TE Bvwg Beschluss 2018/9/26 W263 2150273-2

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Veröffentlicht am 26.09.2018
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Entscheidungsdatum

26.09.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §32 Abs1 Z2

Spruch

W263 2150273-2/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Mag. Christina KERSCHBAUMER als Einzelrichterin über den Antrag desXXXX, geb. am XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, auf Wiederaufnahme des durch Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.08.2018, Zl. W263 2150273-1/9E, abgeschlossenen Verfahrens den Beschluss:

A)

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der nunmehrige Antragsteller, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 22.04.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid vom 23.02.2017 wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt; gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt IV.).

3. Der BF erhob durch seine bevollmächtigte Vertreterin gegen den oben genannten Bescheid Beschwerde, welche am 13.03.2017 beim BFA einlangte und in der Folge an das Bundesverwaltungsgericht weitergeleitet wurde.

4. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 02.08.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der BF und seine Vertreterin teilnahmen und der ein Dolmetscher für die Sprache Dari beigezogen wurde. Ein Vertreter des BFA nahm an der Verhandlung nicht teil.

5. Die Beschwerde des Antragstellers wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.08.2018, Zl. W263 2150273-1/9E, als unbegründet abgewiesen. Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

5.1. Zur Person des Antragstellers wurden im vorangegangenen Erkenntnis folgende Feststellungen getroffen:

"Der volljährige BF führt den Namen XXXX, geb. am XXXX, ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan und Angehöriger der Volksgruppe der Bayat bzw. Hazara. Seine Muttersprache ist Dari. Der BF ist nicht verheiratet oder verlobt, er hat keine Kinder.

Der BF stammt aus dem Dorf XXXX, DistriktXXXX, Provinz Ghazni, Afghanistan. Der BF besuchte ungefähr drei Jahre lang eine staatliche Schule. Er kann Dari lesen, aber nicht schreiben. Der BF arbeitete bereits als Hilfsarbeiter in einem Lebensmittelgeschäft.

Im Heimatdorf leben noch seine Mutter, zwei Schwestern und zwei Brüder. Die Familie besitzt dort landwirtschaftliche Grundstücke und Nutztiere; die Familie bewirtschaftet die Grundstücke auch und lebt wirtschaftlich von den Grundstücken bzw. den Nutztieren. Die Familie lebt unter gesicherten wirtschaftlichen Verhältnissen und ist aktuell keinen Verfolgungshandlungen ausgesetzt. Der BF steht im regelmäßigen Kontakt mit seiner Mutter. Eine Schwester des BF ist verheiratet und lebt inXXXX. Weiters leben in Afghanistan (Provinz Ghazni) noch Onkel und Tanten des BF.

Der BF lebte ungefähr bis Herbst 2014 in Afghanistan."

Asylrelevante Fluchtgründe des Antragstellers konnten zusammengefasst nicht festgestellt werden.

Zur Situation im Falle einer Rückkehr des Antragstellers wurde festgestellt:

"Im Falle einer Verbringung des BF in seinen Herkunftsstaat droht diesem kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention. Dem BF steht eine zumutbare innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternative in den Städten Kabul und Mazar-e Sharif zur Verfügung.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Rückkehr in die Städte Kabul oder Mazar-e Sharif Gefahr liefe, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Der BF ist gesund, mobil, anpassungsfähig und befindet sich im erwerbsfähigen Alter.

Außergewöhnliche Gründe, die eine Rückkehr des BF nach Kabul oder Mazar-e Sharif ausschließen könnten, konnten nicht festgestellt werden. Die kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates sind dem BF vertraut."

5.2. Neben Feststellungen zur Person des Antragstellers wurden folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zur maßgeblichen Situation in Afghanistan getroffen:

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Auszüge aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 29.06.2018;

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"Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016" UNHCR (zusammenfassende Darstellung des UNHCR vom 04.05.2016):

"[...] Bei der Prüfung der Relevanz einer internen Schutzalternative für afghanische Antragstellerinnen und Antragsteller müssen folgende Aspekte erwogen werden:

(i) der instabile, wenig vorhersehbare Charakter des bewaffneten Konflikts in Afghanistan in Hinblick auf die Schwierigkeit, potenzielle Neuansiedlungsgebiete zu identifizieren, die dauerhaft sicher sind; und

(ii) die konkreten Aussichten auf einen sicheren Zugang zum vorgeschlagenen Neuansiedlungsgebiet unter Berücksichtigung von Risiken im Zusammenhang mit dem landesweit ausgedehnten Einsatz improvisierter Sprengkörper und Landminen, Angriffen und Straßenkämpfen und von regierungsfeindlichen Kräften erzwungene Einschränkungen der Bewegungsfreiheit von Zivilisten.

UNHCR geht davon aus, dass eine interne Schutzalternative in den vom aktiven Konflikt betroffenen Gebieten nicht gegeben ist. Außerdem ist nach Ansicht von UNHCR keine interne Schutzalternative in jenen Teilen des Landes gegeben, die sich unter tatsächlicher Kontrolle regierungsfeindlicher Kräfte befinden; es sei denn in Ausnahmefällen, in denen Antragsteller ehemals Verbindungen zur Führung der regierungsfeindlichen Kräfte im vorgeschlagenen Neuansiedlungsgebiet hergestellt hatten.

Ob eine interne Schutzalternative zumutbar ist, muss anhand einer Einzelfallprüfung unter vollständiger Berücksichtigung der Sicherheits-, Menschenrechts- und humanitären Lage im voraussichtlichen Neuansiedlungsgebiet zum Zeitpunkt der Entscheidung festgestellt werden. Insbesondere stellen die schlechten Lebensbedingungen sowie die prekäre Menschenrechtslage von Afghaninnen und Afghanen, die derzeit innerhalb des Landes vertrieben sind, relevante Erwägungen dar, die bei der Prüfung der Zumutbarkeit einer vorgeschlagenen internen Schutzalternative berücksichtigt werden müssen. UNHCR ist der Auffassung, dass eine interne Schutzalternative nur dann zumutbar sein kann, wenn die Person Zugang zu (i) einer Unterkunft, (ii) zu wesentlichen Grundleistungen wie sanitärer Infrastruktur, Gesundheitsversorgung und Bildung hat, und zudem (iii) Erwerbsmöglichkeiten geboten werden. Darüber hinaus ist laut UNHCR nur dann eine interne Schutzalternative in Erwägung zu ziehen, wenn die (erweiterte) Familie oder die ethnisch zugehörige Gemeinschaft der Person willens und in der Lage ist, diese in der Praxis tatsächlich zu unterstützen.

