TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/21 W135 2205608-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.09.2018
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Entscheidungsdatum

21.09.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W135 2205608-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Ivona GRUBESIC über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX ,

StA. Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.08.2018, Zl. 1179852100-180326423, zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 68 AVG als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. bis VI. des angefochtenen Bescheides wird gemäß §§ 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen aus der Provinz Laghman, stellte am 29.01.2018 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. In der Erstbefragung am 30.01.2018 gab der Beschwerdeführer an, sein Vater sei Oberst gewesen und habe für das Innenministerium gearbeitet. Der Vater des Beschwerdeführers sei von den Taliban aufgefordert worden, seine Arbeit aufzugeben, ansonsten sie der Familie schaden würden. Auch der Beschwerdeführer sei von den Taliban bedroht worden, als er für das Handelsministerium tätig gewesen sei. In Afghanistan würden seine Eltern, sechs Schwestern und ein Bruder leben.

Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 03.02.2018 gab der Beschwerdeführer an, Afghanistan wegen der schlechten Sicherheitslage verlassen zu haben. In seinem Dorf sei es sehr gefährlich und könne er dort nicht leben. Das Dorf, welches sich in der Nähe des pakistanischen Grenzgebietes befinde, werde von terroristischen Gruppierungen kontrolliert, wie zum Beispiel den Taliban. Menschen, die für die Regierung arbeiten würden seien besonders gefährdet. Der Vater des Beschwerdeführers sei Oberst im Innenministerium gewesen. Damals, glaublich im Jahr 2009, habe sein Vater in der Provinz Paktia, in der Hauptstadt Gardez gearbeitet und sei auf dem Heimweg von den Taliban angegriffen worden, sein Vater sei durch eine Minenexplosion am Bein verletzt worden. Er sei danach nach Paktika auf einen Stützpunkt der Amerikaner gebracht und dort versorgt worden. Danach sei er lange im Krankenhaus gewesen und seien "sie" dann aufgrund der Tätigkeiten seines Vaters von den Taliban mit dem Tod bedroht worden. Der Beschwerdeführer habe, um nicht getötet zu werden, ein Stipendium für die Universität in Indien beantragt. Im Jahr 2015 sei er dann nach Afghanistan zurückgekehrt. Sein Vater habe ihm gesagt, dass er nicht in Afghanistan bleiben könne und er ihn ins Ausland schicken werde. Der Cousin des Beschwerdeführers habe in Kabul als Polizist bei einem Kontrollposten gearbeitet. Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul habe sein Cousin versucht einen Attentäter aufzuhalten und sei dabei schwer verletzt worden. Sein Cousin habe ein Auge verloren und sei schwer am Bein verletzt worden. Nach einer Behandlung in Indien sei sein Cousin wieder in Afghanistan, sei aber nicht mehr arbeitsfähig. Auch ein Halbonkel des Beschwerdeführers, welcher Sicherheitskommandant im Distrikt Quarhaie gewesen sei, sei ebenfalls im Dienst getötet worden. Auf die Frage, in welcher Art und Weise der Beschwerdeführer bzw. seine Familie von den Taliban bedroht worden sei, gab der Beschwerdeführer an, dass die Taliban ihnen Drohbriefe geschickt hätten und außerdem hätten sie "indirekt" Leute zu seinem Vater geschickt, damit dieser seine Arbeit aufgebe. Mit indirekt meine der Beschwerdeführer, dass sie Dorfbewohner, welche mit den Taliban in Kontakt gestanden seien, geschickt hätten. Der Vater des Beschwerdeführers sei noch im Dienst, er sei aber nunmehr für die Ausbildung zuständig. Auf die Frage, ob der Beschwerdeführer je persönlich von den Taliban bedroht worden sei, gab er an: "Nein, persönlich nicht. Es wäre sonst mit mir vorbei gewesen, wenn sie mich erwischt hätten. Wenn sie mich in die Hände kriegen, lassen sie mich nicht gehen." Im Falle einer Rückkehr habe der Beschwerdeführer Angst vor den Taliban und den Daesh. Diese zwei Gruppierungen seien sehr gefährlich, ihnen sei es egal, ob man etwas getan habe, sie würden einen einfach umbringen. Ein Freund des Beschwerdeführers, welcher mit dem Beschwerdeführer in Indien studiert und mit ihm in Oruzgan gearbeitet habe, sei grundlos von den Taliban getötet worden. Vor seiner Ausreise nach Indien habe der Beschwerdeführer von 2010 bis 2011 im Handelsministerium gearbeitet. Gegen eine Niederlassung in einer anderen Region Afghanistans spreche, dass sich die Familie und das Haus des Beschwerdeführers in seinem Heimatdorf befänden und es überall unsicher sei. In Afghanistan würden noch seine Eltern, sechs Schwestern und sein Bruder leben. In Österreich habe er keine Familienangehörigen.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.02.2018 wurde der erste Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 29.01.2018 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), dieser Antrag gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.) sowie gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte fest, dass der Beschwerdeführer keiner konkreten persönlichen asylrelevanten Bedrohung oder Verfolgung im Herkunftsstaat ausgesetzt gewesen sei bzw. eine solche künftig befürchten müsse. Es könne nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr eine Gefährdung durch die Polizei oder andere staatliche Organe und Behörden oder Private drohe, welcher sich der Beschwerdeführer nicht zumindest durch eine innerstaatliche Fluchtalternative entziehen könne. Der Beschwerdeführer könne sich beispielsweise in Balkh mit deren Hauptstadt Mazar-e-Sharif oder Kabul niederlassen. Eine Rückkehr in diese Provinzen werde dem Beschwerdeführer zugemutet und könne der Beschwerdeführer Kabul oder Mazar-e-Sharif von Österreich erreichen, ohne einer besonderen Gefährdung ausgesetzt zu sein. Das Bundesamt traf umfassende Länderfeststellungen zu Afghanistan und führte zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers beweiswürdigend Folgendes aus:

