TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/26 W119 2119222-1

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Veröffentlicht am 26.09.2018
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Entscheidungsdatum

26.09.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
IntG §10
IntG §9

Spruch

W119 2119222-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a EIGELSBERGER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA: Bangladesch, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14. 12. 2015, Zl 830091008-2206505, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21. 8. 2018 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

In Erledigung der Beschwerde gegen Spruchpunkt III wird ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I. Nr. 100/2005 idgF, iVm § 9 Absatz 3 BFA-VG idgF auf Dauer unzulässig ist.

Gemäß §§ 54 und 55 AsylG 2005 iVm § 9 und § 10 Integrationsgesetz, BGBl. I. Nr. 68/2017 idgF, wird XXXX der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 22. 1. 2013 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Er wurde im Rahmen der Erstbefragung nach dem AsylG am selben Tag einvernommen und führte zunächst aus, dass er von 2001 bis 2009 die Grundschule besucht habe. In seinem Heimatland würden seine Eltern und seine Schwestern leben. Zu seinem Fluchtgrund gab er an, dass sein Vater bei einer Partei sei und er vom Obmann der Moschee ein Grundstück gekauft habe. Mit seinen Nachbarn habe es wegen dieses Grundstückkaufes Streitigkeiten gegeben und es sei seinem Vater gesagt worden, dass man ihm das Grundstück wegnehmen wolle. Sein Vater habe dem Beschwerdeführer daraufhin gesagt, dass er Bangladesch verlassen solle, weil es vermutlich größere Probleme geben werde. Im Fall seiner Rückkehr habe er Angst vor diesen Nachbarn.

Da beim Bundesasylamt Zweifel an der vom Beschwerdeführer behaupteten Minderjährigkeit bestanden, wurde der Beschwerdeführer an einen allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für medizinische Begutachtungen im Asylverfahren verwiesen, um dort einer Altersfeststellung zugeführt zu werden.

Aus dem eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 14. 2. 2013 geht hervor, dass beim Beschwerdeführer zum Untersuchungszeitpunkt ein nicht unterschreitbares Mindestalter von 21,63 Jahren vorliege. Eine Minderjährigkeit könne daher beim Beschwerdeführer mit dem erforderlichen Beweismaß ausgeschlossen werden.

Der Beschwerdeführer wurde am 7. 3. 2013 beim Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen, wo ihm das Untersuchungsergebnis zur Altersbestimmung zur Kenntnis gebracht wurde. Dazu gab er an, dass ihm seine Eltern sein Geburtsdatum in der von ihm behaupteten Weise mitgeteilt hätten. Weiters führte er aus, in Bangladesch fünf Jahre die Grundschule und danach drei Jahre die Mittelschule besucht zu haben.

Am 17. 3. 2015 wurde der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) einvernommen und legte zunächst einen Kaufvertrag über ein Grundstück in Bangladesch vor. Weiters gab er an, aus dem Dorf XXXX im Distrikt XXXX zu stammen. Nach Beendigung der Schule sei er im landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern tätig gewesen. Sein Vater besitze ein Wohnhaus und mehrere Grundstücke.

Zu seinem Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, dass sein Vater von einem Imam der Dorfmoschee und dessen Bruder ein Grundstück gekauft habe. Der Imam habe jedoch nicht das beabsichtigte Grundstück verkauft, sondern das Grundstück eines anderen Dorfbewohners. Diese Grundstücksverwechslung habe sein Vater nicht bemerkt, weil er Analphabet sei. Nach 5 bis 6 Jahren habe sein Vater diesen Schwindel entdeckt und vom Imam eine Richtigstellung bezüglich des Grundstückes gefordert. Der Imam und sein Bruder hätten diesem Ersuchen jedoch nicht entsprochen. Diese beiden seien Mitglieder der Jammat-e Islam. Da diese Partei damals in der Regierung vertreten gewesen sei, hätten sie die Macht gehabt, seinen Vater auszugrenzen.

Weiters gab er an, dass das Familienwohnhaus von seinem Großvater gekauft und an seinen Vater weitergegeben worden sei. Im Dorf habe es eine Verwaltungsstelle für Besitzverhältnisse von Grundstücken und Häusern gegeben. Dort sei ein Fehler gemacht worden, wonach unter Zugrundelegung dieser Aufzeichnungen die Hälfte des Familienwohnhauses den Nachbarn gehören würde. Einige Nachbarn hätten versucht, seiner Familie das Haus und die Grundstücke wegzunehmen. Deswegen habe es immer wieder Schlägereien gegeben. Die Nachbarn hätten beschlossen, ihn umzubringen. Dies deshalb, weil er der einzige Sohn sei und sie bei seinem Tod alles an sich nehmen könnten. Dies sei sein Ausreisegrund.

