TE Bvwg Beschluss 2018/9/21 W265 2169515-2

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Veröffentlicht am 21.09.2018
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Entscheidungsdatum

21.09.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §32

Spruch

W265 2169515-2/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER als Einzelrichterin über den Antrag der ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis vom 06.04.2018, XXXX rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens beschlossen:

A)

Der Antrag auf Wiederaufnahme wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der afghanische Staatsangehörige XXXX stellte am 13.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.08.2017 wurde sein Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Afghanistan abgewiesen und ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen nicht erteilt. Gegen ihn wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, sowie ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen gewährt.

XXXX wurde mit Urteil vom XXXX des XXXX wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach den §§ 27 Abs. 2a 2. Fall, 27 Abs. 1 Z 1 2. Fall SMG zu einer Haftstrafe von sieben Monaten, davon sechs Monate bedingt verurteilt.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.04.2018, XXXX wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.03.2018 die gegen den Bescheid vom 18.08.2017 erhobene Beschwerde gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen. Das Erkenntnis wurde der ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH als Vertreterin am 11.04.2018 zugestellt.

XXXX reiste nach Auskunft des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Aktenvermerk vom 19.09.2018) illegal nach Deutschland weiter, wo er aufgegriffen wurde. Es wurde eine Rückübernahme vereinbart. Diese wurde ausgesetzt, da XXXX untergetaucht ist. XXXX wird mit Festnahmeauftrag gesucht.

XXXX ist seit 21.06.2018 im Bundesgebiet nicht mehr gemeldet, er bezieht seither auch keine Grundversorgung.

Am 18.09.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Antrag auf Wiederaufnahme zur Zahl XXXX ein. In diesem Antrag wird als Wiederaufnahmewerber XXXX bezeichnet, der durch die ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH vertreten wird.

Die in Form einer als ausgefülltes und unterfertigtes Standardformular auf die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe, lautende Vollmacht vom 28.08.2017 des XXXX, die gleichzeitig mit der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.08.2017 diesem vorgelegt wurde, wurde auch mit dem Antrag auf Wiederaufnahme zur Zahl XXXX vorgelegt. Diese Vollmacht lautet auf Vertretung im fremdenpolizeilichen Verfahren, einschließlich Rechtsmittelverfahren, Zustellungen aller Art, insbesondere Bescheide, Beschlüsse und Erkenntnisse anzunehmen, Rechtsmittel aller Art, insbesondere Haftbeschwerden zu ergreifen und zurückzuziehen, Geld und Geldeswert, insbesondere Haftentschädigungen und Kostenaufwandersätze zu beheben, einzufordern, in Empfang zu nehmen und darüber zu quittieren, und überhaupt alles vorzukehren, was sie für nützlich oder notwendig erachten werden, insbesondere Akten einzusehen, darüber Auskünfte einzuholen und davon Abschriften (Kopien) zu machen oder Verfahrenshilfeanträge beim Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Am 19.09.2018 wurde die ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, telefonisch kontaktiert und über den Aufenthaltsort des XXXX gefragt. Es wurde bekannt gegeben, dass seitens der Diakonie vergebens versucht worden sei, XXXX telefonisch zu kontaktieren. In Wahrung seiner Rechte sei ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 32 VwGVG beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht worden. Die ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, berief sich auf ein aufrechtes Vollmachtsverhältnis.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Zurückweisung des Antrages:

Gemäß § 10 Abs.1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, "juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften" vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

Gemäß § 10 Abs. 2 AVG richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen.