Die einzige Ausnahme von dieser Anforderung der externen Unterstützung sind alleinstehende leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter ohne spezifische Vulnerabilitäten. Solche Personen können unter bestimmten Umständen ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbaner und semiurbaner Umgebung leben, welche die notwendige Infrastruktur sowie Erwerbsmöglichkeiten zur Sicherung der Grundversorgung bietet und unter wirksamer staatlicher Kontrolle steht. Angesichts des Zusammenbruchs des traditionellen sozialen Gefüges der Gesellschaft aufgrund jahrzehntelang währender Kriege, massiver Flüchtlingsströme und interner Vertreibung ist gleichwohl eine einzelfallbezogene Analyse notwendig. [...]"

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Auszug aus einer ACCORD-Anfragebeantwortung zu Afghanistan zur Situation von 1) vom Islam abgefallenen Personen (Apostaten), 2) christlichen KonvertitInnen, 3) Personen die Kritik am Islam äußern

                 4)       Personen, die sich nicht an die Regeln des Islam halten und 5) Rückkehrern aus Europa vom 01.06.2017;

5.3. Beweiswürdigend führte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass dem Antragsteller hinsichtlich seines Fluchtvorbringens keine Glaubwürdigkeit zukomme.

Weiters führte das Bundesverwaltungsgericht aus:

"Für eine existenzielle Gefährdung des BF bestehen keine Hinweise. Es gibt keinen Anhaltspunkt, wieso er in Kabul oder Mazar-e Sharif nicht in der Lage sein sollte, seinen Unterhalt - etwa auch durch Gelegenheits- und Hilfsarbeiten - zu sichern und eine einfache Unterkunft zu finden.

Im Übrigen wäre auf Grund des Kontakts des BF zu seiner Familie sowie deren gesicherten wirtschaftlichen Verhältnissen auch davon auszugehen, dass die Angehörigen willens und zumindest kurzfristig auch in der Lage wären, den BF (etwa durch Überweisung) zu unterstützen, sollte dies notwendig sein.

Die festgestellten Umstände rechtfertigen aus Sicht des erkennenden Gerichtes im Lichte einer Gesamtbetrachtung die Annahme, dass sich der BF in Kabul und Mazar-e Sharif eine Existenz aufbauen und sichern kann. Dafür spricht nicht zuletzt auch die Tatsache, dass der BF als junger Erwachsener in der Lage war, völlig auf sich alleine gestellt über ihm unbekannte Länder die Flucht bis nach Österreich zu meistern, wobei er sicherlich ein überdurchschnittliches Maß an Anpassungs- und Selbsterhaltungsfähigkeit unter Beweis stellen musste.

Zum Gesundheitszustand führte der BF zunächst in der Erstbefragung zur Frage "Haben Sie Beschwerden oder Krankheiten, die Sie an dieser Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen?" aus, dass er dieser Einvernahme ohne Probleme folgen könne (s. S. 3 der Niederschrift). Ebenso teilte der BF bei der Befragung vor dem BFA zur Frage "Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten?" mit, dass er in der Lage sei, die Fragen zu beantworten, er habe keine physischen oder psychischen Probleme.

Der BF gab weiter an, dass er Nierensteine habe. Er sei deswegen in Afghanistan nicht behandelt worden. Er nehme derzeit die Medikamente XXXX undXXXX. Ein drittes Medikament sei direkt gegen den Nierenstein, der Nierenstein sei nur 3 mm groß. In Österreich sei er beim Arzt gewesen und der habe ihm gesagt, dass es mit Medikamenten wieder weggehe. Er müsse lediglich noch einmal zur Kontrolle. Er habe keine Unterlagen, es sei nicht so dramatisch (BFA S. 2).

In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 02.08.2018 gab der BF an, gesund zu sein und der Verhandlung folgen zu können. Näher zu seinem Gesundheitszustand befragt gab er an, es gehe ihm gut. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass der BF gesund ist und keine maßgebliche Beeinträchtigung vorliegt.

Außergewöhnliche Gründe, die seine Rückkehr ausschließen könnten, sind im Verfahren nicht hervorgekommen."

5.4. Zu den Feststellungen zur maßgeblichen Situation in Afghanistan führte das Bundesverwaltungsgericht beweiswürdigend weiter aus:

"Die diesem Erkenntnis zugrunde gelegten Länderfeststellungen gründen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Afghanistan ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde gelegt wurden, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung von anderen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichten aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

Die Berichte wurden dem BF zur Verfügung gestellt und es wurde dem BF die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Der BF trat den getroffenen Feststellungen nicht substantiiert entgegen. Insgesamt vermochte der BF die Korrektheit der Erkenntnisquellen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht in Zweifel zu ziehen.

Die Stellungnahme vom 30.07.2018 wendet sich zuerst unter "a) Anmerkungen zu den Informationen, die das LIB zur Rückkehrsituation vom Afghan*innen anführt" gegen die Ausführungen im Länderinformationsblatt zu Afghanistan zur Rückkehrsituation. Eingangs ist festzuhalten, dass das Bundesverwaltungsgericht fallbezogen die Einschätzung, dass zur Rückkehrsituation fast ausschließlich auf den Fact Finding Mission Report Afghanistan zurückgegriffen wurde, nicht teilt. Soweit dieser Bericht nach der Stellungnahme vom 30.07.2018 primär auf Aussagen nicht namentlich genannter Mitarbeiter von nicht namentlich genannten NGOs basiere, ist dem entgegenzuhalten, dass dies im Hinblick auf die gegenständlichen Feststellungen nicht zutrifft. Die einzige "exemplarisch" in der Stellungnahme genannte Passage ist gegenständlich nicht relevant, weil der BF selbst gleichbleibend angab, mit seiner Familie in Kontakt zu stehen. In der Folge wird unsubstantiiert ausgeführt, dass das Länderinformationsblatt zu Afghanistan (offenbar insgesamt) weder den Kriterien der Aktualität noch der Objektivität entspricht (s. S. 4) und werden andere Länderberichte (teils gleichalte oder ältere Berichte) zitiert. Der BF vermochte auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme vom 30.07.2018 die Korrektheit der getroffenen Feststellungen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht in Zweifel zu ziehen.

Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg auch unter Würdigung des Gutachtens von Stahlmann für das Verwaltungsgericht Wiesbaden vom 28.03.2018 davon ausging, dass im Falle leistungsfähiger, erwachsener Männer ohne Unterhaltsverpflichtungen und ohne familiäres oder soziales Netzwerk bei der Rückkehr aus dem westlichen Ausland in Kabul die hohen Anforderungen des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG, Art. 3 EMRK nicht erfüllt sind, sofern nicht spezifische individuelle Einschränkungen oder Handicaps festgestellt werden können (Verwaltungsgerichtshof 11.04.2018, A 11 S 1729/17). Auch nach Friederike Stahlmann, Überleben in Afghanistan, Zur humanitären Lage von Rückkehrenden und ihren Chancen auf familiäre Unterstützung, Asylmagazin 3/2017, ist unter Berücksichtigung der sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (wie z.B. familiäre Anknüpfungspunkte, Schul- und Berufsausbildung, Wohn- und Arbeitssituation, usw.) eine Rückkehr nach Afghanistan (Kabul; Mazar-e Sharif) von alleinstehenden leistungsfähigen Männern im berufsfähigen Alter generell nicht unmöglich ist. Hinsichtlich der individuellen Situation des BF wird unter Punkt 3. Rechtliche Beurteilung, Unterpunkt 2. entsprechend der (offiziellen) UNHCR-Richtlinien eine einzelfallbezogene Analyse vorgenommen."

5.5. In seinen rechtlichen Erwägungen führte das Bundesverwaltungsgericht u.a. aus:

"Zu prüfen bleibt, ob der BF gemäß § 11 Abs. 2 AsylG 2005 auf eine andere Region des Landes - nämlich die Städte Kabul und Mazar-e Sharif - aufgrund der dortigen allgemeinen Gegebenheiten und seiner persönlichen Umstände verwiesen werden kann (vgl. VfGH 11.10.2012, U677/12).

In der Stellungnahme verwies der BF auf das Urteil eines französischen Berufungsgerichts (Cour nationale du droit d'asile, CNDA, 09.03.2018). Darin wurde ausgesprochen, dass in Kabul ein Zustand blinder Gewalt herrschen würde, der allein schon die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten erfordere; auf individuelle Gefahrenmomente wurde daher in dieser Entscheidung nicht mehr eingegangen.

Was die Sicherheitslage betrifft, wird seitens des erkennenden Gerichts im Hinblick auf die oben angeführten Länderfeststellungen zwar keineswegs verkannt, dass die Situation in der Stadt Kabul nach wie vor angespannt ist und Anschläge - auch auf Angehörige des schiitischen Glaubens - zuletzt vermehrt vorkommen. Dennoch ist festzuhalten, dass die afghanische Regierung die Kontrolle über Kabul, Mazar-e Sharif und größere Transitrouten hat; auch sind beide Städte über den Luftweg gut erreichbar.

Aus dem vorliegenden Berichtsmaterial geht hervor, dass Terroranschläge, insbesondere auf Einrichtungen mit Symbolcharakter, in Kabul und Mazar-e Sharif nicht auszuschließen sind und in unregelmäßigen Abständen - zuletzt in Kabul vermehrt - auch stattfinden. Jedoch allein der Umstand, dass an diesen Orten ein Bombenanschlag terroristischer Gruppierungen erfolgen könnte, begründet auch bei der derzeitigen Gefahrenlage für den BF noch keine stichhaltigen Gründe für ein reales Risiko der Verletzung seiner durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte bzw. liegt deshalb noch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen Konflikts vor (VwGH 25.04.2017, 2017/01/0016, mwN).

Die in der Stadt Kabul verzeichneten Anschläge ereignen sich - wie sich aus einer Gesamtschau der Länderberichte und dem notorischen Amtswissen ableiten lässt - häufig im Nahebereich staatlicher Einrichtungen und richten sich gezielt gegen die Regierung und internationale Organisationen sowie Restaurants, Hotels oder ähnliche Einrichtungen, in denen vorwiegend ausländische Personen verkehren. Diese Gefährdungsquellen sind jedoch in reinen Wohngebieten nicht in einem solchen Ausmaß anzunehmen, dass die Lage in der Stadt Kabul und gerade in Mazar-e Sharif nicht insgesamt als ausreichend sicher bewertet werden könnte.

Hinsichtlich der in der Stadt Kabul bestehenden Versorgungslage und der allgemeinen Lebensbedingungen der Bevölkerung ist im Hinblick auf die oben angeführten Länderfeststellungen auszuführen, dass die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung, häufig nur sehr eingeschränkt möglich ist. Die Versorgung der afghanischen Bevölkerung ist jedoch zumindest grundlegend in beiden Städten gesichert.

Neben der Sicherheitslage im Herkunftsland können das Vorhandensein einer Unterkunft und die Möglichkeit der Versorgung im Zielstaat unter den Gesichtspunkten des Art. 3 EMRK und der Zumutbarkeit iSd § 11 AsylG 2005 relevant sein. Dies insbesondere dann, wenn es sich um Antragsteller handelt, bei denen individuelle Gründe bestehen, die die Annahme einer besonderen Schutzbedürftigkeit rechtfertigen, wie z. B. Personen mit Erkrankungen, Familien mit Kleinkindern oder schwangeren Frauen (VfGH 14.12.2011, U2495/2010 mit Verweis auf VfGH 07.10.2010, U694/2010). Derartige individuelle Gründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Auch eine - hypothetisch angenommene - Tätigkeit für XXXX würde dem BF kein besonderes Risikoprofil verleihen. Es wird nicht verkannt, dass der BF als Mitarbeiter eines XXXX in eines der potenziellen Risikoprofile der UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19. April 2016 fallen könnte. Jedoch würde gegenständlich maßgeblich ins Gewicht fallen, dass der BF lediglich als Wachmann tätig war und diese Tätigkeit auch schon vor längerer Zeit beendet hat.