Der Beschwerdeführer legte Teilnahmebestätigungen für Deutschkurse vor.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 14. 12. 2015, Zl 830091008-2206505, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Bangladesch zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Mit Verfahrensanordnung vom 16. 12. 2015 wurde dem Beschwerdeführer die ARGE Rechtsberatung- Diakonie und Volkshilfe amtswegig als Rechtsberaterin zur Seite gestellt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 22. 12. 2015 Beschwerde und führte ergänzend aus, dass es sich bei seinem Vorbringen um zwei Gefahrenlagen gehandelt habe. Zudem liege diesen vorgebrachten Streitigkeiten die politische Anschauung seines Vaters zur Awami League (AL) zugrunde. Weiters legte er das A2-Sprachzertifikat für die deutsche Sprache vor. Überdies wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Am 21. 8. 2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Das Bundesamt nahm an der Verhandlung als weitere Partei des Verfahrens entschuldigt nicht teil. Zunächst legte der Beschwerdeführer eine Bestätigung über den Hauptschulabschluss vor, wobei die Mathematikprüfung noch ausständig sei, die im Herbst absolviert werde, weiters eine Bestätigung über den freiwilligen Arbeitseinsatz als Schülerlotse von September bis Dezember 2016, Bescheinigungen über den Erste-Hilfe-Führerscheinkurs und den Erste-Hilfe-Grundkurs sowie eine Mitgliedskarte des Roten Kreuzes aus dem Jahr 2016.

Der Beschwerdeführer gab eingangs an, in einem Dorf im Distrikt XXXX ín Bangladesch gelebt zu haben, wo er sich bis zu seiner Ausreise aufgehalten habe. Sein Vater sei Landwirt gewesen. Er selbst habe acht Jahre die Schule besucht, aber keinen Beruf erlernt. Dies deshalb, weil zu diesem Zeitpunkt bereits seine Probleme begonnen hätten. Sein Vater habe vom Imam der Moschee sowie von dessen Bruder ein Grundstück gekauft. Dieses Grundstück habe jedoch nicht dem Imam und seinem Bruder gehört, sie hätten jedoch das Geld für den Grundstückskauf an sich genommen. Da sein Vater Analphabet sei, habe er erst nach Jahren entdeckt, dass es um ein falsches Grundstück gehandelt habe. Auf die Frage, wie sein Vater dies in Erfahrung gebracht habe, gab er an, dass sein Vater die Dokumente, die er vom Imam und seinem Bruder erhalten hätte, von jenen Experten, die diese Verträge aufgesetzt hätten, überprüfen lassen. Diese Experten hätten seinen Eltern gesagt, dass die Grundbuchnummer falsch sei und es sich somit nicht um das Grundstück handeln könne, dass ihnen verkauft worden sei. In weiterer Folge sei sein Vater zum Imam und dessen Bruder gegangen und habe sie zur Rede gestellt. Sein Vater habe sie aufgefordert, die Sache zu korrigieren oder ihm das Geld zurückzuerstatten. Der Imam und sein Bruder hätten jedoch beide Vorschläge abgelehnt. Sein Vater habe daraufhin den Vorsitzenden des Gemeindeverbandes ersucht eine Lösung herbeizuführen. Daraufhin habe der Vorsitzende mit ehrenwerten Leuten aus der Gemeinde eine Sitzung abgehalten. In weiterer Folge habe der Vorsitzende den Imam und seinen Bruder aufgefordert, diese Angelegenheit richtigzustellen. Diese hätten sich jedoch geweigert. Nach zwei Wochen sei eine zweite Sitzung abgehalten worden. Der Imam und sein Bruder seien in Begleitung von Söldnern/Verbrechern erschienen und hätte sich weiterhin geweigert und gemeint: "Macht doch was ihr wollt". Daraufhin habe es auf einem großen Grundstück in der Nähe des Hauses seines Vaters ein weiteres Treffen gegeben, wo auch wiederum der Imam und sein Bruder anwesend gewesen seien. Dort sei es zu einem heftigen Streit zwischen seinem Vater und dem Imam, dem Bruder des Imams und den anwesenden Dorfbewohnern gekommen. Es sei zunächst eine verbale Auseinandersetzung gewesen. Nach diesem Treffen hätten sich sämtliche Dorfbewohner auf die Seite des Imams und seines Bruders gestellt. Ab diesem Zeitpunkt hätten der Imam, sein Bruder und die Dorfbewohner begonnen, ihn und seinen Vater körperlich anzugreifen. Die Dorfbewohner und der Imam seien überwiegend Anhänger der BNP und der Jamaat-e Islam gewesen, sein Vater habe hingegen der Awami League angehört. Er selbst sei damals 12 bis 13 Jahre alt gewesen. In weiterer Folge hätte der Imam und sein Bruder mit den Dorfbewohnern eine Kundgebung veranstaltet, um seinen Vater und seine Familie aus der Gesellschaft zu verbannen. Diese Kundgebung habe so ausgesehen, dass die Teilnehmer der BNP oder der Jamaat-e Islam angehört hätten und seinen Vater mit einem Stock geschlagen und danach skandiert hätten, dass sein Vater nicht mehr in diesem Dorf leben dürfe. Am nächsten Tag hätten der Imam und sein Bruder Terroristen zu seinem Vater nach Hause geschickt. Sein Vater sei jedoch nicht anwesend gewesen. Daraufhin hätten sie das Dach des Hauses beschädigt. Am nächsten Tag habe ihr Nachbar gemeinsam mit den Terroristen die Hälfte des Grundstückes des Vaters besetzt. Es sei zu einer Schlägerei gekommen. Er habe dies aus der Entfernung beobachten können. Nach dieser Aktion hätten sie gedroht, seine gesamte Sippe auszulöschen, damit es keine Nachfahren mehr gebe. Daraufhin habe sein Vater die Entscheidung getroffen, dass er das Land verlassen solle. Auf Vorhalt, warum er diese Ausführungen beim Bundesamt nicht erwähnt habe, gab er lediglich an: "habe ich das nicht?". Kurz darauf führte er aus, vielleicht nicht so ins Detail gegangen zu sein. Auf die Frage, ob dies sein gesamter Fluchtgrund sei, gab er an, dass es zum Zeitpunkt seiner Ausreise so gewesen sei. Danach habe ihm seine Mutter erzählt, dass alle Grundstücke von den Gegnern übernommen worden seien. Diese Leute, die der BNP und Jamaat-e Islam angehört hätten, wären nunmehr Anhänger der Awami League. Dadurch hätten sie größeren Einfluss auf die Behörden. Sein Vater befinde sich bei einer Verwandten, seine Mutter halte sich bei ihrer älteren Schwester auf. Die Frage, ob dies sein gesamtes Fluchtvorbringen sei, bejahte er.

