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L22006 Landesbedienstete Steiermark;Norm
B-VG Art18 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des W R in L, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 16. Juni 1995, Zl. 1-007008/13-95, betreffend Mehrleistungszulage nach steirischem Recht, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als "wirklicher Amtsrat" in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Steiermark; seine Dienststelle ist die Bezirkshauptmannschaft Weiz, bei der er nach seinem Vorbringen als Referent für Land- und Forstwirtschaftsangelegenheiten (einschließlich Grundverkehrssachen), aber auch in Angelegenheiten des Staatsbürgerschaftsrechtes und des Personenstandswesens tätig ist.
Nach den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens beantragte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 21. April 1993 (nicht wie im Spruch des angefochtenen Bescheides fälschlich angegeben "1992") die "Zuerkennung der Mehrleistungszulage gemäß § 18 GG 1956 i.d.a.Lg.g.F. im Sinne der Beförderungsrichtlinien des Landes Steiermark mit Wirksamkeit: 1. 1. 1992". Er verwies auf seine ausgezeichnete Dienstbeurteilung und auf von ihm erbrachte quantitative und qualitative Mehrleistungen.
Die belangte Behörde stellte dann auf Grundlage der genannten Beförderungsrichtlinien, eines Beschlusses der Stmk. Landesregierung vom 2. Dezember 1985, bei dem es sich aber nicht um eine Rechtsverordnung nach § 2 Abs. 1 lit. b des Stmk. Verlautbarungsgesetzes, LGBl. Nr. 27/1976, handelt, Erhebungen an und gelangte zur Auffassung, dass die vom Beschwerdeführer erbrachten Tätigkeiten nicht den im Sinne dieses Regierungsbeschlusses erforderlichen Bewertungskriterien entsprächen. Trotz der Zeichnungsbefugnis des Beschwerdeführers seien die "Bewertungskriterien für einen Dienstposten B/VIa im erforderlichen Ausmaß nicht gegeben".
Dies wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben der belangten Behörde vom 15. November 1993 zur Kenntnis gebracht.
Der Beschwerdeführer brachte dagegen am 26. November 1993 umfangreiche Einwendungen vor; abschließend versicherte er, obwohl er parteipolitisch zwar nicht organisiert und auf Grund einer eigenen Namensliste Dienststellenpersonalvertreter sei, seine Loyalität zum Land Steiermark und beharrte auf seinem Antrag. Der Bezirkshauptmann bezeichnete in seinem Begleitschreiben den Beschwerdeführer als gewissenhaften Mitarbeiter, der seine Arbeiten selbstständig und exakt erledige und auf seinem Fachgebiet als hochwertiger Fachmann gelte.
Im Schreiben der belangten Behörde vom 4. Juli 1994 wiederholte sie im Wesentlichen ihre Auffassung hinsichtlich der nicht ausreichenden Bewertung des Dienstpostens für die begehrte Mehrleistungszulage und führte dann weiter aus:
"Da nach den getroffenen Feststellungen hinsichtlich der den in der Bezirkshauptmannschaft Weiz verwendeten Bediensteten der Verwendungsgruppe B eingeräumten Zeichnungsbefugnisse eine im wesentlich gleichartige Regelung besteht, die auch im Vergleich zur Regelung hinsichtlich von Bediensteten dieser Verwendungsgruppe in anderen Dienststellen des Landes keine Besonderheit darstellt, ist der Hinweis auf die Ihnen eingeräumte Zeichnungsbefugnis für das gegenständliche Verfahren nicht bedeutungsvoll.
Die Frage allfälliger quantitativer Mehrleistungen kann im vorliegenden Fall nicht relevant sein, da der Regelung hinsichtlich der Voraussetzungen für die Gewährung einer Mehrleistungszulage nach den Beförderungsrichtlinien ausschließlich qualitative Kriterien zugrunde liegen.
Unbestritten ist, dass Sie in einem überwiegenden Ausmaß der Verwendungsgruppe B zuzuordnende Tätigkeiten zu verrichten haben. Wie bereits ausgeführt, treffen die für eine Anerkennung als B/VIa-Posten notwendigen Kriterien jedoch nicht im erforderlichen Ausmaß zu. Bei dieser Sach- und Rechtslage kann daher dem von Ihnen angeführten Umstand der jährlichen Schwankung einzelner Tätigkeiten keine entscheidende Bedeutung zukommen."
Nach Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur B-Wertigkeit von Tätigkeiten betonte die belangte Behörde, dass der Beschwerdeführer lediglich eine B/C-Mischverwendung erfülle und die "Bewertungskriterien für die Anerkennung als Dienstposten B/VIa (hohes Maß an Verantwortung und Selbstständigkeit)" nicht im erforderlichen Ausmaß zutreffen. Daher seien auch die vom Beschwerdeführer beantragten Erhebungen nicht erforderlich.
