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L26004 Lehrer/innen Oberösterreich;Norm
LKUFG OÖ 1983 §25 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des J P in V, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Aufsichtsrates der OÖ. Lehrer- Kranken- und Unfallfürsorge vom 3. November 1997, ohne Geschäftszahl, betreffend Entzug der Versehrtenrente, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die OÖ. Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der 1948 geborene Beschwerdeführer steht als Schuldirektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Oberösterreich.
Mit Bescheid des Verwaltungsrates der OÖ. Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge (LKUF) vom 4. November 1986 wurde ein Unfall des Beschwerdeführers vom 14. Dezember 1985 als Dienstunfall anerkannt und dem Beschwerdeführer eine vorläufige Versehrtenrente 20 vH der Vollrente gewährt.
Auf Grund einer am 25. November 1987 erfolgten Nachuntersuchung des Beschwerdeführers und des darüber erstellten ärztlichen Gutachtens wurde diese vorläufige Versehrtenrente schließlich mit Bescheid vom 1. Februar 1988 mit Wirkung vom 25. Dezember 1987 als Dauerrente festgestellt, weil als Unfallfolge nach dem genannten und anerkannten Dienstunfall noch immer eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenkes und eine Muskelschwäche des Beines mit einer MdE von 20 vH bestehe.
Mit Bescheid des Verwaltungsrates vom 25. Februar 1991 wurde einem Antrag des Beschwerdeführers vom 19. Oktober 1990 auf Neufestsetzung der Versehrtenrente nicht stattgegeben.
Bei einer Nachuntersuchung im Juni 1997 gelangte der Facharzt Dr. G. in seinem Gutachten vom 3. April 1997 zur Aussage, dass beim Beschwerdeführer ein Dauerschaden nur in "mäßiggradiger Form" verblieben sei und die MdE nur mehr 15 vH betrage.
Im Parteiengehör machte der Beschwerdeführer dagegen Bedenken geltend.
Mit Bescheid des Verwaltungsrates vom 29. April 1997 wurde dem Beschwerdeführer die von ihm für diese Dienstunfähigkeit bisher bezogene Versehrtenrente mit Wirkung vom 1. Mai 1997 gemäß § 25 Abs. 1 OÖ. LKUFG unter Bezug auf das vorher genannte Gutachten, dem der Beschwerdeführer nicht entsprechend entgegengetreten sei, entzogen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer einen als Berufung zu wertenden Einspruch und legte in weiterer Folge ein umfangreiches fachärztliches Gutachten Dris. K. vom 17. Juni 1996 vor, in dem der beim Beschwerdeführer auf Grund der Dienstunfähigkeit bestehende Dauerschaden als beachtlich und mit einer MdE von 20 vH eingesetzt wurde.
Bei den Verwaltungsakten befindet sich dann eine "Stellungnahme Dr. Koller" vom 3. Juli 1997 (es handelt sich dabei um den Vertrauensarzt der belangten Behörde); Hinweise, dass diese für den Beschwerdeführer negative Stellungnahme dem Beschwerdeführer im Verfahren zur Kenntnis gebracht worden sei, gibt es nicht.
Mit Erledigung vom 15. Juli 1997 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Dagegen erhob der Beschwerdeführer die zur Zl. 97/12/0304 protokollierte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, die aber mit Beschluss vom 17. September 1997 zurückgewiesen wurde, weil die Erledigung mangels gesetzmäßiger Fertigung nicht als Bescheid zu qualifzieren war. Das Nähere ist diesem Beschluss zu entnehmen.
Mit dem nun angefochtenen Bescheid (dessen Inhalt der Erledigung vom 15. Juli 1997 entspricht) hat die belangte Behörde die Berufung als unbegründet abgewiesen und den bekämpften erstinstanzlichen Bescheid bestätigt. Begründend wurde nach zusammengefasster Darstellung des Verwaltungsgeschehens ausgeführt, auf Grund der am 3. April 1997 vom Sachverständigen Dr. G. vorgenommenen Nachuntersuchung bestünden als Unfallfolgen nach dem Dienstunfall vom 14. Dezember 1985 eine Narbe im Bereich des rechten Kniegelenkes, geringgradige streck- und schmerzreflektorische Beugehemmung, geringgradige Lockerung des vorderen Kreuzbandes, belastungsabhängige, glaubhafte Beschwerden sowie zeitweilige Wetterfühligkeit und Kälteempfindlichkeit; die MdE sei mit 15 vH festzusetzen.