Dem Bundesverwaltunsgericht liegt ausschließlich die (im Verfahrensgang wiedergegebene) Vollmacht vor, die auf die Vertretung im fremdenpolizeilichen Verfahren, einschließlich Rechtsmittelverfahren, Zustellungen aller Art, insbesondere Bescheide, Beschlüsse und Erkenntnisse anzunehmen, Rechtsmittel aller Art, insbesondere Haftbeschwerden zu ergreifen und zurückzuziehen, Geld und Geldeswert, insbesondere Haftentschädigungen und Kostenaufwandersätze zu beheben, einzufordern, in Empfang zu nehmen und darüber zu quittieren, und überhaupt alles vorzukehren, was sie für nützlich oder notwendig erachten werden, insbesondere Akten einzusehen, darüber Auskünfte einzuholen und davon Abschriften (Kopien) zu machen oder Verfahrenshilfeanträge beim Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof einzubringen, lautet.

§§ 32 und 33 VwGVG entsprechen inhaltlich weitgehend dem §§ 69 bis 72 AVG.

Das AVG gliedert seinen IV. Teil: Rechtsschutz in mehrere

Abschnitte:

1. Abschnitt: Berufung (§§ 63 bis 67)

2. Abschnitt: Sonstige Abänderung von Bescheiden (§§ 68 bis 72)

Bei einer "sonstigen Abänderung von Bescheiden" handelt es sich nicht um Rechtsmittel, sondern um einen Eingriff in eine rechtskräftige Entscheidung.

Die vorliegende Vollmacht vom 28.08.2017 umfasst - abgesehen von der Verfahrenshilfeantragstellungsmöglichkeit beim Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof - nicht die Vertretung in bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren.

Im Antrag auf Wiederaufnahme der ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH wird ausgeführt, dass diese am 31.08.2018 vom Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat. Zu diesem Zeitpunkt war XXXX bereits im Bundesgebiet nicht mehr gemeldet und bezog auch keine Grundversorgung mehr, sondern war zu diesem Zeitpunkt bereits vielmehr untergetaucht.

Die ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH konnte den Aufenthaltsort von XXXX nicht bekannt geben.

Dass die ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH im Besitz einer umfassenderen Vollmacht des XXXX ist, ist im Hinblick auf das ausgefüllte und unterfertigte Standardformular vom 28.08.2017 auszuschließen.

Bis dato hat die ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH dem Bundesverwaltungsgericht den Aufenthaltsort des XXXX nicht bekanntgegeben, dieser konnte auch nicht von Amts wegen eruiert werden. Eine ZMR - Anfrage blieb ergebnislos. Offensichtlich ist der ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH der Aufenthaltsort ebenfalls nicht bekannt.

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG i.V.m. § 17 VwGVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen das Verwaltungsgericht nicht zur Zurückweisung. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Das Fehlen einer Vollmacht stellt kein verbesserungsfähiges Formgebrechen im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG dar, da nur der Mangel des Nachweises, nicht aber der Mangel der Bevollmächtigung selbst behebbar ist (VwGH vom 19.02.2014, 2011/10/0014).

Mangels Bevollmächtigung zur Stellung eines Wiederaufnahmeantrages durch XXXX war die ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH nicht berechtigt, diesen für ihn zu stellen.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte auch kein verbesserungsfähiges Formgebrechen erkennen, weshalb der ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH ein Mängelbehebungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG zu erteilen gewesen wäre.

Davon ausgehend war aber der von der ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH getätigte Verfahrensakt ihr selbst zuzurechnen; in Bezug auf den vermeintlich Vertretenen war die von der ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH gesetzte Verfahrenshandlung unwirksam (VwGH vom 19.02.2014, 2011/10/0014).

Das Bundesverwaltungsgericht hat den Beschluss daher gegenüber der ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH als Adressaten erlassen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Im vorliegenden Fall waren § 10 Abs. 2 AVG und § 13 Abs. 3 AVG und die dazu ergangene Rechtsprechung und Literatur heranzuziehen. Die gegenständliche Entscheidung richtet sich nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 13 Abs. 3 AVG und dessen Nichtanwendbarkeit beim Fehlen einer Vollmacht. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Antragslegimitation, Rechtsvertreter, Untertauchen, Vollmacht,
Wiederaufnahmeantrag, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W265.2169515.2.00

Zuletzt aktualisiert am

26.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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