Daraufhin ersuchte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15. März 1995 um bescheidmäßige Erledigung.
Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde wie folgt:
"Ihr mit Schreiben vom 21.4.1992 und vom 15.3.1995 gestellter Antrag 'auf Zuerkennung der Mehrleistungszulage gemäß § 18 Gehaltsgesetz 1956 in der als Landesgesetz geltenden Fassung im Sinne der Beförderungsrichtlinien des Landes Steiermark' wird abgewiesen."
Die gesamte Begründung des angefochtenen Bescheides lautet wie folgt:
"Nach den mit Beschluss der Steiermärkischen Landesregierung vom 2.12.1985, GZ 1 - Vst Be 2/20 - 85, mit Wirksamkeit vom 1.1.1986 in Kraft gesetzten in der Anlage 1 angeführten Beförderungsrichtlinien für Landesbeamte kann u.a. Beamten der Dienstklasse B VI unter bestimmten Voraussetzungen eine ruhegenussfähige Mehrleistungszulage gemäß § 18 Gehaltsgesetz in der Fassung des Landesbeamtengesetzes 1974 gewährt werden. Da dieser Regierungsbeschluss mangels Kundmachung im Landesgesetzblatt keine in einem Verwaltungsverfahren maßgebende Rechtsquelle darstellt, war Ihr Antrag spruchgemäß abzuweisen."
Dagegen wandte sich der Beschwerdeführer an den Verfassungsgerichtshof. Er verwies im Wesentlichen darauf, dass die belangte Behörde ihren Bescheid ausschließlich darauf gestützt habe, dass die Beförderungsrichtlinien keine Gesetzeskraft hätten. Offensichtlich habe die belangte Behörde aber ihre Entscheidungsfindung an den Beförderungsrichtlinien orientiert, sich aber einer Nachprüfung durch den Hinweis auf deren rechtliche Unmaßgeblichkeit entzogen. Diese Strategie gestatte die systematische Ausübung von Willkür.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 25. Februar 1997, B 2363/95, die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof ab.
In der für das verwaltungsgerichtliche Verfahren ergänzten Beschwerde begehrt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. In der Gegenschrift bringt die belangte Behörde u. a. vor, im nicht kundgemachten bzw. nicht veröffentlichten Beschluss der Stmk. Landesregierung vom 2. Dezember 1985, betreffend die Neuregelung der Beförderungsrichtlinien, sei auch festgehalten worden, dass u. a. Beamten der Dienstklasse B/VI entsprechend einer festgelegten Gesamtdienstzeit anstelle einer Beförderung in die Dienstklasse B/VII eine ruhegenussfähige Mehrleistungszulage gemäß § 18 Gehaltsgesetz in der Fassung des Landesbeamtengesetzes 1974 gewährt werden könne. Voraussetzung für die Gewährung dieser Mehrleistungszulage sei u. a., dass diese Beamten eine Tätigkeit nach in einer Anlage zu diesem Regierungsbeschluss festgelegten Bewertungskriterien verrichteten. Diese Regelung stelle eine interne Richtlinie dar, die "eine Basis für die Gewährung einer Mehrleistungszulage neben der im § 18 Gehaltsgesetz in der Fassung des Steiermärkischen Landesbeamtengesetzes, LGBl. Nr. 124/1974, geregelten Mehrleistungszulage bietet und auch keinen Rechtsanspruch eines Beamten begründen kann".
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Mehrleistungszulage nach § 18 GG 1956 in der Fassung des Stmk. Landesbeamtengesetzes (GG-Stmk.) durch unrichtige Anwendung dieser Norm sowie der Verfahrensvorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.
Nach § 2 Abs. 1 des Stmk. Landesbeamtengesetzes, LGBl. Nr. 124/1974, sind auf die Landesbeamten - soweit landesgesetzlich und in den einen Bestandteil dieses Gesetzes bildenden Anlagen nicht anderes bestimmt ist - die für das Dienstrecht einschließlich des Besoldungs-, Disziplinar- und Pensionsrechtes der Bundesbeamten am Tage der Beschlussfassung dieses Gesetzes maßgeblichen Bundesgesetze als Landesgesetze sinngemäß anzuwenden.
§ 18 des Gehaltsgesetzes 1956 in der nach Anlage 1 (in der Fassung LGBl. Nr. 33/1984) Z. 2 des Stmk. Landesbeamtengesetzes geltenden Fassung lautet:
"Mehrleistungszulagen
§ 18
(1) Dem Beamten gebührt eine ruhegenussfähige Mehrleistungszulage.
(2) Durch die Mehrleistungszulage gemäß Abs. 1 gelten als abgegolten:
1. Mehrleistungen, die in mengenmäßiger Hinsicht erheblich über der Normalleistung liegen, und zwar bis zu 6 Überstunden, sowie
2. Dienste, die einer höheren Verwendungsgruppe zuzuordnen sind und im Durchschnitt 50 v. H. der Gesamttätigkeit des Beamten nicht erreichen.