Im vorliegenden Fall verfügt der BF über keine soziale oder familiäre Unterstützung in Kabul oder Mazar-e Sharif (vgl. VfGH 12.03.2013, U1674/12). In diesem Zusammenhang ist aber zu beachten, dass selbst eine fehlende familiäre Anknüpfung nicht zu einer Unzumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative führt bzw. eine reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK begründet (VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063; 13.09.2016, Ra 2016/01/0096; 25.04.2017, Ra 2017/01/0016; vgl. auch zuletzt VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001-5 und 05.04.2018, Ra 2017/19/0616-5).

In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass aufgrund der aktuellen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch eine fehlende Schul- und Berufsausbildung bzw. -erfahrungen, eine drohende Arbeitslosigkeit, eine nicht vorhandene familiäre Unterstützung in Afghanistan, eine nicht ausreichende Kenntnisse über die örtlichen und infrastrukturellen Gegebenheiten in Kabul keine reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse und somit keine Verletzung des Art. 3 EMRK begründen. Insgesamt stellen Probleme hinsichtlich Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht keine exzeptionellen Umstände dar (VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063;

18.03.2016, Ra 2015/01/0255; 25.05.2016, Ra 2016/19/0036;

23.03.2017, Ra 2016/20/0188; 10.03.2017, Ra 2017/18/0064;

25.04.2017, Ra 2017/01/0016; 20.06.2017, Ra 2017/01/0023;

08.08.2017, Ra 2017/19/0118-5; 20.09.2017, Ra 2017/19/0190;

05.04.2018, Ra 2017/19/0616-5).

Demgegenüber ist der BF mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Heimatlandes vertraut und spricht Dari. Er ist ein arbeitsfähiger junger Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Der BF ging in Afghanistan zur Schule (wenngleich er Dari nur lesen kann), nahm in Österreich an Bildungsprojekten teil und verfügt über in Afghanistan erworbene Berufserfahrung und verrichtete auch in Österreich im Rahmen gemeinnütziger Tätigkeiten u.a. Reinigungsdienste.

Im Übrigen wäre auch davon auszugehen, dass die Familie bzw. die Verwandten des BF willens und zumindest kurzfristig auch in der Lage wären, den BF in Kabul oder Mazar-e Sharif (etwa durch Überweisungen) zu unterstützen.

Weiters könnte der BF durch die Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe zumindest übergangsweise das Auslangen finden; deshalb ist auch nicht zu befürchten, dass er bereits unmittelbar nach seiner Rückkehr und noch bevor er in der Lage wäre, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen, in eine existenzbedrohende bzw. wirtschaftlich ausweglose Lage geraten könnte.

Seinen Unterhalt könnte der BF mit Hilfs- bzw. Gelegenheitsarbeiten sichern, wobei ihm seine Schulausbildung und Berufserfahrung zu Gute kommt. Es gibt somit unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände des BF keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der BF in Ansehung seiner wirtschaftlichen Situation (z.B. Nahrung, Unterkunft) einer existenzbedrohenden oder auch unzumutbaren Situation ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001-5).

Die Prüfung der maßgeblichen Kriterien führt im konkreten Fall - auch unter Berücksichtigung des Gutachtens von Stahlmann für das Verwaltungsgericht Wiesbaden vom 28.03.2018 - zu dem Ergebnis, dass dem BF eine Rückkehr in die Städte Kabul und Mazar e-Sharif jedenfalls möglich und auch zumutbar ist.

Durch eine Rückführung des BF in den Herkunftsstaat besteht die Möglichkeit, dass der BF in Kabul oder Mazar e-Sharif mit einer schwierigen Lebenssituation insbesondere bezüglich der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht konfrontiert wäre. Jedoch wird er dadurch nicht in seinen Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK, oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. Nr. 138/1985 idgF, und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. III Nr. 22/2005 idgF, verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden. Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner jüngeren Rechtsprechung bereits erkannt, dass eine schwierige Lebenssituation (bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht), die ein Asylwerber bei Rückführung in das als innerstaatliche Fluchtalternative geprüfte Gebiet vorfinden würde, für sich betrachtet nicht ausreicht, um eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verneinen (VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001-5, mHa VfGH 12.12.2017, E 2068/2017). Dies stehe auch im Einklang mit der Einschätzung der UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19. April 2016, denen zufolge es alleinstehenden, leistungsfähigen Männern im berufsfähigen Alter ohne spezifische Vulnerabilität möglich sei, auch ohne Unterstützung durch die Familie in urbaner Umgebung zu leben (vgl. VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001-5; 08.08.2017, Ra 2017/19/0118).

Aufgrund der vorgenommenen Prüfung im Einzelfall (VfGH 13.09.2012, U370/2012) unter Berücksichtigung der allgemeinen Gegebenheiten und der persönlichen Umstände des BF sowie unter Beachtung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und Bezugnahme der Rechtsprechung des EGMR war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen."

6. Mit Eingabe des Rechtsvertreters des Wiederaufnahmewerbers vom 13.09.2018 wurde ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 32 VwGVG zur Zahl W263 2150273-1 gestellt. Begründet wurde der Antrag zusammengefasst wie folgt:

Die Abweisung der Beschwerde (im vorangegangenen Verfahren) werde in Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten damit begründet, dass dem Antragsteller eine innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternative in der afghanischen Stadt Kabul offen stünde.

Im Folgenden werden im Antrag die im vorangegangen Erkenntnis unter Pkt. II.1.1.3. (hier: Pkt. I.5.1.) getroffenen Feststellungen (nur) in Bezug auf Kabul zusammengefasst wiedergegeben und wendet sich der Antrag gegen diese.

Weiters habe am 30.08.2018 UNHCR die aktuellen Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender veröffentlicht, welche im Wesentlichen die Ausführungen in den vom Wiederaufnahmewerber vorgelegten Länderberichten bestätigen und zu dem Schluss kommen würden, dass eine IFA in Kabul derzeit generell ausgeschlossen sei.