Auf Vorhalt, dass er beim Bundesamt angegeben habe, dass er seinen weiteren Fluchtgrund, wonach das Wohnhaus, das sein Großvater gekauft und an seinen Sohn weitergegeben habe, aufgrund eines Fehlers der Verwaltungsstelle nur zur Hälfte seiner Familie gehört habe, nun nicht mehr erwähnt habe, gab er an, er könne sich daran erinnern. Er entschuldige sich dafür. Auf die Frage, was er im Fall seiner Abschiebung nach Bangladesch befürchte, gab er an, dass ihm die Gegner seiner Familie nach dem Leben trachten würden, weil sie befürchteten, dass er einen Anspruch auf die Grundstücke erheben könne.

Zu seinen in Österreich bisher erfolgten Integrationsschritten befragt, gab er an, seit dem Jahr 2014 eine Freundin zu haben, mit dieser aber nicht zusammenzuleben. Im Fall der Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung würde er sie heiraten. Sie stamme aus Ghana, besitze aber die österreichische Staatsbürgerschaft. Sie lebe in Leonding, sie würden sich jedoch immer in Wels am Hauptbahnhof einmal in der Woche treffen. Dort würden sie spazieren und essen gehen. Zu einer Erwerbstätigkeit befragt, gab er an, auf seinen Hauptschulabschluss zu warten und danach mit einer Lehre beginnen zu wollen. Er besuche einen Internetkurs, weil er IT-Techniker werden wolle. Er habe darüber keine Bestätigung. Der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers wurden die Länderfeststellungen zur Situation in Bangladesch übergeben und ihr eine Frist von zwei Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme gewährt.

Mit Schriftsatz vom 4. 9. 2018 wurde eine Stellungnahme erstattet und zunächst ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer als männlicher Nachkomme im Grundstücksstreit, der aus einem politischen Kampf um Macht und Einfluss resultiert sei, Verfolgung drohe. Zudem wurde auf die schlechte menschenrechtliche Lage in Bangladesch und auf einen Bericht von EASO "Col-Report Bangladesh" vom Dezember 2017 hingewiesen, aus dem hervorgehe, dass Bangladesch eine lange Geschichte von Landraub und gewaltsamer Inbesitznahme von Ländereien habe. Weiters wurde auf die ausgezeichnete Integration des Beschwerdeführers hingewiesen. Er wolle nach seinem Hauptschulabschluss eine Lehre als IT-Techniker beginnen, sei unbescholten und verfüge über gute Deutschkenntnisse, die auch aus dem ÖIF-Prüfungszeugnis vom 17. 7. 2015 zu ersehen seien.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Bangladesch, gehört der bengalischen Bevölkerungsgruppe an und ist sunnitischen Glaubens. Er lebte in einem Dorf im Distrikt XXXX und besuchte dort acht Jahre die Schule.

Er lebte bis zu seiner Ausreise in Bangladesch, bevor er im Jänner 2013 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Die Eltern des Beschwerdeführers leben im Heimatdorf in Bangladesch und beziehen ihren Lebensunterhalt aus ihrem landwirtschaftlichen Betrieb.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Familie des Beschwerdeführers in Grundstücksstreitigkeiten involviert war.

Der Beschwerdeführer ist nicht einer landesweiten Verfolgungsgefahr in Bangladesch ausgesetzt gewesen und wurde dort auch nicht strafrechtlich verfolgt.

Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren körperlichen noch an einer schweren psychischen Erkrankung und es besteht auch kein längerfristiger Pflege- oder Rehabilitationsbedarf.

