu einer nach Rückkehr in den Herkunftsstaat drohende Verfolgung erstattet wird, eine Erörterung dahingehend geboten ist, ob darin ein Antrag auf internationalen Schutz zu sehen ist; bejahendenfalls ist nach den Bestimmungen des AsylG 2005 zu verfahren (VwGH, 31.08.2017, Ra 2016/21/0367 ua).

Dazu ist erstens festzuhalten, dass anlässlich der Beschwerde kein substantiiertes Vorbringen erstattet wurde und oder ein derartiger Antrag gestellt wurde.

Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers kann daher keinesfalls angenommen werden, dass dieser zu irgendeinem Zeitpunkt des Verfahrens betreffend die Erlassung der Rückkehrentscheidung einen Antrag auf internationalen Schutz hätte stellen wollen.

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Da dem Beschwerdeführer, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wurde, war von der belangten Behörde gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen.

Zu prüfen ist gemäß § 9 BFA-VG, ob durch die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen wird.

Festzuhalten ist eingangs, dass zuletzt im Rahmen des Verfahrens über den in Österreich gestellten Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes W251 2147439-1/14E vom 20.3.2018 eine umfassende Interessenabwägung vorgenommen worden ist. Dabei wurde insbesondere festgestellt, dass der Beschwerdeführer weder über Verwandte noch über sonstige enge soziale Bindungen in Österreich verfügt. Da der Beschwerdeführer über keine Familienangehörigen oder sonstigen engen Nahebeziehungen in Österreich verfüge, sei ein Eingriff in sein Recht auf Familienleben iSd Art. 8 EMRK auszuschließen. Im Zuge der Verhältnismäßigkeitsprüfung wurde daher ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers klar verneint.

Im gegenständlichen Verfahren ist nichts hervorgekommen, was eine maßgebliche Änderung jener Umstände des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers im Sinne einer Intensivierung des bereits zuvor im März 2018 nicht für hinreichend befundenen Privat- und Familienlebens annehmen ließe und hat der Beschwerdeführer diesbezüglich ein substantiiertes Vorbringen nicht erstattet.

In die Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl VwGH 28.4.2015, Ra 2014/18/0146; VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101; VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119; VwGH 28.1.2016, Ra 2015/21/0199) auch die Rückkehrsituation des Fremden (insbesondere Gesundheitszustand, Existenzgrundlage, Lage im Herkunftsstaat). Wie festgestellt, ist der Beschwerdeführer gesund und ergaben sich im gesamten Verfahren keinerlei Hinweise auf allfällige medizinische Probleme, die sich im Fall einer Rückkehr ergeben könnten. Hinsichtlich der oben dargelegten Bindungen zum Heimatstaat und der dort erfahrenen Sozialisation ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass im Fall einer Rückkehr die Schaffung einer Existenzgrundlage nicht möglich wäre. Den Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art 8 Abs 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (zB VwGH 16.12.2014, 2012/22/0169; 15.12.2015, 2015/19/0247).

Dass der Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten ist, vermag weder sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (zB VwGH 25.2.2010, 2009/21/0070; 13.10.2011, 2009/22/0273; 19.4.2012, 2011/18/0253).

Aufgrund dieser Gesamtabwägung kommt das erkennende Gericht damit zum Schluss, dass den Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich im Hinblick auf ein allenfalls bestehendes Familienleben starke öffentliche Interessen gegenüberstehen und stellen die unrechtmäßige Einreise und Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen dar.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sein persönliches Interesse am Verbleib überwiegt und daher eine Verletzung des Art 8 EMRK nicht vorliegt.

Ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens des Beschwerdeführers ist demnach zu verneinen.

Weiters ist zu beurteilen, ob der Beschwerdeführer über ein schützenswertes Privatleben in Österreich verfügt.

Unter dem Privatleben sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl EGMR 16.6.2005, Fall Sisojeva ua, Appl 60.654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Bei der Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügt, spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht bei einem dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer aus und argumentiert im Erkenntnis vom 26.6.2007, 2007/01/0479, "dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte."

Im Fall des Beschwerdeführers, der sich lediglich drei Jahre in Österreich aufhält, ist anzunehmen, dass der Aufenthalt im Bundesgebiet jedenfalls zu kurz ist, um ein schützenswertes Privatleben zu begründen (vgl auch VwGH vom 15.3.2016, Ra 2016/21/0040, VwGH vom 30.6.2016, Ra 2016/21/0192, VwGH vom 23.2.2017, Ra 2016/21/0235 und VwGH vom 14.11.2017, Ra 2017/21/0188).