Dieses Gutachten sei dem Beschwerdeführer am 14. April 1997 zur Kenntnis gebracht worden.
Der vom Beschwerdeführer herangezogene fachärztliche Gutachter Dr. K. habe in dem vom Beschwerdeführer in Auftrag gegebenen Gutachten folgende Zusammenfassung abgegeben:
Art und Grad der unfallkausalen Verletzung: der Beschwerdeführer habe bei gegenständlichem Unfall einen Riss des vorderen Kreuzbandes erlitten; der Verletzungsgrad sei schwer.
Unfallfolgen: subjektiv klage er über eine Streckhemmung und über Schmerzen bei langer Belastung. Objektiv hätten eine geringe Streckhemmung und eine schmerzreflektorische Beugehemmung, eine Lockerung des vorderen Kreuzbandes, Narben am Kniegelenk, sowie glaubhafte subjektive Beschwerden festgestellt werden können. Die am Untersuchungstag festgestellten Beschwerden seien ausschließlich auf den Unfall vom 14. Dezember 1985 zurückzuführen. Die Meniskusoperation sei nicht wie vom Gutachter Dr. G. fälschlich angegeben 1968, sondern im Juli 1984 erfolgt; es sei daher eine degenerative Veränderung bis zum Unfall im Dezember 1985 nicht anzunehmen. Bei den Arthroskopien sei lediglich ein Knorpelschaden an der Kniescheibenrückfläche und in Gleitlage, nicht aber im Bereich des inneren Schienbeinknorrens festgestellt worden. Es bestehe jetzt ein scharfrandiges Meniskusregenerat, welches die Funktion des operierten Meniskus voll erfülle.
Da die beschriebenen Unfallfolgen einen Dauerschaden bewirkten, sei die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt daher unverändert mit 20 vH für dauernd festzusetzen.
Auf Grund der Berufung und der Vorlage des Gutachtens Dris. K. seien die gesamten Unterlagen dem Vertrauensarzt Dr. Koller zur Stellungnahme auf Grund der Aktenlage vorgelegt worden; dieser habe Folgendes festgestellt:
Nach Durchsicht der Aktenlage und des Gutachtens von Dr. K.
seien im Kniegelenk des Beschwerdeführers zwei Schäden gegeben:
"Erstens: Chondropathia patellae, Knorpelabnützung an der
Kniescheibenhinterfläche - als Unfallfolge äußerst unwahrscheinlich;
Zweitens: leichte Instabilität des Kniegelenks (Restzustand
nach Kreuzbandriss) - als Unfallfolge."
Diese Instabilität sei - wie aus den Umfangmaßen von Dr. K.
festgestellt - sehr gut kompensiert. Die Rückstufung von 20 auf 15 vH sei aus den angeführten Gründen (nur bedingt Unfallfolge) gerechtfertigt. Die "Gesamtminderung des Kniegelenkes würde 20 vH ergeben" davon seien aber als unfallkausal nur maximal 50 % anzusehen.
Die belangte Behörde erachtete das von Dr. G erstellte Gutachten sowie die Stellungnahme des Vertrauensarztes Dr. K. auf Grund der Aktenlage als entsprechend schlüssig. Es ergebe sich damit zweifelsfrei, dass die MdE des Beschwerdeführers nur mit 15 vH zu beziffern sei.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Beschwerdefall ist das Gesetz über die OÖ. Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge, LGBl. Nr. 66/1983 (Wiederverlautbarung), anzuwenden. Nach § 13 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. haben die Mitglieder der LKUF (zu denen unbestritten der Beschwerdeführer zählt) im Falle einer durch einen Dienstunfall verursachten körperlichen Schädigung Anspruch auf Versehrtenrente. Nach Abs. 6 dieses Paragraphen (in der Fassung LGBl. Nr. 79/1989) sind die näheren Bestimmungen über die der Art und dem Grad von Schädigungen jeweils entsprechenden Leistungen nach Abs. 1 bis 5 entsprechend den jeweiligen Anforderungen einer ausreichenden Unfallfürsorge durch die Satzung festzulegen (...).