Der Beschwerdeführer lebt seit Jänner 2013 im Bundesgebiet. Er hat seit vier Jahren eine Freundin, die die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt. Wenngleich die gemeinsamen Treffen lediglich einmal wöchentlich stattfinden, beabsichtigt der Beschwerdeführer seine Freundin zu ehelichen. Der Beschwerdeführer ist im Besitz des A2-Sprachzertfikates für die deutsche Sprache und hat den Pflichtschulabschluss bis auf den Gegenstand "Mathematik" abgeschlossen. Danach ist er bemüht eine Lehrstelle zu finden. Zudem ist er strafrechtlich unbescholten. Er lebt von Leistungen aus der Grundversorgung. Weiters legte er Bestätigungen über den freiwilligen Arbeitseinsatz als Schülerlotse für die Monate September, Oktober, November und Dezember des Jahres 2016 vor. Überdies ist er Mitglied beim Österreichischen Roten Kreuz, absolvierte dort Erste-Hilfe-Kurse und besuchte von Mai bis September 2017 einen Kurs im Wirtschaftsförderungsinstitut.

Zur Situation in Bangladesch:

Politische Lage

Bangladesch ist eine Volksrepublik (People' s Republic of Bangladesh) mit einer seit 1991 wieder geltenden parlamentarischen Demokratie als Regierungsform (GIZ 5.2017).

Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird, eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt Großteils zeremonielle Funktionen aus, die Macht liegt in den Händen des Premierministers als Regierungschef, der von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt wird. Der Premierminister, ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der 5-jährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige "Caretaker"-Regierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB New Delhi 12.2016; vgl. GIZ 5.2017). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 5.2017). Aktuell hat Sheikh Hasina von der Awami League (AL) das Amt der Premierministerin inne (ÖB New Delhi 12.2016)

Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300 in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten Abgeordneten (ÖB New Delhi 12.2016) mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (AA 14.1.2016). Das Parlament tagt nicht während der Amtszeit der "Caretaker"-Regierung. Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB New Delhi 12.2016).

Das politische Leben wird seit 1991 durch die beiden größten Parteien, die "Awami League" (AL) und "Bangladesh Nationalist Party" (BNP) bestimmt. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind stark politisiert und parteipolitisch durchdrungen (AA 3.2017a). AL und BNP werden quasi-dynastisch von Sheikh Hasina und Begum Khaleda Zia geführt, die das politische Vermächtnis ihrer ermordeten Männer fortführen und eine unangefochtene Machtstellung in ihrer jeweiligen Partei genießen. Sie beeinflussen den Kandidatenauswahlprozess für Partei- und Staatsämter und geben den Takt für die politischen Auseinandersetzungen vor. Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potential, durch Generalstreiks (Hartals) großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 5.2017). Nennenswerte parlamentarische Stärke haben in der Vergangenheit sonst nur die Jatiya Party (JP) und die JI erzielt (GIZ 5.2017).

Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteiischen Demokratie hat de facto jedoch die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei nach ihrem Wahlboykott am 5.1.2014 überhaupt nicht mehr im Parlament vertreten ist. Wie schon die Vorgängerregierungen, so baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in der Verwaltung, im Rechtswesen und im Militär aus. Auch im Regierungskabinett folgen Ernennungen und Umbesetzungen meist dem Prinzip der Patronage (GIZ 5.2017).

Bereits am 30.7.2011 hat das Parlament bei nur einer Gegenstimme, die BNP und ihre Verbündeten haben der Parlamentssitzung nicht beigewohnt, in der 15. Verfassungsänderung den Islam als Staatsreligion bestätigt, jedoch den Zusatz "Absolutes Vertrauen und der Glauben an den Allmächtigen Allah soll die Basis allen Handelns sein" aus der Verfassung gestrichen. Ungeachtet der ausgeprägten Leistungsdefizite staatlicher Institutionen, der undemokratischen innerparteilichen? Entscheidungsstrukturen und der in der letzten Dekade verstärkt gewalttätig ausgetragenen Parteienrivalität ist der Glauben an die Demokratie innerhalb der Bevölkerung ungebrochen (GIZ 5.2017; vgl. AA 3.2017a).

Am 5.1.2014 boykottierte die BNP die 10. Parlamentswahlen wodurch die AL eine verfassungsändernde Mehrheit erreichen konnte. Weitere Sitze gingen an Koalitionspartner der AL. Die sehr geringe Wahlbeteiligung von nur ca. 30% bei den Parlamentswahlen 2014 ist auf den Wahlboykott der Opposition zurückzuführen. Es gab Berichte über massive Einschüchterungsversuche wahlbereiter Bürger seitens oppositioneller Gruppen (GIZ 5.2017; vgl. AA 3.2017a). Am Wahltag wurden mindestens 21 Menschen getötet und über 130 Wahllokale in Brand gesetzt. Die Opposition reagierte bereits einen Tag nach den Wahlen mit Generalstreiks und in vielen Distrikten wurde über Attacken gegen ethnische und religiöse Minderheiten, v.a. Hindus, berichtet. Die AL versuchte mit gezielten Verhaftungen von Oppositionspolitikern den Druck auf das Regime zu schwächen (GIZ 5.2017).