Nach Darlegung der Gründe für die Rechtzeitigkeit des Antrags auf Wiederaufnahme wurde zum Antrag - nach Wiedergabe des § 32 Abs. 1 VwGVG unter Hervorhebung der Z 2 - ausgeführt, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Wiederaufnahmegründe des § 32 VwGVG jenen des § 69 AVG nachgebildet seien und daher auf das bisherige Verständnis dieser zurückgegriffen werden könne (vgl. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0116).

Da das neu entstandene Beweismittel eine Tatsache belege, die bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Erkenntnisses vorgelegen sei, könne die aktuelle Sicherheitslage nicht im Wege eines Folgeantrags nach § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG geltend gemacht werden. Das neue Beweismittel sei daher im Wege eines Antrags auf Wiederaufnahme geltend zu machen.

Ein Wiederaufnahmegrund iSd § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG setzte unter Rückgriff auf die höchstgerichtliche Judikatur zu § 69 AVG zweierlei voraus: es müsse sich um neue Tatsachen oder Beweismittel handeln und diese müssten entweder allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens die Eignung aufweisen, ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeizuführen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei ein Beweismittel dann als tauglich anzusehen, wenn es [das Beweismittel] nach seinem objektiven Inhalt und unvorgreiflich der Bewertung seiner Glaubwürdigkeit die abstrakte Eignung besitze, jene Tatsachen in Zweifel zu ziehen, auf welche das Bundesverwaltungsgericht entweder die den Gegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens bildende Entscheidung oder zumindest die zum Ergebnis dieser Entscheidung führende Beweiswürdigung tragend gestützt habe (vgl. VwGH 11.09.2017, 2017/02/0046).

Ob diese Eignung vorliege, sei eine Rechtsfrage, die im Wiederaufnahmeverfahren zu beantworten sei; ob tatsächlich ein anderes Ergebnis des Verfahrens zustande komme, sei sodann eine Frage, die im wiederaufgenommenen Verfahren zu klären sei (VwGH 19.04.2007, 2004/09/0159).

Im wiederaufzunehmenden Verfahren habe sich das Gericht hinsichtlich der Frage der Zumutbarkeit der innerstaatlichen Fluchtalternative im Wesentlichen auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation gestützt. Im Folgenden wurden im Antrag die (hier) unter I.5.4. wiedergebenden Beweiswürdigung und die (hier) unter I.5.5. wiedergegebene rechtliche Beurteilung auszugsweise wiedergebeben.

Weiter setzte sich das Bundesverwaltungsgericht im vorangegangenen Erkenntnis nicht ausreichend mit der Erreichbarkeit von Mazar-e Sharif im Falle des Antragstellers auseinander, wozu näher ausgeführt wurde.

In den aktualisierten UNHCR-Richtlinien habe sich UNHCR klar zu den Voraussetzungen für eine zumutbare interne Flucht- und Schutzalternative vor dem Hintergrund der enormen Versorgungschwierigkeiten in afghanischen Großstädten geäußert.

Bezüglich der afghanischen Städte im Allgemeinen verweise UNHCR darauf, dass kaum Städte von Angriffen und Attentaten durch Antiregierungstruppen, die zivile Opfer fordern würden, verschont würden. Laut UNHCR seien gerade ZivilistInnen im Rahmen ihrer alltäglichen beruflichen und sozialen Aktivitäten im urbanen Raum dem Risiko solcher Gewalt ausgesetzt (s. S. 110 f.). Des Weiteren weise UNHCR auf die extrem hohe Anzahl von Binnenvertriebenen in den Provinzhauptstädten hin, die zu zunehmender Konkurrenz um Ressourcen führen würden sowie auf die Rekorddürre unter anderem in Herat und Balkh (Hauptstadt Mazar-e Sharif), infolge derer die Landwirtschaft zusammenbräche.

Unter Verweis auf die extreme Belastung der ohnehin schon überbeanspruchten Kapazitäten der afghanischen Provinz- und Distriktcenter durch fast zwei Millionen RückkehrerInnen aus Iran und Pakistan schreibe UNHCR bezüglich der Situation von Binnenvertriebenen:

"Aufgrund begrenzter Jobmöglichkeiten, mangelnder sozialer Schutznetze und schlechter Unterbringungsbedingungen sind Vertriebene nicht nur erhöhten Schutzrisiken in ihrem täglichen Leben ausgesetzt, sondern werden auch in sekundäre Vertreibung und zu negativen Umgangsstrategien wie Kinderarbeit, frühe Heirat, Verminderung von Quantität und Qualität der Ernährung etc. gezwungen." (S. 111)

UNHCR wiederhole, dass eine interne Flucht- oder Schutzalternative nur dann zumutbar sei, wenn der Antragsteller seine grundlegenden Menschenrechte wahren und die Möglichkeiten für ökonomisches Überleben habe (s. S. 109).

Insbesondere müsse sichergestellt sein:

* Zugang zur Unterbringung

* Zugang zu grundlegender Infrastruktur

* Zugang zu wichtigen "Services" wie

* Trinkwasser

* Hygiene

* Gesundheitsversorgung

* Bildung

* Möglichkeit, sich einen Lebensunterhalt zu erwirtschaften oder bewiesene und nachhaltige Unterstützung um Zugang zu einem angemessenen Lebensstandard zu gewährleisten (s. S. 109 f.)

Diesbezüglich führe UNHCR aus:

(Arbeitsübersetzung): "[...] im Afghanistan-Kontext wurde die Wichtigkeit der Verfügbarkeit und des Zugangs zu sozialen Netzwerken, dem Existieren von Familie des/der AntragstellerIn oder Mitgliedern seiner/ihrer ethnischen Gruppe, umfangreich dokumentiert. Diesbezüglich kann die Präsenz von Mitgliedern derselben ethnischen Gruppe [...] nicht für sich genommen als Beweis dafür, dass der/die AntragstellerIn in der Lage wäre, bedeutende Unterstützung durch solche Communities zu erlangen; viel eher hängt eine solche Unterstützung in der Regel von spezifischen, bereits existierenden sozialen Beziehungen zwischen AntragstellerIn und individuellen Mitglieder der jeweiligen ethnischen Gruppe ab. Selbst wenn solche sozialen Beziehungen bereits existieren, muss geprüft werden, ob die Mitglieder dieses Netzwerks in der Lage und willens sind, den/die AntragstellerIn wirklich zu unterstützen [...]." (S. 109)