"Sie behaupteten Ihr Heimatland aufgrund der Furcht vor den Taliban verlassen zu haben, Dies konnten Sie aus folgenden Gründen nicht glaubhaft machen:

Sie gründeten die Angst vor den Taliban hauptsächlich auf die allgemeine Lage, die berufliche Tätigkeit Ihres Vaters und anderer Angehöriger der Familie. Diesbezüglich waren Ihre Angaben grundsätzlich auch glaubhaft. Dass Ihr Vater im Zuge seiner Tätigkeit als Militär bzw. Polizist im Zuge von Auseinandersetzungen mit diversen Gruppierungen und auch den Taliban verletzt wurde, ist durchaus glaubhaft. Ebenso verhält es sich mit den von Ihnen geschilderten Vorfällen, betreffend Ihre Verwandten. Anzumerken ist allerdings, dass jener Vorfall, bei welchem Ihr Vater verletzt worden sein soll, bereits neun Jahre zurückliegt und davon keine aktuelle Gefährdungslage abzuleiten wäre. Die Lage in Ihrem Heimatland hat sich seither verändert und gäbe es die Möglichkeit sich in anderen Provinzen niederzulassen, in welchen die Präsenz der Taliban nicht vorhanden ist. Auch wenn Sie behaupten die Taliban hätten Ihren Vater in Folge persönlich bedroht, kann dies nicht als glaubhaft angesehen werden. Einerseits ist es nicht die Vorgehensweise der Taliban Drohbriefe zu versenden, wie Sie den Feststellungen zur Lage in Ihrem Heimatland entnehmen können. Andererseits entsprechen Anschläge gegen Militärs bzw. Polizisten auch keiner persönlichen Verfolgung die Person betreffend, denn Ihr Vater wurde nicht als Einzelperson angegriffen, sondern die ganze Truppe als militärische Einheit. Dass dieser Angriff der Berufsgruppe Ihres Vaters und somit den Feinden der Taliban gegolten hätte steht zwar außer Streit, allerdings hätten diese den Konvoi bzw. das Fahrzeug oder die Truppe, welcher Ihr Vater damals angehört hatte, auch angegriffen, wenn es sich dabei um andere Soldaten als Ihren Vater behandelt hätte. Dieser richtete sich gegen die Uniformierten, nicht gegen Ihren Vater als Person. Dies zeigt sich auch dadurch, dass Ihr Vater in Folge weiterhin für das Innenministerium tätig gewesen wäre und neune Jahre nach dem Anschlag noch immer am Leben ist. Wenn die Taliban nach den Anschlag auf ihn, tatsächlich ein persönliches Interessen an Ihrem Vater gehabt hätten, welches den Tod Ihres Vaters befürchten hätte lassen, ist nicht nachvollziehbar, was die Taliban daran hindern hätte sollen ihn auch zu töten. Hätte er Briefe erhalten, zeuge dies davon, dass die Taliban Kenntnis davon gehabt hätten, wo Ihr Vater wohnt und hätten ihn diese jederzeit das Leben nehmen können in den vielen Jahren nach dem Anschlag. Generell ist zu sagen, dass Militär- oder Polizeiangehörige naturgemäß zwar zu den Risikogruppen zählen, von den Taliban getötet zu werden, allerdings nicht durch persönliche Angriffe mit Vorwarnung, sondern eben durch Anschläge auf Militärbasen, Ministerien oder dergleichen. Selbst wenn diese persönlich aufgesucht werden würden ist nicht davon auszugehen, dass zuvor Warnungen per Post oder Boten überbracht werden würden, da dies die Möglichkeit zur Flucht geben würde. Somit ist schon unglaubwürdig, dass Ihr Vater einer persönlichen Bedrohung ausgesetzt war, noch mehr jedoch, dass dies einer Verfolgung Ihrer Person gleichkommen würde. Auch wenn es sein mag, dass Sie durch die Nähe zu Ihrem Vater in Mitleidenschaft gezogen werden könnten, könnten Sie dem durch die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative entgegenwirken. Sie selbst gaben an, nie persönlich bedroht worden zu sein, sich dem Einfluss der Taliban jedoch durch das Studium in Indien entzogen hätten. Hierzu ist anzumerken, dass es zu Widersprüchen in Ihren Aussagen gekommen war, da Sie in der Erstbefragung, nur wenige Tage vor der Einvernahme vor dem Bundesamt noch angegeben hatten während jener Zeit, in welcher Sie für das Handelsministerium gearbeitet hätten, selbst durch die Taliban Verfolgung erfahren hätten. Dementgegen stehen Ihre Aussagen in der Einvernahme, in welcher Sie eine Verfolgung Ihrer Person zu jeder Zeit verneint hatten. Hinsichtlich der Möglichkeit der innerstaatlichen Fluchtalternative ist Ihnen eine solche jedenfalls zumutbar. Dass sich Ihr Elternhaus und die Familie in Ihrem Heimatdorf befinden ist aus Sicht des Bundesamtes kein Grund Ihnen ein Leben etwa in Kabul nicht zuzumuten. Einerseits ist Kabul nicht weit entfernt von Ihrem Heimatdorf. Weiters handelt es sich bei Ihnen um einen erwachsenen Mann mit einer guten Ausbildung, welchem die Eigenständigkeit ebenfalls zumutbar ist. Außerdem haben Sie auch schon in Kabul gelebt, mehrere Jahre in Indien studiert und sind auch alleine nach Europa gereist. Auch hier in Österreich stehen Ihnen Ihre Familie und das Elternhaus nicht zur Verfügung. In der Einvernahme hinsichtlich Ihrer Rückkehrentscheidung haben Sie angegeben bereits allein in Kabul gelebt zu haben, weshalb davon auszugehen ist, dass Sie die Reise lediglich dazu auf sich genommen haben, um die wirtschaftliche Situation zu verbessern."