(3) Der Bemessung der Mehrleistungszulage ist das Verhältnis der Mehrleistung zur Normalleistung (Abs. 2 Z. 1) bzw. die Höherwertigkeit der Leistung (Abs. 2 Z. 2) zugrunde zu legen."
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt der Wesenskern des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses darin, dass Personen in einem grundsätzlich lebenslangen Dienstverhältnis in Bindung an das Gesetz tätig werden und bezugsrechtliche Ansprüche nur nach besoldungsrechtlichen Vorschriften (Gesetz bzw. Verordnung) geltend gemacht werden können (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 18. Februar 1994, Zl. 93/12/0065, sowie vom 14. Juni 1995, Zl. 95/12/0051, und die dort angeführten Judikaturhinweise). Jeder Fall ist im Dienstrecht für sich auf Grundlage des Gesetzes zu lösen (vgl. auch Erkenntnis vom 26. Februar 1997, Slg. N. F. Nr. 14.624/A).
Auch die Stmk. Landesregierung ist als oberstes Vollzugsorgan des Landes Steiermark an den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Vollziehung nach Art. 18 Abs. 1 B-VG gebunden.
Die von der belangten Behörde genannten Beförderungsrichtlinien (Beschluss der Stmk. Landesregierung ex 1985) stellen - worauf sich die belangte Behörde selbst beruft - keine Rechtsgrundlage im vorher dargestellten Sinne dar. Trotzdem hat im vorliegenden Beschwerdefall die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, der nach entsprechenden Erhebungen des nach der gesetzlichen Grundlage maßgebenden Sachverhaltes an der vom Beschwerdeführer genannten gesetzlichen Grundlage, nämlich dem § 18 GG-Stmk., zu messen gewesen wäre, auf Grund der sogenannten Beförderungsrichtlinien, denen aber keine entscheidende normative Bedeutung zukommt, abgewiesen, und zwar deshalb, weil diese Beförderungsrichtlinien keine im Verwaltungsverfahren maßgebende Rechtsquelle darstellen. Es mangelt daher an jeglicher Feststellung des sowohl im Sinne der genannten gehaltsgesetzlichen Bestimmung als auch der als "Scheinnorm" herangezogenen Beförderungsrichtlinien maßgebenden Sachverhaltes. Bei der von der belangten Behörde gewählten Vorgangsweise erscheint nicht nur der § 8 Abs. 1 DVG verletzt, sondern kann auch den Beschwerdeausführungen nicht entgegengetreten werden, die diese Vorgangsweise als Rechtsverweigerung werten.
Ungeachtet der Ausführungen der belangten Behörde in der Gegenschrift, nämlich dass dem Beschwerdeführer angeblich bereits seit 1. Juli 1974 eine pauschalierte Mehrleistungszulage nach § 18 GG-Stmk. ohnehin gewährt wird, kann dem Antrag des Beschwerdeführers, über den mit dem angefochtenen Bescheid abgesprochen worden ist, nicht von vornherein jegliche rechtliche Bedeutung abgesprochen werden; allenfalls wäre dieser Antrag auch als Antrag auf Bemessung im Sinne einer Erhöhung der Mehrleistungszulage nach § 18 GG-Stmk. zu verstehen gewesen.
Den neben der Anführung des § 18 GG-Stmk. im Antrag des Beschwerdeführers vom 21. April 1993 als mögliche Grundlage für den geltend gemachten Anspruch genannten Beförderungsrichtlinien kann nämlich keinesfalls die Bedeutung zugemessen werden, der Beschwerdeführer habe seinen Anspruch nur auf diese Richtlinien gestützt und in diesem Sinne geprüft haben wollen. Dagegen spricht schon, dass er in seinem Antrag - entsprechend dem § 18 GG-Stmk. - sowohl quantitative als auch qualitative Mehrleistungen angeführt hat, wobei aber erstere nach den von der belangten Behörde im Ermittlungsverfahren zunächst herangezogenen Richtlinien gar keine Rolle spielen. Der Antrag des Beschwerdeführers wäre also (zur Gänze) auf Grund des § 18 GG-Stmk. zu prüfen gewesen.
Den von der belangten Behörde in der Begründung ihres angefochtenen Bescheides genannten Beförderungsrichtlinien kann jedenfalls nicht die für die Abweisung allein genannte unmittelbare normative Bedeutung, geschweige denn eine dem § 18 GG-Stmk. verdrängende Funktion zukommen.
Der angefochtene Bescheid zeigt aus den vorher dargelegten Gründen ein unrichtiges Rechtsverständnis der belangten Behörde; er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG als inhaltlich rechtswidrig aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 29. September 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997120173.X00Im RIS seit
20.11.2000