Bezüglich der Hauptstadt Kabul bringe UNHCR klar und explizit zum Ausdruck, dass in Kabul generell keine interne Flucht-oder Schutzalternative zur Verfügung stehe:

(Arbeitsübersetzung): "Vor dem Hintergrund der Abwägung bezüglich der Relevanz- und Zumutbarkeitsprüfung für Kabul als in Erwägung gezogenes Gebiet für eine interne Flucht- oder Schutzalternative, und unter Beachtung der generellen Situation des Konflikts und der Menschenrechtssituation, sowie deren Auswirkungen auf den breiteren sozio-ökonomischen Kontext, hält das UNHCR eine interne Flucht- oder Schutzalternative für generell nicht verfügbar in Kabul." (S. 10)

Die neuen UNHCR-Richtlinie würden ein neues Beweismittel darstellen, welches jene Tatsachen in Zweifel ziehe, auf welche sich das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative tragend gestützt habe:

Das Bundesverwaltungsgericht gehe in dem wiederaufzunehmenden Verfahren davon aus, dass sich aus den LIB jedenfalls zweifelsfrei ergebe, dass derzeit keine exzeptionellen Umstände in Kabul oder Mazar-e Scharif anzunehmen seien, die annehmen lassen würden, dass der Antragsteller aufgrund der dort herrschenden willkürlichen Gewalt oder der prekären Versorgungslage eine Verletzung in seinen gemäß Art. 2 und 3 EMRK garantierten Rechten erfahren würde (s. oben).

Wie den neuen UNHCR-Richtlinien vom 30. August 2018 zu entnehmen sei, herrschte bereits zum Zeitpunkt des ergangenen Erkenntnisses Umstände in Kabul und unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Antragstellers auch in Mazar-e Scharif, die eine zumutbare IFA ausschließen würden. Wären entsprechende Richtlinien bereits zu diesem Zeitpunkt vorgelegen, hätte das erkennende Gericht zum Schluss kommen müssen, dass dem Antragsteller mangels einer IFA der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzusprechen gewesen wäre.

Es liege daher jedenfalls ein tauglicher Wiederaufnahmegrund vor, der geeignet sei, einen im Hauptinhalt des Spruchs der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.08.2018 anderslautendes Erkenntnis herbeizuführen. Wären dem Gericht die mit dem Antrag vorgelegten Beweismittel vorgelegen, so wäre es auf Grundlage der "Indizwirkung" der Richtlinien des UNHCR und der den Informationen des UNHCR gemäß Art. 8 Abs. 2 Statusrichtlinie zugewiesenen bedeutsamen Rolle bei der Beurteilung der Gegebenheiten vor Ort (vgl. VwGH 06.07.2011, 2008/19/0994 bis 1000, mwN) zum Ergebnis gekommen, dass für den Antragsteller keine taugliche IFA in Kabul bestehe und ihm daher der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen sei.

Es ergehe daher der Antrag das Verfahren zur Zl. W263 2149843-1 wiederaufzunehmen.

Weiters möge das Bundesverwaltungsgericht unverzüglich mittels einstweiliger Anordnung vorläufig dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung nach dem Unionsrecht auf Gewährung eines vorübergehenden Aufenthaltsrechts bzw. auf Hintanhaltung der Abschiebung stattgeben, weil zusammengefasst dem Antrag auf Wiederaufnahme keine aufschiebende Wirkung zukomme bzw. dem Antragsteller bis zur Entscheidung über die Wiederaufnahme keine Rechtsposition einräume, die ihn vor einer drohenden Überstellung nach Afghanistan schützen würde. Der Antragsteller sei daher akut gefährdet, in seinen in Art. 3 EMRK und Art. 4 GRC garantierten Rechten verletzt zu werden. Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sei daher mangels nationaler Rechtsschutzmechanismen, aufgrund des unionsrechtlichen effet utile, zwingend geboten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. dargelegte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt, wobei in Hinblick auf das Wiederaufnahmevorbringen (Punkt I.6.) lediglich festgestellt wird, dass dieses erstattet wurde.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang bzw. Sachverhalt ergibt sich unmittelbar aufgrund der unbedenklichen und unzweifelhaften Aktenlage.

3. Rechtliche Beurteilung:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG (insbesondere mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles) und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. In welcher Erledigungsform das Verwaltungsgericht über einen Wiederaufnahmeantrag zu entscheiden hat, ist gesetzlich nicht angeordnet. Der allgemeinen Systematik des VwGVG folgend ist anzunehmen, dass sämtliche Entscheidungen über Wiederaufnahmeanträge - als selbstständige Erledigungen - in Beschlussform erfolgen (s. Fister/Fuch/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, zu § 32 VwGVG).

Zu A) Abweisung des Wiederaufnahmeantrages:

3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2017, lauten auszugsweise:

"Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 32. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn

1. das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder

3. das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder

4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

[...]"

3.2. Die Bestimmungen über die Wiederaufnahme des Verfahrens im VwGVG entsprechen mit den entsprechenden Anpassungen auf Grund der Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz weitgehend den Bestimmungen des § 69 AVG, welcher gemäß § 17 VwGVG im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten nicht anwendbar ist (vgl. Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 32 VwGVG Rz. 1). Durch den Ausschluss der Anwendung der IV. Teiles des AVG im vorgeschlagenen § 17 sind Auslegungsprobleme, die sich aus der subsidiären Anwendbarkeit der Bestimmungen des AVG ergeben, ausgeschlossen (vgl. RV 2009 BlgNR, 24. GP zu § 32 VwGVG). Die Regelungen betreffend die Wiederaufnahme in § 32 VwGVG sind nach den zitierten Erläuterungen jenen des § 69 AVG nachgebildet, sodass auf das bisherige Verständnis dieser Regelungen zurückgegriffen werden kann (vgl. VwGH 31.08.2015, Ro 2015/11/0012, mHa VwGH 24.02.2015, Ra 2015/05/0004). Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen (vgl. zu § 69 AVG VwGH 19.05.1993, 91/13/0099; 25.01.1996, 95/19/0003). Ein Antragsteller hat sich die Kenntnis seiner bevollmächtigten Vertreter zurechnen zu lassen (vgl. VwGH 29.03.2012, 2008/12/0096, mwN).