Der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.02.2018 wurde dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung im Akt gemäß § 23 Abs. 2 ZustellG rechtswirksam zugestellt und ist am 14.03.2018 in Rechtskraft erwachsen.

Der Beschwerdeführer wurde am 28.03.2018 von den Niederlanden nach Österreich rücküberstellt, wo er am selben Tag einen zweiten, den nunmehr verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Im Rahmen seiner Erstbefragung am 05.04.2018 gab er an, keine neuen Asylgründe zu haben, seine Fluchtgründe, die er im ersten Verfahren angegeben habe, würden aufrecht bleiben.

Am 24.04.2018 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er an, dass ihm der Blinddarm entfernt worden sei, er nehme aber keine Medikamente und müsse lediglich zum Verbandwechseln zum Arzt. In Österreich habe er keine Verwandten und stehe in keinem finanziellen Abhängigkeitsverhältnis zu einer bestimmten Person. Befragt, was sich seit dem negativen Abschluss des ersten Vefahrens am 14.03.2018 geändert habe, gab der Beschwerdeführer an, dass seine damaligen Probleme immer noch bestehen würden und er keinen Kontakt zu seiner Familie habe. Er sei sich sicher, dass er immer noch von den Taliban gesucht werde. Er habe Angst, dass er von den Taliban getötet werden könnte. Der Beschwerdeführer legte diverse Beweismittel vor, darunter einen (vermeintlichen) Drohbrief der Taliban.

Mit angefochtenem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.08.2018 wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) und dieser Antrag auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt(Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.) sowie gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gesetzt (Spruchpunkt VI.).

In der Begründung des Bescheides wurde der bisherige Verfahrensgang einschließlich der oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegeben Einvernahmen dargestellt und Feststellungen zu Afghanistan getroffen. In der Beweiswürdigung wurde zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers Folgendes ausgeführt:

"Sie brachten keine neuen Gründe vor. Vielmehr versuchten Sie Ihr Vorbringen Ihres Erstverfahrens durch die Einbringung von Beweismitteln zu untermauern und eine mögliche Asylrelevanz aufzuzeigen.

Sie brachten, unter Anderem, eine Fülle von Beweismittel bei, welche darstellen, dass Ihr Vater ein Angehöriger des Militärs war und bei einem Einsatz von einer Landmiene verletzt wurde.

Das Bundesamt weist darauf hin, dass dieser Umstand bereits im Vorverfahren für glaubhaft erklärt wurde.

Auch legten Sie einen Bericht der Sicherheitskommandatur des Distriktes Deh Sabz vor, in welchem beschrieben wird, dass, vermeintlich, Ihr Cousin im Diensteinsatz durch einen Selbstmordattentäter verletzt wurde.

Auch dies zweifelte das Bundesamt in Ihrem Vorverfahren nicht an.

Auch an Ihren Ausbildungen und an, in der Vergangenheit liegenden medizinischen Behandlungen wurde nicht gezweifelt.

Sofern man also von sämtlichen Beweismitteln, welche, nicht in Zweifel gezogene Sachverhalte darstellen, absieht, so bleiben drei Beweisstücke zurück. Diese sind ein Schreiben welches Sie, zu einem unbestimmten Zeitpunkt, aber gesichert während Ihres Aufenthaltes in Österreich, an den Sicherheitskommandanten der Provinz Laghman richteten, die Beantwortung dieses Schreibens vom 18.04.2018 und ein vermeintlicher Drohbrief der Taliban.