Die verfassungsändernde Mehrheit im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration in den Händen der AL respektive der Regierung. Mit neuen Gesetzen zu Medien, Äußerungen im Internet, Absetzung von obersten Richtern und Förderung von NGOs aus dem Ausland wird diese Konzentration noch weiter verstärkt. Die derzeitige Regierung hat es sich zum Ziel gemacht, Verbrechen des Unabhängigkeitskrieges von 1971 juristisch aufzuarbeiten. Angeklagt sind damalige Kollaborateure der pakistanischen Streitkräfte, von denen viele bis zur letzten innerparteilichen Wahl in führenden Positionen der islamistischen JI waren (AA 3.2017a). Auch die BNP ist dadurch in der Defensive (GIZ 5.2017). Die Prozesse und (häufig Todes-) Urteile öffnen alte Wunden und führen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen säkularen und islamistischen Kräften (AA 3.2017a). Mittlerweile wurden acht Todesurteile und mehrere lebenslange Haftstrafen ausgesprochen, sechs Hinrichtungen wurden vollstreckt. Dabei hat sich innerhalb der säkularen Zivilgesellschaft mit Blick auf das Kriegsverbrechertribunal ein grundlegender Dissens entwickelt: Während die einen auf rechtstaatliche Standards pochen und die Todesstrafe ablehnen, ist für andere, v.a. aus der urbanen Protestbewegung Shabagh, jedes Urteil unterhalb der Todesstrafe inakzeptabel (GIZ 5.2017).

Bei den am 30.12.2015 in 234 Stadtbezirken durchgeführten Kommunalwahlen in Bangladesch ist die regierende AL als Siegerin hervorgegangen (NETZ 2.1.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (27.10.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch

-

AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Bangladesch, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.6.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (5.2017): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/#c14332, Zugriff 9.6.2017

-

HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/334685/476437_de.html, Zugriff 9.6.2017

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NETZ - Partnerschaft für Entwicklung und Gerechtigkeit e.V. (2.1.2016): Bangladesch Aktuell, http://bangladesch.org/bangladesch/aktuell/detailansicht/news/detail/News/kommunalwahlen/cHash/781fa29261a9302cfb84107680f22794.html, Zugriff 9.6.2017

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ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht

Sicherheitslage

Es gibt in Bangladesch keine Bürgerkriegsgebiete (AA 3.2017a).

Die Opposition organisierte Proteste und Straßenblockaden, unter denen die Wirtschaft leidet. Die Regierung reagiert mit Verhaftungen und mit Einschränkungen von Grundrechten. Sie will die öffentliche Ruhe mit allen Mitteln wiederherstellen. Die internationale Gemeinschaft verurteilte die Gewalt scharf und hat die Beteiligten zum Dialog aufgerufen (GIZ 5.2017).

Extremistische Gruppen, wie Jamaat-ul-Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansar al-Islam, die ihre Zugehörigkeit zu Daesh und Al Qaida auf dem indischen Subkontinent (AQIS) erklärten, haben Angriffe auf Angehörige religiöser Minderheiten, Akademiker, Ausländer, Menschenrechtsaktivisten und LGBTI-Personen, sowie weitere Gruppen durchgeführt (USDOS 3.3.2017; vgl. AI 22.2.2017). Medienberichten zufolge hat die Terrororganisation IS 2016 für 39 Morde die Verantwortung übernommen, der bengalische Al-Kaida-Ableger soll sich zu acht Taten bekannt haben (GIZ 5.2017). Die Sicherheitsbehörden waren zunächst nicht bereit, angemessene Schutzmaßnahmen zu veranlassen, gewährt aber in vielen Fällen inzwischen Personenschutz (AA 14.1.2016). Darüber hinaus kommt es regelmäßig zu intra- und interreligiöser Gewalt (AA 3.2017a; vgl. AI 22.2.2017). die Polizei tötete laut eigenen Angaben mindestens 45 mutmaßliche Terroristen in Schießereien (AI 22.2.2017).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (27.10.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch

-

AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Bangladesch, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.6.2017

-

AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/336450/479091_de.html, Zugriff 28.6.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (5.2017): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/#c14332, Zugriff 9.6.2017

-

USDOS (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 12.6.2017

Rechtsschutz/Justizwesen

Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof. Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen Common Law. Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem High Court, der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem Appellate Court, dessen Entscheidungen für alle übrigen Gerichte bindend sind. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt (ÖB New Delhi 12.2016).