Dies ist keinesfalls so lang, dass dabei im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl etwa VwGH 23.02.2017, Ra 2016/21/0325; VwGH 04.08.2016, Ra 2015/21/0249, wonach bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen ist und nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen werden) von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich ausgegangen werden müsste. Zudem hat der Beschwerdeführer auch nicht dargelegt, dass er die in Österreich verbrachte Zeit in besonderem Maß genutzt hätte, um sich beruflich und sozial zu integrieren.

Ein substantiiertes Vorbringen, das für das Bestehen eines schützenswerten Privatlebens in Österreich spräche, hat der Beschwerdeführer nicht erstattet. Bereits mit oben genanntem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes W251 2147439-1/14E vom 20.03.2018 war ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers verneint worden und ist im gegenständlichen Verfahren nichts bekanntgeworden, das annehmen ließe, dass sich die Umstände des Privatlebens wesentlich geändert hätten.

Der Beschwerdeführer ging keiner Erwerbstätigkeit nach. Er hat weder besondere Deutschkenntnisse vorzuweisen noch hat er im Hinblick auf eine Ausbildung Anknüpfungspunkte zu Österreich. Von einer beruflichen Verankerung sowie Integration in Österreich kann keinesfalls ausgegangen werden.

Es ist im gesamten Verfahren nicht hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer sich während seines Aufenthaltes in wirtschaftlicher Hinsicht durch legale Erwerbstätigkeit eine tragfähige Existenz aufgebaut hätte oder er selbsterhaltungsfähig wäre; daran vermögen auch Einkünfte aus Tätigkeiten der Zeitungszustellung nichts ändern.

Das Bestehen starker sozialer Bindungen oder einer sonstigen Eingliederung in Österreich sind ebenso wenig hervorgekommen und kann demnach nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügt.

Ein Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Achtung des Privatlebens ist daher zu verneinen. Selbst wenn man aber einen Eingriff bejahte, würde man zu keinem für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis kommen, weil im Lichte obenstehender Erwägungen der Eingriff jedenfalls verhältnismäßig und zulässig wäre.

Die Erlassung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall geboten und verhältnismäßig und die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides aus den dargelegten Gründen gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 1 Z 1 FPG und § 9 BFA-VG abzuweisen.

Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat die belangte Behörde zu Recht festgestellt, dass die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gegeben ist.

Im gesamten Verfahren - vor allem im Zuge der Auseinandersetzung mit den getroffenen Länderfeststellungen sowie einer Einschau in allgemein zugängliche Medien zur aktuellen Lage in Afghanistan unter Berücksichtigung des Vorbringens des Beschwerdeführers - sind keine Hinweise hervorgekommen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde; insbesondere werden dadurch die Art 2 oder 3 EMRK oder das 6. beziehungsweise 13. ZPEMRK nicht verletzt und ist damit für den Beschwerdeführer keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden und steht der Abschiebung keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Im Hinblick auf die Feststellungen zur allgemeinen Situation, der zufolge die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln gewährleistet ist, kann auch nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in eine existenzgefährdende Notlage geraten würde.

Die Abschiebung nach Afghanistan war und ist daher zulässig.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. war somit aus den dargelegten Gründen gemäß § 52 Abs. 9 FPG und § 46 FPG abzuweisen.

Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides

Darin wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 18 Monaten befristetes Einreiseverbot erlassen.

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes erweist sich das erlassene Einreiseverbot als zulässig:

Beim Erstellen der für ein Einreiseverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist.

Eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ist nach der Gesetzessystematik insbesondere in den Fällen der Z 1 bis 9 des § 53 Abs. 2 FPG anzunehmen (VwGH, 24.5.2018, Ra 2017/19/0311); gegenständlich stützte sich die belangte Behörde darauf, dass die Aufzählung des § 53 Abs. 2 FPG demonstrativ sei und daher weitere Verhaltensweisen, welche die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden würden, geeignet wären ein Einreiseverbot zu rechtfertigen.

Der VwGH hat bereits den demonstrativen Charakter der Tatbestände des § 53 Abs. 2 FPG festgestellt (vgl. VwGH 26.06.2014, Ro 2014/21/0026). Durch den Unrechtsgehalt ähnlich schwerwiegender Konstellationen kann sich ergeben, dass durch den Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist und daher - nach Vornahme einer Beurteilung im Einzelfall - ein Einreiseverbot zu verhängen ist.

Aus den Erläuternden Bemerkungen zu § 53 FPG (2144 der Beilagen XXIV. GP) ergibt sich, dass die Festsetzung der Dauer des Einreiseverbotes "in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls" zu bemessen und im Einzelfall z.B bei einem nur einmaligen geringfügigen Fehlverhalten des Drittstaatsangehörigen, auch ein 18 Monate unterschreitendes Einreiseverbot erlassen werden könne. Umgehungen der Vorschriften des FPG seien jedoch jedenfalls keinesfalls als minderes oder geringfügiges Fehlverhalten einzustufen, da auch z.B die unrechtmäßige Einreise oder der unrechtmäßige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen nachhaltig das Sicherheitsgefühl der Wohnbevölkerung beeinflussen könne.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zu. Gegen diese Normen verstoßen Fremde, die nach dem negativen Abschluss ihres Asylverfahrens über kein weiteres Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen und unrechtmäßig in diesem verbleiben (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247).