Bei Anwendung dieser Bestimmungen ergibt sich, dass der Antrag auf Wiederaufnahme rechtzeitig innerhalb der in § 32 Abs. 2 erster Satz VwGVG normierten zweiwöchigen "subjektiven" Frist (nach Kenntnis des "Wiederaufnahmegrundes" durch den Vertreter des Wiederaufnahmewerbers) beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht wurde.

Zusätzlich zur zweiwöchigen subjektiven Frist ordnet § 32 Abs. 2 dritter Satz VwGVG an, dass ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nach Ablauf der "objektiven" Frist von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses nicht mehr gestellt werden kann. Die objektive Frist von drei Jahren beginnt in jenem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Bescheid mündlich verkündet oder zugestellt (vgl. VwGH 15.09.2004, 2004/09/0131) bzw. ausgefolgt wurde. Der Antrag auf Wiederaufnahme wurde daher auch rechtzeitig innerhalb der in § 32 Abs. 2 dritter Satz VwGVG normierten dreijährigen "objektiven" Frist eingebracht.

3.3. Der gegenständliche Antrag zielt darauf ab, das durch Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.08.2018, W263 2150273-1/9E, rechtskräftig abgeschlossene Verfahren des Wiederaufnahmewerbers aufgrund neuer Tatsachen beziehungsweise Beweismittel im Sinne des § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG wieder aufzunehmen.

Der vorgebrachte Wiederaufnahmegrund des § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG liegt vor, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten. Dieser Wiederaufnahmegrund entspricht sinngemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG, weshalb auf das bisherige Verständnis dieses Wiederaufnahmegrundes zurückgegriffen werden kann (vgl. VwGH 28.06.2016, Ra 2015/10/0136).

3.4. Tauglich wären die aktualisierten UNHCR-Richtlinien als Wiederaufnahmegrund ungeachtet des weiteren Erfordernisses deshalb nur dann, wenn sie nach ihrem objektiven Inhalt (und unvorgreiflich der Bewertung ihrer Glaubwürdigkeit, vgl. aber zur Indizwirkung VwGH 22.11.2016, Ra 2016/20/0259, mwH) die abstrakte Eignung besäßen, jene Tatsachen in Zweifel zu ziehen, auf welche das Bundesverwaltungsgericht entweder sein vorangegangenes Erkenntnis oder (zumindest) die zum Ergebnis dieser Entscheidung führende Beweiswürdigung tragend gestützt hätte.

Es wird den vom Antragsteller vorgelegten aktualisierten UNHCR-Richtlinien vom 30. August 2018 aber aus nachfolgend näher dargelegten Gründen bereits die Eignung abgesprochen, ein anderes Verfahrensergebnis zur Folge zu haben (vgl. auch VwGH 08.08.2017, Ra 2017/19/0118; 23.01.2018, Ra 2018/18/0001-5):

Im vorangegangen Erkenntnis führte die Prüfung der maßgeblichen Kriterien im konkreten Fall zu dem Ergebnis, dass dem Antragsteller eine Rückkehr in die Städte Kabul und Mazar-e Sharif jedenfalls möglich und auch zumutbar ist.

Nach den aktualisierten Richtlinien vom 30. August 2018 ist UNHCR vor dem näher dargestellten Hintergrund der Ansicht, dass eine vorgeschlagene IFA/IRA nur sinnvoll möglich (zumutbar) ist, wenn die Person Zugang hat zu (i) Unterkünften, (ii) grundlegenden Dienstleistungen wie Sanitärversorgung, Gesundheitsversorgung und Bildung und (iii) Möglichkeiten für den Lebensunterhalt oder nachgewiesene und nachhaltige Unterstützung für den Zugang zu einem angemessenen Lebensstandard. Darüber hinaus hält UNHCR eine IFA/IRA nur für zumutbar, wenn die Person Zugang zu einem Unterstützungsnetzwerk von Mitgliedern ihrer (erweiterten) Familie oder Mitgliedern ihrer größeren ethnischen Gemeinschaft in der Gegend der potenziellen Umsiedlung hat, die beurteilt wurden, bereit und in der Lage zu sein, dem Antragsteller in der Praxis echte Unterstützung zu leisten.

UNHCR ist weiters der Ansicht, dass die einzige Ausnahme von der Anforderung der externen Unterstützung alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im erwerbsfähigen Alter sind, soweit keine spezifischen Vulnerabilitäten (wie näher beschrieben) vorliegen. Unter bestimmten Umständen können diese Personen ohne familiäre und soziale Unterstützung in urbaner und semi-urbaner Umgebung leben, soweit diese Umgebung über die notwendige Infrastruktur und Lebensgrundlagen verfügt, um die Grundbedürfnisse des Lebens zu decken und soweit diese einer wirksamen staatlichen Kontrolle unterliegt (vgl. S. 109 f.).

Darin ist keine maßgebliche Änderung im Vergleich zu den, dem vorangegangenen Erkenntnis u.a. zugrunde gelegten UNHCR-Richtlinien vom 19. April 2016 bzw. der zusammenfasenden Darstellung seitens UNHCR zu sehen.

Soweit UNHCR in der Folge weiters zu einer IFA/IRA in Kabul schlussfolgert, dass angesichts der derzeitigen Sicherheits-, Menschenrechts- und humanitären Situation in Kabul eine IFA/IRA in Kabul generell nicht verfügbar ist (vgl. S. 114), ist festzuhalten, dass eine entsprechende Schlussfolgerung in Hinblick auf Mazar-e Sharif auch in den aktualisierten Richtlinien nicht enthalten ist. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher derzeit nicht davon aus, dass UNHCR eine IFA/IRA in Mazar-e Sharif angesichts der derzeitigen Sicherheits-, Menschenrechts- und humanitären Situation generell ausschließt, sondern eine sorgfältige Prüfung im Einzelfall für erforderlich erachtet.

Da das Bundesverwaltungsgericht aber auch eine Rückkehr des Antragstellers nach Mazar-e Sharif aufgrund der vorgenommenen Prüfung im Einzelfall unter Berücksichtigung der allgemeinen Gegebenheiten und der persönlichen Umstände des BF sowie unter Beachtung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung und Bezugnahme der Rechtsprechung des EGMR nach eingehender Prüfung jedenfalls als möglich und auch als zumutbar erachtet hat und (tragend) auch deshalb die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen hat, hätte die Berücksichtigung der in den UNHCR-Richtlinien vom 30. April 2018 enthaltenen Neueinschätzung der Lage in Kabul (und auch die aktualisierten Richtlinien insgesamt) weder allein noch in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich zu einem anderen Verfahrensergebnis geführt.