Die Gerichtsbarkeit ist überlastet und sieht sich von vielen Seiten Versuchen der Einflussnahme ausgesetzt. (AA 3.2017a). Zusätzlich behindern Korruption und ein erheblicher Verfahrensrückstand das Gerichtssystem. Gerichtsverfahren sind durch eine überlange Verfahrensdauer geprägt, was viele Angeklagten bei der Inanspruchnahme ihres Rechts auf ein faires Verfahren hindert. Weiters kommt es zu Zeugenbeeinflussung und Einschüchterung von Opfern (USDOS 3.3.2017; vgl. FH 1.2017). Straffälle gegen Mitglieder der regierenden Partei werden regelmäßig zurückgezogen (FH 1.2017). Richter des Obersten Gerichtshofs haben des Öfteren ihre Unabhängigkeit demonstriert und gegen die Regierung entschieden (ÖB New Delhi 12.2016). Durch eine kürzlich erfolgte Verfassungsänderung hat nunmehr das Parlament das Recht, oberste Richter abzusetzen (AA 3.2017a).

Auf Grundlage mehrerer Gesetze ("Public Safety Act", "Law and Order Disruption Crimes Speedy Trial Act", "Women and Children Repression Prevention Act", "Special Powers Act") wurden Sondertribunale errichtet, die Fälle innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens erledigen müssen. Es fehlen allerdings Vorschriften für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Diese "Speedy Trial" Tribunale haben Medienberichten zufolge in den vergangenen Jahren ca. 200 Personen zum Tode verurteilt (ÖB New Delhi 12.2016).

Die islamische Scharia ist zwar nicht formell als Gesetz eingeführt, spielt aber insbesondere in den Bereichen des Zivilrechts (Erbschaft, Grunderwerb, Heirat und Scheidung etc.) eine große Rolle (ÖB New Delhi 12.2016).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Bangladesch, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.6.2017

-

FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/341770/485095_de.html, Zugriff 28.6.2017

-

ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht

-

USDOS (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 12.6.2017

Sicherheitsbehörden

Die Polizei ist beim Ministerium für Inneres angesiedelt und hat das Mandat die innere Sicherheit und Recht und Ordnung aufrecht zu erhalten. Die Armee, die dem Büro des Ministerpräsidenten untersteht, ist für die äußere Sicherheit zuständig, kann aber auch für innerstaatliche Sicherheitsaufgaben herangezogen werden. Zivile Stellen hatten weiterhin effektive Kontrolle über die Streitkräfte und die Regierung verfügt über Mechanismen, Missbrauch und Korruption zu untersuchen und zu bestrafen. Diese Mechanismen werden aber nicht immer angewandt (USDOS 3.3.2017). Das Wirken der Polizei ist gekennzeichnet durch einen Mangel an Ressourcen inklusive mangelhafter Infrastruktur, Mangel an Personal, Ausbildung und Arbeitsmaterialien, Ineffizienz und Korruption (AA 14.1.2016). Die Regierung unternahm Schritte, um in der Polizei Professionalität, Disziplin, Ausbildung und Reaktionsfähigkeit zu verbessern und die Korruption zu verringern. Die Polizei hat Regeln für angemessene Gewaltausübung in ihre Grundausbildung einbezogen, um bürgernahe Polizeiarbeit umsetzen zu können (USDOS 3.3.2017).

Bangladeschs Sicherheitskräfte haben eine lange Geschichte von willkürlichen Verhaftungen, erzwungenem Verschwinden Lassen und außergerichtlichen Tötungen (HRW 12.1.2017). Obwohl gesetzlich verboten, gibt es Hinweise auf willkürliche Festnahmen, sowie auf die willkürliche Anwendung der gesetzlich erlaubten präventiven Festnahmen gemäß den Spezialgesetzen "Special Powers Act" und "Public Safety Act". Diese erlauben die 30-tägige Inhaftierung ohne Angabe von Gründen, um Taten zu verhindern, welche die nationale Sicherheit, Verteidigung, Souveränität, öffentliche Ordnung oder auch wirtschaftliche Interessen des Landes gefährden. Nach 30 Tagen sind dem Angehaltenen die Haftgründe zu nennen, oder er muss entlassen werden. Die Praxis weicht davon ab. Die Arretierten haben keinen Anspruch auf einen Rechtsbeistand. Die davon hauptsächlich betroffenen sind Aktivisten der politischen Parteien und NGO-Vertreter, die Kritik an der Regierung üben (ÖB New Delhi 12.2016). Des Weiteren gibt es Berichte von Folter und anderen Missbräuchlichen Handlungen in Polizeigewahrsam. Der "Torture and Custodial Death (Prevention) Act" von 2013 wird nur schleppend umgesetzt (AI 22.2.2017). Betroffene sehen aus Angst vor Vergeltung in der Regel davon ab, Mitglieder der Sicherheitsbehörden wegen Menschenrechtsvergehen anzuzeigen, so dass diese straflos bleiben (AA 14.1.2016).