Zu Ihrer schriftlichen Korrespondenz mit der Sicherheitskommandatur der Provinz Laghman ist folgendes zu bemerken:

Wörtlich ersuchten Sie um folgendes: "Ich ersuche Sie sehr verehrter, (sic) dass Sie den Sachverhalt der Bedrohung der Taliban, mit welchem meine Familie und ich sowie auch meine Freunde konfrontiert waren, zu bestätigen, damit Sie mich dadurch, für meine Aussicht auf ein Leben in Europa unterstützen können.".

Vorweg muss natürlich angemerkt werden, dass es aus Ansicht des Bundesamtes höchst fraglich ist, in welcher direkten Form Sie hier scheinbar eine offizielle Sicherheitsbehörde um Unterstützung für Ihren Verbleib in Europa bitten.

Davon abgesehen, präzisieren Sie hier in keiner Weise welcher Bedrohung Sie ausgesetzt gewesen wären.

Die vermeintliche Antwort wurde durch eine Person geleistet, welche aus dem Beweismittel nicht identifiziert werden konnte und lautete schlicht: "Das Ansuchen des Antragstellers entspricht der Wahrheit und wird bestätigt".

Aufgrund Ihrer völlig unspezifischen Anfrage kann das Bundesamt in keinster Weise nachvollziehen, welche Sachverhalte hiermit bestätigt werden sollen.

Diese Beweismittel sind in Ansicht des Bundesamtes aufgrund Ihrer Beschaffenheit ungeeignet Ihr Vorbringen zu substantiieren.

Betreffend des vermeintlichen Drohbriefes der Taliban sind für das Bundesamt gleich mehrere Widersprüche und Bedenken hervorgetreten:

Zu allererst muss festgehalten werden, dass es sich bei diesem Beweismittel um eine handschriftlich verfasste Botschaft unter einem gedruckten Briefkopf, welche weder ein Datum aufweist, noch einen erkennbaren Unterzeichnenden aufweist, handelt.

Bemerkenswert ist besonders, dass das Schreiben als "Mahnung" betitelt ist, darin von mehreren, vorangegangenen mündlichen Erpressungsversuchen, die Rede ist und bei Nichtbefolgung einer Zahlung damit gedroht wird, dass Ihr Schicksal dem Ihres Vaters, Ihres Cousins und Ihres Onkel mütterlicherseits ähnlich sein wird.

Es ist für das Bundesamt in keiner Weise nachvollziehbar, warum eine Terrororganisation wie die Taliban nicht nur mehrmals Geld fordern sollen müsste und bei Nichterhalt lediglich die mündliche Forderung wiederholen sollte, sondern auch, warum eine solche terroristische Gruppe, welche angibt für die, nicht zielgerichteten, Anschläge auf Ihre Verwandten verantwortlich zu sein, schriftliche Mahnungen ausstellen sollte.

Weiters sticht hervor, dass Sie in diesem Schreiben nicht direkt mit dem Umbringen bedroht werden, sondern lediglich auf die Schicksale Ihrer Verwandten, welche bei den jeweiligen Anschlägen - welche exakt diese sind, die Sie in Ihrem Erstverfahren vorbrachten - zwar verletzt wurden, diese aber überlebten, hingewiesen wird.

Über all diesen Überlegungen steht jedoch, dass Sie in Ihrer Einvernahme Ihres Vorverfahrens angaben, niemals persönlich bedroht worden zu sein und das[s] es zwar Drohbriefe gegeben hat, diese jedoch an Ihren Vater adressiert waren.

Würde man von der Echtheit dieses Drohbriefes ausgehen, so wäre es völlig unverständlich, warum Sie in Ihrem Erstverfahren, in völligem Gegenteil zur Realität angeben sollten, niemals persönlich bedroht worden zu sein, wo doch dieser Drohbrief direkt an Sie adressiert ist.

Das Bundesamt geht aufgrund der obigen Überlegungen davon aus, dass es sich bei dem vorgelegten Schriftstück nicht um einen tatsächlichen Drohbrief einer Talibanorganisation an Sie handelt.

Zusammenfassend wird festgestellt, dass Sie Ihre früheren Fluchtgründe aufrechterhielten, keine neuen Fluchtgründe vorbrachten und auch durch Ihre vorgelegten Beweismittel, keine persönliche Verfolgung glaubhaft machen konnten.

Im nunmehrigen Asylantrag haben Sie offenbar die wiederholte Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt.

Die vorgebrachten Gründe, warum es Ihnen nun nicht mehr möglich wäre, in Ihr Herkunftsland zurückzukehren, sind somit nicht geeignet, eine neue, inhaltliche Entscheidung der Behörde zu bewirken und kann darin kein neuer, entscheidungsrelevanter asyl- bzw. refoulementrelevanter Sachverhalt festgestellt werden. Werden nur Nebenumstände modifiziert, so wie in diesem Fall, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, so ändert dies nichts an der Identität der Sache. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. zB VwGH 27.9.2000, 98/12/0057).