Der Antragsteller übergeht weitgehend, dass das Bundesverwaltungsgericht eine Rückkehr in die Stadt Mazar-e Sharif auch unter Zugrundelegung der UNHCR-Richtlinien vom 19. April 2016 bzw. deren zusammenfassende Darstellung seitens UNHCR ebenso als möglich und als zumutbar erachtet hat. Soweit vorgebracht wird, dass "den neuen UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 zu entnehmen ist, [dass] bereits zum Zeitpunkt des ergangenen Erkenntnisses Umstände in Kabul und unter Berücksichtigung der individuellen Situation des WA auch in Mazar-e-Sharif [herrschten], die eine zumutbare IFA ausschließen würden" und dass "wären entsprechende Richtlinien bereits zu diesem Zeitpunkt vorgelegen, hätte das erkennende Gericht zum Schluss kommen müssen, dass dem WA mangels einer IFA der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzusprechen gewesen wäre" (s. S. 9 f. des verfahrensgegenständlichen Antrags), ist dazu auszuführen, dass das Bundesverwaltungsgericht diese Einschätzung hinsichtlich Mazar-e Sharif jedenfalls nicht teilt, weil sich die aktualisierten UNHCR-Richtlinien vom 30. August 2018 in Bezug auf den konkreten Fall nicht maßgeblich von den, dem vorangegangen Erkenntnis u.a. zugrunde gelegten UNHCR-Richtlinien vom 19. April 2016 unterscheiden und die Prüfung der maßgeblichen Kriterien im konkreten Fall unter Berücksichtigung der (festgestellten) persönlichen Umstände des BF zu dem Ergebnis führte, dass dem BF eine Rückkehr in die Stadt Mazar-e Sharif jedenfalls möglich und auch zumutbar ist.

3.5. Soweit sich der Antrag abseits des geltend gemachten Wiederaufnahmegrundes gegen das Erkenntnis vom 08.08.2018, ZI. 2150273-2/9E, bzw. die sonstigen Ergebnisse des dortigen Verfahrens wendet, so ist der Antragsteller auf die in der Rechtsmittelbelehrung dargelegten Rechtsmittel zu verweisen.

3.6. Schließlich ist vorliegend auch die bereits festgehaltene weitere Voraussetzung des § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG nämlich, dass neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, gegenständlich nicht erfüllt (s. bereits BVwG 20.09.2018, W238 2168852-2/2E):

Dem Antragsteller ist zunächst insoweit Recht zu geben, als er vorbringt, dass die Tatsachen (z.B. über die Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan und die bestehenden Risikoprofile), auf denen die am 30. August 2018 herausgegebenen UNHCR-Richtlinien basieren, bereits zum Zeitpunkt der vorangegangenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.08.2018 bestanden haben. Dies ergibt sich daraus, dass die Richtlinien - sofern nicht anders angegeben - auf den UNHCR am 31.05.2018 bekannten Informationen beruhen (vgl. FN 2 auf S. 5 der Richtlinien).

Der Antragsteller verkennt jedoch, dass die Richtlinien des UNHCR im gegebenen Zusammenhang weder "neue Tatsachen" noch ein "neues Beweismittel" iSd § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG darstellen.

Dazu ist festzuhalten, dass nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Gutachten von Sachverständigen, die erst nach Abschluss des Verfahrens durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes eingeholt wurden, nicht neu hervorgekommen sind, sondern neu entstanden und damit auch nicht als neue Beweismittel Grund für eine Wiederaufnahme des Verfahrens sein können. Nur wenn ein Sachverständiger Tatsachen, die zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits bestanden haben, erst danach "feststellt" oder wenn ihm solche Daten erst später zur Kenntnis kommen, können diese bzw. die daraus resultierenden neuen Befundergebnisse, die sich auf die zuvor bestandenen Tatsachen beziehen, bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - wie insbesondere des mangelnden Verschuldens - als neue Tatsachen einen Grund für eine Wiederaufnahme darstellen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 69 (Stand 1.4.2009, rdb.at), Rz. 33; VwGH 25.07.2013, 2012/07/0131; vgl. auch Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 32 VwGVG Anm. 9).

Zwar handelt es sich bei den UNHCR-Richtlinien nicht im engeren Sinn um ein Sachverständigengutachten iSd AVG, sondern um eine Hilfestellung für Entscheidungsträger bei der Beurteilung des internationalen Schutzbedarfs von Schutzsuchenden. Dennoch sind Rechtsprechung und Lehre zum Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes nach Ansicht des erkennenden Gerichtes zumindest insoweit auf den vorliegenden Fall übertragbar, als die hier in Rede stehende Einschätzung des UNHCR zur Relevanz und Zumutbarkeit einer internen Flucht- und Neuansiedlungsalternative in der Stadt Kabul eben keine "neue (sachverständige) Tatsachenfeststellung", sondern vielmehr eine geänderte Schlussfolgerung des UNHCR auf Basis der bereits zum Entscheidungszeitpunkt bestandenen und dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.08.2018 auch zugrunde gelegten Tatsachen (insbesondere betreffend die Sicherheits- und Versorgungslage in Kabul) darstellt und insoweit als (nicht unmittelbar rechtsverbindliche) Empfehlung oder als eine Art "Rechtsgutachten" angesehen werden kann.

Die geänderte Schlussfolgerung des UNHCR zur Relevanz und Zumutbarkeit einer internen Flucht- und Neuansiedlungsalternative in Kabul in seinen Richtlinien vom 30. August 2018 vermag auch deshalb weder "neue Tatsachen" noch ein "neues Beweismittel" zu begründen, weil die Beurteilung der Möglichkeit und Zumutbarkeit der Verweisung auf eine innerstaatliche Fluchtalternative rechtlicher Natur ist, mag diese auch anhand konkreter einzelfallbezogener Sachverhaltsfeststellungen erfolgen.

Wie der Verwal

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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