Die Sicherheitsbehörden bestehen zum Hauptteil aus der dem Innenministerium unterstellten "Bangladesch Police", die ca. 116.000 Mann zählt. Zur Unterstützung der Polizei stehen weitere Einheiten zur Verfügung:

Rapid Action Bataillons (RABs): Das Rapid Action Bataillon (RAB), gegründet 2004, untersteht dem Innenministerium. Es unterhält 14 Standorte in Bangladesch (RAB-1 bis RAB-14) (AA 14.1.2016) mit insgesamt ca. 8.500 Mann. Ihre Aufgabe ist der Kampf gegen bewaffnete kriminelle Organisationen und die Terrorabwehr (ÖB New Delhi 12.2016; vgl. AA 14.1.2016). Die gut ausgebildeten und modern ausgerüsteten RABs sind hauptsächlich in den urbanen Zentren des Landes stationiert und verfolgen eine aggressive Strategie gegen bewaffnete "Gang"-Mitglieder, was zu zahlreichen Tötungen während Schusswechseln führt. Auch im Zuge von Demonstrationen setzten die RABs neben Gummigeschossen scharfe Munition ein, was auch hier zu Todesopfern führte. Insgesamt starben seit der Gründung 2004 laut Schätzungen über 800 Personen entweder durch Schusswechsel oder in RAB-Gewahrsam, es kam jedoch bisher zu keinen Verurteilungen (ÖB New Delhi 12.2016).

Bangladesch Ansar: Gegründet im Jahr 1948 und ebenfalls dem Innenministerium unterstellt, gibt es aktuell ca. 23.000 leichtbewaffnete Ansars, die zur Unterstützung der Polizei im ländlichen Raum eingesetzt werden und auch Zivilschutz-Aufgaben übernehmen (ÖB New Delhi 12.2016).

Bangladesch Rifles (BDRs): Diese ca. 40.000 Mann starke paramilitärische Truppe untersteht dem Innenministerium, wird aber hauptsächlich von Armee-Offizieren geführt und dient in erster Linie dem Grenzschutz. Die BDRs sind auch für die Verhinderung von Schmuggel und Menschenhandel zuständig (ÖB New Delhi 12.2016).

Village Defence Parties (VDP): Gegründet 1976, sollte es in jedem Dorf des Landes je ein männliches und weibliches "Platoon" (32 Personen) geben, die der Unterstützung der Polizei bei der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung sowie der Unterstützung der zivilen Behörden bei sozialen und wirtschaftlichen Wiederaufbauprogrammen und bei Naturkatastrophen dienen sollen. In Städten gibt es analog dazu sogenannte "Town Defence Parties" (ÖB New Delhi 12.2016).

Special Branch of Police (SB) ist beauftragt, die nationale Sicherheit zu gewährleisten, erfüllt die Funktion, nachrichtendienstliche Informationen zu sammeln und ist mit der Spionageabwehr betraut. Die SB ist überall in Bangladesch vertreten und besitzt die Fähigkeit, innerhalb und außerhalb des Landes zu agieren (AA 14.1.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (27.10.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch

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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/336450/479091_de.html, Zugriff

-

HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/334685/476437_de.html, Zugriff 12.6.2017

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ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht

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USDOS (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 12.6.2017

Folter und unmenschliche Behandlung

Obwohl Folter und grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung, durch die Verfassung und Gesetze wie der "Torture and Custodial Death (Prevention) Act" von 2013, verboten sind, gibt es weiterhin Vorwürfe von Misshandlungen durch Sicherheitskräfte und Geheimdienste. Menschrechtsorganisationen berichten, dass in den ersten neun Monaten des Jahres 2016 acht Personen zu Tode gefoltert wurden (USDOS 3.3.2017; vgl. AI 22.2.2017). Zusätzlich gab es 2016 laut Bericht von Odhikar 178 Fälle von außergerichtlichen Tötungen und 90 Fälle von erzwungenem Verschwinden Lassen (FH 1.2017).

Per Gesetz ist es Richtern möglich, über Verdächtige Untersuchungshaft zu verhängen, während Befragungen ohne Beisein eines Anwalts erfolgen können. Laut Menschrechtsorganisationen fanden viele Fälle von Folter in dieser Phase statt. Aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen kommt es selten zu Anzeigen, und folglich Bestrafungen oder Verurteilungen der verantwortlichen Sicherheitskräfte (USDOS 3.3.2017). 2013 hat sich mit der Praxis des "kneecapping" eine neue Art der Folter entwickelt. Dabei wird den Gefangenen in die Knie geschossen. Bei den Opfern, von denen einige invalide wurden, handelt es sich um Politiker, Journalisten und einfache Verdächtige. Diese Praxis hat auch 2016 angehalten (Odhikar 2017). Seit 2013 bis 2016 gab es 25 derartige Fälle (USDOS 3.3.2017)

Um Folter in Verwahrung zu reduzieren zu bekämpfen, hat der Oberste Gerichtshof Richtlinien für Strafverfolgungspersonal und Gerichte, bzgl. medizinischer Kontrollen und Ermittlungen zu Foltervorwürfen erlassen. Der Oberste Gerichtshof forderte außerdem die Regierung auf, einige Abschnitte des Strafprozessgesetzes zu ändern, um polizeilichen Missbrauch von Bürgern zu verringern (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/336450/479091_de.html, Zugriff 28.6.2017

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FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/341770/485095_de.html, Zugriff 28.6.2017