Was die weiteren und gemäß § 8 AsylG 2005 berücksichtigungswürdigen Aspekte betrifft, ist anzumerken, dass sich im gegenständlichen Verfahren ebenso kein Hinweis auf einen seit Rechtskraft Ihres Erstverfahrens entscheidungsrelevant geänderten Sachverhalt ergeben hat, weder im Hinblick auf Ihre persönliche Situation, noch im Hinblick auf die allgemeine Lage in Ihrem Heimatland.

Die Antragsstellung soll demnach offenbar die Überprüfung eines bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens und die Legalisierung Ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet bewirken.

Das Bundesamt gelangt im Ergebnis zur Ansicht, dass ein neuer Sachverhalt, welcher im gegenständlichen Fall eine anders lautende Entscheidung in der Sache rechtfertigen würde, nicht vorliegt."

Rechtlich führte das Bundesamt zu Spruchpunkt I. und II. aus, dass die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Gründe für die neuerliche Antragstellung bereits zum Zeitpunkt der Rechtskraft des Erstverfahrens bestanden hätten und sich seither kein entscheidungsrelevant geänderter Sachverhalt ergeben habe. Da weder in der maßgeblichen Sachlage - und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen sei, noch auf jenen, welcher von Amtswegen aufzugreifen sei - noch im Begehren und auch nicht in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten sei, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe, stehe die Rechtskraft des ergangenen Bescheides vom 03.02.2018 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten einem neuerlichen Antrag entgegen, weswegen das Bundesamt zu seiner Zurückweisung verpflichtet sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch den Verein für Menschenrechte, gegen alle Spruchpunkte fristgerecht Beschwerde. Vorgebracht wurde im Wesentlichen, dass der Vater des Beschwerdeführers Oberst gewesen sei und für das Innenministerium gearbeitet habe, aufgrund dieser Tätigkeit seien der Beschwerdeführer und sein Vater von den Taliban bedroht worden. Die Drohbriefe habe der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Einvernahme vorgelegt. Der Beschwerdeführer habe nachdem er mehrmals von den Taliban aufgrund seiner Tätigkeit für das Handelsministerium bedroht worden sei, Afghanistan verlassen müssen, weil sein Leben definitiv in Gefahr gewesen sei. Zum Beweis seiner Fluchtgeschichte habe der Beschwerdeführer zahlreiche Dokumente vorgelegt, die vom Bundesamt falsch gewürdigt worden seien und dem Beschwerdeführer deshalb die Glaubwürdigkeit versagt worden sei. Weiters sei zu beachten, dass der Beschwerdeführer keinen Kontakt mehr zu seiner Familie habe. Die Familie sei seit ca. drei Monaten nicht mehr erreichbar und der Beschwerdeführer gehe davon aus, dass sich seine Familie nicht mehr in Afghanistan befinde, sondern vor den Taliban geflüchtet sei.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht am 13.09.2018 zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A)

Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN).

In Beschwerdeverfahren über zurückweisende Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG ist "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht die Frage, ob die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags auf internationalen Schutz durch die erstinstanzliche Behörde gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht erfolgt ist, ob die Behörde also auf Grundlage des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht davon ausgegangen ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen vorangegangenen Verfahren auf internationalen Schutz keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist.

Gelangt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass die Behörde nicht von entschiedener Sache hätte ausgehen dürfen, sondern aufgrund des Vorliegens neuer Sachverhaltselemente eine inhaltliche Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz hätte durchführen müssen, hat es den zurückweisenden Bescheid auf Grundlage des für zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren anzuwendenden § 21 Abs. 3 BFA-VG zu beheben, wodurch das Verfahren vor der Behörde zugelassen ist und eine neuerliche Zurückweisung des Antrages gemäß § 68 AVG unzulässig wird. Hingegen ist dem Bundesverwaltungsgericht ein inhaltlicher Abspruch über den zugrundeliegenden Antrag auf internationalen Schutz in einem Beschwerdeverfahren über einen zurückweisenden Bescheid nach § 68 AVG verwehrt, weil diesfalls die Sache des Beschwerdeverfahrens überschritten würde (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 BFA-VG, K11., K17.).

Bei einer Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig abgesprochenen Zurückweisung eines Asylantrages hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleich bleibender Sach- und Rechtslage stützen dürfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhalts nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können im Rechtsmittelverfahren nicht neu geltend gemacht werden (s. zB VwSlg. 5642A; VwGH 23.05.1995, 94/04/0081; zur Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens s. VwSlg. 12799 A). Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, 99/01/0400; 07.06.2000, 99/01/0321).

Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Judikatur des VwGH Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, 92/12/0127; 23.11.1993, 91/04/0205; 26.04.1994, 93/08/0212; 30.01.1995, 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, 83/07/0274; 21.02.1991, 90/09/0162;

10.06.1991, 89/10/0078; 04.08.1992, 88/12/0169; 18.03.1994, 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A, VwGH 05.05.1960, 1202/58;

03.12.1990, 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung - obgleich auch diese Möglichkeit besteht - nicht zu einem anderen von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung hat zumindest einen "glaubhaften Kern" aufzuweisen, dem Asylrelevanz zukommt (VwGH 21.3.2006, 2006/01/0028, sowie VwGH 18.6.2014, Ra 2014/01/0029, mwN). Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH vom 24.6.2014, Ra 2014/19/0018, mwN).

Als Vergleichsbescheid (Vergleichserkenntnis) ist der Bescheid (das Erkenntnis) heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. in Bezug auf mehrere Folgeanträge VwGH 26.07.2005, 2005/20/0226, mwN). Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die - falls feststellbar - zu einem anderen Ergebnis als im ersten Verfahren führen kann, wobei die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen muss, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (vgl. das schon zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 04.11.2004 mwN). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers (und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden) auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; vgl. auch VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684; 19.02.2009, 2008/01/0344).

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer zu seinem zweiten Antrag auf internationalen Schutz am 28.03.2018 klar und eindeutig ausgeführt, dass sich seine Fluchtgründe seit der ersten Antragstellung am 29.01.2018 nicht geändert hätten. Über die im ersten Asylverfahren erstatteten Fluchtgründe des Beschwerdeführers wurde bereits mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.02.2018 rechtskräftig abgesprochen und eine gezielt gegen die Person des Beschwerdeführers gerichtete asylrelevante Bedrohung bzw. Verfolgung als nicht glaubhaft erachtet. Diesem rechtskräftig als nicht glaubhaft gewürdigten Vorbringen kann daher kein glaubhafter Kern zukommen.

Insoweit der Beschwerdeführer im nunmehrigen zweiten Verfahren (erstmals) Dokumente vorlegt, die die ehemalige Berufstätigkeit seines Vaters belegen sollen, die er aber im vorangegangenen, rechtskräftig abgeschlossenem Asylverfahren nicht vorgelegt hat, so handelt es sich bei diesen Dokumenten um Beweismittel, welche bereits während des letzten, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren existent waren, nicht aber um solche, die erst nach rechtskräftigem Abschluss des letzten Asylverfahrens neu entstanden sind; es handelt sich sohin um nova reperta, nicht aber um nova producta, die eine neue Sachentscheidung allenfalls zulässig erscheinen ließen.

Wie bereits oben ausgeführt wurde, ist eine neue Sachentscheidung nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes, sondern, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Falle desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismittel, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, ausgeschlossen. Eine Berücksichtigung dieser während des ersten, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens bereits existent gewesenen Dokumente kommt daher im Rahmen einer neuerlichen Antragstellung auf internationalen Schutz nicht in Betracht.

Ganz abgesehen davon aber würden diese Dokumente - unter hypothetischer Zugrundelegung der Echtheit und inhaltlichen Richtigkeit - lediglich belegen, dass der Vater des Beschwerdeführers tatsächlich beim Militär beschäftigt war und bei einem Einsatz von einer Landmine verletzt wurde, was - wie das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im angefochtenen Bescheid zutreffend ausführt - bereits im ersten Asylverfahren für glaubhaft erachtet wurde. Die Vorlage dieser Dokumente würde daher - unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Beweisverfahrens im ersten, rechtskräftig abgeschlossenem Asylverfahrens - selbst für den Fall der Zulässigkeit für sich allein jedenfalls noch nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu einer anderen Sachentscheidung führen können.

Was den vom Beschwerdeführer weiters vorgelegten undatierten (vermeintlichen) Drohbrief der Taliban, das Schreiben des Beschwerdeführers an den Sicherheitskommandaten der Provinz Laghman und die Beantwortung dieses Schreibens vom 18.04.2018, betrifft, so ist zunächst festzuhalten, dass sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit deren Beweiskraft im Rahmen der oben wiedergegebenen Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid ausreichend und nachvollziehbar auseinandergesetzt hat. Das Bundesamt hat im Zusammenhang mit dem Schreiben des Beschwerdeführers an den Sicherheitskommandaten der Provinz Laghman zutreffend festgehalten, dass aufgrund der völlig unspezifischen Nachfrage in keiner Weise nachvollzogen werden kann, welche Sachverhalte hier bestätigt werden sollen und die darauf erstattete Antwort "Das Ansuchen entspricht der Wahrheit und wird bestätigt" in dieser Allgemeinheit nicht als geeignet anzusehen ist, eine konkret und gezielt gegen den Beschwerdeführer gerichtete Bedrohung bzw. Verfolgung seitens der Taliban zu untermauern.