Nach Punkt 145 der Satzung besteht Anspruch auf Versehrtenrente, wenn die Erwerbsfähigkeit des Lehrers durch die Folgen eines Dienstunfalles länger als drei Monate ab dem Unfallereignis um mindestens 20 % vermindert ist.
§ 24 Abs. 1 lautet (der 2. Satz in der Fassung LGBl. Nr. 79/1989):
"§ 24
Neufestsetzung von Renten aus der Unfallfürsorge
(1) Bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse, die für die Festsetzung einer Rente maßgebend waren, ist die Rente auf Antrag oder von Amts wegen neu festzusetzen. Als wesentlich gilt eine Änderung der Verhältnisse nur, wenn durch sie die Minderung der Erwerbsfähigkeit des Versehrten durch mehr als drei Monate um mindestens 10 v.H. geändert wird, durch die Änderung ein Rentenanspruch entsteht oder wegfällt oder die Schwerversehrtheit entsteht oder wegfällt."
§ 25 Abs. 1 lautet auszugsweise:
"§ 25
Entziehung von Leistungen aus der Unfallfürsorge
(1) Sind die Voraussetzungen des Anspruches auf eine wiederkehrende Leistung aus der Unfallfürsorge nicht mehr vorhanden, so ist die Leistung zu entziehen, sofern nicht der Anspruch gemäß § 27 ohne weiteres Verfahren erlischt."
§ 27 regelt die Fälle des Erlöschens von Leistungsansprüchen aus der Unfallfürsorge; ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
Gemäß § 39 Abs. 1 leg. cit. (in der Fassung BGBl. Nr. 47/1992) ist auf das behördliche Verfahren vor dem Verwaltungsrat und dem Aufsichtsrat, von im Beschwerdefall nicht zutreffenden Ausnahmen abgesehen, das DVG anzuwenden.
In Punkt 127 der Satzung heißt es: "Sind die Voraussetzungen des Anspruches auf eine wiederkehrende Leistung nicht mehr vorhanden, so ist diese zu entziehen" (Hinweis auf § 25 Abs. 1 OÖ LKUFG).
Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Versehrtenrente nach den Bestimmungen des OÖ. LKUFG durch unrichtige Anwendung dieses Gesetzes, insbesondere seiner §§ 24, 25 sowie durch unrichtige Anwendung der Verfahrensvorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.
Als Rechtswidrigkeit bringt der Beschwerdeführer zunächst vor, der Begründung des angefochtenen Bescheides sei ebenso wenig wie der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides zu entnehmen, inwieweit sich sein Zustand geändert haben solle. Es werde kein Vergleich zwischen dem jetzigen Zustand und jenem hergestellt, der für die vorher erwähnte positive Entscheidung maßgeblich gewesen sei. Auch das der nunmehrigen Entscheidung zugrundeliegende Gutachten Dris. G. vom 3. April 1997 enthalte nicht die erforderlichen Angaben. Es beschränke sich auf eine Darstellung des derzeitigen Zustandes, ob dieser gleich, besser oder schlechter sein solle als der seinerzeitige, sei dem Gutachten nicht zu entnehmen.
Bereits diesem Vorbringen kommt Berechtigung zu.
Wie der Verwaltungsgerichtshof zu einem vergleichbaren Fall in seinem Erkenntnis vom 25. Februar 1998, Zl. 97/12/0380, mit näherer Begründung ausgeführt hat, rechtfertigt nur eine entscheidende Änderung der tatsächlichen Verhältnisse die Entziehung einer Rente. Weder den bescheidmäßigen Absprüchen im vorliegenden Verwaltungsverfahren noch dem Gutachten Dris. G. vom 3. April 1997 bzw. der Stellungnahme des Vertrauensarztes Dr. K. vom 3. Juli 1997 sind klare Feststellungen diesbezüglich, nämlich hinsichtlich einer Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse, zu entnehmen.
Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage ihre Entscheidung auf unzureichende Grundlagen gestützt hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 29. September 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997120387.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
29.04.2010