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Odhikar (2017): BANGLADESH - Annual Human Rights Report 2016, http://1dgy051vgyxh41o8cj16kk7s19f2.wpengine.netdna-cdn.com/wp-content/uploads/2017/01/AHRR-2016_Eng.pdf, Zugriff 12.6.2017

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USDOS (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 12.6.2017

Korruption

Korruption ist in Bangladesch weit verbreitet und hat alle Teile der Gesellschaft durchdrungen (AA 14.1.2016). Auf dem Korruptionsindex von Transparency International belegte Bangladesch im Jahr 2016 den

145. von 176 Plätzen (TI 25.1.2017). Vor allem im Bereich der erstinstanzlichen Gerichte, der Gerichtsbediensteten, der öffentlichen Ankläger, der Magistrate und der Anwälte wird Korruption als ein weit verbreitetes Problem angesehen (ÖB New Delhi 12.2016). Laut einem Bericht von Transparency International Bangladesh (TIB) vom Juni 2016 haben 58 % der befragten Haushalte 2015 Bestechungsgeld gezahlt (USDOS 3.3.2017). Als korrupteste Behörden werden die Migrationsbehörden sowie die Rechtspflege genannt. Versicherungen, Banken und NRO genießen den besten Ruf (AA 14.1.2016).

Eine im Jahr 2013 erlassene Gesetzesänderung führte dazu, dass die Anti-Korruptions-Kommission (ACC) der Korruption verdächtigte Behördenbeschäftigte nur noch mit Zustimmung der Regierung anklagen darf. Faktisch hat die ACC in den vergangenen Jahren lediglich eine Handvoll von Regierungsvertretern angeklagt (AA 14.1.2016). Im Gegenzug wird der Regierung vorgeworfen den ACC für politisch motivierte Strafverfolgung zu nutzen (USDOS 3.3.2017). So nutzte die Regierung die ACC um gegen die oppositionelle BNP vorzugehen. Beispielsweise liefen 2016 gegen BNP Führerin Khaleda Zia Korruptionsermittlungen (FH 1.2017). Die Regierung setze auch Schritte um die weitverbreitete Polizeikorruption zu bekämpfen (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (27.10.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch

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FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/341770/485095_de.html, Zugriff 28.6.2017

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ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht

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TI - Transparency Index (25.1.2017): Corruption Perceptions Index 2016,

https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2016, Zugriff 26.6.2017

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 28.6.2017

Wehrdienst und Rekrutierung

Bangladesch verfügt über eine Berufsarmee aus 260.000 aktiven und ca. 472.000 Reservesoldaten (AA 14.1.2016). Seit seiner Unabhängigkeit hat das Land keinen verpflichtenden Wehrdienst mehr, ein solcher ist allerdings im Bedarfsfall gesetzlich vorgesehen (ÖB New Delhi 12.2016). Staatsangehörige können im Alter von 16-19 Jahren einen freiwilligen Militärdienst ableisten, sofern der Abschluss der 10. Klasse nachgewiesen wird (AI 14.1.2016). Aufgrund der obligatorischen Ausbildungszeit kommen aber Unterachtzehnjährige jedoch nicht zu Kampfeinsätzen (ÖB New Delhi 12.2016). Seit 2013 können auch Frauen Wehrdienst leisten. Der erste weibliche Lehrgang graduierte 2015 (AI 14.1.2016).

Es gibt eigene Straftatbestände für Meuterei und Desertion, die im Kriegsfall nach dem "Army Act 1952" mit der Todesstrafe belegt werden können (ÖB New Delhi 12.2016; vgl. AA 14.1.2016).

Es gibt keine Hinweise zu Zwangsrekrutierungen (ÖB New Delhi 12.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (27.10.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch

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ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht

Allgemeine Menschenrechtslage

Bangladesch hat bisher zahlreiche UN Menschenrechtskonventionen ratifiziert, ist diesen beigetreten oder hat sie akzeptiert, u.a.:

* CAT - Convention against Torture and Other Cruel Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (ratifiziert 5.10.1998)

* CCPR - International Covenant on Civil and Political Rights (ratifiziert 6.9.2000)

* CEDAW - Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women (ratifiziert 6.11.1984)

* CERD - International Convention on the Elimination of All Forms of Racial Discrimination (ratifiziert 11.6.1979)

* CESCR - International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights (ratifiziert 5.10.1998)

* CMW - International Convention on the Protection of the Rights of All Migrant Workers and Members of Their Families (unterzeichnet 7.10.1998, beigetreten 24.8.2011)

* CRC - Convention on the Rights of the Child (unterzeichnet 26.1.1990, ratifiziert 3.8.1990)

* CRC-OP-AC - Optional Protocol to the Convention on the Rights of the Child on the involvement of children in armed conflict (unterzeichnet 6.9.2000, ratifiziert 6.9.2000)

* CRC-OP-SC - Optional Protocol to the Convention on the Rights of the Child on the sale of children child prostitution and child pornography (unterzeichnet 6.9.2000, ratifiziert 6.9.2000)

* CRPD - Convention on the Rights of Persons with Disabilities (unterzeichnet 9.5.200

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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