Hinsichtlich des handgeschriebenen, undatierten und nicht unterzeichneten Drohbriefes der Taliban ist, wie schon vom Bundesamt zutreffend ausgeführt wurde, festzuhalten, dass - ganz abgesehen davon, dass es, wie bereits im ersten rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren unter Zugrundelegung der Länderfeststellungen, ausgeführt wurde, nicht der Vorgehensweise der Taliban entspricht, Drohbriefe zu versenden - mit diesem vermeintlichen Drohbrief eine konkret gegen den Beschwerdeführer gerichtete Bedrohung untermauert werden soll, die vom Beschwerdeführer im ersten Asylverfahren aber gar nicht vorgebracht wurde; der Beschwerdeführer gab im ersten Asylverfahren an, dass es zwar Drohbriefe gegeben habe, diese aber an seinen Vater adressiert gewesen seien und der Beschwerdeführer niemals persönlich bedroht worden sei.

Dem Beschwerdeführer ist es daher nicht gelungen, zulässige neue individuelle Gründe darzutun, welche eine allenfalls in seiner Person gelegene neue individuelle Bedrohung begründen könnten.

Auch ist keine wesentliche Veränderung der allgemeinen Lage in Afghanistan im Sinne einer entscheidungserheblichen Verschlechterung seit dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens vor etwa sechs Monaten eingetreten. Wie der Verwaltungsgerichtshof in jüngster, aber nunmehr ständiger Judikatur ausgeführt hat, ist die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert, dass schon alleine durch eine Rückkehr des Antragstellers dort eine ernsthafte Bedrohung durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte entstehen würde (VwGH vom 23.01.2018, Ra 2017/20/0361 mit weiteren Hinweisen, sowie jüngst VwGH vom 03.05.2018, Ra 2018/20/0191 und viele andere mehr).

Der Beschwerdeführer hat auch keine schwerwiegende chronische Erkrankung bescheinigt, sondern lediglich vorgebracht, dass ihm der Blinddarm entfernt worden sei und er zum Verbandswechsel zum Arzt gehen müsse. Dass der Beschwerdeführer einer komplikationslosen Blinddarmoperation unterzogen wurde, wird auch mit der Aufenthaltsbestätigung eines Landesklinkums vom 18.04.2018 bestätigt, eine weitergehende Behandlungsnotwendigkeit ist auch daraus nicht ersichtlich.

Der Beschwerdeführer ist daher ausreichend gesund, im erwerbsfähigen Alter, verfügt über eine ausreichende Schulbildung und war in der Lage seinen Lebensunterhalt in Afghanistan zu sichern. Er spricht Dari und ist mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftslandes vertraut und hat die Möglichkeit, sich allenfalls durch Gelegenheitstätigkeiten eine Existenzgrundlage zu sichern. Fehlende familiäre Anknüpfungspunkte stehen der Annahme einer möglichen Rückkehr nach Afghanistan nicht entgegen, wobei der Beschwerdeführer im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt lediglich angab, dass er keinen Kontakt mehr zu seiner Familie habe; dass seine Familie nicht mehr in Afghanistan aufhältig sei, wurde erst im Rahmen der Beschwerde - im gegenständlichen Verfahren nach § 68 AVG unzulässiger Weise - vorgebracht. Selbst die Möglichkeit einer schwierigen Lebenssituation für einen Beschwerdeführer im Fall seiner Rückführung in seinen Herkunftsstaat begründet keine reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse und somit einer Verletzung des Art. 3 EMRK (vgl. VwGH 25.04.2017, Ra 2017/01/0016, vom 25.05.2016, Ra 2016/19/0036 und vom 08.09.2016, Ra 2016/20/0063).

Besondere, in der Person des Beschwerdeführers neu begründete Umstände, die dazu führten, dass gerade bei ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung Afghanistans im Allgemeinen - höheres Risiko bestünde, eine dem Artikel 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen, sind somit nicht ersichtlich (vgl. VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307).

Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl auf Grundlage des von ihm zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht davon ausgegangen ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen vorangegangenen Verfahren auf internationalen Schutz weder in Hinblick auf die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten, noch in Hinblick auf die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten eine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist, weswegen das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl auch keine neue Sachentscheidung treffen durfte, sondern es zutreffend den gegenständlichen Folgeantrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat.

Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte III., IV., V. und VI. des angefochtenen Bescheides:

Vorauszuschicken ist, dass das Bundesamt zu Recht davon ausgeht, dass auch Zurückweisungen von Anträgen auf internationalen Schutz gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 - soweit die sonstigen Voraussetzungen dafür vorliegen - mit Rückkehrentscheidungen zu verbinden sind (siehe VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0082).

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (Z 1) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird (Z 2). Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Gemäß § 57 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt (Z 1), zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel (Z 2) oder wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist (Z 3).

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten als auch des Status eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 von Amts wegen zu prüfen, wenn die Rückkehrentscheidung aufgrund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Gemäß § 55 Abs. 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist noch der Beschwerdeführer ein Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs. 1 Z 3 FPG wurde. Weder hat der Beschwerdeführer das Vorliegen eines der Gründe des § 57 FPG behauptet noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhalts im Ermittlungsverfahren hervor.

Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK geboten ist. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung kommt ein Abspruch über einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 überhaupt in Betracht (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung - nunmehr Rückkehrentscheidung - nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird -insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, 2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, 3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, 4. der Grad der Integration, 5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, 6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, 8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, 9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. auch VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Da der Beschwerdeführer über keine Familienangehörigen oder sonstigen engen Nahebeziehungen in Österreich verfügt, ist ein Eingriff in sein Recht auf Familienleben iSd Art. 8 EMRK von vornherein auszuschließen. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher lediglich allenfalls in das Privatleben des Beschwerdeführers eingreifen.

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen eines Menschen zu verstehen (vgl. EGMR 15.01.2007, Sisojeva ua. gegen Lettland, Appl. 60654/00). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007, 852 ff). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, als - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479, davon aus, dass "der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte". Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055, mwH).

Außerdem ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216, mwH).

Im vorliegenden Fall reiste der Beschwerdeführer Ende Jänner 2018 illegal nach Österreich ein. Noch vor rechtskräftigem Abschluss des ersten Asylverfahrens am 14.03.2018 reiste der Beschwerdeführer in die Niederlande weiter, wo er sich bis zu seiner Rücküberstellung nach Österreich am 28.03.2018 aufhielt. Nach seiner Rücküberstellung stellte er den gegenständlichen Folgeantrag. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet war daher allein dadurch gerechtfertigt, dass er zwei Anträge auf internationalen Schutz stellte, die sich beide als unbegründet erwiesen haben. Insofern kann der - ohnehin sehr kurzen - Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers keine hervorgehobene Bedeutung für einen Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zugemessen werden.

Die Dauer der beiden Verfahren übersteigt auch nicht das Maß dessen, was für ein rechtsstaatlich geordnetes, den verfassungsrechtlichen Vorgaben an Sachverhaltsermittlungen und Rechtschutzmöglichkeiten entsprechendes Asylverfahren angemessen ist. Es liegt somit jedenfalls kein Fall vor, in dem die öffentlichen Interessen an der Einhaltung der einreise- und fremdenrechtlichen Vorschriften sowie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung angesichts der langen Verfahrensdauer oder der langjährigen Duldung des Aufenthaltes im Inland nicht mehr hinreichendes Gewicht haben, die Rückkehrentscheidung als "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" erscheinen zu lassen (vgl. VfSlg. 19.752/2013; EGMR 04.12.2012, Butt gegen Norwegen, Appl. 47017/09).

Der Zeitraum des Aufenthalts des Beschwerdeführers von insgesamt weniger als acht Monaten ist zu kurz, um von einer entscheidungswesentlichen Integration des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ausgehen zu können.

Es ist nach wie vor von einer engen Bindung des Beschwerdeführers nach Afghanistan auszugehen. Der Beschwerdeführer, der im Alter von ca. 27 Jahren nach Österreich reiste, verbrachte den Großteil seines Lebens in Afghanistan. Er wurde in Afghanistan sozialisiert und trug dort zu seinem Lebensunterhalt bei. Es ist daher davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer nach nunmehr insgesamt etwa achtmonatiger Abwesenheit vom Herkunftsstaat in die dortige Gesellschaft wieder eingliedern können wird.

Dass der Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten ist, vermag weder sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (z.B. VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070; 13.10.2011, 2009/22/0273; 19.04.2012, 2011/18/0253).

Festzuhalten ist auch, dass es dem Beschwerdeführer bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen des FPG bzw. NAG auch nicht verwehrt ist, wieder in das Bundesgebiet zurückzukehren (so auch VfSlg. 19.086/2010 unter Hinweis auf Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 861).

Diesen privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (zB VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251).

Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrages verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf, wiegen im vorliegenden Fall schwerer als die Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sein persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, wonach im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt sohin keine Verletzung des Rechts des Beschwerdeführers auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist daher ebenfalls nicht geboten.

Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellen, dass die Abschiebung gemäß § 46 leg.cit. in einen bestimmten Staat zulässig ist.

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Dies entspricht dem Tatbestand des § 8 Abs. 1 AsylG 2005. Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhaltes wurde bereits mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen vom 03.02.2018 rechtskräftig verneint. Weitere einschlägige Vorbringen wurden mit dem gegenständlichen Folgeantrag nicht erstattet; die vom Bundesamt getroffenen Länderfeststellungen lassen nicht auf solche Bedrohungen schließen.

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestünde eine innerstaatliche Fluchtalternative. Dies entspricht dem Tatbestand des § 3 AsylG 2005. Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhaltes wird mit der vorliegenden Entscheidung verneint.

Die Abschiebung ist schließlich nach § 50 Abs. 3 FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. Eine derartige Empfehlung besteht für Afghanistan nicht.

Die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan ist daher zulässig.

Ebenso rechtmäßig ging das Bundesamt davon aus, dass bei Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz vom 28.03.2018 gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers festzusetzen war.

Insgesamt war daher die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.08.2018 gemäß §§ 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005, iVm § 9 BFA-VG und §§ 52 Abs. 2 sowie 52 Abs. 9 iVm 46 und 55 Abs. 1a FPG als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung und ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen maßgeblich für die zu treffende Entscheidung war.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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