Der Beschwerdeführer ist nach Rechtskraft der gegen ihn erlassenen Rückkehrentscheidung seiner Ausreiseverpflichtung innerhalb der vorgegebenen Frist nicht nachgekommen und hält sich seither unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Er hat bei dem verpflichtenden Rückkehrberatungsgespräch am 17.01.2017 beim Verein Menschenrechte Österreich angegeben, nicht rückkehrwillig zu sein. Der Beschwerdeführer ist daher offensichtlich nicht dazu bereit seiner Ausreiseverpflichtung auch zukünftig nachzukommen. Mit seinem unrechtmäßigen Verbleib im Bundesgebiet verstößt der Beschwerdeführer gegen das Fremdenpolizeigesetz 2005 ("FPG"), welchem aus Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenrechts ein hoher Stellenwert zukommt. Da der Beschwerdeführer mit seinem unrechtmäßigen Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet, hat die belangte Behörde zurecht gegenüber dem Beschwerdeführer ein Einreiseverbot erlassen.

Den Erläuternden Bemerkungen ist, wie oben schon ausgeführt, zu entnehmen, dass der unrechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers und somit die Umgehung des FPG keinesfalls als minderes oder geringfügiges Fehlverhalten einzustufen ist, welches ein 18 Monate unterschreitendes Einreiseverbot rechtfertigen würde. Da der unrechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers nachhaltig das Sicherheitsgefühl der Wohnbevölkerung beeinflusst und auch nicht davon auszugehen ist, dass er die Ausreiseverpflichtung befolgen wird, erfolgte die Erlassung eines auf die Dauer von 18 Monaten befristeten Einreiseverbotes zu Recht.

Zudem hat der Beschwerdeführer nicht substantiiert vorgebracht, wieso er keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt. Die Höhe der Befristung des Einreiseverbotes hat der Beschwerdeführer im Zuge seiner Beschwerde nicht beanstandet.

Wie bereits oben festgehalten, hat der Beschwerdeführer zu Österreich keine maßgeblich intensiven familiären und keine ausgeprägten privaten Bindungen und war nur rund 3 Jahre in Österreich aufhältig. Es war daher der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung (insbesondere illegaler Aufenthalt) und den nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung des Einreiseverbotes aufgrund seines bisherigen Verhaltens größeres Gewicht beizumessen als seinen nicht besonders ausgeprägten persönlichen Interessen an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet.

Folglich war die Beschwerde gegen das erlassene Einreiseverbot dem Grunde und der Höhe nach abzuweisen.

Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 EMRK, noch Art 47 GRC entgegenstehen.

Der VfGH äußerte vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EGMR (zur Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung) keine Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 41 Abs. 7 AsylG 2005 (also der wortidenten Vorgängerbestimmung des § 21 Abs. 7 BFA-VG) und stellte dazu klar: "Das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde" (VfSlg 19.632/2012). Diese Auffassung entspricht nach wie vor der aktuellen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu § 21 Abs 7 BFA-VG (VfGH, 26.2.2018, E 3296/2017).

Der Verwaltungsgerichtshof sprach in seinem Erkenntnis vom 28.5.2014, Zl 2014/20/0017 und -0018, aus, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Im vorliegenden Fall konnte daher eine mündliche Verhandlung unterbleiben, da der Sachverhalt durch die belangte Behörde vollständig erhoben wurde und nach wie vor die gebotene Aktualität aufweist (der angefochtene Bescheid wurde am 27.07.2018 erlassen, wobei sich aus dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes keine Hinweise auf eine Änderung der entscheidungsmaßgeblichen Situation ergeben). Es hat sich auch in der Beschwerde, in der sich lediglich ein unsubstantiiertes Vorbringen findet, kein zusätzlicher Hinweis auf die Notwendigkeit ergeben, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern. Die Lebensumstände des Beschwerdeführers in Österreich waren aus seinen Angaben im verwaltungsbehördlichen Verfahren ausreichend zu entnehmen.

Die belangte Behörde hat die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt und teilt das erkennende Gericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung.

Der Antrag des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde vom 14.08.2018 auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist sohin unbegründet und konnte eine solche unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln ist. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Einreiseverbot, Gefährdungsprognose, illegaler Aufenthalt,
Interessenabwägung, non refoulement, öffentliche Ordnung,
öffentliches Interesse, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W138.2147439.2.01

Zuletzt aktualisiert am

23.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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